Sparprogramm des Senats - Kultursenator Chialo will Streichungen nicht akzeptieren

Di 19.11.24 | 20:36 Uhr
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Berlins Kultursenator Joe Chialo (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Video: rbb24 Abendschau | 19.11.2024 | Petra Gute | Bild: dpa/Soeren Stache

Etwa 130 Millionen Euro will der Berliner Senat im kommenden Jahr im Kulturbereich sparen - "drastisch und brutal" findet das der Ressortchef. Er setzt auf Nachverhandlungen. Am Dienstagabend protestiert die Kulturszene mit einem Konzert.

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) will die Streichungen im Kulturbereich im jetzt geplanten Umfang nicht akzeptieren. In seinem Ressort sollen laut CDU und SPD rund 130 Millionen Euro gestrichen werden. Für ihn sei der Kampf noch nicht vorbei, sagte Chialo am Dienstagabend dem rbb. Man werde in den nächsten Tagen wieder mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition zusammensitzen, die Streichungslisten anschauen und beraten, wie man die Belastung besser verteilen könne.

Er habe auch mit Finanzsenator Stefan Evers (CDU) noch weitere Termine. Die Kürzungen seien sehr drastisch und brutal, so Chialo. Das nehme ihn sehr mit. Dennoch: "Für uns ist die Zahl, die draußen kursiert, noch nicht das Ende."

Evers spricht mit Chialo über Entlastungen

Finanzsenator Evers bestätigte am Dienstag in der rbb24 Abendschau, dass er bereits mit Chialo über Nachschärfungen berate. "Ich bin aktuell mit dem Kultusenator sehr intensiv im Gespräch darüber, ob wir nicht über andere Finanzierungsformen der einzelnen Kultureinrichtungen auch noch Entlastungen organisieren können", sagte Evers.

Grundsätzlich sehe er bei den geplanten Kürzungen im Haushalt für das kommende Jahr einen gewissen Verhandlungsspielraum. Man müsse auf Fehler und Korrekturbedarfe reagieren können, deswegen gebe es natürlich Änderungsmöglichkeiten, sagte Evers. Grundsätzlich ändere sich an der Höhe der Einsparungen aber nichts.

Kulturszene protestiert mit Konzert in Wilmersdorf

Die schwarz-rote Regierungskoalition hatte am Dienstagvormittag die geplanten Haushaltskürzungen in Höhe von drei Milliarden Euro im kommenden Jahr vorgestellt. Demnach fallen allein im Kulturbereich rund 130 Millionen Euro weg, etwa zwölf Prozent des Budgets.

Unter anderem soll die Sanierung der Komischen Oper verschoben werden, und auch die Berlinale erhält weniger Geld. Bereits seit Wochen warnen Kultureinrichtungen vor Insolvenz, Einschränkungen im Spielbetrieb und dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Theater, Orchester, Museen und Aktivisten in der Clubszene hatten schon vorab gegen die Pläne mobil gemacht. Sie befürchten, dass sie ihr Angebot deutlich einschränken müssen. Am Dienstagabend soll nun erneut protestiert werden: Im Haus der Berliner Festspiele in Wilmersdorf findet am Abend das Protestkonzert "Berlin ist Kultur" statt.

Musik, Tanz, Szenen und Lesungen auf dem Programm

Die drohenden Kürzungen des Senats gefährden nach Befürchtung der Organisatoren die Vielfalt des Lebens in der Stadt. Die wegfallenden Mittel würden alle vom Land finanzierten Kultureinrichtungen in der Stadt treffen – von Oper und Schauspiel über Konzerthäuser, Musikschulen und Museen bis hin zu Bibliotheken, Ateliers und der Clubszene.

An dem Protestkonzert beteiligen sich unter anderem das Berliner Ensemble, die Deutsche Oper, der Rundfunkchor und das Grips-Theater. Auf dem Programm stehen Musik und Tanz, Szenen und Lesungen.

Spardruck gilt auch für die Berlinale

Erst in der vergangenen Woche hatte die Kulturszene am Brandenburger Tor gegen die Sparpläne demonstriert, deren genaues Ausmaß damals noch unklar war. Betroffen von den Kürzungen sind Häuser wie die Schaubühne, das Deutsche Theater oder der Friedrichstadt-Palast, wie die Spitzen der schwarz-roten Koalition am Dienstag mitteilten. Die Sanierung der Komischen Oper wird laut Plan im nächsten Jahr aufgeschoben.

Auch die Berlinale, die das Land in diesem Jahr mit zwei Millionen Euro gefördert hatte, bekommt 2025 nun eine Million Euro. Zuvor hatte das Land allerdings nur einen Betrag im niedrigen fünfstelligen Bereich dazugegeben. Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, kündigte als Konsequenz bereits an, sein Haus müsse in den nächsten beiden Spielzeiten mindestens fünf Produktionen streichen.

Wegner: Entscheidungen für Kulturbereich schmerzen

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte, die Entscheidungen für den Kulturbereich schmerzten. "Wir müssen jetzt schauen - und das hoffe ich auch von den Häusern, auch im Gespräch mit unseren Kultureinrichtungen -, wie wir es hinbekommen, dass hier noch wirtschaftlicher gearbeitet wird."

Radioeins und Radio 3 vom rbb zeigen das Konzert als Videostream live ab 19:30 Uhr auf ihren Webseiten. Im rbb-Fernsehen wird das Konzert zeitversetzt ab 22:20 Uhr gezeigt.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.11.2024, 19:30 Uhr

92 Kommentare

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  1. 92.

    Wie bemisst man denn Qualität in der Kunst? Oder sind wir wieder soweit dass Kunst "entartet" ist wenn sie nicht zur eigenen Ideologie passt?

  2. 91.

    Wie bemisst man denn Qualität in der Kunst? Oder sind wir wieder soweit dass Kunst "entartet" ist wenn sie nicht zur eigenen Ideologie passt?

  3. 90.

    Mein Junge, ehrlich, Du warst doch noch nie in einem Puppentheater oder großen Theater/Oper/ Tanzbühne, freie Bühne, stimmts? Denn dann wüßtest Du, daß es viele Auf-und Vorführungen in b+BB gibt, die alle ihr Publikum finden, denn diese Menschen brauchen diese Kunst (im Gegensatz zu Dir Banausen)zum Leben, ja Kunst ist ein Lebensmittel. Alsomein Auftrag an Dich, geh um die Weihnachtszeit ins Theater oder zu einem Konzert oder in eine Ausstellung!

  4. 89.

    Spürst Du das? Wieviel zahlst Du denn genau für das Opernhaus? Ich zahle gerne für die Kunst, denn ich bin ein Selbiger.

  5. 88.

    ......das ist ein wirklich guter Kommentar von Ihnen. Volle Zustimmung und Dankeschön.

  6. 87.

    Herr,lass Hirn regnen!

  7. 86.

    Vorher aber noch die Pommes schön drapieren und ein Foto machen, das man dann später ausstellen kann.

  8. 83.

    Da Kunst/Kultur ein hohes Gut ist und in diesem Bereich immer schon experimentiert wurde und auch werden soll, und das wahrlich nicht immer kostendeckend ist, halte ich es für die Aufgabe des Staates in Vertretung des Anspruches an eine Gesellschaft, sich geistig/kulturell weiterzuentwickeln, das so soweit als möglich zu finanzieren.
    Natürlich kann man so wie hier und im Senat darüber streiten, wie weit man damit gehen kann, aber die Argumente "mach Qualität, dann brauchste auch keine finanzielle Unterstützung" oder "ist nicht mein Geschmack, kann weg" zählen da nicht, denn bei Kunst ist der finanzielle Gewinn nun mal zweitrangig. Im Gegenzug darf der Kunstschaffende natürlich auch nicht mit der arroganten Haltung "ach, der Staat wird das schon zahlen, ist schließlich Kunst" auftreten. Aber das ein Aufschrei durch die Kunstszene geht, wenn so ein, nennen wir es pathetisch "Kahlschlag" , angekündigt wird, darf niemanden verwundern und ist in vielen Fällen auch berechtigt.

  9. 82.

    Ich finde die Kürzungen nicht dramatisch. Wer kann schon das reisige Berliner Angebort nutzen?
    Warum werden drei Opernhäuser derart hoch subventioniert?
    Wer nutzt denn überhaupt die großen Bühnenhäuser?
    Kleine Veranstaltungen, kiezbezogen sollten gefördert werden.
    Warum ein großes Haus teuer für die ZLB mieten? Den meisten Raum in beiden Häusern verschenken die Bibliotheken mittlerweile an Nicht-BibliotheksbenutzerInnen.

  10. 80.

    Das ist eher der Ihre. Inhaltslos, nur polemisch gegen anderen und diskussionsunwürdig. Auch Kultur muss durch Qualität überzeugen. Brotlose Kunst ist zwar auch ein geistiges Gut, aber es muss finanziert werden.

  11. 79.

    Ich gebe mal zu bedenken, dass 130 Mio eingespart werden können und dies nur ein Bruchteil des Kulturhaushalts darstellt. Ja, Kultur ist wichtig, aber eine sehr große Vielfalt muss man sich leisten können. Es ist nicht so, dass nun Kultur unwichtig ist, weil etwas weniger Geld zur Verfügung steht. Wann hat zB ein Obdachloser etwas von dem großen Kulturangebot? Bleibt doch alle bitte auf dem Teppich. Es steht immer noch genug Geld für die Kultur zur Verfügung.

  12. 77.

    Hat doch bis jetzt immer gut funktioniert mit dem Geld aus Bayern, BW und Hessen. Kommt da jetzt nich mehr so viel oder woher die Einsicht? Ich befürworte das Sparpaket in Gänze und würde die Zahlen sogar verdoppeln. Irgendetwas sagt mir, das es danach in Berlin ordentlicher wird.

  13. 75.

    Mit welchen Recht ruft ständig jeder nach Steuergelder? Leistet Qualität dann kommt auch das Publikum.

  14. 74.

    Sparen an Bibliotheken?

    Ist es nöthig, Brandenburg-Krimis, Krimis überhaupt, in Berliner Bibliotheken anzubieten?

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