Pilze suchen - Das Myzel der Köstlichkeiten

So 27.08.23 | 09:31 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Symbolbild: Eine Frau sucht mit ihren beiden Töchtern in einem Wald nahe Briesen (Brandenburg) Pilze. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Bild: dpa/P. Pleul

Die Feuchtigkeit muss stimmen, nicht zu heiß und nicht zu kalt darf es sein: Unter solchen Bedingungen wachsen Pilze besonders gut. Im Pilzland Brandenburg läuft die Saison auf Hochtouren. Eine Entdeckungsreise mit Vorsicht. Von Stefan Ruwoldt

Pilze sind die Ostereier des Spätsommers. Jeder Pilz hat dabei seine ganz eigenen und komplizierten Versteckstrategien. Das Suchen macht darum nur Spaß, wenn dabei jemand "kalt", "wärmer" und "heiß" ruft. Mit rbb|24 wird der Pilzsuchmorgen zum Ostersonntag - und zwar mit möglichst vielen "heißheißheiß".

Ähnlich wie beim Eiersuchen gibt es Reviere, wo eben nicht jeder sich seine Pilze ganz frank und frei pflücken kann. Und wie jedes Kind natürlich weiß, sind dann da noch die Gefahren der giftigen Exemplare, die das Sammeln und Essen mit ein wenig gesundheitlichem Kribbeln würzen.

Biologisch, lunatisch, kulinarisch, ökonomisch

Der Pilz ist biologisch keine Blume, kein Moos, kein Farn und natürlich auch kein Nackt- oder Bedecktsamer. Pilze sind extra, so wie die Tiere und die Pflanzen extra sind. Photosynthese kann der Pilz nicht, nur manche Pilze brauchen ganz, ganz wenig Licht. Das ist vielleicht der Grund, aus dem er immer so etwas Mythisches hat, etwas Rätselhaftes. Der Pilz aus dem dunklen, dunklen Wald. Eine Art Waldschrat.

Sonne ist für den Pilz persönlich eher schädlich: Bescheint ihn Sonnenlicht, wird er leichter entdeckt und verspeist. Der Pilz holt sich das, was ihn stark macht, fast ausschließlich von unten.

Immer wieder besprochen wird ein weiterer Einflussfaktor: der Mond. Für diesen Zusammenhang von Mondphasen und Pilzwachstum gibt es bei den meisten ein bisschen Glaube und oft mehr oder weniger persönliche Erfahrung, leider aber keine wissenschaftlichen Beweise. Viele schwören auf den zunehmenden Mond. PS: Aktuell nimmt er zu, und zwar noch bis zum 31. August.

Kulinarisch ist der Pilz ebenfalls außen vor: eine Einmaligkeit. Er ist kein Obst oder Gemüse, nicht Fisch, nicht Fleisch und trotzdem köstlich und so verschieden.

Ökonomisch betrachtet würde der Betriebswirtschaftler den Pilz wahrscheinlich in die Kategorie "Katastrophe" einordnen: Man kann ihn nur schwer züchten und selten taucht er auch wirklich da auf, wo man ihn erwartet. Ein Rätsel. Nur in Ausnahmen kann der Mensch den Pilz wirklich vorhersehbar züchten. Auch seine Erntezeiten sind nur sehr schwer zu prognostizieren - Temperatur, Feuchtigkeit und Lichtverhältnisse müssen stimmen. Der Pilze ist ein Anarchist. Falls er Wachstumsregeln hat, kennt nur er selbst diese.

Wer es auf diesen Anarchisten abgesehen hat, wer ihn treffen will und später mit ihm auf dem Teller am Mittagstisch sitzen will, muss sich auf ihn einlassen.

Hotline Giftnotruf

Der Boden, die Zeit, die Temperatur

Brandenburgs Pilzgründe haben natürlich ebenso wie die Reviere der anderen Bundesländer ganz eigene Pilzlogiken. Zu empfehlen als pilzergiebige Strecken sind zum Beispiel natürliche Buchenwälder, wie sie viel im Norden in der Schorfheide und der Uckermark vorkommen. Pilze sind fast überall im Land zu finden: in den mageren Kiefernwälder, in den fruchtbareren Kalkgründen der Märkischen Schweiz oder in leicht sauren Eichenwäldern. Grundsätzlich können in allen Brandenburger Wäldern Pilze gefunden. Viele Berliner und Brandenburger haben hier auch ihre ganz eigenen, meist geheimen Pilzjagdgründe.

Diese Pilzjagdgründe liegen natürlich meist im Wald oder an den Waldrändern. Da aber viele Brandenburger Ecken nur sehr mager vom Regen bedacht werden, muss man innerhalb dieser oft trockenen Wälder die feuchteren, aber nicht nassen Flächen, Gruben und Senken suchen.

Die Pilzhauptwachstumszeit ist die Nacht. Und am besten wachsen die Pilze, wenn es feucht ist. Sie wachsen nicht gleich nach dem Regen, eher einige Tage nachdem es geregnet hatte und die Böden schön feucht sind. Ist es zu windig, trocknet das Myzel und der Pilz hört auf zu wachsen.

Für die Temperatur wird von den Experten meist eine Spanne angegeben, die aber in einer Art Relation zur Jahreszeit liegt. Im späten Herbst wären 15 Grad viel und ein besonderes Pilzwetter. Im späten Hochsommer wäre das eher zu kalt für den Pilz. Grob: Es sollte nicht kälter als etwa 10, 12 Grad sein und nicht zu heiß, also nicht heißer als 25 Grad.

"Pilzepflücken" und entnehmen

Ganz eigen und ein bisschen zwischen den Zeilen ist der Pilzschutz angesiedelt, schließlich ist der Pilz ja keine Pflanze und kein Tier, die jeweils eigene Gesetze haben. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verbietet das "Pilzepflücken", den Besitz von Pilzen und die Vermarktung mehrerer Pilzarten. Aber, so sagt es das Gesetz: "Geringe Mengen" darf man "entnehmen". Definiert ist dieses "gering" nicht. Der Korb für die Mittagsmalzeit zählt wohl in die Sparte "gering".

Die Stirn in Falten beim Bestimmen

Das Wichtigste zum Schluss: Was pflückt man, was sammelt man, was liest man auf, was sackt man ein, was hortet man, schneidet man, dreht man raus oder gräbt man aus, erntet oder tütet es ein? - Das kann man nicht so richtig verallgemeinern, aber die wohl bekanntesten Speisepilze sind die Pfifferlinge, die viele auch aus den Geschäften kennen, dann die Steinpilze, die Maronen, die verschiedenen Rotkappen, der Birkenpilz, der Rotfußröhrling sowie natürlich der Schirmpilz. Und der Champignon.

Jeder, der auch nur einmal dabei war beim Sammeln, kann hier Pilze ergänzen oder legt bei manchen die Stirn in Falten. Ja, genau das soll man auch, also skeptisch sein, denn für die artensichere Bestimmung braucht es Übung. Bei letzten Unsicherheiten helfen Pilzberater. Natürlich gibt es Apps und Internetseiten, am besten aber, man nutzt gleich alle Quellen, die man bekommen kann: Pilzschulen, Pilzkurse oder Pilzwanderungen. Als Erstes aber nimmt man eine Stunde bei Oma oder Opa. Der Preis: Man muss den Korb tragen.

Pilze sammeln in der Region (Quelle: rbb24)

Beitrag von Stefan Ruwoldt

18 Kommentare

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  1. 18.

    Der RBB - hat meine letzte AW, scheinbar im Nirvana versenkt…
    (Ich Formulier die 1000 Zeichen auch nicht nochmal!)

    Vor Tschernobyl sammelte ich viel und regelmäßig, danach nie wieder.
    Wir schnitten die Fruchtkörper damals vorsichtig tief ab, mit der Folge das 1 Jahr später wieder Fruchtkörper nahe der alten Stellen waren! (Hat sich seit Generationen bewährt, die Methode!)

    Unbekannte Pilze ernteten wir nicht -> wir sammelten schließlich nicht aus Hunger, Survival oder Habgier heraus, sondern für 3-4 verschiedene Gerichte :)

    Anyway, Pilze können auch mit Schwermetall, etc belastet sein…

  2. 16.

    Hilfe, nich noch mehr Blödsinn! Das Pilzgeflecht ist mehrere qm groß und nimmt beim vorsichtigen Herausdrehen nicht mehr Schaden, als beim durch den Wald latschen!
    "Grundsätzlich nimmt das Pilzmyzel im Boden durch das Sammeln der oberirdischen Fruchtkörper keinen Schaden. Dabei ist es egal, ob die Pilze abgeschnitten oder herausgedreht werden. Es empfiehlt sich aber, Pilze vorsichtig dem Boden zu entnehmen, da sich an der Stielbasis oft wichtige Merkmale befinden, die sonst im Wald verbleiben wie zum Beispiel die Scheide des Grünen Knollenblätterpilzes (Amanita phalloides)."
    https://www.dgfm-ev.de/pilzesammeln-und-vergiftungen/blog/verantwortungsvolles-sammeln

  3. 15.

    Wenn der Pilz nur oberirdisch abgeschnitten wird und das Myzel (das unterirdische Pilzgeflecht) intakt bleibt, kann der Pilz weiter wachsen und neue Fruchtkörper bilden!

    Beim herausdrehen/reißen hingegen, kann das Geflecht beschädigt werden, und damit schädigt man alle Bäume drum herum ebenso, die auf das Geflecht (zum Transport von Informationen und Nährstoffen) angewiesen sind.

    Natürlich, wenn das Ziel auf Teufel komm raus, maximal viel Fruchtkörper sammeln heisst, selbst wenn das den Wald schädigt, so Leute kann man mit Argumenten natürlich nicht kommen.

    Man kann auch mit den Händen vorsichtig etwas Erde um den Fruchtkörper herum entfernen, um etwas Tiefer abschneiden zu können…

  4. 12.

    @rbb24: Was soll das: „Pilze für Anfänger:innen: Röhrlinge, d. h. Pilze mit Schwamm unter dem Hut“?
    Satanspilz - giftig, Flocken- und Netzstieliger Hexenpilz - roh giftig, bedingt essbar, Gallen- und Schönfußröhrling - ungenießbar!
    Und „So sammelt man: Pilz abschneiden, nicht ausreißen“? Das kommt besonders gut, wenn man Weiße Knollenblätterpilze für Wiesen- oder Schafchampignons hält. Überprüfen sie, was Sie hier raten. Man muss sich vergewissern, dass der Pilz KEINE Knolle hat!
    Bei Pilzen, die mit Knollenblätterpilzen verwechselt werden können, immer mit dem ganzen Stiel herausdrehen - herausdrehen, nicht herausreißen!

  5. 11.

    Kommen wir doch neulich nach Brandenburg, an Waldrand und fragen so 'nen Einheimischen, wo's denn hier Pilze gibt... Meinen Sie, der konnte uns das sagen? Nee, keine Ahnung gehabt, der Mann! Da haben wir dann an so 'nem Kiosk 'n Pfund gekauft.
    Mannomann! Brandenburg!

  6. 10.

    "Mich stimmt eher bedenklich das wir hier vor genau einem Jahr genau dieses Thema mit genau diesen Aussagen schon hatten!"

    Stimmt!
    Gibt es genaue Zahlen über Pilzvergiftungen seit dem?

  7. 9.

    Nicht herausreißen ist richtig, abschneiden ist aber genauso falsch/gefährlich! Bei den Röhrenpilzen ist das zwar egal (da kann man kaum was verwechseln), aber wer denn unbedingt bei vielen Arten auf eines der wichtigsten Bestimmungsmerkmale verzichten möchte - bitte…..
    (Wo haben wohl z.B. Knollenblätterpilze ihren Namen her? )
    Vorsichtiges Herausdrehen ist die richtige Wahl!
    Mich stimmt eher bedenklich das wir hier vor genau einem Jahr genau dieses Thema mit genau diesen Aussagen schon hatten!

  8. 8.

    >“ Entdekcungsreise“
    Aber was für eine! Besonders für Berliner und andere Großstädter. Kommen mit Fahrrad aufm Autodach in unsere Brandenburger Wälder gefahren und fragen einheimische Waldgänger, wo denn hier die Pilze sind… Hab ich selbst schon erlebt. ;-))

  9. 7.

    @RBB: Und warum sollte man Pilze abschneiden und nicht herausressen?

    -> Weil der Pilz nur der Fruchtkörper des Mycelgeflechts im Waldboden ist, das u.a. Bäume mit Nährstoffen versorgt, und sie miteinander Kommunizieren lässt!

    Beim Herausreißen schädigt man dieses Geflecht langfristig, und an dieser Stelle kommt kein Pilz mehr -> wenn man Ihn hingegen abschneidet wächst er nach! (Gibt so viele die das nicht Wissen, einfach nur sagen Pilz soll geschnitten werden reicht nicht aus! -> Es braucht diese Erklärung dazu!

  10. 5.

    War gestern zwei Stunden im Wald und habe drei Pilze gefunden …

  11. 4.

    ... mit Fuchsbandwurm immer gut durchbraten.

  12. 3.

    Ja, nur die Maden nicht. Beim Abschneiden der Pilze kann man ungewollt Maden, Würmer und kleine Schnecken erheblich schlimme und sogar tödliche Verletzungen zufügen, die mit dem Leben nicht vereinbar sind. Ich antworte für einen Freund. :-)

  13. 2.

    Sie Pilze eigentlich vegan? Ich frage für einen Freund ;-)))

  14. 1.

    Entdekcungsreise

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