Zehn-Punkte-Plan - Brandenburg will verstärkt Lehrkräfte ausbilden

Sa 01.07.23 | 13:47 Uhr
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Schülerinnen der 6. Klasse schreiben mit Unterstützung eines Lehramtsstudenten Antworten von Fragen in Französisch an die Tafel. (Quelle: dpa/Waltraud Grubitzsch)
Video: rbb|24 Brandenburg aktuell | 30.06.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Waltraud Grubitzsch

Der Lehrermangel bleibt in Brandenburg ein Problem, auch im nächsten Schuljahr müssen Stellen neu besetzt werden. Die Landesregierung will nun mit einem Zehn-Punkte-Plan gegensteuern - vor allem bei der Ausbildung.

  • Im kommenden Schuljahr mindestens 1.800 neue Lehrkräfte nötig
  • Neue Ausbildungsstätte in Senftenberg geplant
  • Geringere Stundenzahl soll ältere Lehrkräfte bei der Stange halten

Die Brandenburger Landesregierung will die Lehrerausbildung wegen des großen Lehrkräftemangels verstärken und bundesweit Vorreiter werden. Geplant sind unter anderem ein duales Lehramtsstudium in Senftenberg, Lehrerinnen und -Lehrer mit nur einem Fach sowie eine bessere Verzahnung von Schulen und Unis.

"Der Lehrkräftemangel ist die größte bildungspolitische Herausforderung der kommenden Jahre", sagte Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) am Freitag in Potsdam. Bundesweit fehlten bis 2026 zwischen 30.000 und 45.000 Lehrkräfte. In Brandenburg ist für das kommende Schuljahr laut Bildungsministerium die Neueinstellung von mindestens 1.800 Lehrkräften nötig. Deshalb ist ein Zehn-Punkte-Programm geplant.

Leichterer Zugang, bessere Qualität des Studiums

Das neue Programm sieht unter anderem den Aufbau eines zusätzlichen Lehramtsstandorts vor: Neben der Universität Potsdam sollen Lehrer in Senftenberg an der Brandenburgischen Technischen Universität ausgebildet werden. Dort starten nach Angaben der SPD-Landtagsfraktion 50 Studentinnen und Studenten in diesem Jahr ihr Lehramtsstudium. Ein duales Masterangebot soll dort ab 2026/27 den Praxisbezug im Studium steigern.

Zugangsbeschränkungen zu Lehramtsstudiengängen sollen die Ausnahme werden, aktuell gibt es sie etwa für Mathematik in Potsdam. Geplant ist auch, die Quote von Abbrechern zu senken und die Qualität der Ausbildung zu verbessern. Zudem sollen verbeamtete Lehrer für fünf Jahre an die Uni Potsdam oder Senftenberg, um sich weiterzuqualifizieren, zu forschen und zu lehren. Auch Unterrichten in nur einem Fach statt in der Regel in zwei Fächern soll möglich sein. Die Zahl der ausgebildeten Sozialarbeiter soll zudem steigen.

"Wir lassen nichts unversucht"

Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) bezeichnete die Lehrerausbildung als einen Baustein, um den Mangel an Lehrkräften zu lindern. "Wir sind in einer Notsituation", sagte Freiberg. "Wir lassen nichts unversucht."

Deshalb will Freiberg unter anderem Lehrer ab dem 63. Lebensjahr mit reduzierten Unterrichtsstunden verlocken, nicht vorzeitig in Rente zu gehen. Bislang gehen laut Freiberg rund 80 Prozent der Lehrkräfte vorzeitig in den Ruhestand. Die Resonanz sei so gut, dass mit einem Modellprojekt gestartet werde, sagte der Minister. Sie sei aber nicht so gut, dass dies in wesentlichen Teilen reiche, den Bedarf für die Unterrichtsversorgung zu decken. Die volle Wirkung werde sich erst nach zwei oder drei Jahren zeigen. Das Land wirbt zudem mit Anzeigen, Plakaten und in sozialen Medien für Lehrkräfte.

GEW-Vorsitzender: Lehrerberuf muss attraktiver werden

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält die geplante Stärkung der Lehrerausbildung für richtig, sieht aber noch viele Baustellen - darunter die Zeit. "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, er kommt fast zu spät", sagte der GEW-Landesvorsitzende Günther Fuchs in Potsdam. "Das löst unsere Probleme aber in diesem und dem nächsten Jahr und die nächsten vier Jahre nicht."

Der GEW-Vorsitzende verlangte, die Ausbildung an den richtigen Stellen auszubauen. "Wir müssen so ausbilden, dass die Bedarfe an der Schule gedeckt werden", sagte Fuchs. Als Beispiele bei den Schularten nannte er Grundschulen und bei den Fächern Naturwissenschaften. Nötig sei auch, den Lehrerberuf attraktiv zu machen, weil Brandenburg in Konkurrenz zu anderen Bundesländern stehe. Die Absolventen müssten in Brandenburg bleiben, sagte er. Fuchs hält mehr Studienseminare für nötig - derzeit gibt es drei in Bernau, Cottbus und Potsdam.

Sendung: rbb|24, 30.06.2023, 13 Uhr

31 Kommentare

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  1. 31.

    Woher der Neid?
    Ich bin Quereinsteigerin, mittlerweile fast fertig mit dem Wahnsinn. Ab dem 1. Jahr volles Deputat: Klassenleitung an der vollinklusiven Schwerpunktschule mit mehreren geistig und seelisch behinderten Schüler*innen in meiner Klasse. Unausgebildet und fachfremd Unterricht auf bis zu 4 verschiedenen Niveaus zeitgleich erteilen und "nebenbei" sonder- und sozialpäd. Arbeiten leisten, das ganze für etwa die Hälfte des Geldes einer ausgebildeten Lehrkraft.
    Ich war an Grenzen, wo ich nicht mehr essen, schlafen, denken oder sprechen konnte, aber ja auch Verpflichtungen für meine eigenen Kinder hatte. Dieses (beneidenswerte?!) Programm ziehe ich seit 4 Jahren durch, ganz nebenbei habe ich studiert und absolviere im berufsbegleitenden Ref. das Staatsexamen. Und ja, während ich im Seminar sitze, bin ich logischerweise vom Unterricht in der Schule freigestellt - wir sind ja nicht bei Harry Potter.
    Wo genau liegt mein Vorteil ggü. einer regulären LA-Studierenden?

  2. 30.

    In jedem anderen Beruf funktioniert das Arbeiten nach dem Studium auch ohne Betreuung. Ich erlebe nur Referendare, die von dem Referendariat extrem genervt sind. Dass einem zu Beginn ein Mentor oder eine Mentorin unterstützend zur Seite gestellt und die Stundenzahl reduziert wird, würde durchaus genügen. Davon abgesehen arbeiten viel Studenten schon während des Masterstudiums in Schulen und absolvieren ein Praxissemester.

  3. 29.

    Hat man einen Plan B, wenn trotz aller Erleichterungen nicht genug Menschen Lehrer werden möchte? Was passiert dann? Noch mehr Quereinsteiger?

  4. 28.

    Hallo,
    alles gut und schön und fern der Realität. Warum wird es angehenden Lehrkräften die normal studieren es immer wieder so schwer gemacht? Ich habe ja nichts gegen Quereinsteiger. Meine Tochter hat den Bachelor auf Lehramt, arbeitet in diesem Beruf und studiert weiter auf Master. Leider bekommt sie nicht frei fürs Studium und muss trotz Erfahrungen ein Praktikum usw. Absolvieren. Eine in meinen Augen nicht akzeptable Doppelbelastung. Quereinsteigern steht ein Tag wöchentlich zur Verfügung

  5. 27.

    Liebe:r Matthias,
    Die Berliner Prognosen zum Bevölkerungsrückgang waren absolut zutreffend, sonst hätte Berlin kaum 50.000 Bruchbuden an die DW verkauft.

  6. 26.

    Das große Problem unseres Landes sind die Bevölkerungsprognosen in den 90er und frühen 2000er Jahren. Da wurde alles auf Rückwärts gestellt. Das Land schrumpft und kann zum Ökoparadies für Deutschland und seine Touristen werden, war die Devise.
    Nun sind diese Prognosen nur sehr vereinzelt eingetreten und nun den trägen Dampfer wieder auf Aufwärts einzustellen scheint schwieriger als abzubauen.
    Ist ja in Berlin ähnlich. Die Stadt war sicher spannend nach der Wende aber das da mal ein großes Wachstum kommt hat doch keiner geglaubt und nun haben wir den Salat weil diese ebenfalls falsche Prognose zum Teil in Brandenburg gelöst werden muss, weil Berlin seine Probleme noch schlechter als BRB in den Griff bekommt.

  7. 25.

    Liebe:r Interstellar,
    ich stimme Ihnen zu, dass es gut wäre, erfahrene Lehrer:innen in die Ausbildung mit einzubeziehen. Der 10-Punkte-Plan des Ministeriums aber ist es, dass Leute direkt nach dem Referendariat (das es dann ja auch nicht mehr geben soll, also dann direkt nach dem Masterstudium) für 5 Jahre die Hochschullehre "bereichern". Also Masterabsolventen, die i) keine eigenverantwortliche Schulpraxis hatten und ii) dafür ausgebildet wurden, Kinder zu unterrichten, sollen jetzt ohne Praxiserfahrung Erwachsenen vermitteln, wie man Kinder unterrichtet? - Denkfehler? Erwachsenenbildung braucht erfahrenes Hochschulpersonal!

    Zu Ihrem 2. Punkt. Prüfungen (Klausuren, Seminararbeiten, Portfolios...) müssen sein, um zu zeigen, dass Studienziele erreicht wurden. Rechtzeitige Vorbereitung mindert Stress. Glauben Sie, ohne Prüfungen bekommen wir bessere Lehrer:innen? Lehrer:innen sind fachlich und didaktisch hochqualifizierte Expert:innen. Nur die Liebe zum Kind/Job reicht nicht.

  8. 24.

    Da hätte mal das seit 1990 (also mittlerweile seit 32,5 Jahren) von der SPD regierte Brandenburg etwas früher mit anfangen sollen.
    Wer soll solchen Ankündigungen noch Glauben schenken?

  9. 23.

    Letztendlich wollen die meisten von der Schule weg, beispielsweise in die Lehrerbildung, weil das der absolute Stressjob ist, unter der Willkür eines Schulleiters. Manche Fortbilder und Schulleiter machen den Umweg als Lehrer erst gar nicht . Die sitzen in ihren Sesseln und erfinden das Rad neu, während die alten Lehrerinnen ihr Wissen und ihre Erfahrung mit ins Grab nehmen. Wäre wirklich effektiver, wenn die Alten und ein paar Wissenschaftler die Fortbildung machen. Und zwar mit massivem Rückbau von Prüfungsstress und Konkurrenzdruck...ist in dieser Form total unpädagogisch. Würden Kinder so behandelt, hätten die Verantwortlichen einen Haufen Klagen am Hals.

  10. 22.

    "Zugangsbeschränkungen zu Lehramtsstudiengängen sollen die Ausnahme werden [...] Geplant ist auch, die Quote von Abbrechern zu senken und die Qualität der Ausbildung zu verbessern." --> Hä? Der Plan ist also, alles und jeden ins Studium zu lassen (auch Leute mit ner 4 im Deutsch-Abi)? Dann die Abbrecherquote zu senken (d.h. die Prüfungen werden noch leichter, weil ja jetzt viel mehr Leute mit schlechteren Abi-Noten studieren)? Und gleichzeitig soll die Qualität der Ausbildung verbessert werden? Das geht ja nur mit: a) mehr Dozenten (?), die b) jeweils mehr Zeit für die individuelle Förderung der Studierenden haben (also ein Ende der Hochdeputatsstellen?) und c) gut ausgebildetes, erfahrenes Lehrpersonal und (d.h. eine Ende der Rauswurfpraxis nach WissZVG nach 12 Jahren)? Liebes Ministerium und liebe Hochschulen, werden den Worten auch Taten folgen?

  11. 21.

    Der Bildungsaufwand um Gymnasiallehrer zu werden ist geringfügig höher. Aber doch soviel, dass es mehr bezahlt werden muss. Um den Aufwand zurückverdienen zu müssen. Aber das Thema ist hier kein Gehaltsthema. Sonst müssten wir noch über Pensionen und Lebensarbeitszeit reden.

    P.S. Sie sind kein Lehrer. Weil die Lehrer immer den richtigen Plura richtig sprechen und schreiben. Es ist die offizielle richtige Lehrmeinung! Übrigens, aus gutem Grund.

  12. 20.

    Die Politik sollte die Lehrer*innen nicht vergessen, die einen LuK Abschluss haben und immer noch nach E10 bezahlt werden. Ich bin Klassenlehrerin und leiste genauso viel wie meine Kolleg*innen... bekomme aber ca. 1.000 Euro weniger Gehalt. Das hat nichts mehr mit Wertschätzung zu tun. Auch hier sollte nachjustiert werden...

  13. 19.

    Volle Zustimmung! Mit einem Fach ist es schwierig, vor allem an Grundschulen, eingesetzt zu werden. In der Praxis sind die Kollegen eher in 3 oder 4 Fächern eingesetzt. Ausgebildete Lehrkräfte wollen auch nicht immer wieder wegen mangelnder Ausbildung der neuen Kollegen den "Rest" übernehmen nach dem Motto "Nimm mal Rücksicht, du schaffst das schon".

  14. 18.

    Das Referendariat abzuschaffen wäre ein großer Fehler: schon die Reduzierung von zwei Jahren auf ein Jahr war kontraproduktiv. Die Absolventen haben während ihrer Ausbildung noch nie selbstständig und mit voller Verantwortung vor einer Klasse gestanden. Das muss man auch lernen und üben. Eine Abschaffung wäre fatal und würde dazu führen, dass die neuen Lehrkräfte ohne Kompetenzen im Klassenmanagement und in Verwaltungsanforderungen heillos überfordert wären... Und den Job dann schnell aufgeben.

  15. 17.

    Und wieder einmal gilt:
    Von Wossi lernen heißt siegen lernen.

  16. 16.

    Das Problem wird bleiben, dass solche "neuen" Lehrkräfte erst in 5 Jahren einsatzbereit sein werden... Duales Studium ist sicher ein Fortschritt.
    Ich persönlich würde meinen, zum Thema Qualifizierung und Lehrberechtigung sollte die Grundschule mit eigenem Ausbildungskonzept abgekoppelt werden. Ziel: Lehrkräfte mit möglichst breiter Fächerqualifikation und entsprechender Unterrichtsberechtigung vor die Klassen zu bringen. Das ist machbar und leistbar. Im Weiteren gehört gerade auf dieser Stufe der Lehrplan radikal entschlackt, Konzentration auf Kernfächer und daneben viel Raum für projektorientiertes und individuelles Lernen...
    Ziel auf dieser Stufe muss bleiben: Max. individuelle Förderung auf allen Sinnen... Mit dem aktuellen "Kinderhütedienst" und der leider immer noch weit verbreiteter "Trichtermethodik" bewegen wir uns in vielen Bundesländern weit entfernt von diesen Vorgaben.

  17. 15.

    Ja, es dauerte ewig, bis endlich die ursächliche Problematik, nämlich: "Wir brauchen mehr Lehrkräfte", angegangen wird. Bislang handelt es sich um ein Totalversagen der KMK. Getrübt wird dieser Entscheid natürlich dadurch, dass diese getroffenen Maßnahmen erst ab 2030 greifen und zusätzliche Entspannung in der Versorgung mit Lehrkräften bringen wird.

  18. 14.

    Diese Minister-Phrasen sind der blanke Offenbarungseid. "...größte Herausforderung..."- da fragt man sich schon, ob diese Herrschaften über 30 Jahre geschlafen haben.

  19. 13.

    "Geplant ist auch, die Quote von Abbrechern zu senken und die Qualität der Ausbildung zu verbessern". - Ist ein Witz oder? Meine Frau arbeitet an der Uni in der Lehramtsausbildung und hat eine sogenannte Hochdeputatsstelle, d.h. sie muss unglaublich viele Lehrveranstaltungen halten. Sie betreut so viele Studenten und macht so viele Überstunden (60-70h/Woche für ihren Traum, an der Uni zu arbeiten), dass sie den einzelnen Studenten gar nicht gerecht werden kann. Sie kommt seit Jahren nicht mehr dazu zu forschen oder sich weiterzubilden. Massenabfertigung pur. Sie ist definitiv schon im Burnout. - Ist im 10-Punkte-Plan auch ein Ende der Hochdeputatsstellen vorgesehen? Das würde die Qualität erheblich steigern. Gesundheit statt toxische Beschäftigungsbedingungen. Klasse statt Masse bitte.

  20. 12.

    10 Punkte hin oder her. Das Land sollte einmal anfangen, alle diejenigen, die in der Lehrerausbildung an den Unis befristet arbeiten (das sind ca. 80-90% der Wissenschaftlichen Mitarbeiter)und nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetzt nach 12 Jahren vor die Tür gesetzt werden, unbefristete Normalarbeitsverträge zu geben. Kein Wunder dass die Ausbildung an der Hochschule schlecht und das Studium unattraktiv ist, wenn ständig das befristete Personal, das die Hauptlast des Lehramtsstudiums stemmt, wechselt und die dort befristet Angestellten sich nicht ganz ihrem Job widmen können, weil sie ständig auf dem Absprung und der Suche nach nem neuen Job sind. Ich hätte auch kein großes Commitment für einen Arbeitgeber, der dir schon bei Einstellung ausrechnet, wann du spätestens vor die Tür gesetzt wirst. Behandelt die Leute besser und ihr bekommt auch eine bessere Lehramtsausbildung!

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