Energie oder Landwirtschaft - Wer verdient am Land, wenn der Tagebau weg ist?

Di 18.07.23 | 11:05 Uhr | Von Aline Anders-Lepsch und Florian Ludwig
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Archivbild: Ein Achtung Betreten Verboten steht am 12.05.2016 bei Welzow, Deutschland an der Kante des Braunkohlentagebau Welzow-Süd. (Quelle: imago/Markus Heine)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.07.2023 | Michael Schon | Studiogast: Dirk Messner | Bild: imago/Markus Heine

Zukünftig soll im Tagebau Jänschwalde keine Kohle mehr gefördert werden. Was passiert dann mit den Flächen? Bauern wollen Landwirtschaft betreiben, die Leag hingegen erneuerbare Energie produzieren. Geht beides? Von A. Anders-Lepsch und F. Ludwig

Noch drehen sich die Schaufelräder der riesigen Bagger im Tagebau Jänschwalde (Spree-Neiße). Noch wird die Braunkohle aus der gigantischen Grube gehoben und noch transportieren Förderbänder und Züge sie in das nahgelegene Kraftwerk. Noch.

Denn obwohl noch um das genaue Ausstiegsdatum auf Bundes- und Landesebene gerungen wird, steht eines bereits fest: Die Braunkohleförderung in der Lausitz wird enden - nach aktuellem Stand im Jahr 2038.

Schon jetzt laufen aber Verhandlungen, es geht um das Land, auf dem jetzt noch die Schaufelräder rotieren. Denn irgendwann werden die Flächen ausgekohlt und renaturiert sein. Die Leag, der Tagebaubetreiber, will dort am liebsten erneuerbare Energie produzieren. Die Bauern und Agrargenossenschaften in der Umgebung wollen das Land hingegen wieder für die Landwirtschaft nutzen.

Braunkohleplan regelt Flächennutzung nach Tagebau

Zu ihnen gehört die Agrargenossenschaft Heinersbrück. Etwa 1.000 Hektar Fläche gehören zum Betrieb - wegen der Erntezeit ist aktuell viel zu tun. Es könnte aber noch mehr werden, sagt Frank Schneider von der Genossenschaft. "Wir erwarten etwa noch 400 Hektar aus dem Tagebau, aus der aktiven Rekultivierung", so Schneider. Ab 2024 sollen dem Betrieb die Flächen nach und nach wieder zur Verfügung gestellt werden.

Das ist gesetzlich geregelt, im sogenannten Braunkohlenplan. Hier ist festgelegt, dass die Landwirte das Land, das für den Tagebau genommen wurde, nach der Rekultivierung wieder bewirtschaften sollen.

Leag will Flächen selbst nutzen

Die Leag als Betreiberin der Tagebaue und Kohlekraftwerke ist allerdings Besitzerin der Flächen. Der Konzern stellt sich seit Längerem auf die Zeit nach der Braunkohle ein und entwickelt neue Geschäftsfelder. Vor allem mit erneuerbaren Energien will der Konzern zukünftig Geld verdienen. Die sogenannte "Gigawatt-Factory", ein Zusammenschluss zahlreicher Photovoltaik- und Windkraftflächen, soll bis 2030 insgesamt sieben Gigawatt Leistung bereitstellen. Doch diese Pläne brauchen Platz.

Dementsprechend schaut auch der Energiekonzern auf die rekultivierten Tagebauflächen. Gibt es nun einen Konflikt zwischen Stromerzeugung und Landwirtschaft - zwischen Bauern und Leag?

Nutzungsmöglichkeiten für entfernte Flächen

Franziska Uhlig-May, verantwortlich für die Genehmigungsplanung im Bereich erneuerbare Energien bei der Leag widerspricht. Durch den Braunkohleplan sei der Konzern zur Existenzsicherung der Landwirtschaftsbetriebe verpflichtet, sagt sie. "In dem Zusammenhang stellt sich diese Frage eigentlich nicht, sondern es geht darum ein zukunftsfähiges und tragfähiges Konzept für die Landwirte zu finden", so Uhlig-May.

Die Wirtschaftszweige sollen also möglichst miteinander verknüpft werden - Windräder, Photovoltaik-Anlagen und Landwirtschaft auf einer Fläche.

"Man könnte bei entsprechenden Abständen Getreide anbauen, auch Futter", sagt Landwirt Frank Schneider aus Heinersbrück. Auch die Weidehaltung bestimmter Tierarten hält er für möglich.

Auf manchen Flächen käme ihm eine alternative Nutzung sogar ganz gelegen. So verfügt die Genossenschaft seit dem Jahr 2000 über eine rekultivierte Fläche, die zwar ertragreich ist - allerdings auch 18 Kilometer vom Betriebssitz entfernt. Die Arbeiten auf der Fläche sind entsprechend aufwändig.

"Um diese Aufwendungen etwas zu reduzieren und der Fläche eine neue Perspektive zu verleihen, würde es sich anbieten auch hier eine Solaranlage zu errichten", so Schneider.

Bislang handelt es sich bei den Konzepten zur Doppelnutzung noch um Ideen. Konkret umgesetzt werden die aktuell erstmals bei Forst. Dort hat die Leag kürzlich die Genehmigung für einen Windpark auf rekultivierter Fläche erhalten. Die Gespräche mit dem betroffenen Landwirt laufen, wie der Energiekonzern sagt.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 18.07.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Aline Anders-Lepsch und Florian Ludwig

17 Kommentare

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  1. 17.

    Warum lügen Sie? Vattenfall speichert bekanntlich Erneuerbare Energie in einer "Thermoskanne". Zudem ignorieren Sie weiterhin geflissentlich, dass es eine großen Unterschied macht, ob man Wasserstoff in einer kleinen Gebäudeheizung verbrennt oder oder bei Kraft-Wärme-Kopplung. Realsatire ist Ihre Grundeinstellung zur Energiewende, auch wenn das zu gesteigerten Umfragewerten führt.

  2. 16.

    Ihre allfälligen Aufzählungen zu den "alternativen" Energien sind mir bekannt. Nur es mangelt ihnen an technischer und wirtschaftlicher Realisierungsmöglichkeiten. Vattenfall, der wohl größte Fernwärmeanbieter, verbrennt ausschließlich Fossiles für die Fernwärmeerzeugung. Den Wasserstoff können Sie getrost vergessen, miserabler Wirkungsgrad über die gesamte Erzeugerkette und viele zu teuer für die Gebäudeerwärmung. Da gibt es keinen Fachmann, der diesen Aspekt anders sieht. Schon fast Realsatire, wenn die Fernwärmeerzeugung über fossiles Gas jetzt neben der Habeck-Wärmepumpe die zweite Alternative des geplanten GEG ist.

  3. 15.

    Die Liste der Möglichkeiten zur Speicherung Erneuerbare Energie ist lang. Sie haben einige Jahrzehnte technischer Entwicklung nicht mitbekommen. Seit über fünf Dekaden wird Wasserstoff in Salzkavernen gespeichert, seit kurzem auch in einem Porenspeicher. Auch Druckluftspeicher wurden vor Jahrzehnten in der Bundesrepublik entwickelt. Dazu gibt es immer mehr Batteriespeicher primär für Regelleistung und kurzfristige Nachfrageschwankungen. Biogas ist ein weiteres Beispiel für Erneuerbare Energie. So manch alter Mann mit weißem Bart hatte nicht nur letzten Weihnachten, sondern schon vor Jahren UnSinn erzählt, dass bei 20% EE in Deutschland die Lichter ausgehen würden.

  4. 14.

    Sie schreiben aus guten Grund "physiker" klein., haben Sie doch Jahrzehnte technischer Entwicklung verpasst. Dabei wird seit über fünf Dekaden Wasserstoff in Salzkavernen gespeichert und fast ebenso lange sogar in der Bundesrepublik ein Druckluftspeicher betrieben. Weitere Speicher werden gerade errichtet. Zudem gibt es als weitere Speichermöglichkeiten wie z.B. immer mehr Batteriespeicher, die nicht nur Regelleistung zur Verfügung stellen können, sogar in Brandenburg.

  5. 13.

    Vielen Dank für den RBB Link. Da wird das ausgeführt, was ich auch zum Ausdruck brachte "Aktuell wird für die Tagebaue Grundwasser abgepumpt, damit die Gruben nicht vollaufen. Das abgepumpte Wasser wird derzeit in die Spree gegeben - an heißen Sommertagen macht das Grubenwasser bis zu 90 Prozent des Spreewassers aus, so der Tagebaubetreiber Leag." An heißen Tagen, wenn man nichts unternimmt, kann man dann in Berlin durch die Spree laufen.

  6. 11.

    Ja das ist die Konsequenz aus Zurück zur Natur. In diesem Artikel
    https://www.rbb24.de/studiocottbus/politik/2023/07/brandenburg-lausitz-wasser-studie-umwelt-bundesamt-verbaende-kritik.html
    beschweren sich Nabu, Grüne Liga und BUND, dass die Landesregierung den Wasserstand der Spree nach dem Schluss der Tagebaue schönrechnet. Die wollen die Spree nach dem Ende der Tagebaue auf dem gleichen Wasserstand wie mit den Tagebauen. Irgendwas passt da nicht bei den Forderungen von Nabu, Grüne Liga und BUND.
    Ja sorry. Mit dem Strukturwandel Lausitz der Landesregierung bis 2030 war nie eine Garantie des gleichen Wasserstandes der Spree für Berlin verbunden.

  7. 10.

    Völlig ungelöst und auch nicht ansatzweise beachtet ist das Problem, dass mit der Einstellung des Tagebaus Berlin das Wasser ausgeht. Laut Studie kann dies dazu führen, dass die Spree örtlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führt – mit entsprechenden Konsequenzen u.A. für die Trinkwasserversorgung in der Region Berlin. UBA-Präsident Dirk Messner: „In Berlin und Brandenburg könnte im schlimmsten Szenario das Wasser empfindlich knapp werden, wenn nicht entschlossen gegengesteuert wird. "

  8. 9.

    Je mehr "Erneuerbare" umso mehr fossile Einfuhren nach Deutschland zum Ersatz der aufgegebenen fossilen grundlastfähigen Energiegewinnung ist erforderlich. Denn Dunkelflauten sind nun mal da bei den Erneuerbaren und speichern von EE ist nicht möglich.

  9. 8.

    Hoffentlich wird die frei gewordene Fläche nicht an ausländische Investoren verkauft. Z.B.Landwirtschaft

  10. 6.

    Die Nutzung erfolgt nicht im Wechsel sondern Parallel. Am Ende des Artikels wird ja eine Genehmigung für einen Windpark erwähnt die die LEAG schon habe. Danach verhandelt sie erst mit dem betroffenen Landwirt. Etwas merkwürdige Reihenfolge. Richtig wäre es sich ein Vorabvotum einzuholen, dann mit Landwirt zu verhandeln und wenn diese Verhandlungen in trockenen Tüchern sind die endgültige Genehmigung einzuholen! Aber nicht so, wie jetzt geschehen, nach Gutsherrnart!

  11. 5.

    Kann es sein, dass Sie einen kleinen Schreibfehler in Ihrem Statement haben? Ich denke, es müßte heißen: " durch Entschädigung vormaliger Eigentümer" ?! Der eine oder andere hat sich ziemich "gesund gestoßen" an der gern kolportierten Meinung einer "Enteignung".

  12. 4.

    Obwohl die Idee, die Flächen im Wechsel zu nutzen, ja bestimmt schon mal irgendjemand gehabt haben wird, höre ich gerade zum ersten Mal davon – und finde, dass sich dieses Konzept wirklich sehr schlüssig und absolut vernünftig anhört! : )

  13. 3.

    Warum kann man eigentlich nicht beides schaffen? Wenn man die Solarflächen etwas höher bauen würde, könnten darunter die Kühe oder Schafe weiden und es gäbe auch nicht die Verdunstung / Entwässeung der Flächen wie bei einer Mono-Weidenutzung, weil die Weiden im Halbschatten der Solarfelder stünden.

    Ebenso sollte man einmal drüber nachdenken, ob die Solareinheiten nicht mobil gemacht werden könnten, so dass sich Flächen erholen können, während darüber Solarfelder stehen und wenn dann 2-3 Jahre um sind, diese wieder für Ackerbau genutzt werden und ausgelaugte Felder stattdessen für die Sonnenernte bereit stehen?

  14. 2.

    Der Großteil der Flächen kam durch Enteignung für den Tagebaubetrieb in das Eigentum der LEAG. Wenn dieser endet, sollten sie diese wieder an die Alteigentümer aber wenigstens an die Kommunen zurück geben. Aber nein, da verdienen sie weiterhin Geld. Nun mit EE. Müssen keine Pachten zahlen und die Anrainerkommunen sehen wahrscheinlich auch wieder kein Geld... Hauptsache "Partner der Region"

  15. 1.

    WKA auf Ackerflächen sind nichts neues. Doch warum nicht auch Agri-PV?

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