Drehort: Theater am Schiffbauerdamm - Der Schuss in der "Dreigroschenoper"
Im Theater am Schiffbauerdamm wird "Die Dreigroschenoper" gegeben, zum allerersten Mal 1928. Das fein gemachte Berliner Publlikum ist begeistert von den Gassenhauern. Für die Serie musste nur wenig neue Deko her, dafür musste ein Schuss integriert werden.
Der Bauherr des Neuen Theaters, wie der 1892 eröffnete Bau zunächst heißt, ist kein Künstler, sondern ein Bauunternehmer. Denn der Theaterboom, der mit der Gewerbefreiheit 1869 in Berlin einsetzt, ruft nicht nur Künstler, sondern auch Unternehmer und Spekulanten auf den Plan, die mit Theateraufführungen in erster Linie Geld verdienen wollen. Das Neue Theater quetscht sich förmlich in eine Baulücke zwischen einer Gemeindeschule und dem Gebäude des Zirkus Renz, dem späteren Großen Schauspielhaus. Der Theaterbau entsteht gewissermaßen in zweiter Reihe, im Hinterhof neuer Mietshausbauten. Um dennoch wahrgenommen zu werden, erhält das Neue Theater am Schiffbauerdamm einen Turm, der die umliegenden Häuser überragt.
"Die Weber" werden ur-aufgeführt
Das Theater trägt nicht nur verschiedene Namen, es wird auch von diversen Direktoren geleitet, die mit unterschiedlichen Stilrichtungen experimentiert. Drei Inszenierungen stechen besonders hervor. Politisch brisant ist 1893 die Uraufführung von Gerhard Hauptmanns Sozialdrama "Die Weber". Denn eigentlich verbietet die Berliner Polizei die Aufführung des Stücks, da sie Angst vor sozialrevolutionären Unruhen hat. Um es dennoch auf die Bühne zu bringen, muss der Theaterverein Freie Volksbühne eine vereinsinterne Aufführung organisieren.
Zwar nicht politisch, dafür aber künstlerisch wichtig, sind die drei Jahre zwischen 1903 und 1906, in denen der junge Max Reinhardt die Bühne leitet und seinen eigenen Regiestil ausbildet. Vor allem seine Inszenierung von William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" als bildgewaltiges Gesamtkunstwerk mit fantasievollen Kostümen, ungewöhnlich aufwendigem Bühnenbild und Musik ist ein Riesenerfolg.
Weltruhm erlangt das Theater am Schiffbauerdamm durch "Die Dreigroschenoper" von Bertolt Brecht mit Musik von Kurt Weill, uraufgeführt 1928. Das Stück, in dem Kriminelle, Prostituierte und Bettler auftreten, ist eine Satire auf das Leben in der kapitalistischen Großstadt und liefert gleichzeitig kurzweilige Unterhaltung. Vor allem die Lieder der Seeräuber-Jenny und von Mackie Messer sind Ohrwürmer und Gassenhauer. Der Schreibprozess und die Proben zum Theaterstück sind von Pannen, Chaos und Zeitnot geprägt. Es gibt Konflikte über Urheberschaft und bei vielen Beteiligten große Zweifel, ob das Experiment gelingen kann. Um so überwältigender ist der Erfolg der Dreigroschenoper.
Viel Improvisation für den Film
Die Dreharbeiten im Theater sind nicht einfach. Das Originalbühnenbild darf in der Serie nicht gezeigt werden. Auch das Warten auf einen Theaterschuss, der vom Attentat ablenken soll, erweist sich als schwierig, da im Bühnenstück gar kein Schuss fällt – auch hierbei muss improvisiert werden. Bei Beginn der Dreharbeiten im Theater kommt die Idee auf, einen der Attentäter in dem riesigen Kronleuchter zu verstecken, der unter der Decke über dem Zuschauerraum schwebt: eine besondere Herausforderung für Schauspieler und Kameramann.
Possen für die Nazis
Die Nationalsozialisten verbieten 1933 die Dreigroschenoper und weitere Theaterexperimente, viele Künstlerinnen und Künstler erhalten Berufsverbote, fliehen ins Exil oder werden ermordet. Am Schiffbauerdamm werden nun Possen und Schwänke gespielt, die die "deutsche Volksgemeinschaft" hochleben lassen und im Krieg den Durchhaltewillen stärken sollen.
Auch Brecht wird in Rokoko gezeigt
Den Krieg übersteht der Theaterbau fast unbeschadet. Allerdings sind heute Turm und Fassade abgestuckt und glatt verputzt und das Theater liegt an einem großen, offenen Platz, benannt nach Bertolt Brecht. Seit 1954 ist das Theater der Spielort des Berliner Ensembles.
Während die Außenfassade nur noch entfernt an den ursprünglichen Bau erinnert, ist im Inneren die dekorationsfreudige Ausstattung aus dem Jahr 1892 weitgehend erhalten. Auch Bertolt Brechts episches Theater wird zu DDR-Zeiten in wilhelminischem Rokoko aufgeführt.