Linke fordern Schlussrechnung per KI - Prüfung der Corona-Hilfen beschäftigt IBB bis 2027
Sieben Milliarden Euro hat allein Berlin ausgegeben, um der Wirtschaft durch die Pandemie zu helfen. Nun aber läuft die Nachprüfung bei den Empfängern - die Linken wollen KI einsetzen, um die IBB zu unterstützen. Von Sebastian Schöbel
Der bürokratische Aufwand zur Prüfung und Schlussabrechnung der diversen Corona-Hilfen wird die Investitionsbank Berlin noch bis mindestens 2027 beschäftigen. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage des Haushaltsexperten der Linken, Sebastian Schlüsselburg hervor. Demnach kommt auf das rund 120 Personen starke Team der Investitionsbank Berlin (IBB) eine Flut von gut 234.000 Prüfverfahren für die Neustart-, November-, Dezember- und Überbrückungshilfen zu.
Empfänger von Unterstützungsleistungen im Zuge der Coronapandemie müssen Rechenschaft darüber ablegen, wie sie die Gelder verwendet haben. Denn während zum Beispiel Verluste durch pandemiebedingte Maßnahmen aus den Mitteln gedeckt werden durften, galt das nicht für private Ausgaben, etwa die Wohnungsmiete. Das müssen die Empfänger nun in Schlussrechnungen nachweisen, bis spätestens Ende März 2024. Bislang läuft es offenbar eher schleppend: Lediglich rund 15.000 Anträge auf Schlussabrechnung seien eingegangen, teilte die IBB mit. Erwartet werden rund 45.000 Anträge. Allerdings hat auch die IBB bislang erst 61 Schlussbescheide erstellt.
Linke fordern Einsatz von KI
Dazu kommen rund 95.000 Endabrechnungen zur Neustarthilfe des Bundes für Soloselbstständige und kleine Unternehmen, sowie etwas mehr als 22.000 Prüfungen zu den Corona-Soforthilfen. Der damals regierende rot-grün-rote Senat hatte sich in der Pandemie für eine unbürokratische und schnelle Auszahlung der Mittel entschieden. Das macht nun allerdings Nachkontrollen nötig.
Linken-Politiker Schlüsselburg schlägt vor, zur Bearbeitung der vielen Anträge auch Künstliche Intelligenz zu nutzen. Denn die IBB werde bald auch Teile des geplanten Sondervermögens für Klimaschutz in Berlin umsetzen müssen, weil sie einen großen Teil der Anträge auf Förderung bearbeitet. "Deswegen kommt es jetzt bei der Erledigung der Corona-Abwicklung darauf an, manuelle Prüfhandlungen so weit wie möglich zu reduzieren", so Schlüsselburg. Laut IBB werden zwar bereits diverse Datenbanken, etwa bei den Finanzämtern, zum Abgleich genutzt, doch wenn das nicht ausreicht, weil zum Beispiel Konto- und Steuernummern nicht zusammenpassen oder Unternehmen den Besitzer gewechselt haben, müsse händisch recherchiert werden. Auch Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hatte bereits den Einsatz von KI in der Berliner Verwaltung angeregt - vor allem, weil das nötige Fachpersonal an fast allen Ecken fehlt.
Zumindest für die Bearbeitung von Coronahilfe-Abrechnungen dürfte es Berlin allerdings schwerfallen, im Alleingang künstliche Intelligenz einzusetzen. Viele der Programme wurden vom Bund finanziert und müssen mit Software des Bundesfinanzministeriums kompatibel sein.
Außerdem müsste die Software wohl speziell für Deutschland und die hier geltenden Datenschutzauflagen entwickelt werden. "Die IBB setzt bei der Prüfung der Coronahilfen bereits eine hohe Anzahl technischer Auswertungen und Abgleiche ein, um diese zu beschleunigen", sagte ein Sprecher der landeseigenen Bank dem rbb. "Da die Programme auf der vom Bund zur Verfügung gestellten technischen Plattform bearbeitet werden, sollten solche möglichen Zukunftsszenarien auch immer bundesweit konzipiert werden."
Rückforderungen in Millionenhöhe
Finanziell aber lohnt sich der Aufwand, die Schlussabrechnungen der vielen Corona-Hilfsprogramme durchzuführen. Allein bei den vom Bund finanzierten Programmen (Neustart, Überbrückung und November/Dezember-Hilfe) habe die IBB bereits in mehr als 9.600 Fällen Rückforderungen in Höhe von insgesamt rund 65 Millionen Euro gestellt. Tatsächlich zurückgezahlt wurden allerdings bislang nur rund 4,4 Millionen Euro. Beim Soforthilfeprogramm des Landes Berlin, das an Kleinstunternehmen und Freiberufler gerichtet war, sind bislang ebenfalls rund 9.000 Rückforderungen in Höhe von rund 84 Millionen Euro gestellt worden. Zurückgezahlt wurden laut IBB bisher knapp 20 Millionen Euro.
Insgesamt hatte das Land Berlin während der Pandemie rund sieben Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen ausgezahlt. In ganz Deutschland waren es rund 76 Milliarden Euro.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.11.2023, 18 Uhr