Irreführende Werbung - Brandenburger Verbraucherzentrale klagt erfolgreich gegen "klimaneutrales Heizöl"

Fr 17.11.23 | 15:10 Uhr
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Symbolbild: Schlauch mit Zapfpistole an einem Füllstutzen für die Heizöllieferung (Quelle: dpa/Christian Charisius)
Bild: dpa/Christian Charisius

Werbebotschaften, die das Klimagewissen ansprechen, finden sich derzeit überall. Sogar der Kauf von "klimaneutralem" Heizöl soll möglich sein. Die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) ist in einem Fall erfolgreich gegen einen irreführenden Klima-Claim vorgegangen und hat eine Unterlassungserklärung erwirkt, wie sie am Freitag mitteilte [verbraucherzentrale-brandenburg.de].

Auf seiner Webseite sowie auf einem Tankwagen bewarb ein Unternehmen eine seiner Sorten Heizöl als "klimaneutral". "Für uns ein klarer Fall der Verbrauchertäuschung und im Falle von Heizöl größtmöglicher Unsinn", wird Dunja Neukamp, Juristin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg, zitiert. Die VZB erreichte eigenen Angaben zufolge eine Unterlassungserklärung, das Unternehmen darf in Zukunft nicht mehr entsprechend werben.

Marktvorteil durch falsche Klima-Werbung

Das Versprechen von Klimaneutralität kritisiert die Verbraucherzentrale in dem Heizöl-Fall unter anderem aus wettbewerbsrechtlichen Gründen: Dass Werbeaussagen zum Klimaschutz verkaufsfördernd sind, sehe auch die Rechtsprechung so. "Werbe ich mit einem falschen Klima-Claim, ist nicht auszuschließen, dass Verbraucher das Produkt Konkurrenzprodukten vorziehen, die nicht mit dieser Aussage gelabelt sind", erklärt Neukamp das juristische Vorgehen der VZB gegen das fehlerhafte Werbeversprechen in dem Fall.

Vermeintliche Kompensation setzt falsche Anreize

Gerade die Herstellung des Brennstoffes Heizöl und die Nutzung einer fossil betriebenen Ölheizung wirken sich klimaschädigend aus und führen sowohl zu Treibhausgasemissionen als auch zu Luftverschmutzung durch Schadstoffemissionen. "Die Werbeaussage 'klimaneutral' täuscht Verbraucher über den tatsächlichen Umfang der klimaschützenden Maßnahmen, wenn nicht alle klimarelevanten Faktoren erfasst werden", so Neukamp, "der Begriff der Klimaneutralität erweckt darüber hinaus den falschen Eindruck, das Produkt selbst habe keine schädlichen Auswirkungen auf das Klima."

Viele Unternehmen würden mit Klimaneutralität werben, während sie dazu lediglich Projekte fördern, die etwas für die Umwelt tun. Die finanzielle Unterstützung solcher Klimaschutzprojekte ist für Unternehmen meist günstiger, als eigene Anstrengungen zu unternehmen. "Wir plädieren dafür, dass Unternehmen nur mit dem werben dürfen, was sie selbst in Eigenregie für den Schutz des Klimas erreichen", so Neukamp. Denn Kompensationsprojekte beruhen immer auf dem komplexen Versuch, Vorhersagen für die Zukunft zu treffen.

So gehen Projekte beispielsweise davon aus, dass geschützte oder neu aufgeforstete Wälder lange bestehen bleiben und nicht etwa durch Waldbrände vernichtet werden. Eine Garantie, dass Abholzung nicht an anderer Stelle stattfindet, gebe es ebenfalls nicht. "Kompensationszahlungen sind dann begrüßenswert, wenn Unternehmen sie nicht als Freifahrtschein nutzen, um von eigener Verantwortung abzulenken," so Neukamp.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.11.2023, 19:30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Verluste in Wärmenetzen.
    Verschiedenen Erhebungen zufolge kann man im Mittel von ca. 10-15% Wärmeverlust ausgehen. Das deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen in einem allerdings relativ kleinen Wärmenetz.
    Demgegenüber der nützliche Nebeneffekt der meisten HKWs wetterunabhängig Strom zu erzeugen. Immer häufiger sogar als positive Regelenergie.
    Man muss jedoch den relativ hohen Sanierungsrückstau im Leitungsnetz betrachten. Da ist also noch Luft nach oben.
    Zukünftige Netze werden zu kalten Fernwärmenetzen umgebaut, weil zum heizen immer mehr ausreichend.
    Warmwasserbereitung geht dezentral elektrisch bzw. solarthermisch oft effizienter.
    Der Bedarf an Leistung und Temperatur im Gebäudebestand sinkt durch Verbesserung der Bauphysik. Im Neubau sowieso.
    Alles in allem ist also eine signifikante Absenkung der Verluste zu erwarten.
    Gasnetze als auch Stromnetze sind natürlich ebenfalls nicht verlustfrei.

  2. 22.

    Sie ignorieren grundsätzlich trotz mehrmaligen Hinweisen den Teil im Gesetz das für Fernwärme Zielquoten für den Anteil erneuerbarer Quellen festgeschrieben sind.
    Das eine Transformation nicht mit dem Einbau eines Wechselschalters erreichbar ist, dürfte einem physiker doch klar sein oder nicht?
    Traurig zu sehen, wenn sich ein Volksbeobachter und ein physiker ihre eigenen unvollständigen unüberlegten Thesen gegenseitig als Fakten zuspielen und daraus dann neue "Fakten" bzw. Urteile über gesellschaftliche Prozesse formulieren wollen.

  3. 21.

    Das Märchen vom Heizen mit Wasserstoff wurde meiner Ansicht nach eher aus Kreisen die sich an den Gebrüdern Grimm orientieren aufgebauscht wie es bei Märchen nunmal so üblich ist.
    Ich hab das nie als eine ernsthaft betrachtete signifikante Option wahr genommen.
    Zum Ausgangsthema, sie sind ja der Ansicht das Fernwärme per se Unsinn ist und das außer uns deutschen niemand macht.
    Das Ihnen und einigen anderen die Fähigkeit fehlt heutige Vorgänge in die Zukunft zu abstrahieren ist ja offensichtlich. Aber den Fehler den man macht wenn man Zahlen und Technologien von heute mit denen vorn morgen nach belieben vermischt, sollte doch offensichtlich sein. Wir reden schließlich von einer Energiewende, das beinhaltet doch das sich einiges ändern muss und wird. Bissel hier und da rumschrauben, verdient das Wort nicht.
    Das die Technologien dafür anderenorts bereits existieren, sehen sie nahezu täglich in den Nachrichten, denen man unter Märchenerzählern aber wohl kaum Glauben schenkt.

  4. 20.

    Bekommen sie bei der benötigten hohen Temperaturdifferenz meines Wissens nicht hin, soviel Ehrlichkeit gehört dazu.
    COP von 2,5 bis 2,8 je nach Flusswärme sind eher realistisch.
    Aber ja, darum gehts bei einer Wärmepumpe, die vorhandene Wärme auf ein anderes Niveau zu pumpen und nicht selbst zu erzeugen.

  5. 19.

    Wenn ich mit dem Einsatz von 1 kWh Strom 4 kWh Wärme erzeuge (hauptsächlich bei Erdwärmepumpen), dann ist doch schon etwas. Und falls der verbrauchte Strom dann noch grün sein sollte, sind nur die Verluste in der Stromleitung als Verlustleistung anzusetzen.

  6. 18.

    Über den Sinn einer Wärmepumpe entscheidet ausschließlich die „Pumpe“, da deren Energiequelle die Elektrizität ist. Die „Wärme“ gibts umsonst.
    Ist der elektrische Strom grün oder zumindest so grün, dass die Gesamt-CO2-Bilanz nicht größer wird, als beim besten fossilen Altkonzept (hier Gas-Blockkraftwerke), ist das Konzept jetzt schon tragfähig.

  7. 17.

    "Eine nennenswerte CO2 Vermeidung ist daher mit der Fernwärme nicht gegeben." Und damit entfällt die Begründung im GEG, Fernwärme als CO2 freie Energieversorgung zuzulassen. Ob Vattenfall das CO2 in seinem großen Brenner produziert, oder der Hausbesitzer in seinem Gasbrenner, ist CO2 technisch egal. Im Gegenteil, beim Hausbesitzer fallen nicht die riesigen Fernwärmeverluste der Fernwasserleitungen an. Das ist dann auch der zentrale Nachteil von großen Wärmepumpen. Da steht die Wärmepumpe ja nicht direkt am Haus, und das warme Wasser muss ggf. über kilometerlange Heißwasserleitungen erst noch herangeführt werden.

  8. 16.

    Klassisch entstand das Prinzip in Deutschland als sogenannte Blockkraftwerke um die ansonsten sehr hohe Verlustwärme bei der Stromerzeugung irgendwie nutzbar zu machen.
    Damit ließ sich der Gesamtwirkungsgrad von 50% auf bis zu 90% steigern und damit bei gleichem CO2-Ausstoß mehr Energie bereitstellen.
    Gleichzeitig hatte man eine tragfähige Lösung für große Wohnblöcke und Industriekomplexe. Deswegen macht die zentralisierte Wärmeversorgung auch heute Sinn, da die baulichen Gegebenheiten natürlich so sind wie sie sind. Allerdings muss man heute natürlich die richtigen Primärenergiequellen dazu nutzen.
    Und völlig richtig, der Wärmetransport muss durch wärmeisolierte Leitungen erfolgen, dass ist eine Grundvoraussetzung und eine der ersten anzugehenden Modernisierungsmaßnahmen. Wir können zukünftig nicht mehr aus den Vollen schöpfen. Das Erreichen höherer Wirkungsgrade muss eines der Transformationsziele insbesondere im technischen Wandel sein.

  9. 15.

    "Fernwärme wird natürlich weltweit eingesetzt.
    Dänemark ca. 2/3 der Haushalte." Eine umfassende CO2 Bilanz in Dänemark ist nicht bekannt. Es werden immer die Steuerfinanzierten Musteranlagen genannt. Im Alltag wird auch in Dänemark, wie übrigens auch bei Vattenfall, Fernwärme nur da verwendet, wo sie kostengünstig zur Verfügung steht. Zum Beispiel wird in großen Mengen Hausmüll verbrannt. Und da das nicht reicht, kommen Öl- und Gasverbrennungen für die Fernwärme zum Einsatz. Das Märchen vom Heizen mit Wasserstoff, dazu noch grüner, wurde ja von Habeck selbst abgeräumt.

    https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-11/energiewende-wasserstoff-kernnetz-robert-habeck

  10. 14.

    Glauben ist eben doch kein Wissen.
    Fernwärme wird natürlich weltweit eingesetzt.
    Dänemark ca. 2/3 der Haushalte.
    Erfunden wurde leitungsgebundene Wärmeübetragung über längere Strecken im übrigen in den USA.
    Auch die Dekarbonisierung ist kein deutscher Alleingang. Die weltweit größte Wärmepumpe für 100.000 EW sollte diese Heizperiode ihre erste Bewährungsprobe bestehen. Ebenfalls in Dänemark, gebaut von MAN.
    Einfach etwas belesen, bevor man steile Thesen in den Raum wirft.
    Fortschritt ist in stark konservativen Kreisen sicher schwierig gedanklich zu fassen, aber es gibt ihn wirklich.

  11. 13.

    Die Flusswärmepumpe scheint mir ein Irrweg zu sein. Grund: die riesigen Wärmeverluste der Fernwärmeleitungen, das Wasser wird auf fast 100 Grad geheizt und fließt dann über lange Leitungen, die extrem aufwendig zu bauen und zu warten sind, zu den einzelnen Häusern. Macht sonst niemand auf der Welt, heißes Wasser über so lange Leitungen für das profane Heizen zu schicken, wenn es nicht fast gratis wie in Island zur Verfügung steht.

  12. 12.

    Ach was ,emissionfrei? Den genannten Artikel dann mal genauer lesen. Die Wärmepumpen werden, wie alle herkömmlichen auch, mit elektrischen Strom betrieben und nicht über Wasserkraft oder einen Pumpenschwengel. Und wie wird in dieser Gegend elektrischer Strom hauptsächlich erzeugt / gewonnen?

  13. 10.

    Werbung war schon immer so ausgelegt, dass die Aussagen gerade noch die gesetzlichen Grenzen streifen, aber nicht übertreten. Und da manche Gesetze sehr weit gefasst sind, nutzt das die Werbung voll aus und kann das Blaue von Himmel erzählen!

  14. 9.

    Das Wärmeplanungsgesetz sieht vor, dass Gebiete künftig an zentrale Fernwärme-Heizungsnetze angeschlossen werden könnten. Genannt werden für die Fernwärmeerzeugung Erdwärme-, Wasserstoff-, Biomassekraftwerken oder Abwärme aus der Industrie.
    Wobei der Wasserstoff aus Kostengründen ausscheiden wird. Übrig bleiben Erdwärme. Biomassenkraftwerke und Industrieabwärme. Ausgerechnet die nicht CO2 belastete Erzeugung über Erdwärme und Biomassenkraftwerke spielt nur eine verschwindend geringe Rolle. Unter dem Strich bleiben zur Fernwärmeerzeugung Abwärme aus der Industrie und - wie bisher - wie bei Vattenfall, die direkte Verbrennung von Öl und Gas - zur Fernwärmeerzeugung übrig. Eine nennenswerte CO2 Vermeidung ist daher mit der Fernwärme nicht gegeben.

  15. 8.

    Ooooch, der dauernörgelnde "physiker" schon wieder.
    Das der überfällige Umbau erst am Anfang ist passt nicht in Ihre Welt.
    In Mannheim können seit vier Wochen rund 3.500 Haushalte ihre Wärme emissionsfrei aus dem Rhein beziehen. Deutschlands größte Flusswärmepumpe könnte zum Vorbild vieler kommunaler Wärmenetze werden.

  16. 7.

    Diese Art der Verbl........g gab es doch schon viel früher..... man erinnere sich an eine gewisse Spülmittelwerbung...
    ,,,, P... löst hartnäckige Verschmutzung und schont dabei die Hände"". Damals hat man das noch geglaubt, aber die Zeit hat uns Anderes gelehrt..

  17. 5.

    Macht doch die Ampel-Regierung in ihrem GEG auch. Sie suggeriert, Fernwärme ist gut für das Klima. Fernwärme wird über das Verbrennen von fossilen Brennstoffen hergestellt.

  18. 4.

    Ich kann auch immer lachen wenn bei Abendlichen Filmen und Serien in der Ecke steht "Klimaschonend Produziert ".

  19. 3.

    Dank der umweltfeindlichen Politik, die zwar vom Umweltschutz reden, aber umweltfeindlichen Firmen genug Schlupflöcher lassen, sollte man sich nicht wundern! Warum sonst wäre es möglich? Hier wurde ausnahmsweise mal etwas verboten, aber glauben sie nicht, dass die Firma nicht andere umweltfreundliche Formulierungen findet. Ist ja billiger, als die Produktion umzustellen. Denn es zwingt sie ja keiner dazu!

  20. 2.

    Die Verbraucherschützer können gleich bei den Gasanbietern weitermachn. Bei Einigen wird das ganz normale Erdgas als klimaneutrales Ökogas bezeichnet. Was soll das? Außerdem kann man Gas mit 1% Wasserstoff- und 10% Bioanteil bestellen, obwohl alle in meiner Stadt alle Abnehmer an einem großen Gasrohr hängen. Das ist alles Augenwischerei.

  21. 1.

    "Vermeintliche Kompensation setzt falsche Anreize" Auf der anderen Seite wird eine solche Kompensation vom Gesetzgeber in manchen Bereichen gerade deswegen gefordert (siehe z.Bsp. Tesla-Werk). Da beibt schon die Frage, warum die eine Kompensations gut und richtig ist und eine andere Kompensation irreführend?

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