Rekordnasser Winter - Heute feucht, morgen Dürre?

Do 22.02.24 | 10:28 Uhr
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Symbolbild: Im Wasser eines Fließes (Wasserstraße) spiegeln sich Bäume am Ufer. (Quelle: dpa/F. Hammerschmidt)
Video: rbb|24 | 22.02.2024 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa/F. Hammerschmidt

Der Winter wird wohl der feuchteste, den man jemals in der Region gemessen hat, der Dürremonitor ist derzeit wasserblau getränkt. Was bedeutet das für die Waldbrandgefahr? Von Julian von Bülow

"Jeder, der was von Pflanzen versteht und sie vielleicht sogar reden hört, der hört das Seufzen, das Aufatmen vieler Bäume und Sträucher." So beschreibt der Berliner Stadtnatur-Experte Derk Ehlert die Regenzeit. Andere fluchen wohl eher angesichts des Hochwassers, etwa im Oderbruch.

"Es sieht so aus, dass wir diesen Winter auf einen Niederschlagsrekord in Brandenburg hinauslaufen", sagt Andreas Walter, Klimatologe vom Deutschen Wetterdienst dem rbb. Damit werde voraussichtlich auch der bisherige Niederschlags-Höchstwert von 1948 gebrochen.

Die Zahlen des brandenburgischen Landesamts für Umwelt stützen diese Vermutung: In Potsdam und Angermünde fiel im Februar mehr als doppelt so viel Niederschlag wie im Mittel. Die Wasserstände der Elbe bei Torgau und Wittenberge sind nahezu doppelt so hoch, ebenso die der Oder in Eisenhüttenstadt oder der Unterspree bei Sophienwerder. Und in den nächsten Tagen werde noch Regen dazukommen, so Walter.

Das viele Wasser ist für die Pflanzen erstmal positiv, wie die untenstehende Karte zeigt. Der Boden bis 25 Zentimeter Tiefe ist an vielen Stellen sowohl deutschlandweit als auch in der Region mehr als gesättigt (dunkelblau). Das überschüssige Wasser fließt entweder in die Flüsse oder dringt in tiefere Schichten ein. Das geht aus dem Dürremonitor des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig hervor.

Pflanzenverfügbares Wasser bis 25 cm Bodentiefe. Stand: 20.02.2024 (Quelle: Dürremonitor/Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung)Pflanzenverfügbares Wasser bis 25 cm Bodentiefe. Stand: 20.02. | Bild: Dürremonitor/Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Ehlert sagt dazu: "Der Februar ist mit der Regenmenge spitze, aber in der Summe fehlt uns nach wie vor sehr viel Regen im Boden, vor allem im Grundwasser." Das liegt mehrere Meter unter der Bodenoberfläche. An diesen Wassermangel hätten sich viele Pflanzen womöglich angepasst, so Gerd Schurig von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Seit 1988 misst er die Grundwasserstände im Potsdamer Park Sanssouci.

Einerseits freue ihn, dass sich der Wasserstand im Boden etwas erholen kann. "Aber gleichzeitig kriege ich ein bisschen Angst, wie das auf Bäume wirkt, die sich mit ihren Faserwurzeln auf der Suche nach Wasser weiter nach unten entwickelt haben und für die jetzt Staunässe zur Belastung werden kann." Dann verdrängt das Wasser um die Wurzeln den Sauerstoff, den sie benötigen.

Das viele Wasser zeige sich bei den Bäumen vermutlich in einem starken Blattaustrieb. Es könne sich aber auch auf die Standfestigkeit auswirken, und wie gut die Wurzeln den Baum noch halten können - daher würden Schurigs Kollegen, die für die Sicherheit in den Parken zuständig sind, in den nächsten Tagen und Wochen die Bäume etwas mehr in den Blick nehmen.

Waldbrandsaison? "Da ist noch alles offen"

Im Beelitzer Stadtwald hat Revierförster Martin Schmitt die Bäume im Blick. Er freut sich über den vielen Regen, denn der Dürremonitor vom Helmholtz-Institut zeige, dass der Boden bis auf 1,80 Meter Tiefe durchfeuchtet ist. "Das ist die Tiefe, die für unsere Waldbäume notwendig ist, damit die auch wieder entsprechend Wasser bekommen", sagt Schmitt.

Das sei auch hinsichtlich der Waldbrandsaison erstmal positiv. "Je länger es feucht ist, je mehr Wasser wir im Wald haben, desto weniger entstehen Waldbrände und dementsprechend sind wir da positiv gestimmt." Er weiß aber auch, die Waldbrandsaison beginnt erst im Mai, Juni oder Juli, wenn es dann richtig heiß und trocken wird. "Da ist noch alles offen", so der Förster.

Auch Klimatologe Walter sagt: "Laut unseren Klima-Vorhersagen nimmt das Niederschlagsgeschehen in den Wochen bis zum 24. März ein bisschen ab." So komme man in Brandenburg wieder in den normalen bis leicht trockenen Bereich. Sollte es im Sommer wieder zu Hitzewellen kommen und der Boden schnell austrocknen, dann sei es mit dem Schutz vor Waldbränden relativ schnell wieder vorbei.

Laubbäume gegen Waldbrände

Auch ein Waldumbau könne vor Waldbränden schützen und hätte wiederum Einfluss auf den Grundwasserspiegel, sagt Förster Martin Schmitt. "Es geht letztendlich um die Grundwasserneubildung. Da sind wir mit den Kiefernmonokulturen sehr schlecht aufgestellt, weil die Kiefer im Gegensatz zu Laubbäumen mehr Wasser verbraucht", so Schmitt.

Außerdem sollte abseits der Siedlungen mehr Pflanzenmaterial im Wald verbleiben, sagt der Förster. So könne mehr Regenwasser im Boden gehalten werden, denn durch den Sandboden rinnt es zu schnell davon.

Warum es in der Region so trocken ist

Dass es in der Region immer wieder zu starker Trockenheit kommt, hat zwei Gründe. Zum einen liegt es am märkischen Sand. Zwar kann dank ihm "der Regen relativ schnell in das Schichtenwasser beziehungsweise Grundwasserniveau einsinken und steht dann als Trinkwasser zur Verfügung", sagt Ehlert. Das hat auch den Vorteil, dass Starkregen vergleichsweise schnell abfließen könne. Aber: der Sandboden ist dann eben auch schnell wieder sehr trocken.

Der zweite Grund für die Trockenheit: Ein zentralasiatisches Hochdruckgebiet. "Das liegt über dem eurasischen Kontinent wegen der globalen Luftdruckkonstellationen mehr oder minder stationär", erklärt Klimatologe Andreas Walter. Berlin und Brandenburg liegen am westlichen Rand dieses Hochdruckgebiets, welches das Wetter in der Region beeinflusst. Daher sei es bei uns trockener als in anderen Teilen Deutschlands, so Walter.

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.02.2024, 17:05 Uhr

60 Kommentare

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  1. 60.

    Humus und Geduld heißen die Zauberworte - ich habe damit meinen Gartenboden schon erheblich verbessern können. Ein ursprünglicher Wald macht das ganz genauso, es sei denn, ein Herr Trump räumt im Wald auf ;-)

  2. 59.

    Agrarindustrie im großen Stile und Klimaschutz vertragen sich nicht - da stimme Ich Ihnen zu !!!

  3. 58.

    Ein weiterer Grund für die Trockenheit in Brandenburg und überhaupt in Ostdeutschland, sind die riesigen Landwirtschaftlichen Betriebe/als Nachfolger der LPG,s.
    Sehr viele große Monokulturen, ohne Windschutzhecken ohne Wasserlöcher - aber mit viel Dünger und viel Gülle.
    Große Flächen ohne Bäume ohne Sträucher - das ist ein sehr großes Problem.
    Die Böden werden durch die großen Landmaschinen verdichtet und sind ökologisch eigentlich Tod und auch für den Wasserhaushalt ungeeignet.

  4. 57.

    Ich habe auch Märkischen Sand in meinem großen Garten - ist aber kein Weltuntergang für Brandenburg.
    Über Jahre und Jahrzehnte kann man eine fruchtbare Bodenschicht aufbringen - die Erde dafür, kann man selbst kompostieren - und man kann Bäume, Sträucher und Grünflächen anlegen.
    Macht aber Alles Arbeit und bringt erstmal kein Geld - aber hilft dem Klima, der Natur und der Umwelt.
    Wasser kann man sehr gut auffangen und Wiederverwenden - kostet aber auch Geld und macht auch Arbeit.
    Da bringen trockene Landschaften mit Windrädern, Photovoltaik und Monokulturen zur Energiegewinnung, natürlich viel mehr Ertrag und werden von uns Allen, auch noch hoch subventioniert - also weiterhin rumjammern und sowieso nichts investieren.

  5. 56.

    Wenn Sie auf die Fernwirkung der ENSO auf die NAO abstellen wollen und nun das Jahr 1948 als Vergleichsjahr heranziehen, sollten Sie beachten, dass sich die ENSO 1947 im neutralen Bereich befand, während wir es 2023 mit einem El Nino zu tun hatten.

  6. 55.

    @Rigo Benn Das ist wirklich gut beschrieben, da hab ich direkt ein Bild zu im Kopf. Ja ich denke so oder so ähnlich könnte es eines Tages mal ablaufen.

  7. 54.

    Nein, man kann Nicht zufrieden sein : der jetzige Niederschlag und damit das Wasser, muss lange lange lange in unserer Landschaft gehalten werden und darf Nicht ins Meer abgeleitet werden.
    Die Brandenburger Monokulturen brauchen aber trockene Böden - und da liegt der Knackpunkt -
    Agrarindustrie versus Feuchtigkeit

  8. 52.

    Klimawandel gabs schon immer , nur das man sich früher deswegen nicht eingenässt hat .

  9. 51.

    Wer findet, dass wir Monokultur in Wäldern und auf Feldern einfach ertragen müssen in all ihrer Hässlichkeit? Wir vergiftetes Gemüse einfach ohne Gedanken essen sollten und die Erhöhung der Darmkrebserkrankungen, der Autoimmunerkrankungen bis zum Tod einfach dazu gehören? Wer findet die Blechlawinen in unseren Straßen wunderschön oder findet es gehört halt dazu?
    (Wer findet dieses hässlich verbaute Berlin mit Einöde Betonquadern schön?) Wahrscheinlich nicht die, die an der Spitze sind, die haben sich ihr Paradies in der Schweiz usw. schon gesichert.

  10. 50.

    "Aber selbst wenn die seinerzeitige Großwetterlage vom Winter 1948 Ähnlichkeiten zu 2024 aufweisen sollte, kann Auffahrunfall der Tatsache, dass es sich beim Wetterumschwung ein chaotisches System handelt, hieraus keine Prognose für den Sommer abgeleitet werden." Ich dachte dabei in die weiterhin recht stabilen globalen Oszillationen - also in der Haupsache die ENSO als großer Wettermotor und die davon beeinflußte NAO. Auch in chaotischen Systemen gibt es solche recht stabilen Oszillationen die recht robust gegen kleinere Störungen sind (bei größeren Störungen verschwinden die auch nicht unbedingt, sonder zeigen oft einen Phasenübergang auf einen andere Periode).

  11. 49.

    Der Vergleich nur eines Parameters in einem begrenzten Gebiet erlaubt keine Vorhersage als Analogieschluss aus der Vergangenheit. Aber selbst wenn die seinerzeitige Großwetterlage vom Winter 1948 Ähnlichkeiten zu 2024 aufweisen sollte, kann Auffahrunfall der Tatsache, dass es sich beim Wetterumschwung ein chaotisches System handelt, hieraus keine Prognose für den Sommer abgeleitet werden.

  12. 48.

    Das liest sich alles überhaupt nicht nach „meschgemachten“ Klimawandel und erst recht nicht nach Weltuntergang. Aber Angst haben kann man ja trotzdem.

  13. 47.

    Das „sehr viele“ streichen Sie mal. Die mit den anderen Messdaten sind fast ausschließlich von Unternehmen der Erdöl- , Erdgas- und Kohlebranche bezahlte, nicht unabhängige „Fachleute“ und Vereine, die den Klimawandel abstreiten, weil die Abkehr von fossilen Rohstoffen ihr Geschäftsmodell gefährdet.
    Deren Ergebnisse werden doch kommuniziert, sonst wüssten Sie es ja nicht. Oder verbreiten Sie Fakes?
    Die finden nur in Medien für wissenschaftliche Publikationen kein Interesse, weil sie widerlegt sind.
    SIE sollten sich besser vielseitig informieren, damit Ihnen Peinlichkeiten erspart bleiben.

  14. 46.

    Das war keine Behauptung, das ist eine Tatsache: Wir befinden uns am Ende einer Eiszeit. In der Doku müsste eigentlich auch begründet worden sein, weshalb. Nämlich weil lt. Wissenschaftlicher Klimamodelle alle Gletscher und die Polkappen in 100 Jahren weggeschmolzen sein werden, wodurch der Meeresspiegel um mehrere Meter ansteigen wird.
    Und wärmer wird es tatsächlich, weil die Erde immer noch einer Warmzeit entgegen geht. Warmzeiten dauern geohistorisch rund 50.000 Jahre. Und da erst 11.000 seit Ende der letzten Kaltzeit vergangen sind, steht der Erde der Höhepunkt noch bevor. Unser hausgemachtes Problem ist nur, dass wir Menschen durch die Industrialisierung der letzten 200 Jahre für eine überdurchschnittlich schnelle Erdwärmung gesorgt haben. Erzählen Sie das Ihrem Freund!

  15. 45.

    Sie können ja glauben, was Sie wollen, aber Wissen ist Macht und nichts wissen macht nichts - bei Ihnen jedenfalls absolut nichts, wie Sie es ständig kundtun.
    Bleiben Sie dabei - ich könnte sonst annehmen, dass Leugner anthropogenen Klimawandels bildungsfähig wären.

  16. 44.

    "Ja und meine Vorfahren hatten zur Hochzeit der Eiszeit " Das ist geologisch nicht ganz richtig. Sie meinen zur Hochzeit der Kalatzeit in der aktuellen glazialen Folge - wir sind immer noch in einer Eiszeit, aber in einer Zwischenwarmzeit (Interstadial), eine Eiszeit definiert sich dadurch, daß es permanentes Eis auf der Erde gibt im Gegensatz zur einer 'Nicht-Eiszeit' als Normalfall im Erdpaläoklima (Eiszeiten sind Ausnahmeerscheinungen auf geologischen Zeitskalen).

  17. 43.

    "Im Text steht das die Höchstwerte vom Winter verglichen werden, das gilt auch für das Jahr 1948." Habe ich auf der DWD-Seite so eingestellt und dann ist 1916 im Rahmen der Genauigkeit wie 1948. In Laufe der beiden Jahre gab es dann ein unterschiedliche Entwicklung: 1948: Sommer leicht unterdurchschnittlich, Herbst eher zu trocken - 1916: ganzes Jahr überdurchschnittlich naß. Die Frage dazu war: Welche globale Wetterlage machte den Unterschied und welche Lage würde aktuell eher zutreffen beim historischen Vergleich. Das ist grob die Idee hinter einer vielleicht möglichen Vorhersage.

  18. 42.

    Den Abschnitt "Warum es in der Region so trocken ist" finde ich angesichts der Argumentation der letzten Jahre sehr entlarvend.
    Auch in der Sendung Terra X wurde letztens erst behauptet wir befänden uns am Ende einer Eiszeit. Ich dachte ich höre nicht richtig. Ist es dann nicht logisch, dass es da wärmer wird? Ich frag ja nur für einen Freund.
    Erst macht man warmes Wetter mies, dann macht man Regen mies.. sagt mein Freund.
    ".. und was mein Freund sagt, stimmt Haar genau, ich muss es wissen denn ich bin ja seine Frau."
    Jedenfalls die ganzen Klimaapokalyptiker bekommen jetzt ihren Mund kaum noch auf.

  19. 41.

    Mal ein kleiner Fernseh-/Mediathek-Tipp:
    „Klima macht Geschichte“ Teil 1 + 2 (ZDF-Mediathek).
    Auch wenn aus der „Terra X“-Reihe werden manche eventuell schlauer,
    oder aber fühlen sich bzgl. Verschwörung bestärkt.

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