Reiseausfälle ab Dienstag - Reisekonzern FTI meldet Insolvenz an

Mo 03.06.24 | 14:15 Uhr
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Das Logo des Reiseveranstalter FTI (FTI Group) steht an der Firmenzentrale vor einem Reisebüro. (Quelle: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe)
Audio: rbb24 Abendschau | 03.06.2024 | Arndt Breitfeld | Bild: dpa-Bildfunk/Sven Hoppe

Der drittgrößte Reiseanbieter in Europa ist pleite. FTI Touristik hat einen Insolvenzantrag gestellt. Reisende sind bereits ab Dienstag betroffen: Urlaubsreisen können nicht mehr angetreten werden oder müssen möglicherweise früher enden.

  • Drittgrößter Reisekonzern in Europa, FTI, ist pleite
  • Pauschalreisende können Urlaub sehr wahrscheinlich planmäßig beenden
  • Noch nicht angetretende Reisen werden storniert
  • Einzelleistungen werden nach Einzelfallentscheidung entschädigt
  • Krise hatte sich bereits während Corona-Pandemie abgezeichnet

Europas drittgrößter Reisekonzern FTI ist in die Pleite gerutscht. Die FTI Touristik GmbH, Obergesellschaft der FTI Group, stelle am Montag beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, teilte das Unternehmen mit. "Derzeit wird mit Hochdruck daran gearbeitet, dass die bereits angetretenen Reisen auch planmäßig beendet werden können". Noch nicht begonnene Reisen würden voraussichtlich ab dem morgigen Dienstag (4. Juni) nicht mehr oder nur teilweise durchgeführt werden können.

Vom Insolvenzantrag unmittelbar betroffen ist dem Konzern zufolge die Veranstaltermarke FTI Touristik in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, die Marke 5vorFlug in Deutschland, die Bigxtra GmbH, sowie die Mietfahrzeugs-Marken DriveFTI und Cars and Camper, schreibt FTI am Montagmittag auf seiner Webseite [fti-group.com]. Leistungen von Drittanbietern wie Tui oder Alltours sind demnach nicht betroffen.

Krise war zunächst abgewendet

Eigentlich schien die Zukunft des Unternehmens gesichert, das in der Corona-Krise insgesamt 595 Millionen Euro staatliche Hilfe aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen hatte. Ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestor Certares wollte die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Die Wettbewerbshüter mussten dem Deal noch zustimmen.

Den Angaben zufolge sind jedoch die Buchungszahlen zuletzt deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben. In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte", teilte FTI mit. Dem "Handelsblatt" zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben. Der Bund habe nach Verhandlungen am Wochenende weitere Hilfen für das Unternehmen abgelehnt.

Reisesicherungsfonds greift nun

Jetzt ist der 2021 gestartete Deutsche Reisesicherungsfonds am Zug. Er soll sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters um die Erstattung der Vorauszahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rücktransport gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rücktransport kümmern.

Wer die Reise bereits angetreten hat, könne diese sehr wahrscheinlich aufgrund des gesetzlich verankerte Absicherungsschutz wie geplant zu Ende führen, informiert FTI online. "Wo dies nicht möglich ist, wird für Sie eine Rückreise zum ursprünglichen Abflugort organisiert werden." Betroffene werden kontaktiert. Noch nicht angetretene Pauschalreisen (Flug plus Hotel) werden storniert und erstattet.

Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.

Nicht entschädigt werden dagegen Einzelleistungen wie etwa eine einzelne Hotel-, Mietwagen- oder Wohnmobilbuchungen. Wer bereits eingecheckt hat, könne eventuell dennoch sein Geld zurückbekommen, schreibt FTI weiter. Einzelfälle würden geprüft.

Drittgrößter Reisekonzern Europas

Die FTI Group mit etwa 11.000 Beschäftigten war in der Pandemie, die die Branche in eine schwere Krise stürzte, in Bedrängnis geraten. Zuletzt sah sich der nach Tui und DER Touristik drittgrößte europäische Reisekonzern dank gestiegener Nachfrage wieder auf Kurs. Im vergangenen Geschäftsjahr 2022/2023 verzeichnete das Unternehmen ein Umsatzplus von 10 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Ertrag in zweistelliger Millionenhöhe. Nähere Details zum Ergebnis machte das Unternehmen nicht. Hauptgesellschafter war zuletzt die ägyptische Investorenfamilie Sawiris.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.06.2024, 19:30 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Geht eher um die Rettung von Arbeitsplätze und nicht um die Rettung von Pauschalreisen(den).

  2. 16.

    Es erschließt sich mir nicht, warum der Staat, also wir alle, bei Insolvenzen von Reiseunternehmen überhaupt eintreten sollte. Reisen sind Privatsache und sollten auf eigenes Risiko finanziert werden. Der Staat kann doch nicht überall alles absichern. Diese Mentalität, wenn’s schief geht muss der Staat mich retten und mir mein Geld zurückzahlen, finde ich unerträglich. Gehen andere Unternehmen pleite, bekomme ich mein Geld auch nicht zurück, wenn ich Vorauszahlungen geleistet habe. Dann heißt es auch, Pech gehabt. Wieso soll mein Steuergeld für Freizeitbeschäftigungen anderer benutzt werden?

  3. 15.

    Ein anderes Beispiel:
    Wenn der Staat Uniper nicht verstaatlicht hätte (größter Gashändler Deutschlands) ....
    Wäre bei mindestens tausend Stadtwerken samt angeschlossenen Haushalten die Heizung komplett kalt geblieben, und etlichen Industriekunden komplett der Betrieb eingestellt worden.
    Also die Ausmaße wären wirtschaftlich vergleichbar mit 1945 gewesen plus Frostschäden in den Heizungsrohren.
    Der Staat wird mit einem guten Gewinn aus der Verstaatlichung von Uniper wieder Aussteigen, oder jährlich 10 Milliarden Gewinn kassieren.

  4. 14.

    Nachtrag, , natürlich liegen Sie richtig aber Jeder muss einen Antrag beim DRFS stellen und ob das Geld im Fond reicht

    also Entschuldigung, dumm ausgedrückt

  5. 12.

    Warum nur 110 Mio. der Bund hat doch eine unbegrenzte Versicherung aufgesetzt - nur wenn der Topf leer ist, zahlt wieder der Bund

  6. 11.

    Nö....Flüge schon gebucht. Hotels auch. Ab Asien. Fliegen geht immer.

  7. 10.

    Da es wieder nur 110 Mio sind und auch wieder die selbe Versicherung befürchte ich, es werden noch mehr Reisende betroffen sein

  8. 9.

    Könnte nach dieser Pleite sein das sich das BaFin ensthaft damit beschäftigt aber sich auch die Staatsanwaltschaft befasst. Es waren unser aller Steuergelder. So kann und darf es nicht mehr weitergehen.

  9. 8.

    Es muss Schluss damit sein, in große Unternehmen, deren Eigentümer durch Korruption, Fehlplanungen/-investitionen Pleiten zu verantworten haben, ständig Steuergelder zu pumpen, um diese Unternehmen zu retten. Die Eigentümer sollten mit ihrem Vermögen haften und wenn´s nicht geht, Pech gehabt. Signa, FTI und wie sie alle heißen...Feierabend. Der normale Bürger blickt bei diesen Schiebereien um Konsortien, staatl. Hilfsgelder etc. nicht mehr durch. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Die Mitarbeiter sind oft qualifiziert genug, um in der heutigen Zeit auf jeden Fall auf dem Arbeitsmarkt einen besseren und solideren Job zu finden. Und die sog. Hilfsgelder könnten sinnvoller eingesetzt werden.

  10. 7.

    Erwischt uns jetzt das 2x. Nach der Thomas Cook Pleite trotz Zusage aller Kostenerstattung 3000 € verloren, wurden nie erstattet. jetzt wieder 4500 € in den Sand gesetzt. Die sogenannten Sicherungsscheine kann man als T...Papier benutzen. War das letzte Mal, dass wir eine Pauschalreise gebucht haben. In Zukunft nur noch selbst buchen, Hotel und Flug, ist eh billiger.

  11. 6.

    Während der Corona-Pandemie hat der Konzern ca. 600 Mio. Corona-Hilfen erhalten und nicht daraus gemacht. Im Gegenteil. Da fragt man sich, was der CEO und die Geschäftsleitung der FTI Group mit dem Geld gemacht haben.

    "...Im Zuge einer geplanten Übernahme von FTI durch die Rewe Tochter DER Touristik im Januar 2023 kam ans Licht, dass der Vorstandsvorsitzende, Ralph Schille, in seiner damaligen Eigenschaft als Mitglied der Geschäftsführung von FTI Touristik neben weiteren (teils ehemaligen) Vorstandsmitgliedern (darunter auch der FTI-Gründer Dietmar Gunz) wegen Betrugs vorbestraft ist. Schiller wurde demnach trotz seiner Vorstrafe in das Amt des CEO befördert..."

    Das erklärt ja schon so einiges...

  12. 5.

    Weshalb sollte der Bund schon wieder Hilfen aus Steuergelder bewilligen, wenn der Mehrheitseigner ein ägyptischer Milliardär ist? Auszug aus Wikipedia:
    "...Im April 2024 übernahm ein Konsortium um den US-Finanzinvestor Certares die FTI-Gruppe. Im Rahmen der Übereinkunft erwirbt das Konsortium, dem auch die Familie Sawiris angehört, für einen symbolischen Euro 100 Prozent der Gesellschafteranteile, übernimmt aber auch Schulden in dreistelliger Millionenhöhe und gibt FTI frisches Kapital in Höhe von 125 Millionen Euro..."Die US-Zeitschrift Forbes schätzte 2019, dass die Familie mindestens zehn Milliarden US-Dollar besitzt..."
    FTI bekam den Hals nie voll, hat Reisesparten erworben und wieder ausgegliedert (aus steuerlichen Gründen), mit unlauteren Mitteln Konkurrenten ausspioniert. Also bitte! Irgendwann ist mal gut. In einen Eimer, der ein Loch hat, schüttet man ja auch nicht unentwegt Wasser. Sollen die Anteilseigner doch die Löcher stopfen. Es gibt solidere Reiseveranstalter.

  13. 4.

    Unsinn, die Leute reisen dann mit anderen Anbietern oder buchen alles selbst. Die Pleite hier hat keinen Einfluss auf das Klima. Unfassbar übrigens, dass mehr als eine halbe Milliarde einfach "verschwunden" ist. Die hätte man tatsächlich ins Klima investieren können.

  14. 3.

    so viel Phantasie möchte ich auch mal haben.

    Die Reisen werden dennoch gemacht, dann eben über andere Anbieter, als Ersatz oder nachgeholt.

  15. 2.

    Gut fürs Klima

  16. 1.

    595 Millionen Euro aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfond verbrannt - einfach verbrannt weil sie es können - gehts noch?
    Wie wollt ihr das der gemeinen Bevölkerung erklären? Ach ja! Einfach gar nicht - ist so und fertig und es braucht auch niemand verantworten - weil sie es können. Super Deal - super Leistung. ^^

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