Keine Punkte, keine Tore, neuer Trainer - Turbine Potsdam im Wechselbad der Bundesliga-Gefühle
Erfolgloser Saisonstart, dazu ein entlassenes Trainerduo – die Aufstiegseuphorie bei Turbine Potsdam ist gefährlich schnell verpufft. Eine neue Mentalität soll den Weg zum Klassenerhalt in der Bundesliga ebnen. Von Jakob Lobach
Es ist gewissermaßen der zweite Schwall kalten Wassers, den Turbine Potsdam aktuell im sportlichen Wechselbad der Gefühle über sich ergehen lassen muss. Das erste Mal so richtig eisig wurde es vor anderthalb Jahren mit dem Abstieg in die zweite Liga. Ein Jahr später folgte mit dem direkten Wiederaufstieg wohlige Wärme um das Potsdamer Fußballherz.
Nach viereinhalb Monate ist davon nicht mehr viel übrig. Fünf Spiele, null Punkte, kein einziger Treffer, aber dafür 16 Gegentore – kaum, dass die Saison 2024/25 begonnen hat, muss Turbine kämpfen, um nicht noch tiefer in den Abwärtsstrudel der Bundesligarealität gesogen zu werden.
Verpasst, den Schwung mitzunehmen
Schließlich hört es bei der bitteren sportlichen Bilanz zum Saisonstart nicht auf. Ihre Folge waren schließlich jüngst die Entlassungen von Trainer Marco Gebhardt und dem langjährigen Teamchef Dirk Heinrichs – ganz zu schweigen von der komplizierten und bislang erfolglosen Suche nach einem neuen Hauptsponsor. Schwierige Zeiten, in denen man bei Turbine Potsdam auf dreierlei hofft: den neuen Trainer, eine neue Mentalität und eine nur halb neue Leistungsträgerin.
Das wichtigste gleich vorneweg: Wer der neue Trainer der Turbine wird, das wollte Vereinspräsident Karsten Ritter-Lang am Montag im Gespräch mit dem rbb noch nicht verraten. Das Wann hingegen ließ er sich entlocken: "Morgen früh wird der neue Trainer vorgestellt. Die Mannschaft wird ihn kennenlernen und dann geht es direkt in die Arbeit." Zuallererst wird es für den neuen Trainer darum gehen, den Saisonstart aufzuarbeiten. München, Bremen, Frankfurt, Leipzig und Freiburg – gegen sie war Turbine zuletzt mitunter chancenlos, blieb zumindest stets punkt- und torlos.
"Wir haben diesen Schwung aus der zweiten Bundesliga mit dem Aufstieg über den Sommer nicht mitnehmen können", wagt Ritter-Lang eine Mischung aus Erklärung und Bestandsaufnahme und ergänzt: "Jetzt sehen wir einfach, dass die Leistungsentwicklung nicht passt." Sowohl die einzelner Spielerinnen, als auch die der Mannschaft als Ganzes.
Abschied eines Turbine-Urgesteins
"Wir haben viele, viele Diskussionen geführt, auch mit den Trainern selbstverständlich", erklärt Ritter-Lang. Mit der Erkenntnis, dass "in der Konsequenz Veränderungen herbeigeführt werden müssen." Dass diese Veränderungen die Trennung von Cheftrainer Gebhardt beinhalteten, lag nahe. Wenngleich er Turbine in der vergangenen Saison mit zum direkten Wiederaufstieg führte, war Gebhardt an der Seitenlinie schließlich maßgeblich mitverantwortlich für die zu schwachen Leistungen auf dem Rasen vor ihm.
Die Trennung von Dirk Heinrichs hingegen überraschte ungleich mehr. Der 56-Jährige war schließlich eine Institution innerhalb des Vereins. Über 20 Jahre lang arbeitete er für Turbine Potsdam, lange als Assistent von Trainerlegende Bernd Schröder, zuletzt eben als ein halber Chef-Trainer unter der Bezeichnung Teamchef. Präsident Ritter-Lang bezeichnet Heinrichs als "ein Urgestein des Vereins", spricht mit Blick auf seine Entlassung von einer "bitteren Entscheidung", sagt aber auch: "Dirk Heinrichs hat uns eröffnet, dass seine Euphorie nicht mehr so vorhanden ist wie noch vor einem Jahr."
Die Mentalität als Schlüssel
Nun also soll ein neuer Trainer neue Euphorie mitbringen und selbige auch bei seinen Spielerinnen entfachen. Schließlich hinterlässt ein Saisonstart wie der, den Turbine zuletzt erlebte, nicht nur in der Tabelle, sondern auch in den Köpfen der Spielerinnen Spuren. Köpfe, die aus Sicht von Ritter-Lang ohnehin zuletzt nicht frei waren: "Wir haben den Eindruck, dass die Mannschaft sich bei der Umsetzung fußballerischer Grundlagen teilweise selbst im Weg stand." In anderen Worten: Selbst einfachste Dinge funktionierten zuletzt nicht so, wie sie funktionieren könnten und sollten. "Wir hoffen, dass wir jetzt den Schalter umlegen können und das, was wir an Potenzial haben, auch mental abrufen können."
Dabei helfen soll auch die Rückkehr von Bianca Schmidt. Ende der vergangenen Woche kehrte die in Turbines Mannschaft zurück – nachdem sie vor ein paar Monaten noch ihren Jobwechsel hin zur Stelle der Potsdamer Teammanagerin verkündet hatte. Wie viel Entscheidung zum Rücktritt vom Rücktritt mit der akuten Notlage auf dem Potsdamer Rasen zu tun hatte, ist unklar. Fest steht hingegen, dass ihre Erfahrung aus 18 Jahren Profifußball und zahlreichen wichtigen Spielen mit Turbine ihrer Mannschaft nur guttun kann.
Gleiches gilt natürlich auch für einen möglichen ersten Saisonsieg, ein Unentschieden oder auch nur den ersten eigenen Treffer der Saison. Das Gute ist: Die Duelle mit den ebenfalls sehr schwach gestarteten Konkurrentinnen aus Köln und Jena stehen noch aus. Dazu wartet mit der SGS Essen bereits am kommenden Wochenende ein Gegner, der etwas schlagbarer ist als der FC Bayern oder Eintracht Frankfurt. Das Gefährliche ist: Bleibt Turbine auch gegen diesen Gegner erneut punkt- oder gar torlos, dürfte das Wasser, in dem die Potsdamerinnen aktuell schwimmen, wirklich eisig werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 07.10.2024, 15:15 Uhr