Diskussion nach Pro-Palästina-Demo - Wann Ausweisungen und Abschiebungen möglich sind
Bundesinnenministerin Faeser und Innensenatorin Spranger befürworten die Ausweisung von Hamas-Unterstützern aus Deutschland. Abschiebungen sind allerdings keine Strafen, sondern Instrumente des Ausländerrechts. Und das ist kompliziert. Von Christoph Reinhardt
Nach der verbotenen und eskalierten pro-palästinensischen Demonstration am Potsdamer Platz am Sonntag hat die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) angekündigt, Straftäter und ausreisepflichtige Personen konsequent auszuweisen - wenn das möglich sei. Die rechtlichen Grenzen für Abschiebungen sind allerdings eng.
Ausweisungen und Abschiebungen sind keine Strafen, sondern Instrumente des Ausländerrechts. Für deutsche Staatsangehörige kommen sie nicht in Frage, auch nicht bei einer doppelten Staatsangehörigkeit. Wenn ein Ausländer eine "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" ist, so sieht es das Aufenthaltsgesetz vor, kann ausgewiesen werden. Das gilt vor allem für Straftäter - wenn sie rechtskräftig verurteilt sind. Die Taten müssen aber ein bestimmtes Gewicht haben.
Gewalt auf Demos könnte Grund darstellen
Gewalt auf einer Demonstration, wie am Wochenende bei der pro-palästinensischen und israel-kritischen in Berlin, kann dazugehören. Schwere Straftaten gegen das Leben, Körperverletzung, auch Angriffe auf Polizeibeamte wiegen besonders schwer. Einfach nur an einer verbotenen Demonstration teilzunehmen, reicht nicht aus.
Eine andere Sache ist es, einer terroristischen Organisation anzugehören oder sie aktiv zu unterstützen. Wenn die Behörde sich bei einer Ausweisung darauf beruft, muss sie allerdings konkrete Tatsachen vorlegen, die gegebenenfalls der Überprüfung durch ein Gericht standhalten. Auch der Aufruf zu Hass und Gewalt kann ein Ausweisungsgrund sein, und wer für Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Terroranschläge wirbt oder sie billigt, muss ebenfalls damit rechnen.
Problematische Voraussetzungen in Krisenregionen
Jede Ausweisung muss aber im Einzelfall abgewogen werden. Wer seit langer Zeit in Deutschland lebt oder hier geboren ist, eine Familie hat und Kinder betreut, kann nicht so leicht ausgewiesen werden. Eine Abschiebung ist dann das letzte Mittel, wenn die Betroffenen nicht von selbst ausreisen. Und wenn die Voraussetzungen vorliegen, die aber gerade bei Abschiebungen in Krisenregionen problematisch sind.
Wenn sich das Herkunftsland weigert, die abgeschobene Person aufzunehmen, etwa weil Papiere fehlen, die Identität umstritten ist oder wenn ihr dort Gefahr für Leib und Leben drohen, kann eine Abschiebung nicht durchgeführt werden.
In Berlin lag die Zahl der Ausreisepflichtigen zum 30. Juni nach Auskunft der Innenverwaltung bei 17.436 Personen, davon verfügten allerdings 15.261 über eine behördliche Duldung, 2.175 Fälle waren offen. Aus Berlin zwangsweise abgeschoben wurden in diesem Jahr bis einschließlich Juli 762 Personen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 16.10.2023, 19:30 Uhr