Berliner Haushalt - CDU und SPD wollen vor allem bei Verkehrs- und Umweltprojekten kürzen
Auf diese Liste hat Berlin gewartet - allerdings ohne Vorfreude, eher mit Schrecken: Die Einsparungen, die CDU und SPD im Haushalt planen, liegen nun erstmals komplett vor. Überall wird der Rotstift angesetzt, vor allem bei Verkehr und Umwelt. Von Jan Menzel und Sebastian Schöbel
- Schwarz-rote Koalition plant für 2025 Milliardeneinsparungen im Haushalt
- Besonders betroffen: Verkehrs- und Umweltbereich mit 660 Millionen Euro
- Einsparungen auch bei Bildung, Wirtschaftsförderung, Verwaltungsdigitalisierung
- Endgültige Entscheidungen am Montag im Koalitionsausschuss
Die geplanten Haushaltskürzungen in Berlin werden besonders zu Lasten der Verkehrs- und Umweltpolitik gehen. Das geht aus Plänen von CDU und SPD für die entscheidende Koalitionsrunde am Montagabend hervor, die dem rbb vorliegen. Die Zahlen sind bislang noch vorläufig, da die endgültige Entscheidung erst kommende Woche fallen soll.
Demnach sollen allein aus dem Budget der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr und Umwelt rund 660 Millionen Euro gestrichen werden. Das sind rund 18,5 Prozent des Etats von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU). Es ist der größte Einzelposten bei den Einsparungen.
Fast 370 Millionen sollen im Bildungsetat gestrichen werden – allerdings ist der mit rund 5,7 Milliarden Euro auch der größte Posten im Berliner Haushalt.
Deutlich schmerzhafter soll es die Wirtschaftsförderung treffen: Im Haushalt von Senatorin Franziska Giffey (SPD) würden laut den Plänen rund 143 Millionen Euro wegfallen, rund 16 Prozent des Etats.
Kein Zuschuss für E-Busse, Aus für zwei Tram-Verlängerungen
Wie erwartet fallen die Kürzungen im Verkehrs- und Umweltbereich besonders deutlich aus. Mindestens 100 Millionen Euro weniger sollen künftig für den ÖPNV in der Innenstadt und Neubauprojekte bereitstehen. Der Landeszuschuss an die BVG für den Kauf von Elektrobussen wird nach den bisherigen Überlegungen der Koalition komplett wegfallen. Dabei handelt es sich um annährend 100 Millionen Euro. Der bisherige Plan der BVG, die Busflotte bis 2030 auf Elektroantrieb umzustellen, dürfte sich damit erledigt haben.
Gestrichen werden zudem Gelder, die für eine geplante Verlängerung der Straßenbahn vom Alexanderplatz zum Kulturforum und von Johannisthal in die Gropiusstadt gedacht waren. Bei Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs und der Sicherheit im Straßenverkehr wird ebenso gekürzt wie beim Tiefbau. Hier sind etwa Bauarbeiten am Tempelhofer Damm, in der Liebknechtstraße in Mitte aber auch Brückenbauvorhaben betroffen.
Beim Klimaschutz-Programm BENE II sollen rund 20 Millionen Euro wegfallen. Den Wasserbetrieben will das Land den Zuschuss kürzen, um Maßnahmen zum Gewässerschutz durchzuführen. Die landeseigene Gesellschaft Grün Berlin muss ebenfalls mit deutlich weniger Geld auskommen, das bei Investitionen in Parks fehlen wird.
Den anteilig größten Einschnitt im Budget aber soll der Bereich Verwaltungsdigitalisierung tragen: Hier sollen mehr als 70 Millionen eingespart werden, das wäre fast 22 Prozent des Budgets. So ist unter anderem eine Halbierung der Mittel für die E-Akte um 20 Millionen Euro ein großer Einsparposten neben anderen reduzierten Ansätzen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik.
Eher glimpflich kommen dagegen die Senatsverwaltungen für Inneres und Sport von Senatorin Iris Spranger (SPD) und das Ressort von Sozial- und Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) weg. Hier liegen die Einsparungen deutlich unter den zunächst angedachten zehn Prozent, die ursprünglich alle Ressorts erbringen sollten. Dennoch wird es auch hier spürbare Einschnitte geben. Die Innenverwaltung etwa wird Haushaltsansätze für Fahrzeuge und Technik bei Feuerwehr und Katastrophenschutz reduzieren müssen. Absenkt werden auch Zuschüsse und Zuführungen an die Berliner Bäderbetriebe. Hier geht es um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag. Betroffen sind davon Investitionen in die Bäder. Beim Schul- und Sportstättensanierungsprogramm will die Koalition ebenfalls den Rotstift ansetzen.
Im Kulturbereich müssen die großen Theater, das Konzerthaus und die Philharmoniker damit rechnen, dass sie 2025 weniger Mittel bekommen. Besonders spürbar wird die Kürzung bei der Opernstiftung. Sie muss voraussichtlich mit 15 Millionen Euro weniger kalkulieren. Kürzungen wird es auch für Museen, Projekte und Veranstaltungen geben. Bei den Mitteln für Arbeitsräume von Künstlerinnen und Künstlern strebt die Koalition eine Halbierung an. Das wären rund 12 Millionen Euro weniger als bisher.
Schon im Sommer hatte sich abgezeichnet, dass die Sanierung der Komischen Oper nicht so angegangen wird, wie ursprünglich geplant. Die Koalition hat fürs erste 10 Millionen Euro, die 2025 für die Sanierung zur Verfügung gestellt werden sollten, gestrichen. Auch beim Großvorhaben der Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofs Köpenick sollen annährend 10 Millionen Euro wegfallen. Beim Jahn-Sportpark ist nun von einer Verschiebung der Baumaßnahmen die Rede. Das gleiche planen CDU und SPD auch bei der Sanierung der Philologischen Institute der Humboldt-Universität.
Auch im Kita-, Schul- und Jugendbereich wird in zahlreichen Bereichen zum Teil deutlich weniger Geld fließen. Beispielsweise in der freien Jugendhilfe könnten sich die Einbußen auf annähernd drei Millionen Euro summieren.
Um etwa 150 Millionen absenken will die Koalition die Wohnraumförderung im Landeshaushalt. Als Kompensation soll Bürgschaften und Darlehen gewährt werden. Hier dürfte die landeseigenen Investitionsbank IBB ins Spiel kommen.
Wird das 29-Euro-Ticket gestrichen?
Damit hätte die Koalitionsarbeitsgruppe zum Haushalt den allergrößten Teil der im kommenden Jahr erforderlichen Einsparsumme erbracht. Etwas mehr als 300 Millionen Euro sind aber noch übrig. Hier muss der Koalitionsausschuss am Montagabend Entscheidungen treffen.
Dazu liegen gut zwei Dutzend Vorschläge auf dem Tisch. Beispielsweise im Verkehrsbereich konnten sich CDU und SPD bislang nicht über die Fortführung bzw. die Preise von Tickets verständigen. Offen ist, ob das 29-Euro-Ticket weiter angeboten, eingestellt oder der Preis auf 39 Euro angehoben wird. Ein kompletter Wegfall würde den Landeshaushalt um 300 Millionen Euro entlasten. Auch das kostenlose Schülerticket steht auf dem Prüfstand. Beim Sozialticket sind sich die Koalitionspartner einig, dass der Preis von neun auf mindestens 19 Euro und womöglich 29 Euro steigen wird.
Strittig ist unter den Koalitionären auch, ob zahlreiche Gratis-Angebote im Kita- und Schulbereich künftig wieder kostenpflichtig werden. Neben der Abschaffung des beitragsfreien Horts von der 1. bis zur 3. Klasse für alle und dem Aus für kostenlosen Schulmittagessens an Grundschulen liegt auch der Vorschlag auf dem Tisch, bei der Lernmittelfreiheit zu kürzen.
Bis zu 150 Millionen Euro Kürzung bei Hochschulverträgen
Redebedarf hat die Koalition auch bei den Hochschulverträgen. Hier stehen Einsparungen von 100 bis 150 Millionen Euro zur Diskussion. Die Zuwendungen an das Studierendenwerk könnten um 7,5 Millionen Euro gekürzt werden. Rund 100 Millionen Euro Einsparpotential könnte sich ergeben, wenn altersbedingt ausgeschiedene Landesbedienstete nicht ersetzt werden.
Einig sind sich die Koalitionspartner im Grundsatz, dass auch eine Verbesserung der Einnahmen erforderlich ist, um das Haushaltsloch zu stopfen. Eine Anhebung der Vergnügungssteuer von 20 auf 25 Prozent könnte schätzungsweise neun Millionen Euro einbringen. Von einer Erhöhung der Zweitwohnsteuer erhoffen sich CDU und SPD 10 Millionen Euro zusätzlich. Bei der Grunderwerbssteuer brächte eine Anhebung auf 6,5 Prozent rund 100 Millionen Euro. Bei der City-Tax könnten 27 Millionen Euro zusätzliche eingenommen werden.
Grüne fordern Regierungserklärung von Wegner
Zur Berichterstattung über die Sparpläne des Senats fordert André Schulze, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen: "Wir erwarten vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner, dass er in der kommenden Plenarsitzung am Donnerstag eine Regierungserklärung zu den Haushaltsbeschlüssen der Koalition abgibt. Die Folgen für die Stadt sind gravierend und CDU und SPD müssen sich endlich der Debatte im Parlament stellen, statt weiter im Hinterzimmer Entscheidungen zu treffen. Die Stadt braucht endlich auch im Detail Klarheit über die Folgen der Senatspolitik."
Sendung: rbb24 Inforadio, 17.11.2024, 7:00 Uhr
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