Wasserentsorgung - Klärwerk-Pläne des Wasserverbands Strausberg-Erkner vor dem Aus

Do 10.08.23 | 17:11 Uhr | Von Martin Krauß
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Das Klärwerk in Münchehofe kommt 2028 an seine Kapazitätsgrenze.
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 09.08.2023 | F. Pilarski/M. Krauß | Bild: rbb/Fred Pilarski

Der Wasserverband Strausberg-Erkner will in der Nähe des Tesla-Werks ein eigenes Industrieklärwerk bauen. Doch das Umweltministerium hat gänzlich andere Ansichten zu Aufgabe, Kapazität und Standort einer solcher Anlage. Von Martin Krauß

Die Pläne des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) zur Errichtung eines Industrieklärwerks stehen vor dem Aus. Das haben Recherchen des rbb-Studios Frankfurt (Oder) ergeben.

Trotz jahrelanger Beratungen über ein mögliches Klärwerk im Bereich des Güterverkehrszentrums (GVZ) Freienbrink, in dem auch der US-Elektroautohersteller Tesla seine europäische Produktionsstätte betreibt, sind sich der WSE, das Brandenburger Umweltministerium und die Gemeinde Grünheide (Oder-Spree) noch immer uneins über die Aufgabe, die Kapazität und den Standort einer solchen Anlage. Dabei drängt die Zeit, wie auch andere Akteure berichten.

Kapazitäten in Münchehofe 2028 ausgeschöpft

Bislang entsorgt der WSE sein Abwasser im Klärwerk Münchehofe, einem Ortsteil der Gemeinde Hoppegarten (Märkisch-Oderland). Betreiber der Anlage sind die Berliner Wasserbetriebe (BWB). Rund 7 Millionen Kubikmeter Abwasser des WSE seien 2022 in Münchehofe gereinigt worden, sagt BWB-Pressesprecher Stephan Natz. Bis 2028 soll dieses Volumen um eine weitere Million steigen: "Das wäre dann aber auch das Limit", so Natz. Aus diesem Grund wünsche sich die BWB eine zügige Entscheidung über die Schaffung neuer Kapazitäten, um die weitere Entwicklung im südöstlichen Umlands Berlins sicherstellen zu können".

BWB-Pressesprecher Stephan Natz
BWB-Pressesprecher Stephan Natz | Bild: rbb/Fred Pilarski

Denn diese Region ist in den vergangenen Jahren gewachsen, was auch durch die Ansiedlung von Tesla zu erklären ist. Aus diesem Grund hatte sich der zuständige Ver- und Entsorger, der WSE, schon frühzeitig auf die Suche nach einem geeigneten Standort für ein eigenes Klärwerk in unmittelbarer Nähe des Tesla-Werks begeben – und schließlich auch gefunden.

2021 wurde bekannt, dass dazu Verhandlungen mit dem Land Brandenburg begonnen hätten. Denn: Das besagte Grundstück im Grünheider Ortsteil Spreeau gehörte dem Landesbetrieb Forst und somit dem Land Brandenburg. Mittlerweile sind die zähen Verhandlungen zum Abschluss gekommen und der Landtag hat dem Grundstücksverkauf zugestimmt.

Umweltministerium: Pläne von WSE abgebrochen

Doch anders als bislang vermutet, sollen die Planungen für ein Industrieklärwerk für diesen Standort schon seit langem abgebrochen worden sein, wie aus einer Antwort des Umweltministeriums auf eine rbb-Anfrage in dieser Woche hervorgeht. Darin heißt es: "Der WSE hatte bereits 2021 entschieden, die begonnen Planungen zur Errichtung eines Industrieklärwerks am Standort Spreeau abzubrechen."

Da das östliche Berliner Umland jedoch neue Klärwerkskapazitäten benötigt, setzt sich das Umweltministerium für eine andere Nutzung des besagten Grundstücks ein: "Der Klärwerkstandort Spreeau […] ist im Rahmen der strategischen Abwasserzielplanung aus Sicht des Landes weiterhin eine Option – jedoch für ein rein kommunales Klärwerk", heißt es aus dem Ministerium. Diese Position sei auch im Gespräch mit dem WSE und dessen Mitgliedsgemeinden in der Arbeitsgruppe "Wasserperspektiven östliches Berliner Umland" vertreten worden. "Entscheidend ist, dass durch die Gemeinden hierfür die planungsrechtliche Grundlage geschaffen werden", so das Ministerium.

WSE widerspricht

Dem widerspricht jedoch Henryk Pilz (CDU), Vorsitzender der WSE-Verbandsversammlung und Bürgermeister von Erkner (Oder-Spree). Mit der Aussage des Umweltministeriums konfrontiert, sagt Pilz: "Die Aussage überrascht mich, dass wir 2021 sozusagen das Projekt schon abgewählt haben, weil zu diesem Zeitpunkt haben wir das Grundstück erst erworben – übrigens vom Land."

Henryk Pilz, der regierende Bürgermeister von Erkner (Quelle: rbb)
Henryk Pilz, Bürgermeister von Erkner | Bild: rbb

Zudem hätte der WSE auch nach 2021 immer wieder – auch im Rahmen der angesprochenen Arbeitsgruppe - von einem "Industrieklärwerk" gesprochen, dass für diesen Standort von Seiten des Verbandes weiterhin geplant werde. "Von daher gibt es von unserer Seite weder einen Beschluss, dieses Ziel nicht weiter zu verfolgen, noch irgendwelche anderen Interessenslagen." Vom Verband selbst existiere eine solche Absage somit nicht, bekräftigt Pilz.

Gründe für die Einschätzung

Aber wie kommt dann eine solche Einschätzung von Seiten des Umweltministeriums zustande? Auf Nachfrage des rbb antwortet das Brandenburger Umweltministerium schriftlich: "Der WSE hatte nach eigenem Bekunden die ingenieurtechnischen Planungen für ein Industrieklärwerk am Standort Spreeau eingestellt. Dies hatte er unter anderem in der vierten Beratung der AG Wasserperspektiven am 26. April 2022 bestätigt (siehe TOP 2.1: [www.mluk.brandenburg.de]). Ferner wurde der hierauf ausgerichtete Förderantrag zurückgezogen. Ebenso sind uns keine weiteren Aktivitäten des WSE in Bezug auf die zu leistende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zur Kenntnis gelangt."

Doch unter dem angesprochenen Tagesordnungspunkt 2.1 - "Stand zur Variantenvergleichsbetrachtung zum 'Klärwerk Spreeau'" - wurden diese Aussagen vom Umweltministerium selbst und nicht vom WSE getroffen, wie aus dem Protokoll hervorgeht. Zudem ist auch keine Formulierung zu finden, die einen Abbruch der Planungen von Seiten des WSE erkennen lässt.

Unterschiedliche Ansichten

Darauf angesprochen berichtet Henryk Pilz, der selbst an der Sitzung teilgenommen hatte, dass sowohl der Förderantrag als auch die Ausschreibung der Ingenieurplanung wegen des bis dato nicht zustande gekommenen Grundstückskaufs beziehungsweise -verkaufs tatsächlich vom WSE zurückgezogen worden seien. Beides solle jedoch erneut erfolgen, sobald die derzeit stattfindenden Vermessungsarbeiten in Spreeau abgeschlossen sind.

Gleiches gelte auch für die geforderte UVP. Hierzu müssten nach der Entscheidung Teslas, seine Abwässer mit der beantragten Abwasser-Recycling-Anlage selbst aufbereiten zu wollen, alle Zahlen zu den zu erwartenden Abwässern, die das Klärwerk verarbeiten soll, noch einmal betrachtet werden, so Pilz. "Wir reden ja über mehrere Industrieansiedlungen an diesem Standort. Und nicht nur über Tesla." Nur so könne darüber entschieden werden, ob ein Industrieklärwerk an dieser Stelle weiterhin sinnvoll wäre.

Ob nun ein Industrieklärwerk – sprich ein Klärwerk zur Aufbereitung von Industrieabwässern - oder ein kommunales Klärwerk an diesem Standort errichtet wird, entscheiden letzlich laut Pilz der WSE und die Genehmigungsbehörde – das Landesamt für Umwelt – gemeinsam. "Und dafür benötigen wir zwingend die Abwasserzielplanung des Landes Brandenburg – ohne die geht es nicht", so Pilz.

Grünheide gegen kommunales Klärwerk

Doch bereits jetzt scheint klar, dass der Bau eines rein kommunalen Klärwerks, welches insbesondere Abwässer von Privathaushalten reinigen würde, am Standort Spreeau unwahrscheinlich ist. Nach rbb-Informationen sieht nämlich Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos), dessen Gemeinde in Teilen selbst Mitglied des Wasserverbands Strausberg-Erkner ist, keine Mehrheit für ein solches Vorhaben innerhalb der Gemeindevertretung. Diese müsste jedoch der Aufstellung eines Bebauungsplans zustimmen. Denn erst mit einem solchen ist die Errichtung eines Klärwerks – egal ob für Industrie- oder kommunale Abwässer – am Standort Spreeau überhaupt möglich.

Beitrag von Martin Krauß

17 Kommentare

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  1. 16.

    Grünheide so frühzeitig bei BMW ausgeschieden, dass die sich gar nicht mit dem Baugrund beschäftigt hatte. Einer der Gründe war u.a. die zu große Entfernung zu den anderen, bei BMW im Verbund arbeitenden Werken. Das sollte auch eigentlich seit den frühen Grundsatzdiskussionen bekannt sein
    Die Testpfähle waren, auf die Sie abheben, waren bekanntlich nicht genehmigungspflichtig, hätten aber angezeigt werden.
    Dass die vorhanden Verkehrsinfrastruktur nur für den Erstausbau ausreicht, ist auch seit Anfang 2020 aus dem Verkehrsgutachten bekannt, Wie kommen Sie aber darauf, dass die für "zig Milliarden ausgebaut werden muss? Bedenken Sie bitte auch , dass bekanntlich u.a. am Bahnhof Fangschleuse eh größere Umbauten anstanden, da die Überholgleise und Bahnsteige zu kurz sind.

  2. 15.

    Hören Sie doch endlich auf mit Ihren "demokratischen Verfahren".

    Die Politik hat "befohlen", das Tesla dort gebaut wird und Befehle sind in der BRD halt auszuführen, das ist nun mal so, trotz Demo.....

  3. 14.

    Na ja, das Wirrwarr wird immer größer!

    Wo bleibt denn unser "Investitionskrieger" Steini, hat er keine Kohle mehr?

  4. 13.

    "Tesla muss unseren Wald verlassen" Ihr Wald? Der Kiefernforst wurde rechtskräftig in einem demokratischen Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit als Industriegebiet ausgewiesen. Die Genehmigung für die 1. Ausbaustufe des Werks wurde erteilt ohne dass die angekündigten Klagen folgten. Sie haben aber im Rahmen des laufenden Verfahrens erneut die Gelegenheit, Ihre Meinung mit sachlichen Einwänden gegenüber der Genehmigungsbehörde zu begründen.

  5. 12.

    Sie haben etwas anders recht: Die Liste der Fehlentscheidungen der letzten 34 Jahre ist so lang, dass man dies gar nicht hier aufschreiben kann. Selbst mit besten Bedingungen und fremden Geld, als Nehmerland, gelingt es einfach nicht. Es muss doch an den Einstellungen der Entscheider liegen, dass man die letzten Plätze nie verlässt. Eingetretene falsche „Trampelpfade“ müssen verlassen werden und das „Wer ist für wem da“ neu angegangen werden. Mit liberaleren Demokraten statt bornierter „Könige“.

  6. 11.

    Wahrscheinlich liegt der Unterschied, aus der Retrospektive, im Antrieb und damit im Frischwasserbedarf.

  7. 9.

    Es schmerzt, wenn vor allem Personen sich hier und auf anderen Plattformen zu Tesla äußern, die Falschmeldungen und Fehlinformationen als richtig ansehen. Tesla muss weg aus dem Waldgebiet! Das war, ist und bleibt der falsche Standort!!!

  8. 8.

    Genau das sind von Beginn an die nicht beachteten Tatsachen. Die Landesregierung hat ohne vorherige gründliche Prüfung einem von ihnen angehimmelten Unternehmer Versprechungen gemacht! Auch wenn immer wieder Unterstützer darüber hier und auf anderen Plattformen behaupten, dass der Standort richtig sei! Falsch auf ganzer Linie! Es bleibt zu hoffen, dass alle mit Verantwortung für unsere Umwelt diesen Wahnsinn beenden! Tesla muss unseren Wald verlassen!!!

  9. 7.

    Endlich wird die richtige Frage gestellt. Weil offensichtlich beim ersten Versuch einen Autobauer anzusiedeln festgestellt wurde, dass nur eine Autobahn in unmittelbarer Nähe nicht ausreicht un der Untergrund ein benöigtes Bauwerk nicht trägt. Entsprechend sollte die damalige Fläche wieder zurück in das Landschaftsschutzgebiet eingegliedert werden. Wurde aber versäumt. Die ersten Unterlagen von Tesla enthielten nichteinmal Pfähle zun bau seiner Fabrik. Sie wurden einfach gerammt ohne Genehmigung. Im jetzigen Antrag stehen 81.000 Pfähle ... warum wohl.? Somit erklärt sich auch die nicht vorhandene aber ständig als Vorteil beworbene Infrastruktur. Sie muss erst mit vielen Milliarden des Steuerzahlers hergestellt werden und ist eben nicht mit einem schnipp plötzlich da.

  10. 6.

    Ich versteh die ganze Aufregung nicht. Es gab doch schon vor Jahren einen Bebauungsplan für eine Autofabrik. Da muss doch schon alles klar gewesen sein. Es werden jetzt auch nur Autos gebaut. BMW oder Tesla ist doch eigentlich egal, beides sind Weltfirmen.
    Da hat Herr Neumann recht, Brandenburg packt das nicht. So wird das nichts mit der Industrialisierung eines Bundeslandes.

  11. 5.

    Ich habe den Bericht im RBB gesehen.
    Mein Eindruck, die agierenden Politiker sind total bescheuert. Können nur von 12 bis Mittag denken obwohl hier Weitsicht gefragt ist.

  12. 4.

    "Auf dieser Grundlage wäre nun durch den Antragsteller (WSE) die UVP in Angriff zu nehmen und entsprechende Anträge zu stellen. Der Oberen Wasserbehörde liegt hierzu gegenwärtig noch nichts vor. Ebenso liegt die Weiterführung der
    ingenieurtechnischen Planung auf Eis. " Nun stellt sich angesichts dieser Protokolleintrags die Frage, inwieweit der Vorhabenträger, also der WSE, seine Hausaufgaben vom April 2022 gemacht hat.

  13. 3.

    Wenn die Darstellung im Beitrag nur halbwegs richtig ist, dann muss man für diesen Vorgang ein neues Wort prägen: Inkompetenzgerangel.

  14. 2.

    Machtspielchen wurden schon hier schon früh vor über 3 1/2 Jahren vermutet, allerdings mit der WSE als Hauptakteur. Erinnern Sie sich noch an die Aussage von Landrat Gernot Schmidt über Verbandsvorsteher André Bähler oder ist die Ihnen vor lauter Wimmern über Wahlniederlagen entgangen? Der WSE verkauft Trinkwasser zwar extrem billig, hat aber zu Hauf sanierunsgbedürftige Brunnen, für die im einfachsten Fall eine Neufassung ausreicht. Derweil gibt er die Sch... das Abwasser bequem an die Berliner Wasserbetriebe ab und ward damit auch auf der Abwasserseite zum limitierenden Faktor. Keine Wunder, dass seit einiger Zeit die Stimmen lauter werden, dass einzelne Gemeinden den WSE besser verlassen sollten.

  15. 1.

    Machtspielchen als Folge einer Standortfehlentscheidung (ungeeignetes Grundstück an E. Musk verkauft)? Es wird teuer, sehr teuer. Für uns.

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