Fachkonferenz in Potsdam - Innenminister beraten über strengere Abschieberegeln

Mi 19.06.24 | 07:50 Uhr
  18
Brandenburgs Innenminister Stübgen (links) neben Bundesinnenministerin Faeser bei einer Pressekonferenz im April 2024 (Bild: imago images/IPON)
Audio: rbb24 Abendschau | 19.06.2024| Sebastian Schöbel | Bild: imago images/IPON

Können Straftäter künftig bald nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden? Was wird aus dem Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete? Der Innenministerkonferenz in Potsdam liegen ab Mittwoch zahlreiche teils brisante Themen auf dem Tisch.

  • Innenminister erwägen, Straftäter auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben
  • Außerdem soll geprüft werden, ob Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb Europas durchgeführt werden können
  • Hinterfragt wird auch, ob das Bürgergeld weiterhin ukrainischen Geflüchteten ausgezahlt werden soll
  • Weitere Themen: Mehr Schutz von Frauen gegen Gewalt - und Cybermobbing

Unter dem Vorsitz des Brandenburger Innenministers Michael Stübgen (CDU) beginnt am Mittwoch in Potsdam die Fachkonferenz seiner Resortkolleginnen und -kollegen aus Bund und Ländern. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere die Themen Flucht und Migration.

Die Innenminister von Hessen und Baden-Württemberg, Roman Posek und Thomas Strobl (beide CDU), beantragen dazu, die Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan und Syrien vorzubereiten.

Für einen solchen Schritt hatten sich nach dem Tod eines Polizisten in Mannheim zuletzt auch Bundeskanzler Olaf Scholz, die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) und der Brandenburger Innenminister Stübgen ausgesprochen. Linke und Grüne lehnen dies ab. Der Mannheimer Polizist war von einem Afghanen durch einen Messerangriff tödlich verletzt worden. Bislang darf nicht nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden – wegen der dortigen angespannten Sicherheits- und Menschenrechtslage.

Bürgergeld für ukrainische Geflüchtete auf dem Prüfstand

Außerdem wird voraussichtlich auf der Innenministerkonferenz diskutiert, ob Asylverfahren in Drittländer außerhalb Europas ausgelagert werden können und sollen. Konkret fordern Vertreter der CDU, dass das Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Drittstaaten wie Ruanda die Flüchtlinge auswählt, die dann legal über Kontingente nach Europa kommen könnten. Flüchtlings- und Hilfsorganisationen lehnen dieses Modell ab.

Eine Rolle spielen könnte auch der jüngste Vorstoß von Brandenburgs Innenminister Stübgen. Er will Bürgergeld für ukrainische Flüchtlinge grundsätzlich streichen, wie er am Wochenende in einem Interview sagte. Die Beschäftigungsquote von Ukrainern sei verschwindend gering, weil das Bürgergeld "zum Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme" geworden sei, argumentiert er.

Deutliche Kritik an dieser Forderung äußerten vor allem die Brandenburger Linken, die Stübgen sogar zum Rücktritt aufforderten. Kritik kam auch vom CDU-Koalitionspartner Grüne. Grundsätzliche Unterstützung für Stübgen signalisierten SPD und BVB/Freie Wähler.

Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit erhielten von rund 12.800 erwerbsfähigen Ukrainerinnen und Ukrainern in Brandenburg im Mai rund 4.750 Bürgergeld.

Debatte um Fußfesseln für Gewalttäter

Auf der Innenministerkonferenz soll es auch um einen besseren Schutz von Frauen vor Gewalt gehen. Dazu gehört das Tragen elektronischer Fußfesseln bei Kontaktverboten für Gewalttäter und eine Pflicht zur Gewaltprävention. Die Fälle häuslicher Gewalt in Deutschland steigen seit Jahren stetig.

Stübgen sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam, unterschiedliche gesetzliche Regelungen bei den Landespolizeien führten zu Problemen. Ein Beispiel: Bei einem Kontakt- und Näherungsverbot für einen Gewalttäter in Brandenburg, der mehrfach seine Frau geschlagen habe und ihr dann in Berlin auflaure, sei nicht klar, welches Recht gelte. In Brandenburg kann der Aufenthalt von Tätern bereits mit einer Fußfessel überwacht werden, in Berlin nicht.

Straftatbestand bei Cybermobbing soll erweitert werden

Die Innenminister der Länder will sich außerdem für die Prüfung eines gesonderten Straftatbestands für Cybermobbing einsetzen. Das geht aus einem der dpa vorliegenden Beschlussvorschlag für die Innenministerkonferenz hervor. Stübgen brachte einen entsprechenden Antrag in die Fachkonferenz ein. Von Cybermobbing seien oftmals Frauen und Kinder betroffen, aber auch Anfeindungen und Bedrohungen gegen kommunale Amts- und Mandatsträger hätten besorgniserregend zugenommen, hatte Stübgen bereits vor Monaten gesagt. Cybermobbing sei jedoch mehr als es die Straftatbestände Beleidigung und Bedrohung abbilden könnten.

Die Konferenz in Potsdam endet am Freitag mit einer Abschlusspresseerklärung von Bundesinnenministerin Faeser. Flüchtlingsorganisationen haben für diesen Tag Demonstrationen vor dem Tagungsort in Potsdam angekündigt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.06.2024, 19:30 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 19.06.2024 um 18:47 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

18 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 18.

    Richtig - aber sollte Denken nicht vor dem Quatschen kommen ;-)?
    Diskusionsfreudigkeit ist in einer Demokratie schon wichtig, aber nur vom Reden wird nichts. Und ob falsch verstandene Humanität das allgemeine Lebensgefühl und die Wirtschaft unseres Landes voranbringt - das wage ich zu bezweifeln. Wer unser Grundgesetz und Regeln nicht achtet, der hat hier nichts zu suchen.

  2. 17.

    Langsam reicht es mit dieser Abschieberitis,ok, wenn dann nur die Schwerstverbrecher.
    Und vielleicht noch Herrn Höcker. Ist zwar kein Schwerverbrecher, aber ein Faschist.

  3. 15.

    Zum Beispiel darüber ob Afghanistan ein demokratisches Land ist, das die Menschenrechte einhält und ernst nimmt.

    Oder ob der Straftäter die deutsche Staatsangehörigkeit hat.

    Es ist eine Schande das in Deutschland geborene und aufgewachsene Menschen in ihr sogenanntes Heimatland abgeschoben werden. ( Hier junge Deuschtürken )

  4. 14.

    Das glaube ich erst, wenn ich einen wirklichen Erfolg sehe.
    Bis jetzt war es immer nur Bla, bla. Alles leere Versprechungen.
    Ich kann der Ampel kein Wort mehr glauben.

  5. 13.

    Frage: Die Islamische Republik Afghanistan hat eine Botschaft in Berlin und mehrere Vertretungen in Deutschland. Kann man mit denen nicht über Abschiebungen verhandeln, oder sind das Taliban, mit denen man ja nicht verhandeln will? Wie hängt das alles zusammen? Oder arbeitet Deutschland indirekt mit den Taliban zusammen? Laut BMZ unterstützt Deutschland auch NGO's in Afghanistan. Wer weiß, wo da die Gelder überall hinfließen.

  6. 12.

    Das sind alles wichtige Themen, die da (endlich) auf den Tisch kommen. Hoffentlich gibt es einen einheitlichen Konsens mit effektiv umsetzbaren Ideen ohne Kleinstaaterei. Mir ist völlig egal wer welcher Partei angehört oder was welche Partei denkt. Lösungen und Geschlossenheit müssen her!

  7. 11.

    Wiederholte Scheindebatte mit viel heißer Luft für die Wähler und am Ende nicht das Papier wert 4.0

  8. 10.

    Nicht quatschen - machen !!!

  9. 9.

    Mehrheit glaubt der Ampel ihre Abschiebepläne nicht. Nur 23 Prozent trauen der Ankündigung, schwerkriminelle Ausländer auch in unsichere Herkunftsländer wie Syrien und Afghanistan abschieben zu wollen. Nach einer Forsa-Umfrage für RTL und ntv glauben 75 Prozent der Ampel nicht. Selbst unter den Anhängern der Ampel-Parteien glauben ihr bei der SPD 64 Prozent nicht, bei den Grünen 60 Prozent und bei der FDP 79 Prozent.

  10. 8.

    Wer ist denn dieser Herr Luther, welche Funktion hat er? Und natürlich ist es politisch nicht gewollt, es gibt ja ein entsprechendes Gesetz (s. dazu auch den Beitrag "Warum bislang nach Afghanistan und Syrien nicht abgeschoben wird" hier beim RBB).

  11. 7.

    Heute in Berliner Zeitung sagt Herr Luther von Deutsch-Aghanischer Gesellschaft (!!!), das ganz vereinzelt Abschiebungen durchgeführt wurden, aber es politisch nicht gewollt ist

  12. 6.

    Na z.B. die Frage, ob es denn nicht schon im Vorhinein eine humane Möglichkeit gäbe zu verhindern, dass es überhaupt zu diesen entsetzlichen Taten kommen kann. Den Opfern hilft mE die Abschiebung im Nachhinein auch nicht mehr.. Reine Symbolpolitik am eigentlichen Problem vorbei. Ganz davon abgesehen, dass letztlich ohnehin Abschiebehindernisse rechtsstaatlich zu respektieren sind und den Worten mithin kaum Taten werden folgen können, selbst wenn man nun ernsthaft wöllte..

  13. 5.

    Die beraten bis sie weg gewählt sind. Dann geht es wieder um unser Land.

  14. 4.

    Das klappt schon seit Jahren nicht mit abgelehnten kriminellen Asylbewerbern aus anderen Ländern, wieso sollte das jetzt plötzlich mit Afghanen und Syrern funktionieren?

  15. 3.

    Was gibt es bei Abschiebungen von schwerst Kriminellen und Mörder zu diskutieren?

  16. 2.

    Die Bundesinnenministerin sollte eigentlich in die CDU wechseln. Ihre Sicherheitspolitik ist schon lange näher an dieser Partei als an ihrer eigenen.

  17. 1.

    Der CDU Fraktionschef fordert eine sachliche Diskussion des Problems in Sachen Bürgergeld ? Es gäbe kein Problem mit dem Bürgergeld wenn Herr Stüben und sein CSU Kollege das nicht zum Thema gemacht hätten. Das war/ist Wahltaktik um am rechten Rand Wähler abzufischen. Ich wünsche mir das diesen rechten Tendenzen in der CDU ein Rigel vorgeschoben wird.

Nächster Artikel