Kein Geld für Sanierung - Historisches Gewächshaus im Botanischen Garten verfällt unaufhaltsam

Mo 24.02.25 | 16:47 Uhr
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Mittelmeerhaus droht Schließung
rbb
Video: Stefan Oberwalleney | 23.02.2024 | Bild: rbb

Das Mittelmeerhaus mit vielfältiger Pflanzensammlung im Botanischen Garten muss dringend renoviert werden. Doch der Berliner Senat hat die vorgesehenen Mittel gestrichen. Der Botanische Garten fürchtet nun die zwangsweise Schließung des Hauses.

  • Das Mittelmeerhaus beherbergt große und vielfältige Pflanzensammlung
  • Das denkmalgeschützte Gebäude muss dringend renoviert werden
  • Der Botanische Garten fürchtet die Schließung des historischen Gewächshauses.

Im Spätsommer 1899 ist es der Deutsche Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II. höchstpersönlich, der den Bau des neuen Botanischen Gartens in Berlin per Unterschrift genehmigt. Das alte Gelände in Schöneberg war zu klein geworden. Da bot die über 40 Hektar große Fläche in Dahlem ganz andere Möglichkeiten. Zum Beispiel den Bau prächtiger Gewächshäuser. Das erste von ihnen war das Kalthaus für subtropische Gewächse, heute als Mittelmeerhaus bezeichnet, das 1904 fertiggestellt wurde.

Drohnenaufnahme des Mittelmeerhauses des Botanischen Garten.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)
| Bild: rbb/S.Oberwalleney

Das Mittelmeerhaus ist einzigartig

Es ist ein architektonisches Juwel. Eine Stahlkonstruktion, fast schon kathedralenartig mit seinen zwei Portaltürmen und der dreischiffigen Anlage. Überall finden sich Jugendstilelemente und Originalbauteile. Beeindruckend ist es auch dank seiner schieren Größe. Fast 16 Meter beträgt die Firsthöhe bei einer Grundfläche von 878 m². Das Mittelmeerhaus ist Heimat tausender Pflanzen aus dem Mittelmeerraum.

1992 wurde das denkmalgeschützte Haus das letzte Mal renoviert. Gut 30 Jahre später nagt erneut der unerbittliche Zahn der Zeit am historischen Gebäude. Deshalb beantragt der Botanische Garten im Jahr 2020 Gelder für eine umfassende Renovierung und es beginnen Vorarbeiten. Den Fachleuten ist damals klar: Eine Kernsanierung ist unabdingbar, denn eigentlich müsste nahezu alles erneuert werden.

Thorsten Laute, Technischer Leiter im Botanischen Garten.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)
Thorsten Laute, technischer Leiter im Botanischen Garten | Bild: rbb/S.Oberwalleney

Eine umfassende Sanierung ist nötig

Thorsten Laute ist technischer Leiter im Botanischen Garten. Er liebt das alte Gebäude, nicht nur wegen der einzigartigen Pflanzensammlung, sondern auch wegen der besonderen Aura und der außergewöhnlichen Architektur aus vergangenen Zeiten. Doch die macht ihm Sorgen.

An einer Stelle, wo die Stahlträger Teil einer Lavasteinwand sind und inzwischen eine rostbraune Farbe angenommen haben, greift er beherzt in einen Spalt und hat umgehend ein rostiges Etwas in der Hand. Ein kleines Stück Stahlträger sei das, erklärt er, im Prinzip sehe es überall so aus.

Materialschaden im Mittelmeerhaus im Botanischen Garten.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)
| Bild: rbb/S.Oberwalleney

Stahlträger rosten, das Holz ist morsch

Die hohe Luftfeuchtigkeit, Tag ein Tag aus, setzt nicht nur dem Stahl, sondern auch dem alten Holz mächtig zu. Die Fensterrahmen sind feucht und teilweise moosgrün. Die weiße Farbe blättert. Sehen Sie hier, sagt Laute und blickt entlang der endlosen Fensterreihe. Die gesamte Fensterfront ist nicht mehr gerade und habe sich gewölbt. Dadurch seinen Spalten entstanden, sodass es einen regen Luftaustausch zwischen Innen- und Außenluft gibt. "Wir heizen hier im wahrsten Sinne zum Fenster raus", sagt er, energetisch sei das natürlich eine Katastrophe.

Mittelmeerhaus steht vor ungewisser Zukunft

In dem riesigen Gewächshaus spielt die Heizung eine wichtige Rolle. Draußen herrschen knackige Minusgrade, aber im Gewächshaus ist es angenehm warm. Ebenerdig und in schwindelerregender Höhe verlaufen Heizungsrohre. Mehrere Heizkreisläufe sind hier im Betrieb. Als Thorsten Laute an einem der Heizungsstränge niederkniet, blättert ihm die Farbe entgegen. "Besser nicht anfassen", meint er, "das ist zum großen Teil alles durchgerostet." Sorgenvoll folgt sein Blick den alten Rohren Richtung Dachkonstruktion.

Prächtige Farne wachsen in diesem Teil des Mittelmeerhauses. Richtige Bäume strecken sich gen Himmel. Sattes Grün wohin das Auge schweift. Eine bedrohte Idylle. "Wenn die Heizung ausfällt, wäre das fatal. Dann haben wir vielleicht einen halben Tag bei den gegenwärtigen Außentemperaturen, bevor wir unsere wissenschaftliche Pflanzensammlung verlieren."

Blick in das Mittelmeerhaus im Botanischen Garten.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)

Natürlich stecke eine Menge Herzblut in dem riesigen Gewächshaus und so kann es der Betriebsleiter nur schwer ertragen, dem fortwährendem Verfall mehr oder weniger tatenlos zusehen zu müssen. Ja, sicher werden Reparaturen im Rahmen des möglichen vorgenommen.

Da ist Fantasie vom technischen Team im Botanischen Garten gefragt, aber auf Dauer geht das nicht gut. "Flickschusterei" sagt Laute. 26 Millionen Euro sind mittlerweile nötig, um das Mittelmeerhaus zu sanieren. 2020 wurden die Gelder in Aussicht gestellt. 2023 sollte es eigentlich losgehen, aber 2024 landete die Generalüberholung des Hauses plötzlich auf der Streichliste des Berliner Senats.

Noch im Dezember sollte entschieden werden, ob die Mittel doch freigegeben werden. Jetzt, nach zweimaliger Verschiebung, steht fest: das Geld wird es nicht geben, die Kürzung der Mittel wird nicht zurückgenommen.

Ein herber Schlag für den Botanischen Garten. "Wir sind fassungslos und können die Entscheidung nicht nachvollziehen", heißt es in einer Pressemitteilung. Umfangreiche Investitionen und Vorarbeiten seinen bereits in das Projekt geflossen. Direktor Thomas Borsch wird wie folgt zitiert: "Bleibt es dabei, dass die Sanierung des Mittelmeerhauses mitten in der Umsetzung gestoppt wird, dann werden wir es wohl über kurz oder lang schließen müssen."

Keine guten Aussichten für das alte Gewächshaus.

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33 Kommentare

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  1. 32.

    Ich habe im Botanischen Garten meine Ausbildung zum Gärtner gemacht und kenne daher das tolle Mittelmeerhaus. Überall wird vom Berliner Senat Geld reingesteckt, Luftschlösser wie z. B. Magnetschwebebahn oder Olympiade gebaut, aber ein historisches Bauwerk zu erhalten, dass geht nicht. Schämen soll sich der Berliner Senat. Es gibt ein Sprichwort versprochen ist versprochen, widerholen ist gestohlen. Herr Wegner und der gesamte Senat müsste dieses kennen

  2. 31.

    Das wird sicher nicht das letzte Objekt sein das vergammelt. Leider, Berlin schafft sich ab !

  3. 30.

    Langsam erinnert das alles an die sterbende DDR. Natürlich mit dem Unterschied, dass in der Bundesrepublik über die Missstände berichtet werden darf.

  4. 29.

    Natürlich nimmt der Botanische Garten über den Christmas Garden und andere private Veranstaltungen Vermietungseinnahmen ein und nutzt diese zur Deckung der Ausgaben des Botanischen Gartens.

    Im Jahresbericht des Botanischen Gartens gibt es ja Zahlen dazu: https://www.bgbm.org/sites/default/files/Jahresbericht_Bo_2022_web.pdf

    Angenommen die Sanierung braucht zwei Jahre und damit 13 Millionen € pro Jahr, dann müsste man die Mieteinnahmen zur Deckung der Lücke grob verdreißigfachen... Das ist nicht machbar.

  5. 28.

    Seit Jahren findet auf dem Gelände der Christmas Garden statt. Dort wird mit den Eintrittspreisen viel Geld verdient. Warum wird der Botanische Garten und die dazugehörigen Gebäude genutzt, .... aber nicht gefördert? Mit Sicherheit wäre der Veranstalter des Christmas Garden auch an der Erhaltung interessiert.
    Da liegt es wohl auch ein wenig an mangelnder Initiative der Betreiber des Botanischen Gartens für die Erhaltung zu werben.
    Sich beschweren und dem Verfall zusehen ist meiner Meinung nicht die adäquate Lösung.

  6. 27.

    Und ich mag Bots und Trolle nicht. So hat jeder eine andere Meinung.

  7. 26.

    Die Nachricht ist umso schlimmer, weil es in Potsdam der Biosphäre als beliebtes (Schulklassen)Ausflugsziel ebenfalls aus Kostengründen an den Kragen gehen soll.
    Natürlich ist es energetischer Wahnsinn, solche Häuser im Winter durchzuheizen, und das subtropische Innenklma nagt zwangsläufig an der Substanz. Aber es geht auch um Wissenschaft und Anschauung und natürlich auch um Schönheit und Erholung in der Betonwüste der Stadt.
    Wenn sich eine Stadt das nicht mehr leisten kann, ...

  8. 25.

    Was für eine schwache Aussage.
    Ja es ist eine Menge Geld in der Ukraine, aber zu sagen, daß der Rest bei den ,,Faulen und Ausländern" sei ist einfach falsch. Ohne die Ausländer wären wir komplett am A... allein in Brandenburg hat jeder 5. Arzt einen Migrationshintergrund. Der RBB schrieb vor 1 oder 2 Wochen einen Artikel dbzgl.

  9. 24.

    Langsam erinnert das alles an die sterbende DDR. Natürlich mit dem Unterschied, dass in der Bundesrepublik über die Missstände berichtet werden darf.

  10. 23.

    "Es müssen Prioritäten gesetzt werden" ... Mmh, und mit dieser Erzählung allein höhrt die Mehrheit schonmal auf kritisch zu fragen und am Ende bleibt trotzdem genügend Geld dafür über das falsche damit zu tun. Wie z.B. ganz neue Straßenzu bauen (TVO) - obwohl 80% der Brücken in Berlin dringend saniert werden müssten - nur weil man das den Wählern im Wahlkampf versprochen hatte. Da, wollte man noch nicht Prioorisieren! ... Weitres Beispiel gefällig: 29,-€ Ticket. Und so fort!

  11. 22.


    ... Das halte ich für eine starke Vereinfachung der Wirklichkeit!
    Und, dieses Denken ist genau das in dem sich all diejenigen sonnen können, die gerade wegen ihres Reichtums das Privileg besitzen die geringsten Steuern von allen zu zahlen.
    Wer mit Hilfe der Gesellschaft (Rechtssystem, Demokratie, Ausbildung der Fachkräfte, Gesundheitsversorgung) Reichtum erlangt, sollte auch bereit sein von seinem übermäßigen Reichtum etwas an die Gesellschaft zurück zu geben. ...

  12. 21.

    Da lässt man ein Bauwerk verfallen und dann schreit man nach Spenden und dem Steuerzahler. Wie jeder vernünftige Mensch hält man sein Eigentum eigentlich laufend instand. Dann fällt es auch nicht auseinander.

  13. 19.

    Wie brauchen eine Spendenkultur der Milliarde und Millionäre, wie in den USA. Man kann sein Geld auch für die Gemeinschaft oder Allgemeinheit einsetzen und sogar Gutes tun. Der eigene Name bleibt damit sogar verbunden. Was hat man davon 3 Milliarden mit ins Grab zu nehmen?

  14. 18.

    Gegenfrage: Wo ist das fehlende Geld wohl geblieben oder für was wird es ausgegeben?

  15. 17.

    Nicht schön, aber auch nicht existenziell. Es müssen Prioritäten gesetzt werden!

  16. 16.

    Dieser Senat ist wirklich nicht zu unterbieten, so tief wie er bereits gesunken ist. Die Kultur ist unzweifelhaft noch das Einzige, mit dem die Stadt weltweit wuchern kann. Ihretwegen kommen jedes Jahr Millionen Menschen in die Stadt. Und was macht dieser Senat? Konzeptionslos wird auf dem Altar der Schuldenbremse diese Kultur geopfert. Spätestens wenn die Übernachtungszahlen beginnen in den Keller zu rauschen, wird vielleicht jemand bei CDU oder SPD aufwachen und sich bemerkbar machen. Dann jedoch wird es – wie schon so oft in Berlin – mal wieder zu spät sein. Dem aktuellen und schlechtesten Kultursenator aller Zeiten, Joe Chialo (merkbefreit), würde dies mit Sicherheit nicht auffallen, weshalb er ja eben als genau solcher Senator bezeichnet wird. Der blasse Finanzsenator sieht außer Zahlen sowieso nichts und Wegner „ist mit dem Ressort Bildung bereits ausgelastet”... Noch Fragen?

  17. 15.

    Wenn für Denkmalschutz kein Geld da ist, reist das Ding ab.
    Auch Baustahl lässt sich gut verkaufen.
    Bei sachgerechtem Rücklauf auch als teures Ersatzteil.
    Aus dem ICC und SEZ sind die tragbaren Teile bestimmt schon versilbert.

  18. 14.

    Da gibt es z.B. den „ Verein der Freunde des Botanischen Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem e.V.“.
    (https://www.freunde-botanischer-garten.berlin/)