Neues Triage-System beim Berliner Notruf - Was ändert sich, wenn ich die 112 wähle?

Do 27.03.25 | 16:18 Uhr
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Symbolbild: Rettungssanitäter stehen bei einem Einsatz im Fahrstuhl am 06.05.2018. (Quelle: picture alliance/dpa/Arne Immanuel Bänsch)
Bild: picture alliance/dpa/Arne Immanuel Bänsch

Wer die 112 in Berlin wählt, wird seit dieser Woche mit einem neuen System eingestuft, wie dringend er wirklich Hilfe benötigt. Dadurch sollen Rettungsdienste entlastet und Notfälle besser versorgt werden können.

Die Berliner Feuerwehr priorisiert eingehende Notrufe ab sofort nach einem neuen Schema, um sie systematisch nach Dringlichkeit abarbeiten zu können.

Angesichts einer zunehmenden Zahl an Notrufen habe die Feuerwehr die Rettungseinsätze der vergangenen Jahre analysiert, sagte Feuerwehrsprecher Vinzenz Kasch dem rbb bereits im Februar bei der Ankündigung der Neuorganisation. Das neue Notruf-Schema soll den Rettungsdienst entlasten und dafür sorgen, dass Notfälle schnellstmöglich versorgt werden.

Wer die 112 wählt, wird ab sofort in eine von fünf Kategorien eingeteilt.

  • Kategorie 1

    Fälle, bei denen Menschen zum Beispiel bewusstlos sind

    Notärzte sollen innerhalb von zehn Minuten vor Ort sein

  • Kategorie 2

  • Kategorie 3

  • Kategorie 4

  • Kategorie 5

Notrufe, bei denen es sich eindeutig um ungefährliche Situationen handelt, kann die Feuerwehr an den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung (KV Berlin) weiterleiten. Das soll auch künftig mit allen Fällen geschehen, die unter die Kategorie 5 mit der niedrigsten Priorität fallen.

Wie war die Regelung bisher?

Auch in der Vergangenheit wurden Notfälle in Gruppen eingeteilt. Die neuen Kategorien sind allerdings viel genauer und sollen für den jeweiligen Notfall viel besser die nötigen Einsatzmittel bestimmen können, wie Feuerwehrsprecher Kevin Bartke gegenüber rbb|24 bestätigte.

Was ist neu?

Im Vorfeld wurden fast drei Millionen Patientendaten von Rettungsdienst und Krankenhäusern ausgewertet. Dadurch konnten Zusammenhänge zwischen Informationen, die beim Notruf übermittelt werden, und den darauf folgenden Diagnosen hergestellt werden. Erst auf Basis dieser Informationen wird nach Angaben der Feuerwehr eine wirksame Triage möglich, die zwar Prioritäten bevorzugt, dabei aber an anderer Stelle das Patientenwohl nicht gefährdet.

Wer entscheidet, in welche Kategorie der Anrufer eingeordnet wird?

Jedem Anrufer wird auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse des Notrufgesprächs ein Code zugeordnet. Für jeden Code erfolgt vorab eine Zuordnung von geeigneten Einsatzmitteln. Zum Schluss treffe die Ärztliche Leitung des Rettungsdienstes die Entscheidung über die Freigabe und sie werde an das Einsatzleitsystem der Feuerwehrleitstelle weitergegeben und beim jeweiligen Notfall angewandt, so der Feuerwehrsprecher.

Warum brauchen wir ein neues Notruf-System?

Aufgrund einer Überlastung der Berliner Rettungsdienste hält die Berliner Feuerwehr das klassische System, nach dem die Anrufer der Reihe nach abgearbeitet werden, für nicht mehr leistungsfähig genug. Ressourcen müssen demnach dort zum Einsatz kommen, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.03.2025, 17:30 Uhr

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33 Kommentare

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  1. 32.

    Das erinnert mich mit Grauen an eine Nierenbeckenentzündung meiner Mutter (damals ca. 70). Ihr ging es saudreckig, sie hatte hohes Fieber (41°C). Es hat dann 90 (!) Minuten gedauert, bis der Notarzt kam. Ich habe zweimal nachgehakt und jeweils "ja, ja, machnse ma Wadenwickel, denn jeht dit schon wieda" bekommen. Die 41°C waren aber _mit_ Wadenwickeln.
    Bei einem späteren SMH-Einsatz sollte sie (mit 84), obwohl sie kaum aufstehen konnte, selber die Treppen runterlaufen.
    Das waren meine einzigen Begegnungen damit, was mir keinerlei Mut gemacht hat.
    Besser ist es, dass man ohne dies auskommt.

  2. 31.

    Ich kann in dem System keine Triage erkennen. Das wäre doch wohl nur der Fall, wenn wirklich alle Anrufer in akuter Lebensgefahr sind und momentan nicht genug Möglichkeiten für die Rettung vorhanden sind. Ansonsten darf die Triage nur angewandt werden, wenn wirklich eine Notlage vorliegt (zum Beispiel Zugunglück mit vielen Schwerverletzten), wo nicht alle Personen gleichzeitig behandelt werden können.

  3. 30.

    Abgesehen von der Problematik die ich gestern schon thematisiert habe, besteht für mich auch das Problem als Betreuerin einer Einrichtung für schwerst mehrfachbehinderte Erwachsene.
    Wir arbeiten dort als Heilerziehungspfleger, Erzieher auch mit nicht ausgebildeten Kollegen. Wir tragen die Verantwortung , die natürlich Grenzen hat wenn ein massives medizinisches Problem auftritt welches aber nicht immer gut kategoriert werden kann da die Kommunikation mit den Klienten oft nur nonverbal stattfindet… wir erfahren einen akuten Notfall eventuell an Vitalzeichen ..veränderten Verhalten uä…keiner meiner Klienten wird mir sagen ob er Rücken oder Bauchschmerzen hat…
    Somit sind wir mehr oder weniger auf „ unser Gefühl“ angewiesen und können meist auch nur derart „ schwammige“ Angaben machen wenn wir die 112 anrufen…wozu wir auch verpflichtet sind um Schaden von den Betreuten abzuwenden .
    Bisher war es sozusagen …einfach…
    Glaube aber das es schwieriger werden könnte

  4. 29.

    Im Artikel stehen die Kategorien. Starke Rückenschmerzen sind Kategorie 3.

  5. 27.

    Bei einer Triage schaut man immer erst nach denen, die leise sind! Die, die laut schreien können, leben noch.

  6. 26.

    Woher nehmen Sie Ihr Wissen, dass Sie dort eingestuft werden? Das steht doch nirgendwo!

    Es wurden viele Daten ausgewertet und Zusammenhänge analysiert. Was Sie ansprechen war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehrfach dabei.

  7. 25.

    Um Notrufe priorisieren zu können, müssten diese erst einmal entgegengenommen werden.

    Vor ein paar Wochen versuchte ich die Feuerwehr anzurufen, weil ein Nachbar von Rauch in seiner Wohnung berichtete. Nach zehn Minuten rief ich die Polizei an, weil die Feuerwehr den Anruf nicht entgegen nahm.

  8. 24.

    An alle Mitglieder der Feuerwehr ein riesengroßes DANKESCHÖN! DANKE, dass ihr die Stadt noch nicht verlassen habt! DANKE, dass ihr wirklich immer erreichbar seid und bleibt! DANKE, dass ihr trotz des Stresses immer freundlich seid, egal ob in der Leitstelle oder auf Wache, auch wenn der Job zunehmend zur Zumutung wird (Silvester, 1. Mai)! DANKE im Namen aller Berliner!

  9. 23.

    Die Warteschleife ist bestimmt nicht so lange, weil wir gerade Kaffee trinken. Die Leitungen glühen oftmals, die Zahl der Arbeitsplätze "an der Leiste" ist begrenzt, uns fehlen Leute. Das ist die bekannte Seite. Die Andere, gern vergessene, ist, das Hinz und Kunz meint ein schwangerer Hamster sei der Weltuntergang. Wenn sie in der Warteschleife hängen bedanken sie sich bei diesen überaus lieben Mitmenschen. Auch können wir für die Musikwahl nichts. Sie ist unterirdisch aber wir sind nunmal kein Radiosender mit Wunschmukke. Das mit dem "Nicht auflegen" hat den tieferen Sinn, das sie bei Neuwahl, könnte ja andere Musik sein, wieder ganz hinten anstehen. Weder die Telefonanlage noch wir können hellsehen, wir wissen nicht was als nächstes so "reinkommt" und "rankommen" will jeder. Ick weeß nich' wie dit in Kölle is, aber hier isset wie et is. Alaaf.

  10. 22.

    "Offensichtlich richten sich die Kategorien mal wider nach den Symptomen den Männer…"
    -> Na, wonach denn sonst? Ist doch überall der Maßstab in der Medizin, abgesehen von der Gynäkologie... [Ironie off]

    Ich hab's mal mit der 116117 versucht.
    Die waren massiv überfordert mit meinen Symptomen.
    Ich solle besser die Rettung rufen.
    Dann hab ich's mit der 112 probiert, bin nicht durchgekommen. Also hab ich mich provisorisch verbunden, Wechselzeug eingepackt, stärkere Schmerzmittel eingeworfen und bin mit dem Bus zur nächsten Rettungsstelle. Geld fürn Taxi hab ich als EU-Rentner nicht.
    Die waren zwar etwas erstaunt in der Rettungsstelle, daß ich genau wußte, was ich will/brauche: Faktor-Infusion, Splitter raus, Wunde tackern oder nähen, verbinden.
    Aber 8 Stunden später bin ich zurück zur Bushaltestelle, um nachhause zu kommen. Als multi-allergischer Patient mit Hämophilie, Asthma, Diabetes +++, ist man für jeden Mitarbeiter auf der Station ne Belastung.

  11. 21.

    Wie beruhigend: In einer Welt voller Chaos, Verspätungen und schlechter WLAN-Verbindungen gibt es doch noch etwas Verlässliches – die 112. Diese magische Zahl, die einem suggeriert, jemand komme irgendwann, irgendwie zur Hilfe. Ein echter Fels in der Brandung… oder zumindest ein Kieselstein im Wellengang.

    Egal ob Herzinfarkt, Wohnungsbrand oder der Klassiker: „Mein Hamster bewegt sich nicht mehr“ – 112 ist für alles da. Also theoretisch. Praktisch landet man erstmal in einer Warteschleife mit Musik aus der Hölle und der freundlichen Stimme: „Bitte bleiben Sie in der Leitung, Ihre Notlage ist uns wichtig.“ Das schafft Vertrauen – fast so viel wie ein Pflaster auf einem offenen Beinbruch.

    Und mal ehrlich: Wer braucht schon schnelle Hilfe, wenn man auch Panik und Ratlosigkeit in Echtzeit erleben kann? Die 112 – mehr als nur eine Nummer. Sie ist ein Abenteuer. Für echte Geduldige. Für Menschen mit starken Nerven. Oder für die, die glauben, dass Hilfe nur ein Anruf entfernt ist.

  12. 20.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Rettungsleitstellen bei Notfällen/Unfällen, die in der Öffentlichkeit passieren --trauen, Patienten nach Kategorien einzuteilen.

    Da liegt ein Radfahrer oder ein Betrunkener auf der Straße--kaum Verletzungen--den wird man doch sicherlich nicht vor aller Augen 1 Stunde auf eine Versorgung warten lassen.

    Bei häuslichen Notfällen besteht kaum Öffentlichkeit. Ich fürchte, das werden die stillen Verlierer der "Kosteneinsparungen" werden.

  13. 19.

    Plötzliche Rückenschmerzen können bei Frauen auf einen Herzinfarkt hinweisen. Da finde ich es bedenklich, wenn das als Kategorie 3 eingestuft wird. Offensichtlich richten sich die Kategorien mal wider nach den Symptomen den Männer…

  14. 18.

    Ich nehm also als Depressive eine Überdosis und dann soll also die Polizei kmmen? @MaxU
    Und ich nehm die Übersosis wohl nicht auf der Straße oder an bekannten Drogenorten, so das mich da die Polizei mal eben so einsammeln kann.
    Und ob der Polizeiabschnitt bzw. die eintreffenden Polizisten meine gesundheitliche Vorgeschichte kennen, wage ich schwer zu bezweifeln.
    PS. ich lebe in meiner eigenen Wohnung, ohne Betreuung.

  15. 17.

    Für mich geht das hier gerade ein wenig in die falsche Richtung. Mir geht es nicht darum Polizisten ihre Qualifikation abzusprechen aber ich hab wie angedeutet auch Erfahrungen…und vielleicht bilden die nicht die Gesamtheit ab.
    Mir geht es darum anzuerkennen dass auch psychisch Erkrankte in den neuen Kategorien anerkennend abgebildet werden und nicht „ durchs Raster“ fallen und „ nur noch“ Fälle für die Polizei sind…

  16. 16.

    Natürlich ist eine akute Selbstgefährdung höher eingestuft ,als eine nicht akute Selbstgefährdung. Bei Selbst- und Fremdgefährdung ist auch immer die Polizei dabei, die auch nochmal den Rettungsdienst alarmieren kann, wenn keiner bisher dabei ist.

  17. 15.

    Da muss ich die leider widersprechen. Die Polizei hat medizinische Vorkenntnisse- einige sind Rettungssanitäter oder sogar Notfallsanitäter. In psychiatrischen Situationen können sie auch mit der betroffenen Person gut umgehen.

  18. 14.

    Ja …ich seh das zum Teil ähnlich aber vielleicht als Mutter etwas differenzierter.
    Auch Drogenabhängigkeit und deren Folgen gelten als Erkrankung. Und nicht alle Erkrankten leben in Einrichtungen, WG …sondern leben im BEW in eigenen Wohnungen.
    Ich bin definitiv dafür dass die Polizei sich selbst und unbeteiligte schützt auch wenn nichts anderes möglich ist durch Taser…
    Das „ Klientel“ was Du ansprichst, beschreibt nur ein Bruchteil der von psychisch Erkrankten die in Kriesen, Psychosen…in akute Notsituationen gelangen können.
    Aus eigenen Erleben als Angehörige würde ich weiter behaupten dass es noch „ Luft nach oben“ gibt in Sachen Verständnis und Einblick in/ für psychisch Erkrankte …weiß aber auch dass mittlerweile mehr dafür getan wird und es tatsächlich immer auf die jeweilige Situation ankommt wie sonst auch in Notsituationen