Neudeck (Elbe-Elster) - Solaranlage muss runter, weil ein Schloss daneben steht

So 08.09.24 | 08:05 Uhr
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Das Schloss Neudeck, im Hintergrund das Nebengebäude mit der Solaranlage (Bild: rbb)
Audio: Antenne Brandenburg | 08.09.2024 | Gianluca Siska | Bild: rbb

Im Elbe-Elster-Kreis fordert die Verwaltung von einem Hauseigentümer, dass er seine Solaranlage wieder abbaut. Der Grund: Das Gebäude steht neben einem Schloss, die Anlage störe das Gesamtbild. Der Eigentümer versteht die Welt nicht mehr.

Eigentlich betreibt Familie Klage einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb im Landkreis Elbe-Elster. Unfreiwillig sind sie zuletzt aber zu Experten im Denkmalrecht geworden. Eine Photovoltaik-Anlage auf ihrem Haus sorgt aktuell für Streit mit der Denkmalschutzbehörde des Landkreises. Neben dem Haus von Familie Klage steht das Schloss Neudeck - und die Solaranlage stört nach Ansicht der Behörde den Gesamtanblick.

Seit 2022, fünf Jahre nach dem Bau der Anlage, fordert die Untere Denkmalschutzbehörde, dass die Solaranlage abgebaut wird, "weil sie im unmittelbaren Umfeld eines erhaltungswürdigen Einzeldenkmals steht", erklärt Matthias Klage, Eigentümer der PV-Anlage. Das Haus, auf dem die Anlage montiert ist, ist selbst nicht denkmalgeschützt.

Das beschriebene Einzeldenkmal ist das 1571 erbaute Schloss, das 2017 verkauft worden war. Käufer war eine Berliner Immobilienfirma. Seitdem bleibt das Schloss ungenutzt.

Umgebung von Denkmälern darf nicht "verunstaltet" werden

Doch ob das Schloss genutzt wird und wie sein allgemeiner Zustand ist, ist für die Untere Denkmalschutzbehörde in Herzberg nicht relevant. Auch juristisch greift das Argument nicht, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Arne Raue auf rbb-Nachfrage. Grund sei der sogenannte Umgebungsschutz. "Dieser Umgebungsschutz soll bezwecken, dass Denkmäler nicht verunstaltet werden, dadurch, dass man die nähere Umgebung verändert und so die Wirkkraft eines Denkmals schmälert", so Raue.

Auch, dass die Solaranlage etwa 100 Meter vom Schloss entfernt ist und sich zwei große Bäume direkt im Blickfeld befinden, ändert nichts daran, dass die Behörde den Rückbau fordert.

Matthias Klage ist von dem ganzen Vorgang genervt. "Wir sind ja kein Denkmal, wir stehen nur daneben", sagt er. Er will seine Anlage deshalb stehen lassen.

Solaranlage auf dem Nebengebäude des Schlosses (Bild: rbb)Solaranlage auf dem Nebengebäude des Schlosses

Hauseigentümer hätten Genehmigung beantragen müssen

Die Kreisverwaltung äußert sich gegenüber dem rbb nur schriftlich und stellt die Sache ähnlich dar wie der Rechtsanwalt. Das Haus der Familie Klage grenze direkt an das Schlossgelände und befinde sich damit im direkten Umgebungsschutzbereich. Familie Klage hätte sich die Errichtung ihrer Solaranlage also durchaus genehmigen lassen müssen, so die Ansicht der Verwaltung. Zumal die Familie schon 2007 darüber informiert worden sei, dass Teile ihres Eigentums denkmalgeschützt sind - wenn auch nicht ihr Wohnhaus, um das es geht.

"Von dem weitläufigen Schlossvorplatz mit Haupteingang zum Schloss hat man den direkten Blick auf die zudem noch wild angeordneten Module der PV-Anlage, sodass diese das Erscheinungsbild des Schlosses in erheblichem Maße beeinträchtigt und demnach zurückgebaut werden muss", so die Kreisverwaltung.

Dass das alles erst fünf Jahre nach Errichtung aufgefallen sei, liege an mehreren Gründen. Wegen fehlender Rückmeldungen der neuen Eigentümer des Schlosses und wegen der Abwesenheit des Geschäftsführers der Immobilienfirma sei es erst spät zu einer Besichtigung vor Ort gekommen. Auch die Coronapandemie habe zu Verzögerungen geführt, die erste Besichtigung fand demnach erst 2022 statt. Dabei waren auch die Solarplatten von Familie Klage aufgefallen.

Anlage wäre ohnehin nicht genehmigt worden

Nicht nur, dass Klages eine Solaranlage installiert haben, stößt der Denkmalschutzbehörde auf, sondern auch, wie diese aussieht. So sei die "wilde Anordnung" ein Problem und auch, dass es sich um schwarze Module mit silberfarbenem Raster handele, die sich deutlich von der Dachfläche abheben. Selbst wenn Klages also einen Antrag gestellt hätten, wäre dieser nicht genehmigt worden, so die Verwaltung. Allerdings hätte man in dem Fall gemeinsam nach Alternativen suchen und ein langwieriges Verfahren vermeiden können, heißt es in der Antwort der Kreisverwaltung.

Mittlerweile hat sich auch das Brandenburger Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur eingeschaltet, um eine Lösung in diesem Streit zu finden. Für die Denkmalschutzbehörde des Landkreises Elbe-Elster ist der Fall aber klar: Kommt Familie Klage der Aufforderung nicht nach, die Anlage abzubauen, drohen Zwangsgelder.

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.09.2024, 14:40 Uhr

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97 Kommentare

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  1. 97.

    sicher für Viele unverständlich, vor allem weil man ja sehr sehr viel Solar haben will, aber in dem Fall ist das sicher absolut korrekt. Nicht jeder jann machen was er will, und man kan ja mal wohl die Behörden einfach ragen oder? Das geht nach meiner Erfahrung manchmal sehr mündlich schnell...

  2. 96.

    Gesetze sollen einen Sinn erfüllen, der allen Nutzen und Gerechtigkeit bringt und genau an dieser Stelle ist das eine Ermessensfrage des Amtes.
    Gesetze sind nicht gleich Gesetze, vor allem im Denkmalschutz gibt es viel Behördenwillkür!
    Mal sehen wann bei dir einer kommt, dem dein Haus im Weg ist...

  3. 95.

    Gehörte eigentlich mal ein Teil des Bauernhofes zum Schloss?

  4. 94.

    Wann kommen Behörden eigentlich endlich mal in der Gegenwart an?
    Wir können es uns nicht mehr leisten, Denkmalschutz über die Notwendigkeiten des Lebens zu stellen!
    100m entfernt vom Schloss sollte völlig egal sein, ob da eine PV Anlage auf dem Dach eines Hauses sind. Niemand stört sich heute am Anblick von Solarzellen! Das ist unsere heutige Realität!
    Ansonsten würde ich hier eher eine Entschädigung gerecht finden, wenn das abgebaut werden muss, sodass die Familie die Verluste durch die Behördenwillkür ersetzt bekommt.
    Dann würde sicher auf einmal auch herauskommen, dass es doch eher nicht wichtig ist, was Nachbars Dach schmückt!
    Sorry, aber diese Beamten machen unser Land kaputt! :(

  5. 93.

    Dann fahren Sie mal dahin, das ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, schauen Sie mal vor Ort, wie es da aussieht.

  6. 92.

    Alles abreißen. Sieht eh scheusslich aus. Schloss, Hof usw… kann man effektiver was Neues bauen

  7. 89.

    Das genau ist der Grund warum wir Grüne in der Landesregierung brauchen.
    Die SPD ist mit diesem Thema komplett überfordert.

  8. 88.

    Wie so häufig gehört zur Wahrheit alles Seite und Fakten.
    Das erst nach wievielen Jahren auffällt dass ein Gebäude verfällt, könnte eine Frage sein. Eigentum verpflichtet!
    Ob jetzt ein ernsthaftes öffentliches Interesse vorliegt,die Befindlichkeiten eine Behörde, besser einzelne Personen, oder ein ökonomische Interesse an zukünftiger Gewerbe Steuer, sein dahin gestellt, als frage. Auch sei über jeden Zweifel erhaben, dass die Akteure ein persönliches Interesse hätten.
    Und die Immobilie wird demnächst eine neue Eigentümerin haben.Ob es dann die xx. Vermögen Verwaltungs GmbH oder gar eine oder mehrere KG' werden, sei noch zu klären.
    Also liebe Landesregierung. Im öffentlich Interesse ein vollumfänglich Konzept, dass die Eigentümer des verfallenen Gebäude einschließlich und eine monatliche/jährliche Entschädigung für die entgangen Nutzen der pv Anlage "mit Denkt" im Sinne eines ehrlichen Denkmalschutzes.Statt der monetären betrachtet Gewerbesteuer, die dann doch leider ausfällt, ....

  9. 87.

    Da baut ein Bauer illegal eine Photovoltaik Anlage. Und hier schimpfen die Menschen über den Denkmalschutz. Ich werde demnächst auch mal mein Ding machen. Sch… auf Gesetze.

  10. 86.

    Das sind eben die Momente, wo ein Bürger zu einem Wutbürger mutieren kann.
    Leider geschuldet den Zustände, der Drangsalierung der Bürger, der Regelwut, der Vorschriften Bevormundungen und Verordnungen.

  11. 85.

    Wie viel Dummheit verträgt dieses Land?

  12. 84.

    Ist denn die AfD bzw. die BSW schon an der Macht?

  13. 83.

    Schloss sprengen und fertig ist der Schuh. Alternativ den Denkmalschutz in seiner jetzigen Form ersatzlos streichen.

    Das sind doch Schildbürgerstreiche, die unerträglich sind.

  14. 82.

    Dann sollte dieser Eigentümer durch den Denkmalschutz für die Nutzungseinschränkung entschädigt werden, schließlich bekommt der Denkmalbesitzer auch Zuschüsse! Ich sehe hier einen ungerechtfertigte Eingriff in das private Recht des Hausbesitzers!
    Die PV Module sind so alltäglich die stören keinen Blick mehr! Ansonsten standen nie Ziegelgedeckte Häuser neben einem Schloss.. da war Stroh drauf.. an den Ziegellook ist man inzwischen gewöhnt... und an die PV Module muss man sich gewöhnen!

  15. 81.

    Schlimm, dass für so einen Mist ein Antrag notwendig ist! Es ist ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Rechte eines Eigentümers, dessen Haus keinem Denkmalschutz unterliegt, diese PV Module sind inzwischen so alltäglich,,dass sich niemand an dem Anblick stört! Auch die Ziegeldächer werden 15hundert knipzig dort noch nicht gestanden habe , das ganze Haus wahrscheinlich nicht! Warum nicht gleich das ganze Haus abreißen oder mindestens mit Stroh decken! Es ist ein unerträglicher Eingriff! Energiewende! Wer entschädigt den Eigentümer dafür sein Haus nicht nutzen zu dürfen?

  16. 80.

    Wir sind wieder im Mittelalter angekommen:
    "Wo der Esel ist gekrönt,

    dort wird das ganze Land verhöhnt

    Weise und flotte Sprüche aus dem Mittelalter herausgegeben und kommentiert von Walter Hansen.

  17. 79.

    „ Bezeichnung Schloss total übertrieben ist. Sieht auf den Bildern eher wie eine Bauernvilla mit Türmchen aus.“ Diese Unwissenheit ist ein Grund, weshalb es den Denkmalschutz gibt. Sie könnten sich schlau machen. Thema Adel usw… Bauernvilla…. Sie meinen wohl Herrenhäuser. Das hat nun wieder nichts mit der Größe zu tun, sondern mit dem Stand der damaligen Bewohner.

  18. 78.

    Was ist Deutsch? Das!

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