Sparprogramm des Senats - Kultursenator Chialo will Streichungen nicht akzeptieren
Etwa 130 Millionen Euro will der Berliner Senat im kommenden Jahr im Kulturbereich sparen - "drastisch und brutal" findet das der Ressortchef. Er setzt auf Nachverhandlungen. Am Dienstagabend protestiert die Kulturszene mit einem Konzert.
Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) will die Streichungen im Kulturbereich im jetzt geplanten Umfang nicht akzeptieren. In seinem Ressort sollen laut CDU und SPD rund 130 Millionen Euro gestrichen werden. Für ihn sei der Kampf noch nicht vorbei, sagte Chialo am Dienstagabend dem rbb. Man werde in den nächsten Tagen wieder mit den Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition zusammensitzen, die Streichungslisten anschauen und beraten, wie man die Belastung besser verteilen könne.
Er habe auch mit Finanzsenator Stefan Evers (CDU) noch weitere Termine. Die Kürzungen seien sehr drastisch und brutal, so Chialo. Das nehme ihn sehr mit. Dennoch: "Für uns ist die Zahl, die draußen kursiert, noch nicht das Ende."
Evers spricht mit Chialo über Entlastungen
Finanzsenator Evers bestätigte am Dienstag in der rbb24 Abendschau, dass er bereits mit Chialo über Nachschärfungen berate. "Ich bin aktuell mit dem Kultusenator sehr intensiv im Gespräch darüber, ob wir nicht über andere Finanzierungsformen der einzelnen Kultureinrichtungen auch noch Entlastungen organisieren können", sagte Evers.
Grundsätzlich sehe er bei den geplanten Kürzungen im Haushalt für das kommende Jahr einen gewissen Verhandlungsspielraum. Man müsse auf Fehler und Korrekturbedarfe reagieren können, deswegen gebe es natürlich Änderungsmöglichkeiten, sagte Evers. Grundsätzlich ändere sich an der Höhe der Einsparungen aber nichts.
Kulturszene protestiert mit Konzert in Wilmersdorf
Die schwarz-rote Regierungskoalition hatte am Dienstagvormittag die geplanten Haushaltskürzungen in Höhe von drei Milliarden Euro im kommenden Jahr vorgestellt. Demnach fallen allein im Kulturbereich rund 130 Millionen Euro weg, etwa zwölf Prozent des Budgets.
Unter anderem soll die Sanierung der Komischen Oper verschoben werden, und auch die Berlinale erhält weniger Geld. Bereits seit Wochen warnen Kultureinrichtungen vor Insolvenz, Einschränkungen im Spielbetrieb und dem Verlust von Arbeitsplätzen.
Theater, Orchester, Museen und Aktivisten in der Clubszene hatten schon vorab gegen die Pläne mobil gemacht. Sie befürchten, dass sie ihr Angebot deutlich einschränken müssen. Am Dienstagabend soll nun erneut protestiert werden: Im Haus der Berliner Festspiele in Wilmersdorf findet am Abend das Protestkonzert "Berlin ist Kultur" statt.
Musik, Tanz, Szenen und Lesungen auf dem Programm
Die drohenden Kürzungen des Senats gefährden nach Befürchtung der Organisatoren die Vielfalt des Lebens in der Stadt. Die wegfallenden Mittel würden alle vom Land finanzierten Kultureinrichtungen in der Stadt treffen – von Oper und Schauspiel über Konzerthäuser, Musikschulen und Museen bis hin zu Bibliotheken, Ateliers und der Clubszene.
An dem Protestkonzert beteiligen sich unter anderem das Berliner Ensemble, die Deutsche Oper, der Rundfunkchor und das Grips-Theater. Auf dem Programm stehen Musik und Tanz, Szenen und Lesungen.
Spardruck gilt auch für die Berlinale
Erst in der vergangenen Woche hatte die Kulturszene am Brandenburger Tor gegen die Sparpläne demonstriert, deren genaues Ausmaß damals noch unklar war. Betroffen von den Kürzungen sind Häuser wie die Schaubühne, das Deutsche Theater oder der Friedrichstadt-Palast, wie die Spitzen der schwarz-roten Koalition am Dienstag mitteilten. Die Sanierung der Komischen Oper wird laut Plan im nächsten Jahr aufgeschoben.
Auch die Berlinale, die das Land in diesem Jahr mit zwei Millionen Euro gefördert hatte, bekommt 2025 nun eine Million Euro. Zuvor hatte das Land allerdings nur einen Betrag im niedrigen fünfstelligen Bereich dazugegeben. Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, kündigte als Konsequenz bereits an, sein Haus müsse in den nächsten beiden Spielzeiten mindestens fünf Produktionen streichen.
Wegner: Entscheidungen für Kulturbereich schmerzen
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte, die Entscheidungen für den Kulturbereich schmerzten. "Wir müssen jetzt schauen - und das hoffe ich auch von den Häusern, auch im Gespräch mit unseren Kultureinrichtungen -, wie wir es hinbekommen, dass hier noch wirtschaftlicher gearbeitet wird."
Radioeins und Radio 3 vom rbb zeigen das Konzert als Videostream live ab 19:30 Uhr auf ihren Webseiten. Im rbb-Fernsehen wird das Konzert zeitversetzt ab 22:20 Uhr gezeigt.
Sendung: rbb24 Abendschau, 19.11.2024, 19:30 Uhr