Ruhnert wechselt in die Politik - Das Ende einer Union-Ära

Di 19.11.24 | 18:37 Uhr | Von Till Oppermann
  38
Unions Profifußball-Geschäftsführer Oliver Ruhnert (links) bejubelt gemeinsam mit dem ehemaligen Trainer Urs Fischer den Aufstieg in die Bundesliga im Jahr 2019 (imago images/Matthias Koch)
Bild: imago images/Matthias Koch

Oliver Ruhnert verlässt Union Berlin. Mit seinem Wechsel in die Politik endet für die Eisernen eine sportliche Ära. Unter Ruhnert gelang dem Verein erst der Aufstieg und dann der Einzug in die Champions League. Von Till Oppermann

Ja, 2024 war ein aufregendes Jahr für den 1. FC Union Berlin. Aber dass Bundeskanzler Olaf Scholz in die Personalplanung der Köpenicker eingreifen würde, hatte wohl niemand mehr auf dem Zettel. Zumindest indirekt.

Denn durch die vorgezogenen Neuwahlen nach dem Ende der Ampelkoalition entstand Druck auf Chefscout Oliver Ruhnert. Der neue Berliner Spitzenkandidat des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) verlässt Union zum Jahreswechsel. Mit dem ursprünglich geplanten Wahltermin im September hätte er vor dem Wahlkampf noch die Saison mit Union beenden können. Jetzt geht es direkt im neuen Jahr in die heiße Phase.

Zeitplan mit Heldt

Daraus, dass er seine berufliche Zukunft außerhalb des Fußballs sieht, hat Ruhnert nie einen Hehl gemacht. Lange Jahre saß er für die Linke im Stadtrat seiner Heimatstadt Iserlohn. Schon als Sahra Wagenknecht vor knapp einem Jahr ihre neue Partei gründete, sprach Ruhnert in der "Sport Bild" von einem "interessanten und spannenden Projekt". Und: "Wenn man in die Bundespolitik will, dann sollte man nicht noch fünf Jahre warten."

Die Einarbeitung seines Sport-Geschäftsführer-Nachfolgers Horst Heldt endet deshalb schon früher als geplant. Ihn hatte Ruhnert Union empfohlen, bevor er im letzten Sommer die sportliche Verantwortung gegen seinen alten Job als Chefscout eintauschte.

Rasante Entwicklung mit Ruhnert

Am 9. August 2017 hatte Union Ruhnert in genau dieser Position in den Verein geholt. Schon ein Jahr später wurde er nach einer enttäuschenden Zweitligasaison zum Geschäftsführer Profifußball befördert. "Er hat ein hervorragendes Netzwerk und ist in der Lage, große Strukturen zu führen", sagte Präsident Dirk Zingler damals.

Ein Satz mit Weitsicht. Denn unter Ruhnerts Führung schaffte der Verein nicht nur den lang ersehnten Aufstieg in die Bundesliga. Unions Umsatz stieg von 54,69 Millionen Euro 2018/19 auf 186 Millionen Euro in der vergangenen Saison. Mittlerweile hat der Klub weit über 300 Mitarbeiter, eine Frauenmannschaft auf dem Weg in die Bundesliga und ein nagelneues Nachwuchsleistungszentrum. Zudem steht der Klub kurz davor, das vereinseigene Stadion auf über 40.000 Plätze auszubauen.

Architekt des sportlichen Erfolgs

Der Motor dieser Entwicklung waren die Erfolge im sportlichen Bereich. Gemeinsam mit Trainer Urs Fischer wurde Oliver Ruhnert zum Gesicht eines Vereins, der nach dem Klassenerhalt in der ersten Erstligasaison dreimal in Serie in den Europapokal einzog. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war der 27. Mai 2023: Mit einem 1:0 Sieg über Werder Bremen qualifizierte sich Union für die Champions League. Torschütze an diesem Nachmittag war Rani Khedira – ein Spieler, an dem man gut erklären kann, wie Ruhnert mit seinen Transfers zum eisernen Erfolg beitrug.

Khedira kam 2021 als gestandener Bundesligaspieler ablösefrei vom FC Augsburg. Mit "günstig und erfahren" konnte man insbesondere in Ruhnerts ersten Jahren die meisten Union-Transfers beschreiben. Seit dem Aufstieg stellte Union an den meisten Spieltagen die älteste Startelf der Liga. Dafür waren die Eisernen bis 2023/24 aber auch das Team, das pro investiertem Euro die mit Abstand meisten Punkte holte.

Der Bruch im CL-Jahr

Und das, obwohl Union in jedem Sommer wichtige Abgänge zu verkraften hatte. Einige Ruhnert-Transfers wie Robert Andrich und Jamie Leweling wurden nach ihren Wechseln zu neuen Vereinen sogar Nationalspieler. Ironischerweise war die erste Transferperiode, in der Union keine wichtigen Spieler verlor, gleichzeitig der erste Rückschlag in Ruhnerts Karriere an der Spitze von Union.

Für die Champions League verpflichtete er mit Robin Gosens und Leonardo Bonucci zwei große Namen, die mittlerweile schon wieder weg sind. Andere Neuzugänge wie Kevin Volland, David Datro Fofana und Lucas Tousart konnten die Mannschaft ebenfalls nicht nachhaltig verstärken. Weil gleichzeitig etwa durch eine Verletzung von Khedira oder den schwachen Leistungen des wechselwilligen Sheraldo Becker auch die Helden der Vorjahre nicht mehr vorneweggingen, geriet Union in den Abstiegsstrudel.

Nach 14 sieglosen Spielen trennten sich der Klub und Erfolgstrainer Fischer im November 2023. Auch danach kam der Verein nicht zur Ruhe. Unter anderem auch deshalb, weil Ruhnert und Präsident Dirk Zingler mit Nenad Bjelica einen Nachfolger präsentierten, den Teile der Mannschaft ablehnten.

Ende einer Ära

Mittlerweile wurde Bjelica durch Bo Svensson ersetzt. Bei dessen Vorstellung Ende Juni nahm Ruhnert schon gar nicht mehr an der Pressekonferenz teil. Als Chefscout war er nicht nur damit beschäftigt, neue Spieler zu finden, um Union für die Zukunft in der Bundesliga zu wappnen. Gleichzeitig war es seine Aufgabe, Horst Heldt geordnet in den Job einzuarbeiten. "Wenn der heiße Wahlkampf beginnt, wird mein Arbeitsvertrag ruhend gestellt", erklärte Ruhnert am Dienstag gegenüber rbb|24.

Sollte seine Partei in den Bundestag einziehen, würde das Arbeitsverhältnis endgültig beendet werden, so Ruhnert weiter. Für den 1. FC Union Berlin endet schon jetzt eine Ära. Von den überregional bekannten Gesichtern bei Union waren nur Präsident Dirk Zingler und Kapitän Christopher Trimmel länger im Verein.

Sendung: Der Tag, 19.11.2024, 19:15 Uhr

Beitrag von Till Oppermann

38 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 38.

    Zitat: "Konnte nie überzeugen, von daher kein wirklicher Verlust Trotzdem weiterhin alles gute!"

    Sie äussern sich hier über Oliver Ruhnert, der mit seiner Expertise schon im zweiten Jahr seines Engagements beim FCU nicht unwesentlich zum Aufstieg in die Bundesliga und infolge zur Qualifizierung für die Champions League beigetragen hat? Oder verwechseln Sie hier irgendwas ausserordentlich unterirdisch, Wilhelm?

    Und mal Abseits, da das hier ja die Diskussion zu bestimmen scheint: Ruhnert ist ein meinungsstarker/-fester sowie m. E. charakterstarker Typ, der sich schon lange in der Politik engagiert. Und wenn er meint, dass seine Zukunft eher in diesem Bereich liegt, finde ich das zwar sehr schade für den FCU, maße mir aber nicht an, darüber zu urteilen.

  2. 37.

    "Die Partei hat ein Programm, was den Mehrheitswillen der Bevölkerung widerspiegelt."

    Genau so eine Behauptung ist populistisch. Die Mehrheit der Bevölkerung will Frieden? Ja aber wer will das nicht? Dass die Mehrheit der Bevölkerung es abnicken würde, wenn ein Aggressor innerhalb Europas territoriale Grenzen mit Waffengewalt verschieben will, stimmt aber nicht. Das ist aber sinngemäß Ihre Behauptung. Das Russland zu Verhandlungen über einen gerechten (!) Frieden in keinster Weise bereit ist, verschweigen Sie geflissentlich. Letztendlich vertritt das BSW lediglich die Menschen, denen das Schicksal der Ukraine egal ist, Hauptsache bei uns gehen die Preise wieder runter und wir bleiben von den Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine verschont.

  3. 36.

    Da wurden ja wieder alle Schlagworte abgearbeitet, die auf keinerlei Substanz beruhen. Dann schreib doch mal, was im Flieger passiert ist? Das wäre ja wenigstens mal eine Argumentation für eine These.
    Dass sie ihre eigens gegründeten Organisationen selbst zerstört, ist doch komplett an den Haaren herbeigezogen. Aber man schnappt es überall auf, das stimmt schon.

    Wenn du mit den Zielen der Partei nicht überein kommst, ist das überhaupt kein Problem.

    Die Partei hat ein Programm, was den Mehrheitswillen der Bevölkerung widerspiegelt. Wenn das Populismus sein soll, von mir aus. ich verstehe darunter etwas anderes.

  4. 35.

    Was man alles in einen Artikel über Oliver Ruhnerts Union Zeit hinein interpretieren kann,ist schon bemerkenswert.

  5. 34.

    ...aber das BSW ist die Gerechtigkeit egal und fordert in letzter Konsequenz einen Diktatfrieden zugunsten Russlands. Das dann als Forderung nach Frieden zu verkaufen ist einfach nur heuchlerisch. Letztendlich vertritt das BSW so tatsächlich nur die Interessen des russischen Aggressors. Und da das BSW somit den russischen Imperialismus begünstigt, ist das BSW tatsächlich alles andere als eine Partei, die sich für Frieden einsetzt.

  6. 33.

    „ Wenn ich hier Kommentare lese nach Ihrer Darstellung, dann müssten Sie sich selbst löschen“

    Irrtum, ich habe die Redaktion auf die Regeln hingewiesen , interessiert aber keinen. Mein erster Kommentar bezog sich klar auf Ruhnert. Aber nachdem das scheinbar egal ist - warum sollte ich mich dann zurückhalten.

    „ gibt keine echte Alternative die uns Frieden wünscht“

    Ebenso Irrtum. DiexFrage ist, ob man einen Frieden zu Putins Konditionen akzeptiert, also kapituliert, oder auf einen gerechten Frieden setzt. Bei SW erkenne ich leider nur die Kapitulation. Echte Vorschläge kommen aus Bradilien, Düdafrika und - ja, auch aus China und Indien. Die leider ignoriert werden.

  7. 32.

    Wenn ich hier Kommentare lese nach Ihrer Darstellung, dann müssten Sie sich selbst löschen. Gilt aber auch bei mindestens 80% hier. @Totti lag ja richtig, denn Ruhnert geht mit BSW und einige Vorkommentare dazu sind eher Diffamierend. Fazit: Auch ich wähle BSW weil @Totti es auf den Punkt brachte und Ruhnert ist dann auch ein Grund warum ich dies mache. Es gibt keine echte Alternative die uns Frieden wünscht. Viele wollen das Gegenteil wie es scheint.

  8. 31.

    „Was ist bitte destruktiv an ihr?
    Da fällt mir sehr viel ein. Das fängt mit der ausgeprägten Egomanie an, ihrem bewusst herausgestelltem Populismus. Und ihrem zerstörerischem Wesen in den Organisationen, in denen sie sich bewegt, ob in den Linken, im Aufstehen, und jetzt schon wieder im BSW. Dazu der Personenkult. Ich habe sie neulich wieder im Flieger erlebt, ich mag das gar nicht schildern

    „Einfach mal damit befassen, warum ein so fähiger Mann wie Oliver Ruhnert für die Partei in den Bundestag will.“
    Ich werfe das Ruhnert nicht vor, aber Sie werden mir wohl zugestehen, dass ich eine andere Meinung dazu habe als Sie. Mit den Thesen des BSW (ein echtes Programm gibt es ja noch nicht) habe ich mich sehr wohl beschäftigt. Und finde mich da nicht wieder, bewerte fie teils als puren Populismus.
    Und wenn Sie meinen Post gelesen hätten, dann hatten Sie gelesen, dass ich ihm Erfolg wünsche. Eben weil er ein fähiger Mann ist. Das ist unabhängig von Parteizugehörigkeit.

  9. 30.

    Ja, auch für mich daher seit 1999, dem ersten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Europa seit dem 2. WK, nicht mehr wählbar.
    Ansonsten sehe ich die Entscheidungvon HR. Ruhnert mit einem lachenden und weinenden Auge. Schlecht für Union, gut fürs BSW. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei seinem Weg in die Politik

  10. 29.

    „ Ach zwischen "AfD" und "BSW" gibt's 'n Unterschied? Also ausser bei der Farbgebung“

    Wenn Ihnen die Unterschiede nicht auffallen, dann haben Sie offenbar Tomaten auf den Augen.
    Das sage ich, obwohl BSW für mich definitiv keine Wahl ist.
    Aber soviel Sachlichkeit muss auch bei Abneigung sein.


  11. 27.

    Grundgütiger was soll sich denn da ändern? Die Partei würde doch gegründet, um eine Politik umzusetzen, die den Vorstellungen der Namensgeberin entspricht. Was ist bitte destruktiv an ihr?

    Einfach mal damit befassen, warum ein so fähiger Mann wie Oliver Ruhnert für die Partei in den Bundestag will.

  12. 24.

    Das Dreigespann( Zingler,Ruhnert,Fischer)hat super Arbeit geleistet. Wir wussten alle,daß es einmal endet.Jetzt geht der Eine in die Politik, es ist seine Entscheidung. Tut mir Leid Olli,ich werde und kann dich leider nicht wählen.Der Letzte verbliebene (D.Z.)muss noch sein Lebenswerk vollenden.Seine bzw unsere neue AF.Dazu,viel Kraft.U.N.V.E.U.

  13. 22.

    ...haben Sie recht. Aber der Kommentar von "Totti" wurde nun mal veröffentlicht. Und wenn "Totti" das Thema instrumentalisiert, um am Thema vorbei die Narrative des BSW zu verbreiten, sollte dem auch hier widersprochen werden.

  14. 21.

    Hier geht es doch um Herrn Ruhnert und nicht um den Ukrainekrieg.

    Wieviel sind der Redaktion denn die eigenen Regeln wert?

    Zitate aus den RBB-Regeln:

    Bitte beziehen Sie sich auf das Thema des Beitrags

    Nicht erlaubt sind:

    Unwahre Tatsachenbehauptungen
    Kommentare, die sich nicht mit dem Thema des jeweiligen Posts beschäftigen


    Nimmt der rbb das noch ernst? Wundern Sie sich über die Qualität der Kommentare?
    Ich glaube schon, dass etwas mehr Sorgfalt und Einhalten der Regeln angesagt sind

  15. 20.

    Tja - dieses Traditiongefeiere der Köpenicker konnte ich mit deren Gründungsjahr 66 eh nie nachvollziehen - da hat sich Herr Runert wohl lieber am das Gründungsjahr der DDR orientiert.

    @Sarah: Wenn ein Vorname für eine Wahlentscheidung entscheidend ist - gute Nacht!
    Achso: Fr. Wagenknecht heißt übrigens gar nicht Sarah - soviel dazu...

    @Pinto, Totti usw. :
    Wenn Putins Soldaten mal an Ihrer Tür klingeln und die Wohnung, das Haus oder den Garten besetzen wollen, macht Ihr alle dann die Tür auf?
    "Ach, Ihr seit's... toll - kommt rein und setzt euch. Soll ich euch ne Stulle schmie'rn?" - was anderes erwartet Ihr ja nicht von der Ukraine und wer glaubt, dass Putins Größenwahn dort aufhört, dem ist eigentlich eh nicht mehr zu helfen.

    ...und nun schaun mer mal, wann Zingler wechselt.

  16. 19.

    ...ist es, in letzter Konsequenz einen Diktatfrieden zu fordern, nur um nicht mehr mit den Folgen des russischen Angriffskriegs belästigt zu werden, und sich mit dieser Forderung dann noch als Friedenspartei auszugeben. Das BSW ignoriert die Realität, dass der Aggressor in keinster Weise verhandlungsbereit ist.

Nächster Artikel