Fortsetzung am 7. März - Rosneft-Klage gegen Treuhandverwaltung: Gericht will Beweise erheben

Mi 22.02.23 | 21:16 Uhr
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Symbolbild: Die Anlagen der Erdölraffinerie auf dem Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH sind abends beleuchtet. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Audio: Antenne Brandenburg | 22.02.2023 | Sylvia Stadler | Bild: dpa/Christophe Gateau

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine übernahm der Bund die Kontrolle bei den deutschen Töchtern des russischen Ölkonzerns Rosneft. Dagegen geht der Konzern nun gerichtlich vor - und die Klage wurde auch zugelassen.

Das Bundesverwaltungsgericht prüft seit Mittwoch, ob die Treuhandverwaltung der deutschen Töchter des russischen Ölkonzerns Rosneft rechtens ist. Eine entsprechende Klage des Ölkonzerns wurde am Mittwoch grundsätzlich zugelassen. Nach einer ganztägigen Verhandlung kündigte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab am Abend an, das Verfahren werde am 7. März fortgesetzt - mit einer Beweisaufnahme. Ein Urteil könnte also frühestens in zwei Wochen fallen.

Bund sah "Gefahren für Versorgungssicherheit"

Der staatlich kontrollierte russische Ölkonzern Rosneft klagt dagegen, dass der Bund im September die Kontrolle über die beiden deutschen Tochterfirmen Rosneft Deutschland und RN Refining Marketing übernahm. Die Bundesregierung hatte dies mit Gefahren für die Versorgungssicherheit begründet.

Hintergrund des Verfahrens war der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Zuge der Sanktionen gegen Russland hatte die Bundesregierung beschlossen, ab 2023 ganz auf russisches Rohöl zu verzichten.

Die PCK-Raffinerie verarbeitete 2022 aber vor allem russisches Öl aus der Druschba-Pipeline. Nach Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Rosneft kein Interesse, davon abzurücken. Unter Treuhandverwaltung wird inzwischen bei PCK nicht-russisches Öl verarbeitet.

Sollte das Gericht der Klage von Rosneft stattgeben, bekäme Moskau indirekt wieder Einfluss auf die beiden Rosneft-Tochterfirmen. Diese sind Mehrheitseigner der wichtigen PCK-Raffinerie in Schwedt in Brandenburg, die Nordostdeutschland mit Benzin, Diesel und anderen Produkten versorgt.

Bundesgericht erste Instanz

Anders als in vielen anderen Verwaltungsgerichtssachen ist das Bundesgericht in diesem Fall erste Instanz. Daraus erklärt sich der ungewöhnliche Schritt, selbst Beweise zu erheben und Zeugen zu hören. Klären lassen wollen die Richter unter anderem, welche Informationen das Bundeswirtschaftsministerium im Sommer 2022 hatte, dass ein russischer Öl-Lieferstopp drohen könnte und dass Rosneft Kapital von seinen deutschen Töchtern abziehen könnte.

Richterin Held-Daab gab während der Verhandlung Hinweise, dass sie wegen der geschützten Eigentumsrechte eine große Tragweite sieht: "Da sehen wir schon einen Eingriff deutlicher Intensität", sagte sie. Andererseits sei die Energieversorgungssicherheit "ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut" und von überragender Bedeutung. Das sei abzuwägen.

Verfahrensfragen am ersten Tag im Fokus

In der ganztägigen Verhandlung ging es zunächst um Verfahrensfragen. Dazu zählte, ob der russische Rosneft-Mutterkonzern in Moskau und ein Ableger in Luxemburg überhaupt als Kläger auftreten durften. Weiterer Streitpunkt war, ob die Kläger vor der Treuhand-Anordnung formal hätten angehört werden müssen.

Die Anwälte des Bundes argumentierten, im Sommer 2022 sei Eile geboten gewesen. Der russische Mutterkonzern hätte systematisch Vermögen abziehen und seine Töchter in die Insolvenz treiben können, sagte der Anwalt Ulrich Karpenstein, Rechtsvertreter des Bundes.

Gericht geht von "staatlich beherrschten Unternehmen" aus

Die Klägervertreter um den Anwalt Bertrand Malmendier ließen das nicht gelten. Nach seinen Worten hatte Rosneft Deutschland 2022 ein "extrem gutes Jahr" und "Kassenbestände von oberhalb einer Milliarde Euro". Selbst wenn Beträge abgezogen worden wären - was nicht der Fall gewesen sei -, so hätte dies die deutschen Töchter nicht in die Insolvenz getrieben.

Malmendier stellte auch den staatlichen russischen Einfluss auf den Mutterkonzern Rosneft in Frage. Das Unternehmen sei an der Börse notiert. Beteiligt seien auch der Staat Katar und der Ölmulti BP sowie andere Anteilseigner. Der russische Staatsanteil liege bei nur 44,5 Prozent. Richterin Held-Daab stellte klar, dass das Gericht wegen indirekter Beteiligungen dennoch von einem "staatlich beherrschten Unternehmen" ausgehe.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 22.02.2023, 19:30 Uhr

41 Kommentare

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  1. 41.

    Weil der Bund in Form des Treuhänders Haupteigentümer ist und sich gerade in Form des Staatssekratärs darüber beschwert hat, das die Lager voll sind - sich also über sein eigenes Handeln als Treuhänder beschwert hat.

  2. 40.

    Warum sollte er?

    Betreibt der Bund nebenbei Tankstellen?

    Die Preise sind doch niedrig.

  3. 38.

    Mehr als Mimimi kommt da nicht mehr?

  4. 37.

    Ammoniak ist stretegisch wichtig, da sollte man nicht von Importen abhängig sein. Einige andere Grundchemikalien sind auch schon länger schwer und nur mit langen Lieferzeiten am dt. Markt zu beschaffen.

  5. 36.

    "Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir wieder russisches Öl und Gas kaufen." Nein, das hat die Außenministerin bereits absolut ausgeschlossen in ihren Reden, daß Deutschland jemals wieder in Zukunft Handelsbeziehungen mit Rußland haben wird.

  6. 35.

    Warum wurde denn die überholte Turbine nicht direkt an den Kunden zurückgesendet, wie es üblich ist, und mußte erst in D Station machen?

  7. 34.

    Sie meinen, daß Gazprom die Ostseepipelines hat sprengen lassen?

  8. 33.

    Warum bringt der dt. Staat als Treuhänder und Mehrheitseigner des PCK neben Shell dann nicht die Produkte auf den Markt?

  9. 32.

    „Ammoniakherstellung ist zukünftig für Standorte mit EE Überschuss“. Diese Standorte werden Ihre einzigen Chance auf Realisierung im Märchenland haben.

  10. 31.

    Freunde bei BASF stört das weniger. Der Ammoniak wird importiert. Die Anlage war eh uralt.

    Wertschöpfung der Ammoniakproduktion an der Prozesskette rund 3%, Gewinnmarge nicht existent, also irrelevant. Ging nur weil BASF mit Wintershall das Gas in Russland selbst förderte. Durch die faktische Enteignung von Wintershall (Totalverlust der Investition) geht das halt nicht mehr. Ob die Rosneft Daumendrücker auch Wintershall eine Entschädigung durch Russland wünschen?

    Ammoniakherstellung ist zukünftig für Standorte mit EE Überschuss prädestiniert, hätte gedacht Sie wüssten das alles...

    PS: BASF hat ganz andere Probleme, z.B dass eine der besten Managerinnen Deutschlands BASF gerade verlassen hat, weil Sie mit der China Lastigkeit nicht einverstanden war. Also macht BASF kn China den gleichen Fehler wie die Wintershall-Tochter in Russland. Politische und rechtsstaatliche Risiken auszublenden. Wie gut, dass ich kein BASF Aktionär mehr bin.

  11. 30.

    Unsere Wirtschaft wird massiven Schaden nehmen. BASF hat gerade einen Teil seiner Ammoniakproduktion dauerhaft stillgelegt. Damit fehlt Dünger usw. Die Ukraine wird sachlich und nüchtern betrachtet diesen Krieg verlieren. Ihrem letzten Satz stimme ich zu. Das gilt in alle Richtungen, soweit es sich ökonomisch vermeiden läßt.

  12. 29.

    Geht es Ihnen so schlecht?

    Wirtschaftlich ist das längst ausgestanden.

    Ich Kauf kräftig alles mögliche, muss ja irgendwohin mit dem Geld.

    Russische Rohstoffe gerne, wenn sich Putin erledigt hat und die Souveränität der Ukraine in den Grenzen von 1991 wiederhergestellt ist und Russland Separationen zahlt. Ein Teil der Rohstofferlöse für die Ukraine könnte ein geeignetes Modell sein. Aber nie wieder Abhängigkeit von russischen Rohstoffen versteht sich oder?

  13. 28.

    Rechtsstaat und bezahlbare Versorgungssicherheit. Da sind wir uns einig.
    Auch daß Sie sich dafür einsetzten, daß Dominik hier schreiben darf. Daumen hoch.

  14. 27.

    Wenn der Krieg vorbei ist, werden wir wieder russisches Öl und Gas kaufen. Bis dahin ist es unsere Aufgabe, die jetzige Regierung wirtschaftlich zu überleben, auch im Sinne der einfachen Ukrainer.

  15. 26.

    Ach, Herr "Hannah", man kann hier seine Meinung äußern, egal wie abwegig sie ist, und das darf "ausgekostet" werden.

    Jetzt kommt aber das Gericht zu Wort, wertet alle Fakten aus, und dann kommt die Stunde der Wahrheit, zum Beispiel über die Zuverlässigkeit von Rosneff.
    Also abwarten und Tee trinken, und sich pro Rosneff- Werbung verkneifen, nützt am Ende eh nichts.

  16. 25.

    Zitat: "Nichts ist mehr so sicher, wie es mit Russland einst war."

    Vor allem nicht die Friedensordnung in Europa. Wobei das bei Ihren Überlegungen keine Rolle zu spielen scheint. Und falls Russland sich die Ukraine einverleiben sollte, stände uns mehr als nur ein "heißer Herbst" bevor, Erich.

  17. 24.

    Es überfordert Sie erwartbar, dass Putin sowohl die Speicher der Gazprom hat leer laufen lassen wie Russland eben auch wg. "technischer Probleme" mit den Turbinen die Gaslieferung hat eingestellt. Zufällig ist aber ja ein Strang von NS2 noch heile, so dass die Kremlins weiterhin darauf verweisen können, dass Putin eigentlich ein Guter ist.

    Übrigens gab es ja vor ein paar Jahren während während eines anderes russischen Kriegs auch schon mal "technische Probleme" an der Ölpipeline.

  18. 23.

    Widersprechen Sie Ihrem Führer Putin, dass NS1 sowieso kaputt war und nicht repariert werden konnte, trotz vorhandener Ersatzturbine?

    So wie Sie Behaupten Biden hätte NS mit hoher Wahrscheinlichkeit sprengen lassen behaupte ich Putin war es mit höchster Wahrscheinlichkeit.

    Gazprom hat bezüglich Lieferausfälle genau so argumentiert wie Sie beschreiben, NS wäre ja kaputt, da könne man nix mehr machen.

    Und bei all dem ist es ausgeschlossen, dass Putin jederzeit über seinen Oligarchen Mafia Kumpel Setschin einen Öl Lieferstopp verhängt? Kaputte Pumpen soll es auch bei ölpipelines geben.

  19. 22.

    Wie oft wollen Sie Ihre unterkomplexe Bewertung zum Ausfall der Gaslieferungen noch wiederholen. Kommen Sie jetzt bloß nicht noch mit der Behauptung, die Russen hätten die Leitungen gesprengt, um keine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Das wäre so, als würde die Lufthansa regelmäßig ihre Flugzeuge sprengen, um keinen Schadenersatz für verspätete Flüge zahlen zu müssen. Fakt ist: PCK hat vertragsgemäß Öl erhalten. Daß wir kein Gas mehr bekommen, hat mit moralistischer Außenpolitik und mit der mit hoher Wahrscheinlichkeit von Biden verfügten physischen Unmöglichmachung des Transports zu tun, wobei ein Strang von Nordstream 2 noch funktionsfähig sein soll. Die Bundesregierung hat das Angebot Gazproms, diesen in Betrieb zu nehmen, zurückgewiesen.

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