"Entscheidung ohne uns getroffen" - Scharfe Kritik an Senatsplänen für weitere Geflüchteten-Unterkünfte

Mi 27.03.24 | 19:05 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Archivbild: Wohnheim für Flüchtlinge, Hausvaterweg in Berlin Lichtenberg. (Quelle: dpa/Schoening)
Video: rbb24 Abendschau | 27.03.2024 | Bild: dpa/Schoening

Der Senat will 16 weitere Container-Unterkünfte für Geflüchtete errichten und stößt damit bei einigen Bezirken auf scharfe Kritik und Irritation. Man fühle sich übergangen. Auch Flüchtlingskoordinator Broemme kritisiert die ungleiche Belastung der Bezirke. Von Sebastian Schöbel

Die Pläne des Berliner Senats, in den kommenden zwei Jahren 16 weitere Container-Unterkünfte für Flüchtlinge zu errichten, stoßen in einigen Bezirken auf scharfe Kritik.

Man sei von der Entscheidung über die Standorte nicht informiert worden, sagten Lichtenbergs Bürgermeister Martin Schaefer (CDU) und Reinickendorfs Bürgermeisterin Emine Demirbücken-Wegner (CDU) dem rbb. Sie widersprachen damit direkt ihrem Parteikollegen Kai Wegner, Berlins Regierendem Bürgermeister, der am Dienstag noch von einer konstruktiven Zusammenarbeit gesprochen hatte.

Lichtenberg von Senatsplänen überrumpelt

Lichtenberg, wo vier der Wohncontainer mit insgesamt rund 1.800 Plätzen entstehen sollen, habe nicht genügend Schul- und Kita-Plätze, Freizeitangebote oder Ärzte, sagte Schaefer dem rbb. "Allein in Hohenschönhausen haben wir schon acht Unterkünfte auf engstem Raum. Wir sind an eine Grenze gekommen, an dieser Stelle geht es einfach nicht." Zudem würden die Standorte teilweise mit Bezirksplänen kollidieren. In Lichtenberg etwa sei an der Klützer Straße eine Schule geplant gewesen, nun soll dort eine Unterkunft mit 510 Plätzen entstehen, mit unbegrenzter Laufzeit. Er forderte, dass andere Flächen für Unterkünfte in Betracht gezogen werden, etwa das Tempelhofer Feld.

Demirbücken-Wegner: "Entscheidung ohne uns getroffen"

Auch in Reinickendorf ist man mit den Plänen des Senats unzufrieden. Auch hier habe man von den letztlich ausgewählten Standorten erst aus den Medien erfahren, sagte Bezirksbürgermeisterin Demirbücken-Wegner dem rbb. "Die Entscheidung wurde ohne uns getroffen", so die CDU-Politikerin. "Wenn mit uns nicht auch in einer Entscheidungsinstanz trotz Zusage gesprochen wird, kann man nicht mehr von einem kollegialen Umgang miteinander sprechen. Das ist mehr als befremdlich und traurig."

So durchkreuze die Am Borsigturm geplante Unterkunft bestehende Pläne des Bezirks für einen Gewerbe- und Handelswerkhof. "Wenn dort ein Container hinkommen sollte, ist das Konzept obsolet. Das irritiert uns sehr, wie sowas geschehen konnte."

Mehrheit der Geflüchteten-Unterkünfte sind im Ostteil Berlins

Die Bezirksbürgermeisterin von Pankow, Cordelia Koch (Grüne), die weitere 1.400 Personen in insgesamt drei weiteren Containersiedlungen aufnehmen soll, bemängelte ebenfalls die Kommunikation der Entscheidung. Dass Berlin weitere Unterkünfte brauche, stehe nicht zur Debatte. "Allerdings muss sich die Unwucht der unterschiedlichen Unterbringung in den Bezirken auch bei der Zumessung der Unterstützung und Finanzierung widerspiegeln." Koch forderte erneut, den Bezirken mit vergleichsweise wenigen Unterkünften finanzielle Anreize zu geben, ihre Kapazitäten auszubauen, "und so insbesondere die Ostbezirke" zu entlasten.

Tatsächlich sind laut Zahlen des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten die meisten Unterkünfte für Geflüchtete im Ostteil der Stadt gebaut worden. Eine große Ausnahme ist Reinickendorf, wo mit dem Ankunftszentrum Tegel die größte Unterkunft für Geflüchtete entstanden ist und nun auch noch einmal ausgebaut werden soll - um 1.000 weitere Plätze.

Flüchtlingskoordinator Broemme: Berliner Bezirke sind ungleich belastet

Noch am Dienstag hatte Berlins Regierender Bürgermeister Wegner betont, die Gespräche mit den Bezirken über die 16 neuen Container-Standorte seien gut verlaufen. "Natürlich war es ein Ringen", so Wegner, "und trotzdem ist es gelungen, gemeinsam ein Gesamtpaket zu schnüren."

Wegner hatte im Umgang mit den Bezirken einen anderen Kurs als die rot-grün-rote Vorgängerregierung versprochen. Damals sei es "deutlich konfrontativer" zugegangen. "Das ist aber nicht mein Ansatz." Gleichzeitig kündigte Wegner an, dass es nicht bei den beschlossenen 16 Unterkünften bleiben werde. "Es wird sicherlich noch der ein oder andere Standort dazukommen."

Der neue Flüchtlingskoordinator Albrecht Broemme hatte am Dienstag in der rbb24-Abendschau angekündigt, weitere Flächen und Objekte für die Einrichtung von Unterkünften zu suchen. Dafür werde man auch private Immobilien prüfen. Broemme räumte ein, dass die Bezirke sehr ungleich belastet sind. Die Verwaltung versuche das ein stückweit zu kompensieren, in dem Hotelplätze angemietet werden. "Aber einen Verteilungsschlüssel, wie er gut wäre, werden wir in Berlin nie hinkriegen", so Broemme.

Sendung: rbb 88.8, 27.03.2024, 17:27 Uhr

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Beitrag von Sebastian Schöbel

52 Kommentare

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  1. 52.

    Barbara:
    "Hier in Westend Charlottenburg ist es voll."

    Wie? Kein Quadratmeter mehr unbebaut?

    Barbara:
    "Man ist regelrecht von Flüchtlingsunterkünften umgeben."

    Wahnvorstellungen!

    Barbara:
    "Das Verhältnis ist sehr ungleich."

    Offenabr eine Selbsteinschätzung der eigenen verzerrten Wahrnehmungen.

    Barbara:
    "Man sollte sich mal Gedanken machen die Flüchtlinge zurückzuführen."

    Und "Barbara" sollte sich mal Gedanken machen um ihre verzerrten Wahrnehmungen!

  2. 51.

    Nur das die, die die Einfamilienhäuser besitzen, diese nicht für Flüchtlinge sondern für ihre Alterssicherung(oder besser Altersunsicherheit) gebaut, dafür gearbeitet und Steuern gezahlt haben. Sie ganz Schlauer.

  3. 50.
    Antwort auf [Erich] vom 28.03.2024 um 14:11

    Die Bereicherung wird noch zu einer schwer verdaulichen Last, die mehr als nur Kopfschmerzen bereiten wird. Aber es gilt weiterhin : Wer nicht hören will, muss fühlen ! Dann aber umso stärker !

  4. 49.

    " Die sind aber nicht das größte Problem, das wir haben. Das ist die unkontrollierte Masseneinwanderung."

    Es sitzen Rechtsextremisten in deutschen Parlamenten und haben sie offentlichtlich mit rechtsextremen Narrativen überzeugt, also sind sie doch das größte Problem. Es gibt keine "unkontrollierte Masseneinwanderung."

    "Setzen Sie sich für das Begrenzen der Flüchtlingszahlen ein, für mehr Abschiebungen , für Politik, die den Hier lebenden zugute kommt- Ergebnis wird sein, das Rechte Parteien überflüssig werden. Wie in Dänemark. "

    Also "Germany first"? Sie scheinen von rechtsextremen Narrativen schon sehr überzeugt zu sein und sehen deswegen die wahren Probleme nicht (mehr).

    Und rechte Parteien sind in Dänemark in Regierungsverantwortung.

  5. 47.

    " Die sind aber nicht das größte Problem, das wir haben. Das ist die unkontrollierte Masseneinwanderung."

    Es sitzen Rechtsextremisten in deutschen Parlamenten und haben sie offentlichtlich mit rechtsextremen Narrativen überzeugt, also sind sie doch das größte Problem. Es gibt keine "unkontrollierte Masseneinwanderung."

    "Setzen Sie sich für das Begrenzen der Flüchtlingszahlen ein, für mehr Abschiebungen , für Politik, die den Hier lebenden zugute kommt- Ergebnis wird sein, das Rechte Parteien überflüssig werden. Wie in Dänemark. "

    Also "Germany first"? Sie scheinen von rechtsextremen Narrativen schon sehr überzeugt zu sein und sehen deswegen die wahren Probleme nicht (mehr).

    Und rechte Parteien sind in Dänemark in Regierungsverantwortung.

  6. 46.
    Antwort auf [Erich] vom 28.03.2024 um 14:11

    Frau Göring Eckert nimmt noch extra 20 bei sich zu Hause auf und sie freut sich darauf ,dass sich unser Land ändern wird
    es wird bunter gut ja aber bitte bei der Zu Hause wir brauchen das nicht.

  7. 45.

    Schaut man sich hier täglich Ihre völlig Realitätsfernen Kommentare an, weiß man, wer in einer Blase gefangen ist.

  8. 44.
    Antwort auf [Erich] vom 28.03.2024 um 14:11

    Ja in Berlin ist doch Platz warum den nicht die besten Standorte wären doch noch vor den Bundesministerien da sehen die Verantwortlichen gleich wieviel hier ankommen und wofür sinnlos Geld verballert wird was der Steuerzahler erst erarbeiten muss.

  9. 43.

    Ja in Berlin ist doch Platz warum den nicht die besten Standorte wären doch noch vor den Bundesministerien da sehen die Verantwortlichen gleich wieviel hier ankommen und wofür sinnlos Geld verballert wird was der Steuerzahler erst erarbeiten muss.

  10. 42.

    Wegner kündigte an, dass es nicht bei den beschlossenen 16 Unterkünften bleiben werde. "Es wird sicherlich noch der ein oder andere Standort dazukommen." Und immer so weiter. So lange Menschen über uns umgebende sichere Drittstaaten zu uns kommen.

  11. 41.

    Ich bin dafür, dass immer neue Containersiedlungen und Hotelanmietungen hinzukommen, solange Menschen hierher kommen. Wir haben noch Felder, Grünflächen und sehr viele Einfamilienhäuser, die gegen Hochhäuser ausgetauscht werden können, in ganz Deutschland.

  12. 40.

    Sie haben Recht. Da geht doch noch mehr in Karlshorst! ;-) Da hat man aktuell "nur" 2 4-geschössige Bauten für 400 Personen direkt in ein Einfamilienhausgebiet und direkt vor Einfamilienhäuser gesetzt. Zwar vorm (Ober-) Verwaltungsgericht eigentlich nicht rechtens (Stichwort Bebauungsplan und Geschosshöhe), wurde aber einfach schnell hochgezogen und war am Ende halt da und dann gibt es ja irgendwie den Paragraphen, salopp formuliert "Wenn es der Allgemeinheit mehr hilft, als stört... " (Wer auch immer das beschließt bzw. definiert). Und fertig. Einfach wissentlich unrechtmäßig was hochgezogen. Sie können sich vorstellen, wie begeistert die Anwohner sind von der teils extremen Lautstärke der Bewohner sowie Vermüllung in der Umgebung, die dieses Unterhaben gebracht hat (Achtung: Beobachtung, kein Klischee).

    Sie haben Recht, in Hohenschönhausen ist es sehr extrem, aber ich denke, es ist überall voll. Punkt.

  13. 39.

    "Obergrenze für Rechtsradikale ". Die sind aber nicht das größte Problem, das wir haben. Das ist die unkontrollierte Masseneinwanderung. Setzen Sie sich für das Begrenzen der Flüchtlingszahlen ein, für mehr Abschiebungen , für Politik, die den Hier lebenden zugute kommt- Ergebnis wird sein, das Rechte Parteien überflüssig werden. Wie in Dänemark.

  14. 38.

    "Man ist regelrecht von Flüchtlingsunterkünften umgeben. "

    Es hilft die eigene Blase zu verlassen. Das Westend und voll? Die reiche Villengegend Westend ist also voll? Mag sein aber bestimmt nicht mit Asylanten.

  15. 37.

    Es mag durchaus sein, dass eine kategorische Verweigerung der Kommunen im Grunde destruktiv ist, irgendwo müssen diese Menschen ja untergebracht werden. Es scheint aber leider die einzige Sprache zu sein, die in Berliner Reichstagsgebäude verstanden wird. Denn dort werden die Maßnahmen verweigert, die etwas ändern könnten, weil man die Verantwortung für die Folgen ja ohnehin den Landkreisen und Kommunen weiterreicht. Diejenigen Politiker, die irgendwie mit den Folgen klar kommen müssen, sind nicht die, die dafür verantwortlich sind. Während sich die Bundesregierung in Moral badet, erkennen die Politiker vor Ort, dass sie die Flüchtlinge schon lange nicht mehr menschenwürdig versorgen können, geschweige denn, sie auch nur ansatzweise integrieren.

  16. 36.

    Und wenn von Lichtenberg die Rede ist, dann auch nicht das klassische Lichtenberg, oder zum Beispiel Karlshorst oder so, sondern wieder in Hohenschönhausen, wo es schon deutlich genug gibt.

  17. 35.

    Es geht nicht um Stimmung, es geht darum, Probleme offen zu benennen. Wir haben auch ein Flüchtlingsheim nebenan. Da ist ständig Stress und Ärger. Es kommen auch viele Gewaltbereite. Der Lanz (mag ich eigentlich nicht) hat diese Woche an 3 Abenden Bürgermeister und Landräte zu diesem Thema zu Gast. Sehr informativ. Wir haben ein Riesenproblem mit vielen jungen Männern, die zu Uns kommen. Aber wahrscheinlich machen diese Landräte und Bürgermeister auch nur Stimmung und verbreiten alle Fake-News.

  18. 34.

    Da haben Sie jetzt wunderbar theoretisch gesprochen ohne etwas zu sagen. Sind Sie Politiker?

  19. 33.

    Eine sinnvolle Integration der Migranten ist augenscheinlich nicht mehr möglich, denn es fehlen Wohnungen, Kitas, Schulen, Unterkünfte, Arztpraxen, etc.

    Da die Ampel-Koalition nicht reagiert, wird nach den kommenden Landtagswahlen sowie bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr das große Klagen und Wehleiden einsetzen, dann werden andere Parteien in großer Zahl das Geschehen mitbestimmen und solche Zustände verhindern.

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