Kommentar | Brandanschlag - "Militante Aktionen gibt es nur dann, wenn mit einer Akzeptanz zu rechnen ist"

Mi 06.03.24 | 16:08 Uhr
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Tesla in Grünheide
Audio: Antenne Brandenburg | 06.03.2024 | Andreas Oppermann | Bild: rbb

Ein Anschlag mutmaßlich Linksextremer hat nicht nur tausenden Haushalten, sondern auch der Tesla-Fabrik den Stecker gezogen. Das könnte auch Folgen für die Zukunft der Wirtschaft haben. Denn Investoren in Zukunftstechnologien werden nun genauer hinschauen. Ein Kommentar von Andreas Oppermann

Der Brandanschlag auf die Stromversorgung von Tesla ist dramatisch. Nicht nur wegen seiner direkten Auswirkungen auf die E-Autofabrik in Grünheide, das Güterverteilzentrum in der Nachbarschaft und zehntausende Menschen in der Region, die vom Stromausfall betroffen waren - oder auch noch sind. Der Anschlag kann auch zum Wendepunkt für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region werden.

Mangelhafte Kommunikation verhindert Akzeptanz

Tesla ist mit seinem Chef Elon Musk ein schwieriges Unternehmen. Er zeigt seine Sympathien für rechtsradikale und libertäre Gedanken-auf seiner Onlineplattform "X". Dafür steht er in der Kritik. Das ist eigentlich normal. Aber für das Unternehmen in Brandenburg ist es ein Problem. In den vier Jahren seit Baubeginn hat es Tesla nicht geschafft, respektierter Nachbar zu werden. Auch weil Elon Musk seinen Mitarbeitern vor Ort nicht gestattet, sich zu öffnen und in einen echten, tiefgreifenden Dialog mit der Bevölkerung zu treten.

Der größte private Arbeitgeber in Berlin und Brandenburg will weiterwachsen und Grünheide zum größten Automobilstandort der Bundesrepublik ausbauen. Und das mit zukunftsfähigen Produkten: den E-Autos. Tesla ist innovativ, setzt mit seinen Solarstromprodukten auf regenerative Energie. Auch in der Fabrik soll möglichst nur Erneuerbarer Strom verwendet werden. Damit steht Tesla für eine klimaneutrale Industrie - also für ein Wirtschaften, das den Planeten nicht in einem Ausmaß gefährdet, wie es die fossile Industrie nach wie vor tut.

Natürlich verursacht Tesla, wie jede andere Fabrik auch, Umweltprobleme. Aber auch hier versucht das Unternehmen so viel wie möglich zu lindern: zum Beispiel bei der Wiederaufforstung gerodeter Flächen, die dreimal höher liegt als gesetzlich vorgeschrieben oder bei der Reduzierung des Wasserverbrauchs. Auch versucht das Unternehmen, den Lkw-Verkehr zu vermeiden, weil man möglichst viel Verkehr auf die Schiene bringen will - und dafür einen Güterbahnhof benötigt. Die Mitarbeiter werden schon mit Bussen oder in eigenen Zügen zur Arbeit gebracht. In dieser Form ist das einmalig in Berlin und Brandenburg.

Aber weil Tesla nicht richtig kommuniziert, kommt das bei vielen Menschen nicht an. Das macht die Kritik an Tesla als Unternehmen so leicht. Deshalb bekommen Waldbesetzer Aufmerksamkeit, selbst wenn aktuell gar kein Baum gefällt werden darf. Deshalb lehnen die Grünheider einen Bebauungsplan ab, der ihnen viel Erleichterung bringen könnte.

Klima könnte Investoren abschrecken

Denn es gibt ein gesellschaftliches Klima in der Nachbarschaft von Tesla, in dem es schick ist, den größten Steuerzahler in Grünheide schlecht zu finden. Weil es ein breites Feld von Ablehnung gibt, das von der AfD ganz rechts, über Umweltgruppen, Teilen der Freien Wähler oder den Linken bis hin zu Linksextremisten reicht, können Terroristen von der "Vulkangruppe" darauf hoffen, dass sich viele Menschen klammheimlich freuen, dass Tesla mal so richtig eins ausgewischt wurde. All die Genannten sind NICHT für den Anschlag verantwortlich! Bitte nicht missverstehen. Aber militante Aktionen gibt es immer nur dann, wenn mit einer irgendwie gearteten Akzeptanz zu rechnen ist. Denn die Ziele sind ja gleich: "Stopp zur Fabrikerweiterung!" oder "Tesla das Wasser abdrehen!"

Potenzielle Investoren im In- und Ausland werden sich das sehr genau anschauen. Wenn selbst Investitionen in Zukunftstechnologien so massiv abgelehnt werden, dass sich Terroristen zu Anschlägen ermutigt fühlen, dann ist der Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg in Gefahr. Dann sinkt die Bereitschaft, hier zu investieren. Und dann sinkt über kurz oder lang auch das Angebot an Arbeitsplätzen, an sozialer Sicherheit, an unser aller Wohlstand.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.03.2024

 

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31 Kommentare

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  1. 31.

    Mir klingt es noch wie heute in den Ohren: Die bösen Wessis machen alle Industrie und Betriebe der DDR platt. Nun siedelt sich ein großes Unternehmen in der Region an, schafft viele Arbeitsplätze, zahlt eine Menge Gewerbesteuer, forstet den ohnehin zum Sterben verurteilten Wald, klimaresistenter wieder auf, bereitet das Wasser, was ein Industriebetrieb nun mal braucht, zur Wiederverwendung auf und es wird wieder gemeckert. Dazu fällt mir nur ein: wasch mir den Pelz, mach mich aber nicht nass.

  2. 30.

    Danke Herr Oppermann für den trefflichen Kommentar. Diese Gedanken gehen mir auch seit Monaten durch den Kopf. Es ist erschreckend wie eine ganze Region aus Egoismus, Faulheit, Vorurteilen und Ignoranz seine Zukunft verspielt.
    Mag sein das für Elon Musk der Spruch "Viel Feind Viel Ehr" gilt und seine Gegner und Befürworter gut kostenlos für seine Unternehmen Werbung machen. Nur Tesla ist inzwischen ein ganz normaler Autohersteller, der auf sein Umfeld eingehen muss.
    Das entlässt auch nicht unsere Medien von der Verantwortung objektiv und wahrheitsgetreu zu berichten, anstatt längst widerlegte Argumente der Tesla Gegner immer wieder aufzuwärmen. Tesla hält sich an höchste Umwelt- und Sicherheitsstandards. Kein Unternehmen wird so kontrolliert wie Tesla. Der geplante Güterbahnhof ist doch gerade im Interesse der Umwelt und der Menschen in der Region.

  3. 29.

    "...zum Beispiel bei der Wiederaufforstung gerodeter Flächen, die dreimal höher liegt als gesetzlich vorgeschrieben..."

    Seit der Erörterung der Tesla-Antragsunterlagen im September 2020 in der Stadthalle Erkner hat sich Tesla vom Märchen der Ersatzsaufforstung in dreifacher Menge losgesagt und sich auf die gesetzlich vorgeschriebene besonnen.
    Bitte um Richtigstellung, denn diese Aussage ist falsch.

  4. 28.

    Die These, Terror gäbe es nur bei gesellschaftlicher Akzeptanz, ist komplett blödsinnig. Es gibt viele Beispiele von Anschlägen, wo das nicht ansatzweise stimmt.

  5. 27.

    "...wenn mit einer irgendwie gearteten Akzeptanz zu rechnen ist." Zitat Ende. Hier soll das ausreichen als Verständnis. Es gibt jedoch andere probleme, wo diese irgendwie geartete Akzeptanz da ist, aber regelrecht bekämpft wird. Nein, auch der linke Extremismus muss bekämpft werden mit der gleichen Hingabe. Sonst wird ein sehr schlechter Eindruck entstehen, dass sich Deutschland die Welt macht, wie sie ihm gefällt.

  6. 26.

    Oje - plädieren Sie gerade für die komplette Verhaftung der AfD-Funktionäre, ihrer Helfenden und Unterstützenden?

    Ihr weit gefasster begriff von Terrorismus hat ja was.
    Nur ist er wie üblich in der Praxis nur gegen Linke so weit gefasst.

    Das ist einfach was die Überlebenden, die Verwandten der Ermordeten von Hanau meinen. Warum sie keine staatsoffiziellen Krokodilstränen-Produzenten beim Kondolenzbesuch sehen wollen.

    Ist halt kein Terrorismus. Aus weit gefasstem Begriff. Einschliesslich des Umfelds, der Propagandisten, des parlamentarischen Arms, der den Terrorismus des Nicht-Terrorismus tagtäglich legitimiert.
    So einfach ist die Antwort. Ist halt kein Terrorismus. Wahllos in der Shisha-Bar ermordet zu werden. War schon Rostock-Lichthagen nicht. Das Oktoberfest-Attentat nicht. Und der NSU waren bloß 3 Personen. Und nur die Hausmamsell hat überlebt.

  7. 25.

    Aus Terroristen werden Aktivisten, weil niemandem körperlich zu Schaden gekommen ist?
    Dies kann doch nicht Ihr ernst sein? Woher wissen Sie niemandem geschadet wurde? Ein "Versuch" ist es auf jeden Fall!

    "... Mit Autos werden wir uns nicht aus der Klimakrise befreien, nur mit einem Umstieg auf alternative Verkehrsmittel ..."
    Wie z.B. Pferdekutsche und Lastenfahrrad
    Dürfen Krankenwagen, Polizei, Handwerker, Lieferanten usw. noch Auto fahren?

    Ich glaube fast, Sie haben den "Ironie"-Zusatz vergessen.

  8. 24.

    Welche "völkisch-nationale Stimmung" denn bitte? Die ist doch wohl ganz offensichtlich antikapitalistisch. Typisch Deutsch eben, satt und bequem. Das Geld kommt ja im Zweifel vom Staat. Sie versuchen hier verzweifelt Straftaten linker Gewalttäter in rechts umzudeuten.

  9. 23.

    Für Terrorismus muss man niemandem unmittelbar körperlich schaden. Allein der Schaden an sich, an Sachen, an Folgen und psychologisch reicht vollkommen aus. Und damit sind diese Typen sehr wohl als Terroristen zu bezeichnen, denn die Menschen, die unter ihren kriminellen Anschlägen leiden, sind denen vollkommen egal. Die als Aktivisten zu verharmlosen, ist ein Schlag ins Gesicht von wirklichen Aktivisten.

  10. 22.

    Ist halt der Blick eines Amerikaners auf das Chaos von außen. Unrecht hat er mit seinen Behauptungen ja nicht gehabt und wenn er die AfD als einzige Partei sieht, die das wirklich ändern will, dann ist das seine freie und zulässige Meinung. Die Anzahl der Follower ist dabei vollkommen irrelevant. Die können nämlich alle durchaus selbst denken und sind nicht darauf angewiesen, Musk' Meinung aufzusaugen und zu übernehmen.

  11. 21.

    "Denn es gibt ein gesellschaftliches Klima in der Nachbarschaft von Tesla, in dem es schick ist, den größten Steuerzahler in Grünheide schlecht zu finden. "
    Ja das mag sein. Zudem gespeist aus eigentlich nationalistisch-völkischer Stimmung gegen den US-Gross-Industriellen.

    Aber man kann nicht "bessere Kommunikation" einfordern und dann gleichzeitig so die inhaltliche Kritik ignorieren.
    Wir brauchen nicht irgendeine Industrie, Hauptsache Arbeitsplätze. Der Brandenburger soll mal dankbarer sein.
    Schöne Fabrik. Elektro, modern Solar-Nachhaltig und so. Klingel-Klingel- Marketing.
    Aber wer braucht Fahrzeuge, die erst ab 50.000 EU aufwärts für eigentlich welches Bedürfnis an rationaler Volkswirtschaft und Verkehrs- Mobilitäts- (Ordungs)Politik vorbei gehen? Wo ist der Kleinwagen, der Familien-Transporter, der keine 3-Jahres-Nettos kostet?
    Das hat alles rein gar nichts mit "Schick" zu tun. Es ist rationale, sachliche Kritik. Die hier eben mal entwertet wird.

  12. 20.

    Ich denke, das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt - insbesondere in den USA, da er ja kein Staatsbürger der BRD ist.

  13. 19.

    "Damit steht Tesla für eine klimaneutrale Industrie"

    Wenn ich das schon lese. Es ist nachweislich falsch. Autos können gar nicht "klimaneutral" sein und noch weniger nachhaltig. Die Kritik der Aktivistinnen (ich würde sie nicht als "Terroristen" bezeichnen, weil sie niemandem körperlich geschadet haben) finde ich durchaus nachvollziehbar. Mit Autos werden wir uns nicht aus der Klimakrise befreien, nur mit einem Umstieg auf alternative Verkehrsmittel, wie z.B. den Öffentlichen Personenverkehr. Tesla steht für das Gegenteil.

  14. 18.

    Ich bin nicht sicher, ob die Rolle der AfD im Beitrag hinreichend deutlich wird. Musk, knappe 159 Millionen Follower auf X, verbreitete ein Post eines migrationskritischen Kommentars mit einem ein Video, das zeigen soll, wie deutsche Seenotretter auf dem Mittelmeer illegale Einwanderer „einsammeln“, um sie – laut Post – in Italien „abzuwerfen“. Diese Nichtregierungsorganisationen würden von der deutschen Regierung ­subventioniert. „Hoffen wir, dass die AfD die Wahlen gewinnt, um diesen europäischen Selbstmord zu stoppen.“ soll Musk dazu kommentiert haben.

  15. 17.

    Ja, auch die AfD ist gegen Tesla in Grünheide eingestellt. Im NL TV stellten die sich als die letzten Heimatschützer dar. Die mediale Resonanz ist aber ansonsten überschaubar. Das andere Ende ist in der Hinsicht erfolgreicher.

  16. 16.

    "Von daher ist Militanz Systemstabilisierend weil er Bürger abhält sich am Widerstand zu beteiligen." Der Gedanke ist interessant. Gibt es dafür Belege aus der Geschichte der BRD?

  17. 15.

    Vielen Dank für einen wirklich guten Kommemtar zu den absurden Zuständen hier. Inzwischen kann man sich wirklich nur noch an den Kopf fassen. Es stellt sich immer mehr die Frage, ob irgendeiner von den ganzen "Tesla-Gegnern" auch mal darüber nachgedacht hat was passiert, wenn Telsa geht und seinen Standort weiterverkauft - und vor allem an wen?
    Langsam bekommt man ein Schleuderteauma vom vielen Kopfschütteln ob der ganzen Hirnrissigkeiten, die hier inzwischen srattfinden!

  18. 14.

    "...libertäre Gedanken". Das sind keine libertären Gedanken sondern ultra-wirtschaftliberale, also Turbo/Frühkapitalismus. Libertäre kritisieren Herrschaft und was ist mehr Herrschaft als Ausbeutung!

    "Aber militante Aktionen gibt es immer nur dann, wenn mit einer irgendwie gearteten Akzeptanz zu rechnen ist." Quatsch Militanz soll Vorbildcharakter haben und andere ermutigen , Widerstand zu leisen.

    Militaz spaltet aber den Widerstand. Gewaltfreie Aktivisten müssen sich rechtfertigen, abgrenzen, zurück ziehen - wenn sie nicht in die Repressionsspirale geraten wollen.

    Von daher ist Militanz Systemstabilisierend weil er Bürger abhält sich am Widerstand zu beteiligen. Egal ob mit Unterschriftensammlung, Baumbesetzung oder Demo.

    Ob die ( feministische? ) Vulkangruppe rine Terrororganisation ist , halte ich eher für fragwürdig. Illegal ist dss jedenfalls auf alle Fälle.

    Auch der Terrorismusbegriff wird heut inflationär gebraucht wie andere Begriffe auch.


  19. 13.

    Elon Musk hat vermutlich nicht mehr alle Tassen im Schrank, ein genialer Unternehmer scheint er trotzdem zu sein ähnlich wie der Seniorchef von Triggema dem ein politisches Schweigegelübde auch manchmal gut täte. Tesla hat noch gar nicht richtig in der BRD begonnen, wenn wir ihn verbellen werden wir nie erfahren was möglich sein könnte. Und wir verbauen auch Hrn Musk von deutschen Umwelt und Sozialstandards zu lernen. No Risks no Fun.










  20. 12.

    Ich denke, dass Musk sich eher den Republikanern zuwendet, liegt an der dortigen Politik der Demokraten und nicht an den Standpunkten an sich. Aber die dortigen Demokraten entfernen sich mit ihrer Politik ziemlich weit vom amerikanischen Traum und von den amerikanischen Tugenden. Das tun die Republikaner und insbesondere Trump eben nicht und genau deswegen hat Trump, entgegen aller Berichte hierzulande, sehr wohl gute Chancen, die Wahl gegen Biden für sich zu entscheiden. Wären die Demokraten nicht so festgefahren, wäre das eigentlich gar kein Thema. Aber das ist amerikanische Politik, das müssen die Amerikaner selbst entscheiden. Letztlich ist die Realpolitik Bidens nicht wesentlich anders, als die von Trump vorher. Der war halt nur ehrlicher und poltriger. Aber bei beiden steht Amerika weit vor seinen Verbündeten.
    Die hiesige Presse ist bei Musk aber sauer, weil er ihr mit Twitter den alleinigen Spielplatz wieder weggenommen hat und jetzt auch die anderen wieder mitspielen dürfen.

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