Interview | Staatssekretär Kellner zur PCK-Auslastung - "80.000 Tonnen Rohöl hätten im Januar zusätzlich verarbeitet werden können"
Wegen unterschiedlicher Angaben zur Auslastung der PCK-Raffinerie hat Ministerpräsident Woidke mehr Klarheit gefordert. Aus seiner Sicht ist die Versorgung unzureichend. Dem widerspricht Staatssekretär Michael Kellner.
Der Betrieb der PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) hat in den vergangenen Tagen wiederholt für Debatten in Politik und Wirtschaft gesorgt. So herrschte unter anderem Unklarheit über den Stand seit Inkrafttreten des Embargos wegen Lieferungen aus Russland im Januar. Darüber hinaus kursieren unterschiedliche Prozentangaben über die tatsächliche Auslastung der Raffinerie durch alternative Lieferungen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat deshalb für die kommende Woche kurzfristig ein Treffen der Taskforce einberufen.
Auch die Haltung des Bundes für eine zweite Pipeline zwischen Rostock und Schwedt erregt weiterhin die Gemüter. Im Gespräch mit dem rbb versucht Michael Kellner (Grüne), der zuständige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Aufklärung zu schaffen.
rbb|24: Herr Kellner, wie hoch ist die aktuelle Auslastung im PCK?
Michael Kellner: "Wir haben im Januar nach Auskunft der PCK eine Auslastung von 60 Prozent über Rostock nach Schwedt. Und zusätzlich sind am 20. Januar 80.000 Tonnen Rohöl in Danzig angelandet. Die hätten im Januar zusätzlich verarbeitet werden können, werden jetzt im Februar verarbeitet, so dass die Auslastung weiter steigt."
Polen hat ein eigenes Interesse daran, dass Öl in der PCK verarbeitet wird, weil sie diese Stoffe selber importieren. Wie stark ist die Unterstützung der polnischen Regierung, dass das passiert?
Der polnische Partner und Pipeline-Betreiber "Pern" hat ja im Januar schon einen Slot für ein Schiff geliefert. Deshalb hätte die PCK mehr produzieren können als sie produziert hat. Sie hätte also die 70 Prozent, von denen wir immer sprachen, erreichen können. Das funktioniert wie folgt: Die Raffinerie hat Lagerkapazitäten. Diese Lagerkapazitäten sind bis obenhin mit Produkten und Rohöl voll. Das war auch unsere Bitte und es ist auch richtig so, dass die voll sind, weil, wenn irgendein Problem auftreten sollte, brauchen wir Reserven, damit weiterhin gearbeitet und zum Beispiel ein Leck repariert oder die Raffinerie abgeschaltet werden kann. Aber in dem Moment, wo sie (die Betreiber, Anmerk. d. Red.) wussten, sie haben mehr Rohöl und es kommen über Rostock hinaus zusätzliche Mengen sicher rein, hätten sie die Produktion hochfahren können. Aber die Anteilseigner waren nicht in der Lage oder Willens das im Januar auf den Markt zu werfen.
Wir haben jetzt die Situation, dass zwei weitere Schiffe durch Pern den Gesellschaftern der PCK angeboten sind. Davon ist meines Wissen nach eines gebucht, sodass wir im Februar eine deutlich gestiegene Auslastung in Schwedt haben.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach hat am Dienstag gesagt, dass gegen Ostern vielleicht mit Verträgen zu Kasachstan zu rechnen ist. Ist dem denn so?
Gespräche mit Kasachstan laufen und es sind Ausschreibungen zugange. Das wäre natürlich toll, wenn sich das erfüllt und weitere Mengen aus Kasachstan kommen würden. Aber noch habe ich keinen unterschriftsreifen Vertrag vor mir liegen.
Im Brandenburger Landtag hat es am Dienstag heftige Empörung gegeben, weil Polen nach wie vor Öl aus Russland importiert. Deutschland hat das abgestellt und PCK bekommt kein Rohöl mehr aus Russland. Wie steht die Bundesregierung dazu, dass das gemeinsame Auftreten durch Polen teilweise konterkariert wird?
In Deutschland ist es so, dass die Mineralöl-Konzerne, wie Total und Shell, von sich aus auf russisches Rohöl verzichtet haben und ihre Verträge zum Ende des letzten Jahres haben auslaufen lassen. Die Situation in Polen ist, dass sie langfristige Lieferverträge haben, die noch in diesem Jahr laufen. Polen hat immer gesagt, sie brauchen ein europaweites Embargo auf Pipeline-Öl, um aus diesen Verträgen rauszukommen. Sonst müssen sie Entschädigungen zahlen. Aber auch Polen hat den Bezug von russischem Rohöl sehr weit eingeschränkt und ich würde mir natürlich wünschen, dass insgesamt alle Länder in der Europäischen Union angesichts des Krieges in der Ukraine auf russisches Öl verzichten würden.
Der Bundesregierung und damit auch Ihnen wird vorgeworfen, dass sie Wortbruch begangen hätten, weil keine zweite Pipeline-Röhre von Rostock nach Schwedt gebaut wird. Was ist da dran?
Das kann man einfach nachlesen, dass das Quark ist. Wir hatten im September beim Transformations-Paket gesagt, dass wir bis zu 400 Millionen Euro zur Ertüchtigung der Pipeline Rostock-Schwedt zur Verfügung stellen. Das war ursprünglich auch der Vorschlag der PCK-Raffinerie, der gerne und zu Recht aufgegriffen wurde. Danach gab es die Überlegung - für die es auch durchaus Argumente gab - man baut eine neue Pipeline. Das haben wir uns angeschaut.
Es hat sich mit der PCK herausgestellt, dass der Neubau einer Pipeline wesentlich länger dauert. Und eine entsprechend größere Pipeline kostet ungefähr doppelt so viel wie die Ertüchtigung. Das heißt, die Situation ist: Ein Neubau kostet doppelt so viel, dauert länger und die Gesellschafter waren nicht bereit, einen Neubau mitzufinanzieren. Dann haben wir gesagt, wenn es keine Bereitschaft der Unternehmen gibt, die ja nicht am Bettelstock gehen, bleibt es bei dem Versprechen, welches wir im September gegeben haben, nämlich die Pipeline zu ertüchtigen.
Also PCK könnte mit den Gesellschaftern im Rücken diese zweite Röhre bauen?
Das Angebot, was wir mit den bereitgestellten 400 Millionen gesagt haben, war: Wenn ihr - die Gesellschafter - eine zweite Röhre wollt, dann können wir diese Mittel für die vorgesehene Ertüchtigung gegebenenfalls verwenden. Dann müsstet ihr die Restmittel für den Neubau bereitstellen. Dazu gab es bei den Unternehmen aber keine Bereitschaft. Dann kann ich es auch nicht verantworten und der Steuerzahler zahlt alles allein.
Ministerpräsident Dietmar Woidke hat kurzfristig eine Sitzung der Taskforce in der kommenden Woche einberufen und will auch, dass ein Vertreter der Bundesregierung dabei ist. Wenn Sie nicht dabei sein können, weil Sie mit dem Bundespräsidenten unterwegs sind, wer wird dann kommen?
Wir haben großartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus, wie etwa die Leiterin unserer Taskforce, die auch in der Vergangenheit immer mit dabei war. Ich würde das natürlich gerne selber erläutern und wäre gerne da, kann aber nur um Verständnis bitten, weil es eine lang geplante Reise des Bundespräsidenten ist, bei der ich die Wirtschaftsdelegation leite. Das ist meine Aufgabe. Und deswegen wäre es mir am liebsten, wenn wir die Taskforce eine Woche später machen könnten.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte und redigierte Fassung.
Das Interview führte Andreas Oppermann für Antenne Brandenburg.
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.02.2023, 16:10 Uhr