Drehort: Schloss Hubertushöhe - Der Akademische Ruderclub Wannsee
Kein Prinz, sondern der Unternehmer Büxenstein hat das Schloss Hubertushöhe am Storkower See gebaut. Im Film ist der Schlosspark ein schnieker Ruderclub am Wannsee. Charlotte Ritter und Greta Overbeck sind die "Besuchs-Proleten" mit uncoolen Badeanzügen.
Der Jagdsitz Hubertushöhe thront auf einer kleinen Anhöhe am Storkower See, ungefähr 60 Kilometer von Berlin entfernt: ein gelbes Schlösschen mit Fachwerkgebäuden, achteckigem Turm und Nebengelassen, eingebettet in eine große Parkanlage. Am See gibt es Bootshäuser und Stege ins Wasser. Bauherr des im Jahr 1900 fertiggestellten Anwesens ist kein Märchenprinz, sondern ein reicher Berliner Unternehmer. Der Geheime Kommerzienrat Georg Wilhelm Büxenstein besitzt den größten Berliner Druckereibetrieb nach der Reichsdruckerei. Hier werden Zeitungen und Bücher, aber auch farbige Kunstdrucke und angeblich sogar Geldnoten gedruckt. Mit mehr als 700 Angestellten, guten Verbindungen ins preußische Königshaus und zu den Wirtschaftseliten des Kaiserreichs kann Büxenstein es sich leisten, privat in einem exklusiven Jagdschlösschen zu residieren.
Nach Reetsma kamen die Binnenfischer
Warum er bereits nach 16 Jahren das Haus verkauft, ist nicht überliefert. Der neue Besitzer gehört ebenfalls zur Wirtschaftselite Berlins. Hermann Bamberg ist Textilfabrikant, Berliner Stadtverordneter und Handelsrichter. Die Bambergs sind Juden. Der Sohn der Familie, der Kinderarzt Dr. Karl Bamberg, wird unter den Nationalsozialisten ins Exil gedrängt. Das Märchenschloss gehört nun der Zigarettenfirma Reemtsma. Nach dem Krieg enteignet, bildet hier die DDR Binnenfischer aus. Heute gehört das Gelände zwei Brüdern, die mit dem Vertrieb von LED-Taschenlampen zu Geld gekommen sind und einen Ort für Kunst und Kultur schaffen wollen.
Der Erbauer des Anwesens, der Druckereibesitzer Büxenstein, ist ebenfalls Kunstmäzen. Und er ist begeisterter Wassersportler. Er segelt selbst, nimmt mehrmals an der Kieler Woche teil. Und er ist Mitbegründer und Förderer mehrere Berliner Rudervereine, unter anderem des "Berliner Ruder-Clubs", der sich dem leistungsorientierten Rudersport der Männer verschrieben hat und dessen Hauptsitz seit 1909 ein imposantes Clubhaus am Wannsee ist.
Es ist nicht egal, zu welchem Club man gehört
In einem solchen Clubhaus spielen auch die Szenen der Serie Babylon Berlin, die im Schloss Hubertushöhe gedreht wurden. Charlotte Ritter und ihre Freundin Greta Overbeck sind eingeladen zu einem Ausflug ins Grüne, in einen Ruderclub am Wannsee, der nur akademisch Gebildete aufnimmt. Wassersport ist in Berlin sehr beliebt. In den Gewässern in und bei Berlin wird geschwommen, gesegelt und gerudert. An der Oberspree und an der Dahme, am Müggelsee und - meist exklusiver - an Havel und Wannsee liegen die Bootshäuser der Rudervereine.
Wie bei allen Sportvereinen ist es nicht egal, zu welchem Club man gehört. Der "Akademische Ruderclub Wannsee" ist ein exklusiver Zirkel, in dem sich Charlotte und Greta nicht wirklich willkommen fühlen, der Ausflug ins Grüne gerät zum sozialen Spießrutenlauf. Unterschiedliche politische Gesinnung, soziale Herkunft und Milieus spielen bei der Wahl der jeweiligen Sportvereine eine wichtige Rolle. In den Zwanzigerjahren gibt es in Berlin 140 Rudervereine. Acht von ihnen nehmen ausschließlich Akademiker auf. Es gibt reine Männer- und reine Frauenvereine, Arbeitervereine, "völkische" Ruderclubs, einen jüdischen Verein und je einen, der von Reichsbankbeschäftigten, Polizisten oder Postbeamten getragen wird.
Bei Grünau findet alljährlich die wichtigste Berliner Ruderregatta statt, die von Tausenden Schaulustigen besucht wird. Ein Wettbewerb der anderen Art sind die alljährlichen Eierfahrten, die bei Tauwetter im Frühjahr die Wassersportsaison einleiten. Diejenigen Ruderboote, denen es gelingt, als erste eines der vielen Ausflugslokale am Flussufer anzusteuern, bekommen vom Wirt eine Mandel Eier, also 15 Stück, geschenkt.