Rundfunkratssitzung - Intendantin Demmer kritisiert Novellierung des rbb-Staatsvertrags
In seiner Sitzung am Donnerstag übte der Rundfunkrat scharfe Kritik an der Novellierung des rbb-Staatsvertrags. Die neue Intendantin Ulrike Demmer sprach von einem Eingriff in die Strukturen des Senders, dessen Kern die Staatsferne sei.
Zum Auftakt der Rundfunkratssitzung des rbb hat die neue Intendantin des Senders, Ulrike Demmer, am Donnerstag ihre Kritik am Entwurf für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag erneuert. Auf der Tagesordnung der ersten Sitzung in Demmers Amtszeit stand die Erarbeitung einer Stellungnahme zur Novellierung des rbb-Staatsvertrags durch den Rundfunkrat.
Demmer sagte, sie begrüße zwar alles, was mehr Transparenz und eine bessere Kontrolle bringe. Auch der Wunsch nach Regionalisierung sei richtig. "Aber die Strukturen, die wir dafür brauchen, wollen wir schon selbst bestimmen", sagte Demmer dem rbb.
Kontrolle über den rbb soll gestärkt werden
Die Brandenburger Staatskanzlei und die Berliner Senatskanzlei hatten Ende August einen 64-seitigen Entwurf vorgelegt, der die Grundlagen des rbb neu regelt. Unter anderem wird ein Gehaltsdeckel für die Intendanz vorgesehen. Die Expertise in den Gremien sollen gestärkt werden, genauso wie die Kontrolle über den rbb.
Demmer sagte in der Sitzung, die Staatsferne des rbb sei Kern der Demokratie, "und die werden wir verteidigen. Sobald in unsere Strukturen eingegriffen wird, sehen wir unser Recht auf die Programmautonomie, Rundfunkfreiheit und Selbstverantwortung beeinträchtigt", so die Intendantin weiter. "Wir würden uns auch vor Gericht verteidigen", fügte sie hinzu.
Generelle Kritik vom Rundfunkrat
Der Rundfunkrat kritisierte in einer Stellungnahme einige Punkte des Entwurfs. Zu den Kritikpunkten zählen unter anderen die vorgesehene Schaffung sogenannter "Landesangebote" und die sich daraus ergebenden Strukturen und Prozesse, etwa zur Wahl und Stellung des Leitungspersonals. Dies betrachte der Rundfunkrat als "verfassungswidrigen Eingriff in die Programmfreiheit und das Selbstverwaltungsrecht des rbb", hieß es.
Die regionale Berichterstattung sei eine der wichtigsten Aufgaben des rbb. "Die nun vorgesehene staatsvertragliche Schaffung zusätzlicher Sendestrecken – die noch dazu mit enormen Mehrkosten verbunden sind – greift aber in die Freiheit des rbb ein, über die Gestaltung des Programms zu entscheiden", hieß es in der Stellungnahme.
"Als ebenso schweren – und daher grundsätzlich abzulehnenden – Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht des rbb erachtet der rbb-Rundfunkrat die staatsvertragliche Festlegung der Anzahl sowie des Zuschnitts der Direktionen. Aus Sicht des Rundfunkrates muss der rbb eigenständig über den Ressortzuschnitt der Direktionen entscheiden können", teilte der Rundfunkrat mit.
Auch die in der Präambel vorgesehene Bevorzugung von Bewerber/innen mit biographischen Bezügen zu den Ländern Berlin und Brandenburg, speziell Personen mit ostdeutscher Biografie, bei der Besetzung von Führungspositionen, lehne der Rundfunkrat ab.
Dazu sagte der Rundfunkratsvorsitzende Oliver Bürgel: "Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es zunehmend schwierig, 'ostdeutsche Biografien' von 'anderen' Biografien abzugrenzen. Der Rundfunkrat hält diese Regelung für einen Verstoß gegen die Grundsätze des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes."
Kritik am Entwurf aus dem rbb
Kritik am Entwurf für den Staatsvertrag kommt auch von der rbb-Personalratsvorsitzenden Sabine Jauer. Sie sieht die Mitbestimmungsrechte der Mitarbeiter des Senders beeinträchtigt, wie sie im Vorfeld der Rundfunkratssitzung sagte: "Wir haben den Eindruck, dass hier der Status Quo unterlaufen wird", sagte sie dem rbb.
"Im Moment hat der Personalrat das Recht, einen Bericht abzugeben, das wird in Zukunft so selbstverständlich nicht mehr sein. In der Findungskommission hatten wir zwei Vertreter, dann nur einen", so Jauer. Sie habe den Eindruck, dass die Belegschaft bei diesem Staatsvertrag kaum eine Rolle gespielt habe.
rbb-Intendantin Ulrike Demmer hatte bereits zuvor angekündigt, dass sie Einschränkungen der redaktionellen, organisatorischen oder strukturellen Unabhängigkeit nicht akzeptieren wolle.
Mehrere Themen wurden vertagt
Der Rundfunkrat beriet in der Sitzung auch nichtöffentlich über den Rechtsstreit des rbb mit der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger.
Nach viereinhalbstündiger Sitzung vertagte das Gremium die noch ausstehenden Themengebiete auf die nächste Rundfunkratssitzung. Auch über das Gutachten der Universität Potsdam zur Rechtmäßigkeit der Intendantinnenwahl von Ulrike Demmer soll dann gesprochen werden.
Sendung: rbb24 Abendschau, 28.09.2023, 19:30 Uhr