Tagebuch (24): Ukraine im Krieg - "Er sah die Minen nicht. Er hielt sie für Steinchen oder Äste."

Di 04.07.23 | 09:38 Uhr | Von Natalija Yefimkina
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Porträt.(Quelle:privat)
privat
Audio: rbb24 Inforadio | 30.06.2023 | Natalija Yefimkina | Bild: privat Download (mp3, 34 MB)

Maria sitzt im Keller, zwei Wochen lang. Oben detonieren Bomben. Unserer Autorin Natalija Yefimkina schildert die 18-Jährige ihre Flucht aus Mariupol - über verminte Straßen, durch russische Filtrationslager und quer durch die Front.

Dies ist eine Warnung. Das Lesen dieses Textes tut weh. Er gibt in verstörenden Details die Lebenswirklichkeit des Krieges und dessen Folgen wieder. Die Redaktion hat sich entschieden, ihn nur leicht redigiert in voller Länge zu publizieren. Lesezeit: ca. 25 Minuten.

Ich heiße Maria Vdovichenko und komme aus Mariupol. Vor dem Krieg ging ich die 11. Klasse der Schule Nr. 24. Das liegt im Primorskij Bezirk, wo wir auch gewohnt haben. Ich stand kurz davor, Jahrgangsbeste der Schule zu werden.

Mein Vater arbeitete viel und schwer in der Fabrik Azovstal, die mittlerweile weltweit bekannt ist.

Meine Mutter hatte vor sieben Jahren einen ersten Anfall von Polyneuropathie. Daraufhin wandte sich mein Papa an die Kirche, uns zu helfen. Im Gegenzug leistete ich dort freiwillige Arbeit. Die Kirche war nicht nur für Mariupol ein besonderer Ort, denn sie hatte Petrykiwka-Fresken im großen Stil. So etwas gibt es in der ganzen Ukraine nicht noch einmal. Ich half dort, Mittagessen für Menschen zu kochen, die geflohen waren und ihre Häuser verloren hatten. Später hatte ich in der gleichen Kirche die Möglichkeit, Bandura (ukrainische Laute) spielen zu lernen.

So ist alles miteinander verbunden. Mama konnte später wieder laufen und wurde gesund.

Zur Person

Die Regisseurin Natalija Yefimkina (Quelle: Lucia Gerhardt)
Lucia Gerhardt

Natalija Yefimkina lebt in Berlin. Sie ist in Kiew aufgewachsen. Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zog die Familie zunächst nach Sibirien, in den 1990er Jahren dann nach Deutschland. Yefimkina arbeitet als Filmemacherin.

Außerdem habe ich eine Schwester, die damals 12 Jahre alt war. Sie ist ein sehr kreatives Mädchen. Sie liebte es zu malen – eigentlich überall und mit allem, was nur geht.

Ihre Kreativität ist geblieben, aber durch den Krieg wurden ihre Farben düster - sie begann, ihre Gefühle zu malen und sich sonst in sich zu verschließen. Man kann ihren wahren seelischen Zustand jetzt nur noch durch ihre Bilder verstehen. Sie selbst spricht nicht darüber.

Vor dem Krieg blühte Mariupol auf. Die Stadt war ausgesprochen proukrainisch, auch wenn es natürlich Menschen gab, die das Ukrainische nicht hinnehmen wollten. Aber die waren in der Minderheit und meistens älter. Aus irgendwelchen Gründen hatten sie entschieden, dass es unter der ukrainischen Regierung nicht gut sei.

Ich erinnere mich an diese blühende Stadt. So wie ich wuchs und mich weiterentwickelte, wuchs und entwickelte sich Mariupol. Man hatte immer mehrere Optionen, konnte an vielen Veranstaltungen teilnehmen. Es wurde im großen Stil gebaut, das Zentrum wurde restauriert und viele Parks und Grünanlagen angelegt. Die Stadt wandelte sich.

Am 20./21. Februar 2022 demonstrierten viele Menschen auf dem Platz der Freiheit und dem Platz vorm Dramaturgischen Theater für Mariupol als Teil der Ukraine. Zu gleichen Zeit hatte Russland die sogenannten Volksrepubliken von Donezk und Luhansk als unabhängig anerkannt und wir in Mariupol wollten nicht hinnehmen, dass die Stadt jemals ein Teil ihrer Seite wird.

Der Krieg selbst kam unerwartet, wir waren darauf nicht gefasst. Obwohl die Menschen spürten, dass es ernst werden könnte. Nur meine Mutter hat es geahnt, sie hat sich regelrecht vorbereitet. Wir anderen dachten nicht im Traum daran, irgendwohin zu fliehen, Taschen zu packen, irgendetwas einzukaufen.

In der Nacht vom 23. auf den 24. konnte Mama nicht schlafen, sie kochte in der Küche. Während sie da stand, hörte sie erste Explosionen vom Stadtrand her, vom östlichen Ufer. Bereits um 4 Uhr morgens gab es einen Einschlag in ein Wohnhaus mit ersten Toten. Das erfuhren wir später aus Telegram-Kanälen.

Als Mama die ersten Einschläge hörte und die Fensterscheiben leicht zitterten, kam sie ins Zimmer gerannt, wo Nelja und ich schliefen und schrie, dass wir anfangen sollten zu packen.

Ich habe es zu der Zeit nicht geglaubt. Ich dachte, dass sie sich einfach zu viele Sorgen macht und vielleicht in einer schwierigen psychischen Phase ist, in der man sie beruhigen müsste. Mama war aber so entschieden, dass wir uns augenblicklich anzogen, chaotisch irgendwelche Taschen packten und anfingen Nachrichten zu checken.

Von dem ersten brennenden Haus war schon überall zu lesen. Kolonnen feindlicher Infanterie, Panzer und anderes seien in Bewegung gesetzt worden und die ukrainische Armee mache sich bereit.

Wir riefen all unsere Bekannten und Nachbarn an, um zu fragen, was wer vorhatte. In der Stadt gab es bereits Panik. Kein Mensch schlief mehr. Leute versuchten ihre Autos zu tanken, rannten, um alles aufzukaufen, was es in den Geschäften gab. Alles war im Chaos.

Um 12 Uhr mittags wollten wir irgendwohin losfahren, aber zurückgekehrte Nachbarn sagten, dass es unmöglich sei, aus der Stadt herauszukommen. Überall lange Autoschlangen und es würde bereits nah an der Stadt gekämpft.

In den nächsten Tagen trug jeder sein eigenes Risiko, denn es gab noch keine Korridore, keine Übereinkünfte über die Evakuierung der Menschen. Manche hatten das Glück rauszukommen, andere nicht.

Maria mit einem Instrument.(Quelle:privat)
Maria spielt BanduraBild: privat

Meine Familie versuchte ruhig zu bleiben und die Wohnung nicht zu verlassen. Wir wohnten in der dritten Etage eines fünfstöckigen Hauses. Sobald wir komische Geräusche hörten, versteckten wir uns im Bad, denn wir hatten keinen Bombenschutzkeller.

Die Bombenangriffe wurden von Tag zu Tag mehr. Bereits am dritten, vierten Tag nach Kriegsbeginn war das Netz weg, es gab keinen Strom mehr und kein Wasser. Wenn es regnete, fingen wir vom Dach das Wasser mit Eimern auf, denn in den Läden waren längst keine Flasche mehr zu finden.

Es gab schon da Menschen, die Wasser aus den Pfützen schöpften. Und schon da fing das Plündern der Geschäfte an, weil nicht alle die Möglichkeit hatten, was zu kaufen. Die Stadt war vom Chaos des Kriegs ergriffen und es war unheimlich, auf die Straße zu gehen.

Wir bedeckten die Fenster in der Wohnung, damit die Glassplitter nicht nach innen fliegen. Zwischen die alten Doppelfenster aus Holz pressten wir Schaumstoff. Dafür mussten wir das Sofa aufschneiden, eine andere Möglichkeit gab es nicht.

So saßen wir in der Wohnung und versuchten Radiowellen zu empfangen, weil das Netz ja weg war. Man konnte niemanden anrufen. Die Stadt sank in ein Informationsvakuum und die Radiosender waren entweder russisch und aus dem besetzten Donezker Gebiet.

Dort wurde Massenpropaganda verbreitet: dass es sicherer sei, Richtung Russland zu fahren, wo Evakuierungskorridore seien, dass ukrainische Soldaten sich ergeben sollten und auch darüber, welche Seite angeblich wen rettet.

Es klang, als ob sie einem helfen und retten wollten. Manche Leute glaubten daran. Andere dachten, das wäre eine Provokation und die Evakuierungskorridore würden beschossen und vernichtet. Wir blieben in der Stadt, auch weil wir keinen Ort hatten, wo wir hätten hinfahren können.

Wer verletzt wurde, aber nicht starb, wurde vor Ort erledigt.

Maria

So lebten wir bis zum 2. März, bis unser Haus direkt getroffen wurde. Das war am Morgen. Meine Familie schief auf dem Boden, so war es einfacher und schneller. Auf dem Boden konnte man besser warm werden. Es gab keine Heizung und draußen waren Minusgrade. Auf den Straßen lag Schnee.

Wir hörten das Dröhnen der Bombeneinschläge sehr nah. Man hat dieses Dröhnen jeden Tag gehört, aber an diesem Morgen war es besonders nah. Doch wir waren schon müde von all dem, was um uns herum passierte und versuchten das zu ignorieren.

Wir taten so, als ob wir schliefen. Aber das Bombengedröhne kam näher und näher, das Haus zitterte, die Möbel bewegten sich hin und her und plötzlich sprangen wir auf und rannten ins Bad. In dem Moment schlug das Geschoss in die fünfte Etage ein.

Meine Schwester wurde von der Druckwelle an die Wand geschleudert. Ich schrie sehr laut. Im ganzen Haus zersplitterte die Scheiben. Durch die Druckwelle wurden Kronleuchter herausgerissen, Deckenstücke fielen runter, die Türen wurden aus dem Rahmen gehoben, Möbel fielen um. Es war ein unglaublicher Krach, als würden die Wände einstürzen.

Meine Mutter erschrak sich so sehr, dass sie seitdem nicht mehr laufen konnte. Ihre Krankheit war zurück. Bis zum heutigen Tag kann sie nicht mehr laufen, so sehr hat sie sich über den Bombeneinschlag erschrocken.

Wir warfen uns Jacken über unsere Schlafsachen und stürmten in Hausschuhen und Plastiklatschen in den Keller. Meine Schwester schnappte sich unseren Kater. Papa und ich griffen Mama unter die Arme und schleppten sie nach unten.

Um in den Keller zu kommen, mussten wir ums Haus herum. Der am nächsten gelegene Eingang war mit Baumaterialien zugestellt, weil der Kinderspielplatz im Hof neu gebaut werden sollte. Also mussten wir den längeren Weg nehmen.

Draußen ging der Beschuss weiter. Es flogen Geschosse, es flogen Dachziegel und Teile vom Gebäude. Es gab überall Bombensplitter und alles war sehr nah. Autos brannten. Menschen liefen umher, sie schrien, hatten Panik und jeder suchte nach einem Versteck, weil es im Gebäude nicht mehr sicher war.

Zeichnung der Schwester von Maria.(Quelle:privat)
Zeichnung von Marias Schwester NeljaBild: privat

Als wir zur Kellertür kamen, wollten uns die Nachbarn nicht reinlassen. Papa hat mit Gewalt fast die Tür eingeschlagen und schließlich kamen wir rein. Der Beschuss hielt die ganze Zeit an und es gab weitere Treffer. Nach uns kam noch eine Familie mit einem Säugling in den Keller. Sekunden später gab es einen Bombeneinschlag direkt vor der Tür dieses Kellers.

In diesem Keller verbrachten wir zwei Wochen.

Alle waren geschockt. Im Keller waren wir 25 Menschen, einfache Familien, die in diesem Haus lebten. Es gab auch Ältere, kleine Kinder und unsere Familie war die einzige mit einem Haustier.

So saßen wir den Tag über da, verängstigt und schockiert. Am Abend überlegten alle, welche Sachen wir aus der Wohnung in den Keller bringen sollten. Papa und ich beschlossen hochzugehen und Lebensmittel, Kleidung und Medikamente aus der Wohnung zu holen.

Wir mussten wieder um das Haus herum und wurden von dem Beschuss überrascht. Papa stürzte sich plötzlich auf den Boden und riss mich mit. Er hat nicht erklärt, warum er das macht und was gerade passiert. Ich erschrak mich und versuchte mich zu befreien. Vor uns lag eine Bordsteinkante. Ich sah eine Frau, die rannte und versuchte sich zu verstecken. In sie flog ein Stück heißes Metall. Es hat sie lebendig aufgeschnitten wie Butter… nicht mal Butter, wie Luft, als wäre sie nicht da. Es hat sie getötet.

Wir kannten diese Frau, sie war unsere Nachbarin. Und es hat sie direkt so da… umgebracht…

Papa und ich lagen noch mehrere Minuten auf dem Boden. Dann rannten wir zum Hauseingang. Der Hauseingang war voll mit zerbrochenem Glas und Staub, die Wände bröckelten.

In der Wohnung sammelten wir hektisch einfach alles, was wir in die Hände bekamen, und wickelten es in eine Decke, weil der Beschuss weiterging und sehr nah Bomben einschlugen. Wir konnten nicht alles mitnehmen, nicht das ganze Essen, nicht die ganzen Medikamente, nur das, was wir greifen konnten, und sind wieder runter in den Keller.

Im Vergleich zu den Bomben waren die Ratten nicht schlimm.

Maria

Die nächsten Tage konnten wir nicht noch mal in die Wohnung, weil das Treppenhaus zu unserer Etage zerstört war und irgendwann gab es auch die Wohnung nicht mehr. So blieben wir im Keller mit dem, was wir hatten.

In Mariupol gab es keine humanitäre oder medizinische Hilfe mehr. Einige Leute versuchten, Wasser zu verteilen, einfache Zivilisten, die anderen helfen wollten. Aber die Schlangen fürs Wasser wurden von den Okkupanten gezielt beschossen.

Alle großen Einkaufszentren wurden bombardiert. Der erste Beschuss hatte zivile Wohngegenden, Schulen, Kindergärten, große Supermärkte und Lebensmittellager zum Ziel.

Sie haben das alles vernichtet, damit Mariupol in absoluter Isolation bleibt und man es schneller einnehmen kann. Dazu nutzen sie alle Waffen, Luftschläge und auch Raketenangriffe von den Schiffen aus. Sie schlugen auf Mariupol mit allem, womit sie nur konnten.

Viele Menschen traten auf Landminen und wurden in die Luft gesprengt. Im Primorskij Park gab es kleine Wasser-Kanäle. Die Menschen suchten ja überall nach Wasserspendern, nicht um die Hände zu waschen, sondern um zu trinken. Viele starben als sie dahin gingen, denn die Kanäle waren vermint.

Wer verletzt wurde, aber nicht starb, wurde vor Ort erledigt. Einen solchen Menschen, den es dort in die Luft gesprengt hatte, hat man in unseren Hof gebracht und dort begraben.

Im Hof gab es schon viele Leichen. Es gab Leichen, die man nicht geschafft hatte zu begraben. Dann wurde versucht, sie mit der Erde zu bedecken oder mit etwas anderem wegen der Tiere, die auch hungrig waren. Es gab viele Tiere, weil die Menschen nicht immer die Möglichkeit hatten, ihre Haustiere mitzunehmen. Ein Hund konnte sich an die Leiche ran machen und Körperteile, zum Beispiel eine Hand mitschleifen.

Es ist ein Grauen, ein Tier mit der Extremität eines Kindes im Maul zu sehen.

Im Keller war die Situation angespannt. Nicht alle Nachbarn hatten Vorräte an Essen und Wasser. Die ersten Tage versuchten wir es gemeinsam und zusammen zu kochen, aber wegen des Dauerbeschusses konnten wir nicht in den Hof, wo unser Kochkessel stand. Also nutzten wir Konserven und irgendwelche Produkte, die nicht gekocht werden mussten.

Porträt von Maria.(Quelle:privat)
MariaBild: privat

Die Unterbringung im Keller: Eine Doppeldecke, einmal gefaltet, war der Platz für eine Familie. Auf der Decke, die wir von oben geholt hatten, schliefen wir zu viert, ich, Mama, Papa und meine Schwester. Und unser Kater. Mehr Raum gab es auf dem Kellerboden nicht. Man blieb halb sitzend, halb liegend, denn laufen konnte man dort nicht.

Im Keller gab es keine Toilette. Erleichtern konnte man sich in eine Tüte oder draußen im Hof.

Es war nur ein Raum. Der Boden war nackt, denn der Keller sollte renoviert werden. Es war kalt und feucht, Ratten liefen umher. Aber im Vergleich zu den Bomben waren die Ratten nicht schlimm.

In diesem Keller gab es große Glasfenster, vor die wir Säcke stellten, damit das Glas nicht nach innen fliegt. Es war kein guter Ort, um sich vor Bomben zu verstecken.

Schwierig war es mit der Beleuchtung, da wir keine Batterien hatten und keinen großen Vorrat an Kerzen. Wir wickelten Mullbinden, tunkten sie in Sonnenblumenöl und zündeten sie an. Dadurch hatten wir eine minimale Lichtquelle.

Wegen all dem Ruß und Staub kam aus der Nase oft schwarzes Blut. Die Hände waren immer fettig und auch die Gesichter waren mit Ruß bedeckt. Es gab keine Möglichkeit, sich die Hände zu waschen, das Gesicht, ganz abgesehen von anderer Hygiene.

Der Keller hat uns komplett aus der Zivilisation herausgerissen. Wir waren auf uns gestellt.

In der ersten Woche kursierten Gerüchte, dass Mariupol von der ukrainischen Seite die Ehrenbezeichnung „Stadt der Helden“ verliehen werden soll. Bis zu einem gewissen Grad waren wir froh, das zu hören. Für uns war es gleichbeutend damit, dass Mariupol bald befreit wird und der Krieg vielleicht vorbei ist.

Mit jedem weiteren Tag aber dachten wir, dass man uns vergisst. Als ob es uns nicht gäbe, wir langsam sterben, lebendig sterben und nichts dagegen tun können. Der Beschuss wurde immer stärker und unerträglicher. Unser Haus befand sich zwischen zwei Schulen und es gab Gerüchte, dass sich dort jemand versteckt, irgendwelche Richtschützen oder so, weshalb die Schulen bombardiert wurden.

Der Einschlag in die Schule Nr. 26 hat sie vollständig zerstört, nur ein kleines Teilgebäude blieb erhalten. Und auch die Schule Nr. 54, wo ich zu Schule ging, wurde vollständig dem Erdboden gleichgemacht.

Mit jedem weiteren Tag dachten wir, dass man uns vergisst. Als ob es uns nicht gäbe, wir langsam sterben, lebendig sterben und nichts dagegen tun können.

Maria

Der Kindergarten gegenüber von unserem Haus wurde bombardiert. Auch dort gab es Menschen, die versucht hatten, sich zu verstecken. Unter Schulen und Kindergärten sind ja ziemlich große Keller, da waren eigentlich überall Menschen.

Bei uns im Keller haben die Menschen versucht, unseren Kater zu erschlagen. Ein Kater kann auch im normalen Leben schreien, das ist ein Tier, er kann das, was um ihn herum passiert, nicht verstehen. Die Menschen hat es genervt, dass er schreit. Und dass wir ihn füttern.

Die Leute hatten Angst, wir könnten das ganze Essen dem Kater geben. Als ob er alles frisst und nichts mehr übrigbleibt. Sie verlangten von uns, den Kater rauszuschmeißen und wollten ihn sogar erwürgen. Papa hat in diesem Moment unser Tier verteidigt und gesagt, dass er ein Teil der Familie ist.

Es gab auch Konflikte wegen eines Säuglings, der oft in der Nacht weinte. Wenn Bomben fielen, fing es auch an zu weinen. Einem Baby kannst du nicht erklären, was das für ein Krach ist und dass man durchhalten und schweigen muss.

Die Menschen waren am Limit und stritten andauernd. Sie hielten es einfach nicht aus, die Verzweiflung. In einem Moment verbrüderten sie sich, im nächsten fingen sie an sich zu hassen.

Manchmal war es unmöglich, den Beschuss auszuhalten und die Leute versuchten die Geräusche der Explosionen zu überschreien. Manche weinten, manche lasen laut die Bibel unter der improvisierten Kerze.

Es gab Situationen, in denen erwachsene Männer es nicht aushielten und Suizid begingen, indem sie von einem Hochhaus sprangen oder sich Verletzungen zufügten, um das alles nicht mehr ertragen zu müssen. Unser Nachbar hat das gemacht. Er hat einfach gesagt, er muss raus und kam nicht zurück. Man fand ihn später neben dem Haus.

Seelisch war das alles furchtbar. Der Zustand unserer Mutter wurde schlechter. Sie versuchte durchzuhalten, aber in dem Keller gab es nicht mal richtig Luft zum Atmen.

Zwei Mal blieb ihr Herz stehen. Es war nachts, ich erinnere mich, wie neben mir etwas vor sich ging, es herrschte Aufregung, es raschelte. Ich wachte auf und sah, wie mein Papa über der Mama irgendwelche komischen Bewegungen machte. Ich verstand nicht sofort, dass er sie wiederbelebte und eine Herzmassage machte, sie künstlich beatmete und versuchte, ihren Puls zu fühlen.

Er suchte nach irgendwelchen Lebenszeichen. In seinen Augen sah ich da zum ersten Mal Angst. Von ihm ging eigentlich eine Energie und Atmosphäre aus, die beruhigend war. Die ganze Zeit, die wir im Keller und in der Wohnung verbrachten, und überhaupt seitdem der Krieg begann, war er mehr oder weniger ruhig und sicher.

In diesem Moment aber sah ich seine tiefe verrückte Verzweiflung. Keiner von unseren Nachbarn kam zu uns. Sie haben nicht mal gefragt, was los sei, obwohl wir alle engstens beieinander lagen, jeder das hörte und niemand in dieser Nacht schief.

Papa kämpfte um Mama bis zum Ende, bis sie selbst es schaffte, wieder zu atmen. Ihr ging es sehr schlecht. Mich hat sehr erschrocken, dass Papa sie wiederbelebte. Das klingt, als ob es um zwei Minuten ging, es waren aber mehr als zehn Minuten, die er um sie zu kämpfen hatte.

Ihr Körper war schon kalt, sie war einfach nur grau. Sie hat überhaupt nicht auf seine Wiederbelebungsversuche reagiert. Ihr Körper ging schlaff mit den Bewegungen mit. Das hat mich sehr erschrocken, vor allem dass ich durch nichts helfen konnte.

Nelja ging es genauso. Plötzlich schüttelte es meine Schwester stark. Wir verstanden das in diesem Moment noch nicht, aber Nelja hatte gerade ihren ersten Epilepsieanfall. Sie war damals zwölf.

Als meine Mama zu sich kam, ging es ihr sehr schlecht. Um den 17. März hatte sie einen weiteren Herzstillstand. Es war unmöglich, länger im Keller zu bleiben. Das Gebäude über uns war schon sehr stark zerstört. In unserem Haus gab es viele Hauseingänge, es war ein langes Haus, aber durch Geschosse und Splitter blieb nur ein Gitternetz davon. Die Splitter waren so stark, dass sie Metallrohre durchschneiden konnten. Sämtliche Gasrohre neben dem Haus waren durchtrennt.

Papa verstand, dass wir hier einfach nicht mehr sein konnten. Das Einzige, was wir noch zu essen hatten, war ein kleines Stück Brot, so groß wie meine Faust.

Ich habe mir dieses Stück Brot für den Rest meines Lebens gemerkt. Für das Verständnis: Ich bin 1,50 Meter groß, klein und zierlich und meine Hand ist klein. So ein kleines Stückchen Brot war das.

Dieses Stück teilten wir unter uns vieren und unser Kater aß die Krümmel. Ich habe es aus Mariupol sogar bis nach Saporischschja mitgenommen, ich hatte Angst es aufzuessen.

Mutter und Schwester.(Quelle:privat)
Marias Mutter und Marias Schwester vor dem KriegBild: privat

Mir wurde bewusst, dass еs vielleicht das letzte Stückchen ist, das ich in meinem Leben haben werde. Das Gefühl des Hungers machte mir gar nicht so viel Angst, aber zu sehen, wie meine Nächsten sich quälen, Hunger litten und in diesem Moment nichts tun zu können, das tat weh.

Am 17. März traf mein Vater die Entscheidung, unser Auto durchzuchecken, unser Hab und Gut aus dem Keller zu holen, die Decken und alles, was geblieben war, um nach Melekyne zu fahren, ein Dorf südlich von Mariupol.

Papa dachte, dass wir es dort aussitzen könnten, noch ein paar Wochen, maximum einen Monat, und dann würde es vorbei sein. Das war damals seine Prognose, weil die Nächte im Keller nicht auszuhalten waren.

So wie man sich in Gebeten an Gott wendet mit der Bitte um Rettung, so baten wir nur um einen leichten Tod. Wir glaubten längst nicht mehr, dass man hier überleben kann. Deshalb beschlossen wir zu fliehen.

Als wir aus Mariupol herausfuhren, war die Stadt bereits vollständig von der feindlichen Armee umzingelt, überall gab es feindliche Checkpoints. Dort wurde unser ganzes Auto durchsucht, alle Dokumente wurden geprüft und man befahl uns, die Straße nach rechts zu nehmen.

Papa hat man nicht erklärt, was das für eine Straße ist, wohin sie führt und warum. Man drohte ihm einfach mit Erschießung und schickte ihn dorthin. Papa fuhr und so kamen wir von einem Checkpoint zum nächsten, bis man uns nach Neu-Jalta schickte, ein Dorf in der Donezker Region, nicht weit von Melekyne. Dort blieben wir bis zum 2. April, bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie Filtrationslager aufgemacht haben.

Bis dato hatten wir mehrmals versucht herauszukommen, wurden aber an den Checkpoints unter Androhung der Erschießung zurückgewiesen. Zu dieser Zeit wurde im nahen Mangush die Kommandantur gewechselt und überall starteten Massenverhöre und Massensäuberungen. Menschen mit proukrainischen Ansichten wurden gesucht und identifiziert. Sie hatten sogar Listen mit bestimmten Menschen, die Ukrainisch sprachen und in besetzte Dörfer geflohen waren. Deshalb waren diese Ortschaften abgeriegelt, kein Auto wurde herausgelassen.

Wir hatten weder Wertgegenstände noch Geld dabei, um fürs Wohnen oder Essen irgendetwas eintauschen zu können. Zum Glück fand Papa in seiner Jackentasche zufällig 200 Griwna. Dafür konnten wir zwei Laib Brot kaufen. Das war alles, was wir zwischen dem 17. März und dem 2. April zu essen hatten. Wasser schöpften wir aus einem Brunnen und kochten es auf dem Feuer ab. Was das angeht, war es etwas leichter.

Maria
MariaBild: rbb

Wir fanden in Neu-Jalta eine Frau, die eine kleine Pension hatte, die verlassen war. Das Haus war noch aus sowjetischen Urzeiten und sollte restauriert werden. Statt Fußböden lagen Steine und Bauschutt herum, die Fenster waren herausgenommen. Also improvisierten wir mit allem, was wir vorfanden und dichteten die Fenster mit Plastikfolie von der Baustelle ab. Die Decken aus dem Keller in Mariupol breiteten wir auf dem Fußboden aus.

Einmal boten die Okkupanten zum Schein humanitäre Hilfe an. Dafür musste man an bestimmten Wochentagen in die große Kirche von Neu-Jalta kommen. Pässe und Dokumente musste man mitbringen und alle Daten angeben, um irgendwelche Hilfen zu bekommen.

In Wirklichkeit sammelten sie einfach nur Daten, wer woher kam, um dann noch drastischere und gezieltere Durchsuchungen machen zu können. Als dann Filtrationslager eingerichtet wurden, waren diese die einzige Möglichkeit, dort noch rauszukommen.

Ein Filtrationslager ist ein Ort, an dem Verhöre und Durchsuchungen durchgeführt werden. Die Identität wird geprüft und das ganze Gepäck, das die Leute mit sich führen, durchsucht. Man wird verhört, woher man kommt, wohin man will und warum und so weiter.

Sie lassen nur Leute raus, die ihrer Meinung nach sauber sind. Es gab Fälle, wo man Menschen in unbekannte Richtung verschleppte, man hat nicht gesagt wohin und ständig war Schießen zu hören.

Vor Ort war ein einziges Durcheinander. Die Okkupanten verschwiegen den tatsächlichen Ablauf, zum Beispiel wie viel Zeit die Prozedur in Anspruch nimmt, und sagten nur, dass man alle Dokumente und technischen Geräte bereithalten sollte.

Wir versuchten uns irgendwie darauf vorzubereiten. Von den Handys löschten wir alles, weil wir tatsächlich etwas zu verbergen hatten. Wir hatten viele Fotos mit nationaler ukrainischer Symbolik, aber auch Suchanfragen bis hin zu Google Maps. All das konnte gegen uns verwendet werden.

Zu der Zeit hatten wir das Ziel und die Aufgabe, einfach zu überleben.

In Mariupol hatten wir ja lange Zeit keinen Strom und so war das Handy ein nutzloses Ding. Papa versuchte es, an der Autobatterie aufzuladen, hatte aber auch Angst um die Batterie. Er schaffte es jedenfalls nicht, sein Telefon so weit aufzuladen, um noch einen Fake-Account mit Mailadresse einzurichten, damit sein Telefon nicht komplett leer aussah und Verdacht weckte.

Für die Filtration standen wir zwei Tage in Mangosh in einer Autoschlage. Hinter uns waren auch viele Autos. Es müssen viele Menschen gewesen sein, die die Filtration durchlaufen haben. Die Prozedur selbst dauerte ziemlich lange.

Zeichnung der Schwester von Maria.(Quelle:privat)
Zeichnung von Marias Schwester NeljaBild: privat

Man hat uns während des Wartens nicht erlaubt auf die Toilette zu gehen, auszusteigen und herumzulaufen. Das alles hielten sie für eine Provokation. Wer sich nicht daran hielt, wurde geschlagen.

Sie brachten ihre Journalisten mit, damit die das alles aufnehmen und durch ihr politisches Prisma zeigten. Einmal richteten sie die Kamera auf uns im Auto, ohne uns um Erlaubnis zu fragen. Andere haben sie gezwungen, vorbereitete Texte in die Kamera zu sprechen. Das war ziemlich erniedrigend.

Als wir an die Reihe für die Filtration kamen, war es schon Abend. Auf dem Checkpoint vor dem Eingang durchsuchten sie das ganze Auto, kontrollierten die Papiere und zeigten uns, wo wir das Auto abstellen sollten.

Zur Filtration gingen ich und mein Papa. Mama konnte ja zu dem Zeitpunkt nicht laufen und war nicht in der Lage, all diese Verhöre durchzustehen. Wir hatten Glück, dass die Prüfenden in den Abendstunden schon ermüdet waren. Unsere Mutter hat sie nicht mehr interessiert. Sie sagten, es reiche, wenn zwei Leute aus dem Auto die Filtration durchlaufen.

Das Gebäude, in dem das Procedere stattfand, war wie eine kleine Scheune, die schnell zusammengezimmert wurde. Sie nahmen sich immer gleichzeitig zwei Leute vor, allerdings in getrennten Räumen. Sie checkten mein Telefon, prüften Dokumente und scannten sie. Dann fragten sie mich nach meinen Kontakten aus und notierten drei davon, ohne zu erklären wofür.

Sie haben ebenfalls geprüft, ob ich Tatoos auf meinem Körper hatte, besondere Kennzeichen und ob ich irgendwo etwas verstecke. Ich musste mich komplett ausziehen. Man hat alles genau und penibel durchsucht. Sie wollten Menschen ausfindig machen, die Videomaterial, Speicherkarten oder Sticks verstecken.

Sie hatten Listen von Menschen. Sie wussten, dass es bestimmte Tattoos und Zeichen gibt, die Angehörige der ukrainischen Armee hatten und suchten nach verkleideten Polizisten oder Soldaten. Alle, die für die ukrainische Regierung gearbeitet hatten, wurden festgenommen. Sie konnten nicht fliehen.

Es gab keine Frauen bei den Durchsuchungen, egal wer zur Filtration kam. Die Durchsuchungen machten ausschließlich Männer. In meinem Fall war die ganze Prozedur verbunden mit Erniedrigungen und abfälligen Bemerkungen. Ich glaube, sie wollten mich provozieren etwas zu sagen, um mich schikanieren zu können.

Papa schwieg.

Maria

Ich habe versucht, so viel wie möglich zu schweigen und das hat sie noch mehr gereizt. Aber am Ende hat man mir einen Schein gegeben, dass ich die Filtration durchlaufen habe. Und man gab mir meine persönlichen Sachen wieder.

Aber mich normal wieder anzuziehen, gaben sie mir keine Zeit. Einer der Soldaten packte mich am Genick und schubste mich einfach raus. Als ich schon auf der Straße stand, fand der Soldat es nötig, mir noch einen Fußtritt zu geben. Dabei machte er Witze, er lachte, für ihn war es lustig.

Ich verstand nicht, warum er das tat und war sehr verängstigt. Ohne etwas zu denken, rannte ich zum Auto. Mama und meine Schwester hatten alles mit angesehen und Mama fragte, wo ist Papa? Ich hatte es in einer halben Stunde geschafft.

Auf Papa warteten wir noch ungefähr eine Stunde. Wir saßen, ohne etwas zu sagen, und wussten nicht, wie und wo und warum es so lange dauert. Und irgendwann schleppten sie auch ihn gewaltsam raus.

Papa schwieg. Erst als wir schon bei Berdjansk waren, sagte er, wie hart es war. Bei dem Verhör stellten sie ihm sehr viele politische Fragen, über seine Ansichten, ob er bei der Armee war oder nicht, und warum nicht, ob er Freunde bei der Armee hatte, wie seine Haltung sei und was er über den ganzen Krieg denkt.

Sie führten penible Leibesvisitationen durch. Als sie sein Telefon prüften, verstanden sie, dass es komplett leer war. Sie fingen an, ein Geständnis aus ihm herauszuprügeln. Sie stellten keine Fragen, sondern beschuldigten ihn direkt, etwas zu verheimlichen.

Papa gab nichts zu, also schlugen sie weiter. Mit jeder Antwort, die sie falsch fanden, versetzten sie ihm starke physische Schmerzen und Verletzungen. Die Hälfte des Verhörs stand Papa ohne Kleidung da, es war ziemlich kalt. Sie stießen ihn mit Waffen in die Hände und Füße, drohten ihm, jetzt zu schießen.

Wenn er wankte oder zeigte, dass es ihm weh tat, wenn er aufatmete oder stöhnte, was nach ihrer Meinung falsch war, schlugen sie ihn noch mehr. Auch psychisch übten sie sehr viel Druck auf ihn aus. Als sie Papa auf den Kopf schlugen, das war noch in diesem Zimmer, verlor er das Bewusstsein. Erst draußen kam er wieder zu sich.

Sie hatten ihn aus einem anderen Eingang nach draußen geschleift zu einer Betonplatte, wie bei Checkpoints, und dort versammelten sich sehr viele Soldaten um ihn. Die traten weiter mit den Füssen nach ihm und drohten ihm, die Ohren abzuschneiden. Das waren nicht einfach nur Worte, die Bedrohung war echt.

Aber sie konnten nichts aus Papa herausbekommen. Er antwortete neutral, bestand auf seinem Standpunkt und hat sich und sein Land nicht erniedrigt. Er hielt sich. Sie ließen ihn laufen.

Erst auf der Straße nach Berdjansk sahen wir, wie schlecht es Papa ging. Ihm war übel, Blut lief ihm aus der Nase, aber er hielt nicht an und wir fuhren durch bis Berdjansk.

Nach Berdjansk gab es keinen direkten Weg mehr. Die Straßen waren wegen der Kampfhandlungen kaputt. Überall lagen zerstörte Technik und verbrannte Zivilfahrzeuge mit verbrannten Körpern darin. Wir fuhren durch ein Waldgebiet und orientierten uns an handgemachten Schildern, die irgendwer gemalt hatte.

Kurz vor Berdjansk kam der nächste russische Checkpoint, davor standen die von der Donezker Republik. Dort schauten sie die Dokumente der Filtration an, durchsuchten wieder das ganze Auto und schließlich durften wir nach Berdjansk.

Wir schiefen wieder im Auto, oder besser, versuchten etwas zu schlafen. Als es hell wurde, sagte Papa, wir müssen um jeden Preis nach Saporischschja. Und wenn wir hin kriechen müssen, aber wir kommen dort hin.

Auf der Straße von Berdjansk nach Saporischschja stauten sich die Autos. Menschen waren zu Fuß mit Kindern und Koffern unterwegs. Viele hofften auf die Evakuierungsbusse, aber diese Busse gab es schon lange nicht mehr. Einige warteten schon zwei Wochen in der Hoffnung, dass die Kolonne, wenn die Busse dabei sind, nicht unter gezielten tödlichen Beschuss gerät.

Andere, mit eigenen Fahrzeugen, wollten in den frühen Morgenstunden los, um gerade nicht Teil der großen Autokolonne zu sein. Auch wir warteten nicht und fuhren los. Von Berdjansk bis Saporischschja gab es 27 russische Checkpoints.

Checkpoint. Das bedeutet jedes Mal Durchsuchung. Jedes Mal mussten die Männer sich ausziehen, wurden durchsucht, die Tatoos, die Hosentaschen, die Autofächer, absolut alles.

Maria vor einem Bücherregal mit einem Buch in der Hand.(Quelle:privat)
MariaBild: privat

An zwei Checkpoints wollten sie meinen Vater einziehen. Sie wollten ihn richtig zwingen und sagten ihm, er sollte hier bleiben und kämpfen. Sie agitierten. Papa machte klar, dass es ihm schlecht ging und dass seine Frau krank sei, er für sie ein Krankenhaus suchen müsse.

Er hat versucht, bei ihnen eine Art Verachtung zu erzeugen, damit sie sich nicht für ihn interessieren. So fuhren wir von Checkpoint zu Checkpoint.

Sehr oft kamen wir nicht weiter und Papa nahm eine Umgehung. Wenn es bei einem Checkpoint nicht klappte, fuhren wir zum nächsten. Die Okkupanten schickten uns extra auf Straßen, die am unsichersten waren. Mitunter fuhren wir mitten durch die Frontlinie, wo die Konvois absichtlich beschossen wurden und die Straßen vermint waren.

Als wir erstmals auf einer verminten Straße fuhren, wo einfach mitten auf der Straße eine Panzermine und nicht explodierte Geschosse lagen, konnte ich nicht glauben, dass ich echte Waffen vor mir sehe.

Mama hat sie gesehen, meine Schwester auch, und ich sage zu Papa, dort ist eine Mine, Papa. Und er fragt, wo, ich sehe nichts. In diesem Moment fing es an, dass er seine Sehkraft verliert. Er sah die Minen nicht. Er hielt sie für Steinchen oder Äste, aber es waren alles Waffen.

Da wurde es richtig gruselig. Wir waren ja nicht Teil eines organisierten Konvois. Es war unser eigenes Rennen ums Überleben. Wenn ein Fahrer einen Fehler macht, wären die ganzen Autos dahinter betroffen, weil die Splitter eines explodierenden Wagens alles Mögliche treffen könnten.

Also drosselten wir die Geschwindigkeit und passierten diese Straße tastend. Das war schwierig, aber Papa hat versucht, so schnell wie möglich durchzukommen. In Saporischschja kamen wir nachts an.

Als am Fluss schon die ukrainische Fahne und die ukrainischen Stellungen sichtbar wurden, wir das Niemandsland passierten, konnte Papa nicht glauben, dass er es geschafft hatte. Er dachte, das sei eine Provokation und dass man uns erschießen wird. Er hat das genauso gesagt, jetzt werden sie das Auto beschießen, seid ruhig. Er hatte Panik. Er konnte nicht glauben, dass wir am Ziel waren, dass es unser kleiner Sieg war.

Am Checkpoint redete er nicht mit den Soldaten. Ohne ein Wort zeigte er die Papiere, schweigend öffnete er das Auto und erst danach verstanden wir. Das war's. Das sind ukrainische Armeeleute. Sie reden Ukrainisch mit uns.

Es ist ein Grauen, ein Tier mit der Extremität eines Kindes im Maul zu sehen.

Maria

In der Ukraine, in Saporischschja, konnten wir uns zum ersten Mal nach all den Wochen waschen. Die erste Nacht verbrachten wir in einem Kindergarten. Dort gab es warmes Essen und die Möglichkeit, sich zu waschen und umzuziehen.

Mama wurden Schmerzmittel gespritzt, weil sich ihre neurologischen Schmerzen verschlimmert haben. Papas Sehkraft ließ weiter nach, er war desorientiert, verlor sich im Raum. Sie hatten ihm sehr stark auf den Kopf geschlagen.

Man riet uns, eine ärztliche Kommission aufzusuchen, die bescheinigt, dass Papa das Augenlicht wegen eines starken Kopftraumas verliert. Bei ihm starb der Sehnerv ab. Wenn der Sehnerv abstirbt, dann ist es für immer. Er musste dringend behandelt werden, vielleicht auch operiert, um das Augenlicht zu retten.

Zunächst fuhren wir in die West-Ukraine. Dort waren viele Flüchtlinge, die Bearbeitung der Dokumente dauerte sehr lange und wir verloren Zeit.

Für mich kam noch etwas anderes Belastendes hinzu: Als wir in die Ukraine einreisten, hatte ich dem ukrainischen Fernsehsender Hromadske ein Interview über die Situation in Mariupol gegeben. Einfach darüber, was ich erlebt hatte.

Das hat der russischen Seite nicht gefallen. Sie durchforsteten meine Social-Accounts, nahmen meine Fotos, drehten alles auf ihre Weise um und machten einen Beitrag, als ob ich nicht real sei.

Als ob ich eine Schauspielerin wäre und irgendetwas vorspiele.

Es folgte eine riesige Hasswelle. Nicht einfach nur Hass, sondern Morddrohungen und alles, was damit einher geht: Meine sozialen Netzwerke und mein Bankkonto wurden gehackt und mir wurde gedroht.

In dieser Lage beschlossen wir, ins Ausland zu gehen. Aber wir blieben nicht lange. Im Jahr 2022 gab es eine Welle von Flüchtlingen. In Europa braucht man sehr lange für die Bearbeitung von Dokumenten und um in einem europäischen Land kostenlose medizinische Hilfe zu erhalten, ist man auf Dokumente angewiesen. Das alles nahm Zeit in Anspruch.

Mit der ersten Auszahlung konnten wir erst zwei Monate nach unserer Einreise rechnen, weil es in dem Ort relativ viele Flüchtlinge gab. Dazu gab es andere Schwierigkeiten, wir machten auch Fehler und eine medizinische Behandlung in Euro zu bezahlen, war uns nicht möglich.

Manchmal war es unmöglich, den Beschuss auszuhalten und die Leute versuchten die Geräusche der Explosionen zu überschreien

Maria

Wir hatten auch so schon alles verloren und schafften es nicht, uns anzupassen. Wegen neuer Mentalität, neuer Kultur, neuen Regeln und neuer Sprache. Du kennst niemanden und weißt nicht, an wen du dich wenden sollst. Unsere Probleme waren akut und mussten sofort gelöst werden.

Wir waren in Polen und in Deutschland. Dann kehrten wir nach Polen zurück. Dort gab es Flüchtlingsstationen, wo man essen und übernachten konnte. Wir zogen von einem Ort zum anderen.

Wir landeten bei einer europäischen Familie, bei der wir nicht lange blieben, da es ökonomisch und medizinisch schwierig war in der dörflichen Gegend. Eine Überweisung in die Traumatologie ist sehr speziell und sie wurde von der Versicherung nicht übernommen.

Auch Mamas Zustand war angespannt und die Verlegung ins Krankenhaus kostspielig. Wir hatten Probleme mit den Papieren. Vieles war in Mariupol verbrannt.

Natürlich hatten wir Glück, es gab Leute, die uns unterstützt haben, unsere Landsleute und auch Leute vor Ort. Aber die Hilfe war immer punktuell. Es gab nicht die eine Stelle, die für uns zuständig war. So entschieden wir uns zurückzukehren.

In der Ukraine zogen wir von einem Dorf zum nächsten. Scheinbar beruhigte sich alles. Aber dann kam der Riesenschlag für meine Familie, der Tod meines Vaters.

Sein Körper versagte. Er konnte mit den Verletzungen aus dem Verhör nicht fertig werden. So verlor ich vor nicht allzu langer Zeit meinen Papa…

Die Tragödie ist für uns noch frisch und sehr schmerzvoll. Ich bin damit nicht fertiggeworden. Vielleicht werde ich nie damit fertig. Es ist furchtbar für uns alle.

Seither hat sich der Zustand meiner Mutter radikal verschlechtert. Sie hatte einen schrecklichen Rückfall und baut ab. Sie kann sich nicht bewegen, eine Hand zu heben kostet sie enorme Anstrengungen.

Ich und meine Schwester pflegen sie. Sie kann sich nicht selbst versorgen. Sie ist nicht immer bei Bewusstsein, es geht ihr psychisch schlecht. Wenn man ein Vergleich zieht, es ist schlimm, das zu sagen, aber sie ist wie Gemüse.

Jeden Tag hat sie die, wie ich finde, dumme Angewohnheit, sich von mir und Nelja zu verabschieden. Für sie ist jeder Tag wie ihr letzter. Polyneuropathie ist das Absterben des Nervensystems. Das ist so, als würde man lebendig sterben.

Dieser Prozess ist ohne richtige Spezialbehandlung unumkehrbar und in der Ukraine gibt es für so einen Zustand keine Behandlungsmöglichkeiten.

Alleine werde ich mit diesen Problemen nicht fertig. Ich habe nur eine Elf-Klassen-Schulbildung, wenn auch als Jahrgangsbeste. Aber ohne Berufsausbildung finde ich keinen normalen Job. Ich weiß, wie man Menschen pflegt, weil die Situation ja mit unserer Mutter auch so ist und so habe ich versucht, Geld zu verdienen. Wenn wir in den Dörfern lebten, habe ich bei den Tieren geholfen und im Feld. Ich habe auf Kinder aufgepasst, ältere Menschen gepflegt, habe geputzt und war Tellerwäscherin.

Nelja hat mit einem Psychologen gearbeitet, das war sehr wichtig. Sie macht die siebte Klasse im Fernunterricht, aber zur Schule gehen kann sie noch nicht. Es fällt ihr schwer, mit anderen Menschen zu kommunizieren nach dem erlebten Grauen. Aber immerhin malt sie, das hat sie behalten.

Ich bin vor kurzem 18 geworden. Ich verheimliche es nicht, ich bin manchmal im Leben desorientiert, kann sehr infantil sein und brauche Hilfe von außen.

Ich wandte mich an eine ukrainische Redaktion mit dem Ziel, meine Geschichte publik zu machen. Durch die Öffentlichkeit fanden wir dann tatsächlich Möglichkeiten, die Behandlung im Ausland fortzusetzen. Ein europäischer Hilfsfonds übernimmt den ersten Teil der Therapie. Wir werden versuchen, ins Ausland zu ziehen. Und dann müssen wir uns dort irgendwie einleben und irgendwie weitermachen…

Mama muss es besser gehen. Nelja muss zur Schule und ich einen Beruf erlernen. Aber jetzt steht an erster Stelle die Gesundheit meiner Mama. Von hier aus denken wir weiter.

Wir können nicht unsere Mama verlieren. Mama steht an erster Stelle.

 

Aufgezeichnet von Natalija Yefimkina

Alle Tagebuch-Einträge von Natalija Yefimkina

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    Janas Familie arbeitet im größten Atomkraftwerk Europas. Als die Russen kommen, flüchten sogar Ukrainer hierher. Ein Atomkraftwerk ist schließlich sicher, erzählt sie Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch. Oder?

  • Helfer evakuieren Menschen in Cherson, Ukraine (Quelle: Marcus Heep)
    Marcus Heep

    Tagebuch (23): Ukraine im Krieg 

    "Sie haben nicht geglaubt, dass der Wasserspiegel so sehr steigen wird"

    In den tief gelegenen Stadtteilen von Cherson herrscht Dauerbeschuss. Galina fährt trotzdem hin, um die Leute dort zu versorgen. Doch seit dem Dammbruch von Kachowka flutet der Dnepr die Häuser, erzählt sie Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch.

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    Tagebuch (22): Ukraine im Krieg 

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    Ihre Tochter sitzt im Rollstuhl. Den hievt man nicht einfach so in den Luftschutzbunker. Doch Oksana lässt sich nicht klein kriegen. Nicht von den Russen, nicht von dem Krieg, erzählt sie Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch.

  • Symbolbild: Nach ihrer Ankunft mit dem Zug aus Kiew stehen Geflüchtete am frühen Morgen an der Passkontrolle am Bahnhof von Przemysl in der Nähe der ukrainisch-polnischen Grenze. (Quelle: dpa/K. Nietfeld)
    dpa/K. Nietfeld

    Tagebuch (21): Ukraine im Krieg 

    "Ich rede wenig. Ich helfe ihnen einfach, Russland zu verlassen. Das ist alles."

    Viele Ukrainer hat der Krieg unfreiwillig nach Russland verschlagen. Eine Russin hilft ihnen seit einem Jahr, das Land zu verlassen. Natalija Yefimkina erzählt sie anonym in ihrem Kriegstagebuch von Unvorhersehbarkeit, Angst und der Kraft des eigenen Willens.

  • Tagebuch Ukraine: März 2023 (Quelle: rbb/Natalija Yefimkina)
    rbb/Natalija Yefimkina

    Tagebuch (20): Ukraine im Krieg 

    "Die Russen stecken selbst bis zu den Ohren in der Scheiße und denken, dass das so sein sollte"

    Vjacheslav hat einen Traum: "Vollständig das gesamte Territorium der Ukraine von diesen Mistkerlen befreien". Der 52-Jährige erzählt Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch, wie er zum Militär kam und warum er keine Angst hat, im Krieg zu sterben.

  • Marine - Tagebuch. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (19): Ukraine im Krieg 

    "Wir verstecken uns nicht unter dem Teppich"

    Philipp ist 20, schwul und studiert in Odessa. Er erzählt Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch, wie verknöchert seine Uni ist, wie es sich anfühlt als queerer junger Mann in der Ukraine und warum er nicht zur Armee darf.

  • Oksana aus Mariupol
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    Tagebuch (18): Ukraine im Krieg 

    "Mein Herz sagt mir, dass er am Leben ist"

    Die verheerenden Bomben auf Mariupol haben sie getrennt: Oksana gelang die Flucht, ihr Mann geriet im Stahlwerk in Gefangenschaft. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über Verlust und Ungewissheit – und die Verschollenen von Azovstal.

  • Ukraine-Tagebuch: Oksana Chernaja, 42, Rettungssanitäteterin, Bachmut (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (17): Ukraine im Krieg 

    "So leben wir seit neun Monaten und beschweren uns nicht"

    Oksana ist Professorin für Ökonomie. Eigentlich. Seit Kriegsbeginn dient sie freiwillig als Rettungssanitäterin. Natalija Yefimkina spricht in ihrem Kriegstagebuch mit Oksana über den Alltag an der Front – und den Dauerbeschuss der Stadt Bachmut.

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    "Jemand verrät jemanden. Trotzdem, ich verurteile niemanden"

    Swetlana legt Tarotkarten – und ist damit nicht nur in Cherson ziemlich erfolgreich. Mit den Karten kommen die Geschichten ihrer Kunden zu ihr. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über systematischen Raub, Ursachen von Verrat und streunende Hunde.

  • Haus und Garten von Mykola Ivanovich Smoljarenko in der Ukraine (Quelle: privat)
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    Tagebuch (15): Ukraine im Krieg 

    "Alle Tiere, die wir hatten, sind weg"

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  • Archivbild: Feuerwehrleute in Kiew arbeiten nach dem Beschuss von Gebäuden durch eine Drohne. (Quelle: dpa/E. Lukatsky)
    dpa/E. Lukatsky

    Tagebuch (14): Ukraine im Krieg 

    "Wir lesen jeden Tag dieses Grauen"

    Die Russen nutzen vermehrt Drohnen, um die Ukraine anzugreifen, erzählt der Vater von Natalija Yefimkina. Jeden Tag sei Bombenalarm und alle stünden ständig unter Stress. In ihrem Kriegstagebuch hat sie das Gespräch aufgezeichnet.

  • Tagebuch: Ukraine im Krieg (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (13): Ukraine im Krieg 

    "Es war verrückt, dass das Tattoo eine solche Macht hatte"

    Ein Zufall hat Tilde aus ihrem Kaffeeladen in Schweden an die Front in der Ostukraine geführt. Natalija Yefimkina berichtet in ihrem Kriegstagebuch über eine Frau, die ihren ganz eigenen Umgang mit dem Grauen in der Ukraine hat.

  • Tagebuch Ukraine (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (12): Ukraine im Krieg 

    "Sie fahren besoffen mit ihren Militärfahrzeugen in den Gegenverkehr"

    Anja hat wochenlang im besetzten Cherson ausgeharrt – bis ihr die Flucht glückte. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über Anjas Alltag unter russischer Okkupation, den Fluch der Propaganda und Müllhalden mit Leichenteilen.

  • Bohdan. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (11): Ukraine im Krieg 

    "Sucht nicht den Krieg, er wird euch von selbst finden"

    Das Azot-Werk ist ein gewaltiger Industriekomplex in Sjewjerodonezk. Seit Wochen kämpft hier Bohdan gegen die Russen. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über einen Freiwilligen, der den Krieg da erlebt, wo er am schlimmsten tobt.

  • Ukraine-Tagebuch. (Quelle: privat)
    Quelle: privat

    Tagebuch (10): Ukraine im Krieg 

    "Den Mädchen wurden die Zähne ausgeschlagen, die Vorderzähne"

    Wer zu Tatiana kommt, ist am Ende. Die Psychologin arbeitet in Kiew mit den schwer misshandelten Opfern des Krieges. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über den Versuch, sich aus dem Grauen wieder herauszukämpfen.

  • Tagebucheintrag vom 13.5 (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (9): Ukraine im Krieg 

    "Ich verdamme deine Tante und den Tag, als ich dich geboren habe"

    Jana ist mit ihren Töchtern bei einer Berliner Familie untergekommen. Doch damit kehrt kein Frieden ein: Ihr Mann ist in der Ukraine, die Mutter beschimpft sie von Russland aus. Natalija Yefimkina in ihrem Kriegstagebuch über innere und äußere Zerrissenheiten.

  • Tatjanas Familie. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (8): Ukraine im Krieg 

    "Es war sehr gefährlich, Wanja herauszubringen"

    Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine. Für diesen Tagebucheintrag hat sie mit Tatjana gesprochen. Die hat ihren Sohn Wanja aus Donezk herausgebracht, damit er nicht gegen die Ukraine kämpfen muss.

  • Tagebuch: Ukraine im Krieg. Journalistin Tatjana (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (7): Ukraine im Krieg 

    "Man konnte zur Kochstelle laufen, umrühren und sich wieder verstecken"

    Tanja ist eine erfahrene Kriegskorrespondentin. Über Wochen ist sie im belagerten Mariupol eingeschlossen. Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Zettel in den ukrainischen Nationalfarben (blau und gelb) hängen an einer Brüstung des Ufers der Moskwa, im Hintergrund sind Gebäude des Hochhausviertels Moskwa City zu sehen. (Quelle: dpa/Ulf Mauder)
    dpa/Ulf Mauder

    Tagebuch (6): Ukraine im Krieg 

    "Du wirst es doch nicht so publizieren, dass man weiß, wer ich bin?"

    Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine. Für diesen Tagebucheintrag hat sie allerdings Kontakt mit Freunden und Bekannten in Russland aufgenommen - es sind für sie keine einfachen Gespräche.

  • Andrei und seine Frau Elena vor ihrem Hotel Stockholmstudios in Irpin (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (5): Ukraine im Krieg 

    "Sie schossen durch die Küchentür, mit einem Abstand von vier Metern"

    Andreis kleines Hotel in der Nähe von Kiew wird beschossen. Kurz darauf dringen russische Soldaten ein: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Alexander Sasnovski vor dem Krieg zu Hause in Mariupol. (Quelle: privat)

    Tagebuch (4): Ukraine im Krieg 

    "Ich wache morgens auf und denke, ich bin zu Hause, aber ich habe kein Zuhause mehr"

    Alexander und seine Frau wollten Mariupol nicht verlassen. Doch Putins Krieg zwang sie zur Flucht: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Viktor mit seinem Sohn Zenja in Deutschland (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (3): Ukraine im Krieg 

    "Er hat immer davon geträumt, ein Offizier zu werden. Gestorben ist er am 27. Februar"

    Ein Vater spricht über seinen im Krieg gefallenen Sohn, die fliehende Familie erreicht endlich Berlin: Natalija Yefimkina hält von Berlin aus Kontakt mit den Menschen in der Ukraine - und berichtet darüber in diesem Tagebuch.

  • Oleg sitzt als Beifahrer in dem Transporter. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (2): Ukraine im Krieg 

    "Bitte komm, Oma, es ist Krieg!"

    Die Regisseurin Natalija Yefimkina hat ukrainische Wurzeln. Seit Tagen hält sie Kontakt mit den Menschen vor Ort. In diesem Tagebuch berichtet sie darüber, wie es den Menschen in der Ukraine geht, aber auch was die Situation mit ihr macht.

  • Die Ukrainerin Julia T. hat sich entschieden, mit ihren beiden Kindern aus der Ukraine zu fliehen. Die beiden Kinder im Zug. (Quelle: privat)
    privat

    Tagebuch (1): Ukraine im Krieg 

    "Julia, entscheide dich!"

    Die Regisseurin Natalija Yefimkina hat ukrainische Wurzeln. Seit Tagen hält sie Kontakt mit den Menschen vor Ort. In diesem Tagebuch berichtet sie darüber, wie es den Menschen in der Ukraine geht, aber auch was die Situation mit ihr macht.

  • Der zentrale Platz der Stadt Charkiw liegt nach dem Beschuss des Rathauses in Trümmern.
    picture alliance / AP

    Berichte aus der Ukraine 

    "Ich will nicht für die Ukraine sterben, ich will für sie leben!"

    Plötzlich leben die Menschen in der Ukraine im Krieg. Eine Lehrerin harrt voller Angst auf dem Land aus. Ein Fabrikarbeiter baut Molotow-Cocktails. Ein Chirurg arbeitet seit sechs Tagen ohne Pause. Sieben Protokolle aus der Ukraine.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.03.2023 | 09:08 Uhr

Beitrag von Natalija Yefimkina

29 Kommentare

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  1. 29.

    Das Hauptproblem bei dem internationalen Strafgerichtshof ist, dass Länder wie China, Indien, die USA, Russland, die Türkei und Israel das Römische Statut entweder gar nicht erst unterzeichnet, das Abkommen nach der Unterzeichnung nicht ratifiziert oder ihre Unterschrift einfach zurückgezogen haben.
    Warum gerade diese Länder die unabhängige internationale Gerichtsbarkeit zur Durchsetzung des Völkerrechts nicht anerkennen, bedarf wohl keiner ausführlichen Erläuterung.

  2. 28.

    Im Rahmen von Gerichtsverhandlungen, zum Beispiel beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Leider werden noch die meisten Täter geschützt.

  3. 27.

    Rosaria:
    "Diese elenden ,alten, gefühlskranken Männer mit Macht. Egal auf welcher Seite."

    Sie unterstellen also den ukrainischen Soldaten, die ihr Land und die Bevölkerung gegen den kriegsverbrecherischen Diktator Putin verteidigen, sie seien "elende, gefühlskranke Männer"? Wie empathielos!

    Rosaria:
    "Wieso sind Menschen in unserer heutigen Zeit in der Lage, andere zu quälen, zu foltern, umzubringen ?? Was ist bloß mit diesen Menschen los?"

    Fragen Sie das Putin!

    Rosaria:
    "Und warum schauen wir weiterhin zu??????"

    Dann tun Sie doch etwas und verteidigen Sie die Ukraine!

    Wir schauen nicht nur zu, wie Sie fälschlicherweise behaupten. Wir unterstützen die Ukraine wirtschaftlich, finanziell und militärisch! Ohne unsere Unterstützung - und die Unterstützung anderer Länder - wäre die Ukraine von Putin längst eingenommen und es gäbe sehr viel mehr putinsche Folter, Tod, Elend in der Ukraine!

  4. 26.

    Biervernichter:
    "Antwort auf [Holger Schulz] vom 03.07.2023 um 17:59
    Ich fühle wie Sie und deshalb fordere ich
    SOFORTIGE VERHANDLUNGEN ZUR JURISTISCHEN AUFARBEITUNG DER VERBRECHEN"

    Wie wollen Sie mit Diktator und Kriegsverbrecher Putin über die juristische Aufarbeitung seiner Kriegsverbrechen verhandeln?

    Im übrigen findet die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen von Putin, Prigoschin & Co. schon längst beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag in Form von strafgerichtsvorbereitenden Ermittlungsverfahren statt!

  5. 25.

    Ich fühle wie Sie und deshalb fordere ich
    SOFORTIGE VERHANDLUNGEN ZUR JURISTISCHEN AUFARBEITUNG DER VERBRECHEN

  6. 24.

    Was die vielen ukrainischen Soldaten und ihre Familien für ihre eigene Freiheit, als Staat und damit auch die westliche Freiheit leisten, ist von unschätzbarem Wert. Auch wenn dieser Abwehrkrieg den Westen ein Vermögen kostet, gibt es dazu keine Alternative, ausser später selbst um sein Land zu kämpfen. Und da gibt es niemanden im Westen, der das ernsthaft will.

  7. 23.

    "Hallo" ist höchstwahrscheinlich nur ein Putin-Troll aus einer Wagner-Trollfabrik in Petersburg!

    Kein denkender Demokrat kann solch einen diktaturfreundlichen Unsinn denken!

  8. 22.

    Ich bin auch fassungslos, über die schlimmen Erfahrungen, die Marias Familie und etliche andere Menschen in der Ukraine machen mussten und immer noch erleben. Und ebenso fassungslos macht mich der völlig propagandistisch verblendete, nein verblödete Kommentar von "Hallo". Wie kann man sowas ernsthaft glauben?
    Ich wüsste gerne, ob Maria ihren Kater retten konnte. Ich habe selbst Katzen und es ging mir sehr an die Nieren, von seinem Schicksal zu lesen.

  9. 21.

    @ Hallo?
    Fassungslosigkeit über die geschilderten Erlebnisse, dankbar, dass das veröffentlicht wird und rasende Wut, mit Menschen in dieser Stadt leben zu müssen, die Entschuldigungen für diesen Angriffskrieg haben und als Erklärung für Mord und Folter an Zivilisten heranziehen.

  10. 20.

    Mir ging es genauso, liebe Angela. Ich bin da ganz bei Ihnen. Es ist furchtbar, was solche Menschen, wie die Maria und ihre Familie durchmachen. Habe inzwischen über Facebook Kontakt zur Maria und ihrer Familie eine Kleinigkeit über PayPal zukommen lassen. So konnte ich der Familie meine Verbundenheit und Nächstenliebe zukommen lassen, auch wenn man das Erlebte und den Verlust des geliebten Vaters nicht ungeschehen machen kann. Ich bin in Gedanken bei Maria und ihrer Familie. Ich glaube, das ist das Beste, was wir von hier aus machen können. In Gedanken Unterstützung geben und wer gläubig ist, für solche Menschen wie Maria und ihre Familie zu beten. Liebe Grüße aus Cottbus von Heiko

  11. 19.

    Können Sie nähere Angaben zu dem europäischer Hilfsfond o. einem Spendenkonto machen? Ich möchte die Familie gerne etwas unterstützen.

  12. 18.

    Ich muß weinen, es ist so schrecklich.

  13. 17.

    Sie haben das alles anscheinend nicht verstanden. Seit wann dürfen andere Länder in innenpolitische Zustände eingreifen?
    Was soll der Schwachsinn von der "militärischen Operation"?
    Sie widersprechen sich doch selbst. Sie faseln von Kolateralschaden (SO heißt das) der Zivilbevölkerung. Was denn nun? Wo sitzen denn die angeblichen Nazis?
    In unseren neuen Bundesländern zeichnet sich eine Rechts-Tendenz ab. Darf Putin da jetzt auch mit einer "Spezialoperation" einmarschieren?
    Sie sind ein Dummschwätzer.

  14. 16.

    Hallo Rosaria,

    überlassen Sie es doch bitte dem ukrainischen Volk, ob sie sich verteidigen wollen oder nicht.

    Die Ukrainische Armee schützt die Zivilbevölkerung im Hinterland vor dem geschildertem Terror.
    Es ist echt traurig, wie indoktriniert hier einige sind.

    Ich wünsche der Familie viel Kraft und natürlich auch allen anderen Ukrainer. Dass der Terror hoffentlich bald endet.

  15. 15.

    Zitat: "NS Vergangenheit im eigenen Land ahnden und woanders dulden gar indirekt unterstützen ,muss auf Grund der Geschichte Wladimir Putin genug Anlass geben eine militärische Operation zu führen aus Sicherheitsinteressen,den das Deitsche Reich war in Russland einmaschiert ,wer die NS Doktrin kennt weiß das jede Nähe zum Natinalsozialismus und dessen Duldung als Angriff verstanden werden muss."

    Was für ein unfassbarer Bl*dsinn. Mal davon abgesehen, dass Sie der Bundesrepublik eine Mitschuld am Russischen Überfallkrieg auf die Ukraine unterstellen, den Sie ganz dem Kreml Narrativ entsprechend verharmlosend als "militärische Operation" bezeichnen, rechtfertigen Sie diesen damit, dass in der UKR rechtsextreme Kräfte, deren Parteien nicht mal im Parlament vertreten sind, die eigentl. Herrscher im Land wären und Putin dies als Angriff verstehen muss. Auweia.

  16. 14.

    Danke RBB24 für diese Veröffentlichung! Die Zeilen gehen tief ins Herz. Hab inzwischen über Facebook Kontakt zur Maria aus Mariopol und habe ihrer Familie eine Kleinigkeit zukommen lassen.

  17. 13.

    Maria. Gut so. Du schreibst. Viele Deiner Worte könnten meine sein. Diese elenden ,alten, gefühlskranken Männer mit Macht. Egal auf welcher Seite. Krieg ist Tortur, Folter, Brutalität, Erniedrigung. Überlebenskampf. Dein Text sollte überall zu lesen sein! Er sollte auf den Straßen aufgeklebt werden. An Häuserwänden kleben. An Ministerienwänden kleben. Er sollte jeden Tag daran erinnern, dass jeder weitere Tag ein Tag zu viel ist. Wieso sind Menschen in unserer heutigen Zeit in der Lage, andere zu quälen, zu foltern, umzubringen ?? Was ist bloß mit diesen Menschen los?
    Und warum schauen wir weiterhin zu??????
    Wir müssten jeden Tag gegen den Krieg demonstrieren.
    Gegen das Vergessen.
    Gegen die Ignoranz.
    Mögest du die Kraft behalten, nicht daran zu zerbrechen!!!!

  18. 12.

    Zitat: "NS Vergangenheit im eigenen Land ahnden und woanders dulden gar indirekt unterstützen ,muss auf Grund der Geschichte Wladimir Putin genug Anlass geben eine militärische Operation zu führen aus Sicherheitsinteressen,den das Deitsche Reich war in Russland einmaschiert ,wer die NS Doktrin kennt weiß das jede Nähe zum Natinalsozialismus und dessen Duldung als Angriff verstanden werden muss."

    Was für ein unfassbarer Bl*dsinn. Mal davon abgesehen, dass Sie der Bundesrepublik eine Mitschuld am Russischen Überfallkrieg auf die Ukraine unterstellen, den Sie ganz dem Kreml Narrativ entsprechend verharmlosend als "militärische Operation" bezeichnen, rechtfertigen Sie diesen damit, dass in der UKR rechtsextreme Kräfte, deren Parteien nicht mal im Parlament vertreten sind, die eigentl. Herrscher im Land wären und Putin dies als Angriff verstehen muss. Auweia.

  19. 11.

    Hallo:
    "NS Vergangenheit im eigenen Land ahnden und woanders dulden gar indirekt unterstützen ,muss auf Grund der Geschichte Wladimir Putin genug Anlass geben eine militärische Operation zu führen aus Sicherheitsinteressen,"

    Was ist denn das für ein wirrer Text! Ja, Putin duldet und unterstützt russische Nazis, statt sie zu bekämpfen!

    Was meinen Sie mit Geschichte Putins? Seine ewiggestrige Geheimpolizei- und Diktatur-Vergangenheit? Seine verschwurbelte rechtsradikale, rechts- und staatsterroristische und imperialistische Heim-ins-Reich-Idelogie?

  20. 10.

    Hallo:
    "Seit Ende des 2.WK gibt es leider immer noch Anhänger von Stepan Bandera in der Ukraine und der OUN-M ,sowie rechtsextreme Parteien , Milizen oder Korruption gegen die Niemand aus Drittländern nur das geringste unternommen hat."

    1. Rechtsradikale Minderheiten, die es in allen Ländern gibt, rechtfertigt keinen Angriffskrieg eines rechtsradikalen Diktators!

    2. In Russland gibt es prozentual viel mehr Nazis als in der Ukraine. In Russland ist sogar der Staatspräsident Nazi! In der Ukaine ist der Staatschef russischsprachiger Jude und kein Nazi!

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