76. Jahrestag - Palästinensische Demonstration zum "Nakba"-Tag friedlich verlaufen

Mi 15.05.24 | 21:23 Uhr
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Palästinensische Demonstration am 15.05.2021 in Berlin Neukölln. (Quelle: Picture Alliance/Vladimir Menck/SULUPRESS.DE)
Audio: rbb24 Inforadio | 15.05.2024 | Jan-Christoph Kitzler | Bild: Picture Alliance/Vladimir Menck/SULUPRESS.DE

Eine für Mittwoch angemeldete Demonstration zum palästinensischen Nakba-Tag ist friedlich verlaufen. Ein weiterer Protest ist für Samstag angekündigt. Das Ereignis jährt sich zum 76. Mal, es steht für viele Palästinenser für den Verlust ihrer Heimat.

In Berlin-Charlottenburg hat am Mittwochabend eine Demonstration zum sogenannten Nakba-Tag stattgefunden.

Eine Polizeisprecherin hat dem rbb mitgeteilt, dass etwa 600 Menschen an der Kundgebung teilgenommen haben. Sie sprach von einem friedlichen Verlauf. Als einzigen Vorfall nannte die Sprecherin, dass eine verbotene Fahne gezeigt worden sei.

Auch am Samstag soll anlässlich des Nakba-Tags eine Demonstration mit dem Titel "Palestine will be free" vom Oranienplatz in Kreuzberg vorbei am Außenministerium zum Brandenburger Tor ziehen. Angemeldet sind 2.000 Menschen.

Im vergangenen Jahr hatte die Berliner Polizei mehrfach pro-palästinensische Demonstrationen verboten und zur Begründung auf die Gefahr verwiesen, dass es zu "antisemitischen und volksverhetzenden Ausrufen, Gewaltverherrlichungen, dem Vermitteln von Gewaltbereitschaft und dadurch zu Einschüchterungen sowie Gewalttätigkeiten" kommen könnte. Trotzdem gab es einige Demonstrationen in Neukölln und auch Tumulte und kleinere Randale.

Nakba erinnert an 15. Mai 1948

Zum 76. Mal jährt sich am 15. Mai die sogenannte "Nakba" (auch: al-Nakba), arabisch für Katastrophe. Damit bezeichnen Palästinenserinnen und Palästinenser die Flucht und Vertreibung aus dem heutigen Staatsgebiet Israels im Zuge des ersten arabisch-israelischen Krieges, der 1949 endete. Eng verwoben ist das Ereignis mit der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 - damals erklärte sich Israel unabhängig von der britischen Mandatsherrschaft. In Folge wurde es von einer Allianz arabischer Staaten angegriffen.

Der Nakba-Tag ist heute ein Tag des Protests gegen den Verlust der Heimat für viele Palästinenser. Zentrale Symbole sind Flaggen, aber auch Schlüssel, die die Rückkehr in ihre Heimat und Häuser symbolisieren. 1998 erklärte Jassir Arafat, der damalige Vorsitzende der Palästinensischen Befreiungsorganisation, den 15. Mai offiziell fest zum Tag der Nakba. An zahlreichen Orten weltweit kommt es dann zu Kundgebungen und Protesten von Palästinensern. 2023 haben die Vereinten Nationen [externer Link] die Nakba erstmals mit Reden und einem Konzert gewürdigt.

Die Bedeutung der Nakba für Palästinenser heutzutage wird als kollektives Trauma und aktuelle Lebensrealität beschrieben. Denn bereits vor, während und nach dem arabisch-israelischen Krieg Ende der 1940er Jahre flohen immer wieder Palästinenser aus dem heutigen Israel.

Viele der Flüchtlinge und ihre Nachkommen leben heute in der Westbank, Gaza und in den umliegenden arabischen Ländern. Einige haben Staatsbürgerschaften dieser Länder, viele leben aber auch als Staatenlose in Flüchtlingslagern. Laut den Vereinten Nationen sind in der Region heute etwa 5,7 Millionen Menschen als palästinensische Flüchtlinge registriert. Viele erleben dadurch Nachteile, wie beengtes Wohnen, Probleme bei den Arbeitsmöglichkeiten und Beschneidung persönlicher Freiheiten. Als Flüchtlinge sind sie auf ein gutes Zusammenleben mit Aufnahmeländern wie Syrien, Jordanien oder dem Libanon angewiesen - doch auch hier kommt es zu Spannungen.

Palästinensische Diaspora lebt auch in Berlin und Brandenburg

Die palästinensische Diaspora reicht inzwischen auch nach Europa. Wie viele Menschen palästinensischer Abstammung etwa in Deutschland leben, ist allerdings schwer zu sagen, denn viele von ihnen sind Bürger anderer arabischer Länder. Schätzungen gehen von etwa 200.000 aus.

Laut Statistischem Bundesamt waren zum Stichtag 31.12.2022 in Berlin 645 Palästinenser gemeldet. In Brandenburg waren es 45 Palästinenser. Schätzungen für Berlin gehen allerdings von 35.000 bis 45.000 Palästinenserinnen und Palästinensern aus - viele davon kamen in den 1970er Jahren aus dem Libanon nach Deutschland. Für Brandenburg gibt es keine entsprechenden Schätzungen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.05.2024, 6:28 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Zum gefühlten 100-stem Mal mein Plädoyer für eine 2-Staaten Lösung, schmerzhaft für beide Seiten, aber eine winzige/einzige Chance diesem Irrenhaus aus Gewalt und Gegengewalt irgendetwas entgegenzusetzen.

  2. 14.

    Der UN Teilungsplan 1949 sah vor, dass Araber und Juden jeweils die Hälfte bekommen. Israel stimmte zu, die Araber lehnten ab.

  3. 13.

    Ach, schön, dass es immer noch Menschen gibt, die komplizierte Sachverhalte sachlich und verständlich formulieren können..,

  4. 12.

    Ich würde Ihnen empfehlen, fahren Sie mal nach Sobibor, Belzec oder Treblinka, falls diese Orte Ihnen etwas sagen. Dann würden Sie festellen, dass Ihre kruden Vergleiche völlig unpassend sind.

  5. 11.

    Keine " Angst" die liefern schon. So ein gutes Geschäft lässt Man sich doch nicht entgehen. Zwischen sagen und machen ist ein kleiner aber feiner Unterschied.

  6. 10.

    Leben schon, aber das zurück gelassen Eigentum gibt es nicht wieder. Auch nicht Eigentum welches sich in der jetzigen Tschechei oder Slowakei befindet.Das ist in Deutschland anders. Hier mußten nach dem Ende der DDR alle Immobilien an ihre Vorbesitzer, egal welcher Art zu rück gegeben werden. Egal mit welchem Auswirkungen auch immer für die damaligen Eigentümer.

  7. 8.

    Die israelische Regierung ist eine offiziell rechte und ultranationale Regierung, die entsprechend handelt. Unsere Regierung ist diesbezüglich in einem Dilemma. Einerseits gibt es die Staatsräson zum Schutz von Israel und andererseits liefert man u.a. auch Waffen an eine rechte Regierung. Zudem erscheint die israelische Regierung ziemlich beratungsresistent gegenüber ihren Verbündeten und zieht ihr Ding durch. Wenn selbst die USA keine Waffen mehr liefern will ist dies schon ein Achtungszeichen.

  8. 6.

    " Die weitere Vertreibung von Palästinensern durch Israel gehört mindestens genauso an den Pranger gestellt"

    Etwas unglücklich formuliert vermute ich. Das liest sich nämlich so, dass die Vertreibung der Palästinenser dasselbe Format hätte wie der Holocaust. Das käme nämlich einer Relativierung des Holocausts gleich.

  9. 5.

    Über die - von den Regierenden der Welt - geduldete, jahrzehntelange Vertreibung einer ganzen ethnischen Gruppe wird m.E. im Zusammenhang mit dem aktuellen Konflikt zuwenig geredet/berichtet und nach Lösungen gesucht.
    Diese vor 76 Jahren begonnene u. noch heute andauernde Vertreibung einer ganzen Ethnie zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und ist, nach meinem Verständnis, auch die Wurzel allen Übels im Konflikt im arabischen Raum, insbesondere zu Israel. Auf Kritik an Israel/der israelischen Regierung diesbzgl., die hierzulande gerne mit Antisemitismus verwechselt wird, folgt oft ein "Aufschrei" des Zentralrats der Juden und die Holocaustkarte wird gezückt. Keine Frage: der Holocaust war ein Verbrechen an Juden, doch auch an vielen Menschen anderer ethnischer Herkunft. Die weitere Vertreibung von Palästinensern durch Israel gehört mindestens genauso an den Pranger gestellt und öffentlich kritisiert werden dürfen. Alles andere wäre scheinheilig.

  10. 4.

    Polen ist Mitglied der EU. EU-Bürger können innerhalb der EU überall ihre Zelte aufschlagen. Wenn sie wollen können also auch sie und ihre Verwandten in Polen leben und wohnen.

  11. 3.

    Diese "Ungenauigkeit" könnte ggfs. daran liegen, dass die meisten Palästinenser*innen keine entsprechende Staatsangehörigkeit haben bzw. "staatenlos" sind da sie u.a. in Flüchtlingslager geboren worden. Viele habe im Pass bei Staatsangehörigkeit "XXX" stehen.

  12. 2.

    Oha, ... 645 bis 45.000, hätte nicht gedacht das es in Dland solche Ungenauigkeiten gibt!

  13. 1.

    Diaspora, oh Mann, ich fühle echt mit diesen Leuten. Und die im Text erwähnte Gruppe ist ja nur die Spitze des Eisberges. In Deutschland gibt es Millionen von Flüchtlingen bzw. deren Kindern, Enkeln und Urenkeln, die zeit ihres Lebens darauf warten, dass der Staat, der jetzt dort liegt, wo herstammen, zu exisitieren aufhört, und sie in die Häuser zurückkehren können, in denen jetzt diejenigen Leute leben, gegen die sie einen abgrundtiefen Haß hegen.

    Meine Großeltern z.B. stammen aus Masuren und Ostschlesien, ich bin also Flüchtling in dritter Generation. Nur weil meine Familie und ihre Mitbürger*innen damals einen Weltkrieg angezettelt und einen Völkermord verbrochen hat, soll ihre Heimat nun "Polen" heißen, und sie und ihre Nachkommen nicht mehr dort leben dürfen? Unfaßbar. Was sagt eigentlich die UN dazu?

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