Schönborn (Elbe-Elster) - Wie eine kleine Gemeinde die Integration von Ukraine-Flüchtlingen stemmt
Mit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat die kleine Gemeinde Schönborn Geflüchtete nicht nur schnell aufgenommen - sondern sie auch durch private Initativen in Deutschkurse und Arbeit vermittelt. Wie sieht es eineinhalb Jahre später aus? Von J. Jahn und F. Ludwig
Gemeinsam mit zwei Ukrainerinnen geht der Bürgermeister von Schönborn (Elbe-Elster), Daniel Mende (UWG Elbe-Elster) durch das alte Schulhaus der Gemeinde. Beide Frauen sind vor dem russischen Angriffskrieg nach Brandenburg geflohen - im alten Schulhaus von Schönborn fing für sie im März 2022 alles an. Es war ihre erste Unterkunft.
Schönborn bildete eine kleine Besonderheit, während tausende Menschen nach Deutschland flohen. Während viele Städte und Gemeinden noch mit Fragen der Unterbringung beschäftigt waren, bildeten sich hier schnell private Initiativen. Das Ziel: schnell Deutschkenntnisse vermitteln, schnell Arbeit ermöglichen.
Schule steht wieder leer
Eineinhalb Jahre nach Kriegsbeginn kann Schönborn nun ein positives Fazit ziehen. "Diese vorübergehende Unterbringungsmöglichkeit, die wir erstmal ganz schnell geschaffen haben, [...] ist jetzt wieder in ihren Ruhezustand zurückgegangen. Es ist wieder eine alte Schule", so Bürgermeister Mende.
Eben diese Schule sei der Vorteil der Gemeinde gewesen. Sie sei schnell für die neuen Bewohner herzurichten gewesen, mit Kochmöglichkeiten und Schlafplätzen. Mittlerweile haben alle, die hier einst untergebracht waren, eigene Wohnungen bekommen.
Private Deutschkurse, weil es vom Land keine gab
Das einzige, was nun in dem Gebäude stattfindet, sind die Deutschkurse - so wie schon seit eineinhalb Jahren. Auch die Sprachkurse gehen auf eine private Initiative zurück, so wie die zahlreichen Geld-, Sach- und Kleiderspenden, die die Schönborner mit Kriegsbeginn sammelten.
Zwei Mal pro Woche findet der ehrenamtliche Deutschkurs für die Ukrainer statt, zusätzlich zum vom Land organisierten Intensivkurs. Den gibt erst seit Jahresanfang - das war den Schönbornern zu spät.
Die Flüchtlingszahlen, die Schönborn zu "bewältigen" hatte, sind allerdings auch verhältnismäßig gering. 18 Geflüchtete waren im Frühjahr 2022 in der Gemeinde angekommen, mittlerweile leben hier 26 mit ihren Kindern. Die letzte kam mit ihrem Sohn vor vier Wochen an. Die Gemeinde hat knapp unter 2.000 Einwohner.
Integration durch Bundesfreiwilligendienst
Bemerkenswert ist aber das Engagement, das die Schönborner von Beginn an den Tag gelegt haben. Weil es für die Geflüchteten zunächst schwierig war, in Arbeit zu kommen, nutzte Mende einen kleinen Trick: er machte aus einigen Geflüchteten sogenannte Bufdis, also Bundesfreiwilligendienstleistende.
"Das ist ein Modell, das es in Deutschland gibt, zwar nur mit beschränkten Anzahlen, aber durch das Tätigsein im Bundesfreiwilligendienst wird die deutsche Sprache viel schneller und einfacher erlernt, weil man ständig mit Deutschen zusammen ist", sagt Mende.
Davon profitiert nun Anastasiia Babaieva. In der örtlichen Grundschule absolvierte die Lehrerin aus der Ukraine ihren Bundesfreiwilligendienst. Nun ist sie dort Lehrerin und die erste der "neuen Schönborner", so die Bezeichnung der Geflüchteten in der Gemeinde, die eine reguläre Arbeitsstelle aufgenommen hat. Mit ihren beiden Kindern kam sie vergangenes Jahr nach Deutschland, mittlerweile ist auch ihr Mann da. Sie will mit ihrer Familie bleiben, sich ein neues Leben aufbauen.
Auch in der Ukraine war sie Englischlehrerin. "Englisch in der Ukraine wird man nicht anders sprechen als hier", sagt Bürgermeister Mende pragmatisch.
Gemeinschaft zwischen neuen und alten Schönbornern
Auch Nadja Bokarova arbeitet auf ein neues Leben in Deutschland hin. In der Ukraine sei es ihr zu gefährlich. "Ich arbeitete als Ärztin, mein Fach ist Gefäßchirurgie", erzählt sie. Doch bevor sie einen Job in Deutschland annimmt, will sie noch besser Deutsch lernen. "Das ist wichtig für meinen Beruf, aber ich verstehe schon gut, was die Leute sagen", erklärt die Mutter zweier Töchter.
Sie erzählt von ihren Kindern, kleineren Problemen in der Schule und auch von ihrem Heimweh - alles in nahezu fehlerfreiem Deutsch.
Die Schönborner Ukrainer haben eine eigene Gemeinschaft gebildet, die aber nicht nach außen abgeschottet ist. Der Austausch in der Gemeinde mit ihren vier Ortsteilen funktioniere gut. Entweder man unterhält sich direkt über den Gartenzaun - oder über Chat-Gruppen. Eine davon heißt "New Schönborner".
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.08.2023, 16:10 Uhr