Interview | Alkohol bei Jugendweihen - "Tequila Sunrise oder Schnaps sind nicht drin, auch wenn die Eltern das für die Jugendlichen bestellen"
Derzeit wird viel über das "begleitete Trinken" von 14- bis 16-Jährigen diskutiert. Doch kommt das in der Realität überhaupt vor? Markus Schulze, Restaurantinhaber aus Brandenburg sagt: andauernd. Bei jeder Jugendweihe und jeder Geburtstagsfeier.
rbb|24: Hallo, Herr Schulze. Sie führen ein Restaurant im brandenburgischen Beelitz, in dem Sie alljährlich auch Jugendweihen ausrichten. Haben Sie da Erfahrungen mit dem "begleiteten Trinken" von 14- bis 16-Jährien, das derzeit in aller Munde ist, gemacht?
Markus Schulze: Ja, natürlich. Das ist immer ein Thema. Aber das gilt auch für andere Familienfeste wie Hochzeiten oder Geburtstage. Da gibt es eigentlich immer auch Gäste, die sich im Alter zwischen 14 und 16 Jahren befinden.
Und da sagen Vater, Onkel oder Oma regelmäßig, "komm‘, trink doch was mit"?
Genau so ist das tatsächlich. Gerade bei den Jugendweihen kommen dann ja auch noch Freunde der Hauptperson hinzu, die im Zweifelsfall auch Alkohol trinken wollen. Ich frage bei solchen Veranstaltungen schon im Vorfeld, wie viele Leute im Alter zwischen 14 und 16 kommen werden und wie es mit dem Ausschank von Alkohol gehalten werden soll. Im Regelfall sagen die Eltern dann, dass sie das gut im Auge haben wollen. Viele wollen dann auch informiert werden, was die Jugendlichen so bei mir bestellen. Da soll ich dann im Zweifelsfall ein Signal geben – je nachdem, was es so ist.
Sie halten sich also genau an das, was die Erziehungsberechtigten ansagen?
Ich schaue schon auch selber hin. Ich frage, wenn ich mir nicht sicher bin, ob es überhaupt von den Eltern gewollt ist, auch lieber nochmal nach, wenn da ein Jugendlicher vor mir steht und ein Bier bestellt. Harten Stoff würde ich sowieso keinem 15-Jährigen ausschenken. Tequila Sunrise oder Schnaps sind nicht drin, auch wenn die Eltern das für die Jugendlichen bestellen. Aber ich kann es dann natürlich nicht mehr kontrollieren, wenn Opa Erwin zwei Schnäpse bestellt und einen seinem Enkel zuschiebt.
Meistens ist es aber wirklich so, dass die Eltern oder Großeltern mich explizit bitten, ein Bierchen, einen Wein oder einen Eierlikör oder ähnliches zu servieren. Und so sehen wir tatsächlich dann bei uns die Jugendlichen Alkohol trinken.
Das gehört zu einer Jugendweihe also quasi dazu?
Ja, das kann man schon so sagen. Da geht es aber nicht um exzessives Trinken. Eltern, die das nicht wollen, unterbinden das aber ohnehin komplett.
Bei wie vielen von zehn Jugendweihen wird der jugendlichen Hauptperson Alkohol offeriert?
Bei ungefähr neun von zehn Jugendweihen wird der Hauptperson erlaubt, Alkohol zu trinken. Die Hälfte davon in etwa freut sich auch und will gern mal offiziell einen Sekt trinken und mit den Erwachsenen anstoßen. Aber viele der Jugendlichen wollen das auch gar nicht. Es kommt also auch regelmäßig vor, dass sie selbst sagen, dass sie gar nichts trinken möchten.
Gibt es auch das andere Extrem? Jugendliche, die am Ende ihrer Jugendweihe halbtot überm Zaun hingen, weil der Opa einen Schnaps nach dem anderen rübergeschoben hat.
Ich hatte einmal eine Jugendweihe, wo sich die Hauptperson, eine junge Dame, übergeben hat. Das war natürlich nicht so schön. Da habe ich lange überlegt, was ich ihr zu trinken gegeben habe. Sie hatte aber nur einen Wein und einen Soft-Longdrink. Davon konnte es eher nicht kommen.
Mitunter findet man dann aber beim Aufräumen draußen kleine Schnapsfläschchen. Die Möglichkeit, etwas außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches zu konsumieren ist natürlich auch immer da. Das kriegen dann weder wir als Gastgeber noch die Eltern mit im Zweifelsfall, wenn da jemand eine Kiste Klopfer auf dem Parkplatz verteilt. Das ist dann für mich aber auch nicht mehr mein Kontrollbereich.
Finden Sie es in Ordnung, dass die Jugendlichen in diesem Alter bei Ihnen Alkohol trinken dürfen?
Ich denke, die Jugendlichen haben immer die Möglichkeit, an Alkohol ranzukommen. Und wenn man etwas total verbietet oder reguliert, ist das auch nicht gut. Mitunter wird in Schulen unter den Kindern mit Schokolade gedealt, weil manche Kinder von Hause aus keine Schokolade bekommen. Ich halte nicht viel von totaler Regulierungswut. Meiner Tochter habe ich bei ihrer Jugendweihe auch einen Sekt angeboten – den wir dann, glaube ich, auch getrunken haben.
Wie erleben Sie den Alkoholkonsum im Rahmen des "begleiteten Trinkens"? Es gibt ja den Vorwurf, es sei eine Art Einstiegssituation.
Was ich erlebe ist, dass die Eltern, die ihren Kindern in diesem Alter Alkohol erlauben, dann schon auch verantwortungsvoll sind. Ich hatte noch nie eine Jugendweihe, wo es die Haltung gab, dass sich die Jugendlichen ruhig mit Alkohol abschießen dürften. Da wurde auch nie ein Jugendlicher oder eine Jugendliche genötigt, doch jetzt aber unbedingt auch zu trinken.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24