Neudeck (Elbe-Elster) - Streit um Solaranlage: Rückbau oder Abriss droht

Di 10.12.24 | 19:27 Uhr
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Solaranlage des Nachbarhauses von Schloss Neudeck muss laut Denkmalschutzbehörde entfernt werden. (Quelle: rbb)
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Audio: rbb Antenne Brandenburg | 10.12.2024 | Gianluca Siska | Bild: rbb

Nach Recherchen des rbb im August zur Photovoltaikanlage der Familie Klage meldet sich nun die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Elbe-Elster mit einem Ultimatum: Vier Monate Zeit für einen Rückbau der Anlage oder der Abriss droht.

Stefanie Klages Aktenordner zum Streit mit den Behörden ist inzwischen randvoll. Nach zwei Jahren der Auseinandersetzungen sieht es nun jedoch so aus, als würden die zwei Solarpanels in Blickrichtung zum Schloss Neudeck vor dem Aus stehen.

"Die Denkmalschutzbehörde teilte uns im November mit, dass wir die Anlage ersatzlos zurückbauen sollen. Vier Monate haben wir dafür Zeit, sonst wollen die uns das Ding abreißen", erklärt Klage.

Seit 2017 besitzt die Familie aus Neudeck ihre Solaranlage auf dem Hausdach – und das in einer Entfernung von rund 100 Metern Luftlinie zum leer stehenden Schloss Neudeck. Das Haus der Klages, früher Teil des Gutshofs vom Schloss, ist seit Jahrzehnten vom Denkmalschutz befreit. Somit unterliegt der Bau ihrer PV-Anlage keinen denkmalrechtlichen Auflagen, behauptet die Familie.

Die zuständige Denkmalschutzbehörde Herzberg sieht das jedoch völlig anders, denn: In den Augen der Behörde stören die "wild angeordneten Panele" der Anlage und sorgen für eine, Zitat: "erhebliche Beeinträchtigung des Schlossareals". Demnach greife der Umgebungsschutzbereich des denkmalgeschützten Schlosses Neudeck, auch für das nicht denkmalgeschützte Dach der Familie Klage.

Probleme beginnen 2022 mit Verwalterwechsel

Bis in das Jahr 2022, also fünf Jahre nach dem Bau der Anlage, störte sich jedoch niemand an der Ästhetik des Bauernhaus-Dachs. Erst nach einer erstmaligen Begehung mit dem neuen Schlossverwalter, einem millionenschweren österreichischen Vermögensverwalter, stellte sich für die Behörde heraus, dass die Solaranlage der Familie Klage weg muss. Ein Gespräch, ob die PV-Anlage der Klages dem Anblick des maroden Schlosses wirklich schadet, lehnte der Schlossverwalter bis dato ab und verweist auf die Entscheidung der zuständigen Behörde.

Aus juristischer Sicht ist die Lage eindeutig

Das Schloss Neudeck ist eine Ruine, 2017 wurde es von einer Immobilienfirma mit Sitz in Berlin gekauft. Einmal im Monat käme der Hausmeister, um Rasen zu mähen, erläutert Stefanie Klage, ansonsten liege das gesamte Gelände brach. Die Rechtslage scheint der Denkmalschutzbehörde jedoch, trotz der andauernden Verwahrlosung des Schlosses, recht zu geben.

Der Umgebungsschutzbereich des Denkmals darf nicht gestört werden. Die Hoheit über diese Entscheidung liegt bei der Behörde in Herzberg, welche sich auf das brandenburgische Denkmalschutzgesetz beruft. Die genaue Rechtslage erläuterte der Berliner Rechtsanwalt Arne Raue dem rbb bereits im Sommer. "Dieser Umgebungsschutz soll bezwecken, dass Denkmäler nicht verunstaltet werden, dadurch dass man die nähere Umgebung verändert und so die Wirkkraft eines Denkmals schmälert", so Raue.

Die Lage spitzt sich zu

Inzwischen ist das Dach der Familie Klage eines der berühmtesten in Deutschland. Die überregionale Berichterstattung nach den Recherchen des rbb führte dazu, dass sich selbst das zuständige Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) gezwungen sah einzuschreiten. In einem Schreiben, welches dem rbb vorliegt, stelle das MWFK fest, dass die PV-Module "[...] denkmalverträglich auf weniger auffällige Dächer anderer Nebengebäude umgesetzt werden könnten, ohne dass dafür ein unverhältnismäßiger Aufwand ersichtlich wäre".

Für Stefanie Klage ist das Schreiben des Ministeriums jedoch völlig unverständlich. "Wir haben ansonsten nur Schattendächer. Sie legen sich doch auch nicht in den Schatten, wenn sie sich Sonnen wollen, oder?"

Auch das Schreiben des MWFK ignoriert die Familie und lässt die Anlage auf dem Dach. Die Konsequenz: Mit der Ordnungsverfügung der unteren Denkmalschutzbehörde tickt nun die Uhr. Zwar haben die Klages inzwischen einen Widerspruch samt eines Befangenheitsantrags gegen das Amt und deren Verfügung eingereicht, jedoch ist die Aussicht auf Erfolg aufgrund der Rechtslage gering. "Wir kämpfen weiter!" Ein Einlenken der Klages, die Anlage vielleicht doch umzusetzen, bleibt weiterhin ausgeschlossen.

Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 10.12.2024, 18:30 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    Wenn das Amt und die Solar-Familie es wollen, können sie sich zusammensetzen und einen Kompromiss besprechen. Es spricht dann nichts dageben, die Anlage nach dem neuen EEG 2023 zu legalisieren. Ein anderes EEG ist aktuell sowieso nicht mehr gültig. Es muss nur gewollt sein. Der Sinn des Gesetzes ist ja, dass die beiden Parteien zusammen gemeinsam eine Lösung erarbeiten sollen, um die umweltfreundliche Stromerzeugung zu ermöglichen. Weil das im überragenden öffentlichen Interesse steht. Und nicht, um sich gegenseitig zu bekämpfen.

  2. 28.

    Sie haben den Artikel nicht sorgfältig gelesen. Das Haus mit der Solaranlage ist kein eingetragenes Denkmal. Es steht nur in der Nähe eines Denkmals (leerstehendes marodes Gut). Normalerweise hat der Denkmalschutz an dem betreffenden Haus gar nichts zu sagen. Hier geht es nach Argumentation des Denkmalschutzes um die Sichtachse vom Denkmal auf das betreffende danben liegende Haus mit Solar-Anlage, das nicht denkmalgeschützt ist.

  3. 27.

    Dann einfach abschrauben und ein paar Monate später 2025 wieder neu anbauen. Dann gilt das neue EEG, haha.

  4. 26.

    Die Installation geschah vor dem Inkrafttreten des EEG. Daher ist Denkmalschutzrecht anwendbar. Zumal stehen der Familie noch andere Dächer zur Verfügung. Der Hinweis, dass der Ertrag geringer sei, ist uninteressant.

  5. 25.

    Tja, dann sollte sich das "helle" Dresden für den Bau einer Brücke entscheiden, die sich anlehnt an die Hauptmerkmale der alten Carola-Brücke oder wenn es mit Spenden gehen sollte, die alte Carola-Brücke wieder erstehen lassen.
    Dieser Brückentyp ist uralt, vgl. das historische Vorbild in Regensburg!
    Aber die Carola-Brücke die in den 70er Jahren entstand - gut, man halt eben so gebaut, weil es dem Empfinden der Zeit = Gesellschaft entsprach.
    Aber man hat in den historischen Altstädten derzeit eben andere Aspekte. Auf jeden Fall bietet das Brückendrama eine Basis zu einer völlig neuen Entscheidung! "Käse" ist eben, dass sich die Trassenführung für den Verkehr zu einer der Hauptadern im Straßenverkehr herausgebildet hat. Eine Entscheidung könnte kommen, in dem man akribisch zurückverfolgt, welche MN zu diesem Unverzichtbar-Status führten. Das wäre evtll ein Ansatz. Also, es gibt sehr viel zu tun. Und preiswert ist nichts mehr zu haben!

  6. 24.

    Ich gehe davon aus, dass Photovoltaikanlagen derartiger Flächengröße auf einem(eingetragenen (?) Denkmal/-gebäude zumind. anzeigenpflichtig, aber doch eher genehmigungspflichtig ist! Da ist ganz schön 'was versäumt worden! Und, ja, Sie haben natürlich Recht, eine optische Anpassung der Fassung wäre dann auch noch eine Variante. Iwieweit die Feldfarbgestaltung dazugehören könnte, ist mir jetzt eben nicht bekannt, sollte aber für den Fall der Fälle auch mögl. sein. Ich würde dem Kreis EE empfehlen, sich da mehr ins Zeug zu legen. Nur eine Kirche mit herausragenden Wandgemälden aus alter Zeit ist als "Schmuck der Stadt" einf zu wenig. Baukultur(!)wirkt auch in der Fläche, u. man muss interessiert sein, seine Denkmale zu erhalten/pflegen u. evtl. "pfiffig" zu vermarkten. Beantragt Städtebaufördermittel, wenn das Denkmalumfeld dies für den Antrag hergeben würde. Das machen andere Kommunen auch u. verbinden Denkmal(pflege)m. Wirtschaftsförderung! Denn so sollte es mMn bestenfalls laufen!

  7. 23.

    Doch, das EEG ist durchaus ausschlaggebend. Googeln Sie mal die aktuellen Urteile. Entscheidend ist der Wort "überragendes" öffentliches Interesse für Solar & Co. Bedeutet: Andere öffentliche Regelungen haben sich dem unterzuordnen. Es muss also ein Kompromiss gefunden werden. Einfach so abbügeln kann die Denkmalschutzbehörde es nicht mehr. Das ist auch der Grund, warum dieser Paragraph ein Update erhalten hat. Damit die Installation von Erneuerbaren Energien nicht von der Willkür örtlicher Denkmalschützer gestoppt wird. Sowas kam früher nämlich durchaus immer mal wieder vor. Seit dem EEG 2023 muss nun ein Kompromiss gefunden werden, zwischen Denkmalschutz und dem Interesse, Strom zu erzeugen. Man kann diesen Kompromiss jetzt einklagen, was einige auch schon getan haben.

  8. 22.

    Die Brücke in Dresden steht noch, allerdings wurde tatsächlich Dresden der Weltkulturerbetietel aberkannt.

    Der Abriss dieser wäre unter dem Gesichtspunkt,das nun die Carolabrücke eingestürzt ist und es sicherlich 15 Jahre bis zum Ersatzbau dauert, sehr fatal für den Verkehr in der Stadt.

  9. 21.

    Noch lächerlicher wird es, wenn ein Schlosseigentümer die Genehmigung einholt, auf dem Dach der Klitsche eine PVA zu installieren, damit das Gebäude als energetisch saniert gilt. Dann muss die in 2025 deistallierte PVA wieder zurück auf's Dach, damit die Optik stimmt, oder was!?

  10. 20.

    Alle Beteiligten hätten an einem Tisch sitzen müssen, dem schließe ich mich an. Allerdings wären hier die Eigentümer in der Verantwortung gewesen. Sie hätten ihre PV-Anlage beantragen müssen und im damit einhergehenden Abstimmungsprozess hätte wahrscheinlich eine Kompromisslösung gefunden werden können - zum Beispiel rote Solarmodule. Die Behörde kann in einem Flächenland wie Brandenburg nicht jede ungenehmigterweise errichtete Solaranlage entdecken. Die Behörde hat über diesen Umstand wahrscheinlich erst Kenntnis gewonnen, als die Solaranlage im Zusammenhang mit dem Schlosskauf entdeckt wurde. Ich möchte der Familie nicht unterstellen, dass sie die Anlage wissentlich ohne Genehmigung errichtet haben. Insofern ist das für die wirklich ärgerlich. Die Überschrift des rbb „…sonst Abriss“ finde ich übrigens unseriös und (absichtlich) missverständlich. „Rückbau oder Ersatzvornahme zum Rückbau droht“ klingt aber eben nicht so sensationell.

  11. 19.

    Die Familie hat 100% recht und die Solaranlage sollte bleiben. Sorry aber wen die Wahl Umweltschutz und Zukunft oder altes Schloss das niemand kennt und auch keinen großen gesellschaftlichen Nutzen hat ist ist doch wohl klar der Klimaschutz vorzuziehen. Wo liegt diese unnötige Schloss überhaupt, Kopfschütteln

  12. 18.

    ein echter Schildbürgerstreich...

  13. 17.

    Die UD ist noch nichtmal die Fachbehörde. Fachbehörde ist das BLDAM. Das ist ja ganz oft das Problem: In den UD's sitzen in den wenigsten Fällen Denkmalfachleute mit einschlägigem Berufsabschluß. Die Abteilung Denkmalschutz in den UD's ist i.d.Regel irgendwelchen anderen Abteilungen zugeordnet, und die Stellen sind mit Fachleuten anderer Fachbereiche (oftmals Bau oder ähnliches besetzt). D.h., es werden was Denkmale angeht, keine fachkundigen Entscheidungen gefällt, sondern behördliche. Wie es bei der Baudenkmalpflge-UD in EE aussieht, kann ich nicht sagen. Aber mir schwant nichts gutes. Und wenn dort doch ein studierter Baudenkmalpfleger sitzen sollte, dann ist es ein unpragmatisches, stures und dem Bericht nach zu urteilen (die Probleme finden mit dem neuen Eigentümer an) moralisch korruptes -äh... - Mitarbeiter. Ebenso wie der Chef des Amtes.

  14. 16.

    Vielleicht das Wort "Denkmal" einmal im wörtlichen Sinne betrachten und versuchen das auch anzuwenden. Wirklich Grotesk!!!

  15. 15.

    Verkehrte Welt... Die Verwaltung (Staat) soll *für* die Bürger arbeiten - nicht gegen sie. Aber irgendwie hat das die "Obrigkeit" vergessen. Kein Wunder, dass sich immer mehr Bürger unverstanden fühlen und auf den "rechten" Weg gehen.

  16. 14.

    Da meine ich wieder Deutschland und Deine Gesetze, alles zäh wie Gummi. "Der Umgebungsschutzbereich eines Denkmals darf nicht zerstört werden." Aber wie weit gehen Sichtachsen genauer definiert?
    Ich komme mir vor wie in Dresden wo, wegen Sichtachsen als UNESCO Weltkulturerbe, eine neu gebaute Elbbrücke übers Elbtal abgerissen werden musste!
    Wenn das Schloss lt. Familie Klage weiterhin vernachlässigt wird, nutzen Denkmalschutz u. Sichtachsen dem Schloss und dessen Umgebung auch nichts mehr...

  17. 12.

    Wenn die Behörden zuviel Langeweile haben kommt so ein Stumpfsinn dabei raus. Optik vor Klimaschutz, einfach nur lächerlich.

  18. 11.

    In NRW steht Denkmalrecht nach aktueller Rechtsprechung in der Regel nicht entgegen, so das OVG NRW:
    https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/63_241127/

    Vielleicht lässt sich das auch auf Brandenburg übertragen?

  19. 10.

    Solche Artikel machen deutlich, das der Denkmalschutz seine Grenzen haben sollte.

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