Verbindung zwischen Biesdorf und Köpenick - Tangentiale Ostverbindung: Worüber gestritten wird

Fr 31.05.24 | 18:19 Uhr
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Visualisierung der Tangentialverbindung Ost. (Quelle: KRP Architektur)
Bild: KRP Architektur

Noch bis zum 6. Juni können Bürgerinnen und Bürger die Planunterlagen für die umstrittene Tangentiale Ostverbindung (TVO) einsehen und bis Anfang Juli Einwendungen einbringen. Die unterschiedlichen Positionen im Überblick.

Vier Wochen - so viel Zeit haben Bürgerinnen und Bürger, um sich am derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren für die Tangentiale Ostverbindung (kurz: TVO) zu beteiligen. Seit dem 7. Mai läuft das Anhörungsverfahren. Die Planungsunterlagen für das Projekt können entweder bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen oder online eingesehen werden.

Im Planfeststellungsverfahren werden die endgültigen behördlichen Genehmigungen eingeholt, damit mit dem Bau eines Projektes begonnen werden kann - Teil davon sind grundsätzlich auch die Bürger:innenbeteiligung sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Darum geht es

Die Tangentialverbindung Ost (TVO) soll im Berliner Osten Biesdorf mit Köpenick verbinden. Geplant ist aktuell eine circa 7,2 Kilometer lange vierspurige Verbindung zwischen der Märkischen Allee im Norden und der Spindlersfelder Straße im Süden.

Auf den zwei Fahrstreifen je Richtung soll Tempo 50 gelten. Neben den Fahrspuren für den Autoverkehr sollen ein Geh- und ein Radweg entstehen. Entlang der Strecke sind außerdem Bushaltestellen geplant - auf der TVO sollen nämlich auch Busse der BVG verkehren.

Die Kosten des Projekts werden auf mindestens 351 Millionen Euro geschätzt - lange ging man von 155 Millionen Euro aus. Den Planunterlagen zufolge würde die geplante TVO über 35 Hektar Fläche in Anspruch nehmen - knapp 22 Hektar würden dafür dauerhaft versiegelt.

Das Straßenbauprojekt gilt als hochgradig umstritten. Im Mai 2023 hatte die Polizei ein Protest-Camp von Umweltschützern mit Baumhäusern in der Wuhlheide in Köpenick geräumt. Die Baumbesetzer protestierten gegen die geplante Rodung von Wald für die Tangentiale Ost.

Grafik: Die Tangentialverbindung Ost (Quelle: rbb)

Das sagen die Befürworter

Nach Ansicht der Befürworter soll die TVO die Antwort auf die Verkehrsprobleme im Osten der Stadt sein. Dort staut sich jeden Morgen der Verkehr auf den Strecken zwischen Köpenick und Marzahn - daran stören sich vor allem die Anwohnerinnen und Anwohner - etwa an der Köpenicker Straße.

Die neue TVO soll diese verkehrsgeplagten Strecken entlasten - der Senat rechnet mit werktags circa 41.000 Kraftfahrzeugen für den Südteil und etwa 30.000 Fahrzeugen für den Nordteil der neuen TVO.

Auch einige Berliner Wirtschaftsverbände sprechen sich für den Bau der TVO aus - darunter die Handwerkskammer Berlin - das Argument: der Wirtschaftsverkehr im Osten Berlins bräuchte den Lückenschluss, etwa um die Versorgung der Stadt mit Dienstleistungen und Produkten zu verbessern.

Zuletzt bekräftigte auch die neue Berliner Verkehrssenatorin Ute Bode (CDU), am Bau der Tangentialverbindung Ost festzuhalten. Diese sei wichtig, um andere Straßen im Osten der Stadt zu entlasten.

Das sagen die Gegner

Die Gegner des Projekts kritisieren den Fokus auf den motorisierten Verkehr in Zeiten der Klimakrise. Sie rechnen bei einer tatsächlichen Umsetzung des Projektes mit Schäden für die Umwelt und erheblichen Lärmbelästigungen. Auch die Kosten für das Projekt werden kritisiert und seine Wirtschaftlichkeit immer wieder angezweifelt. Nicht zuletzt wird auch die erwartete Entlastung den Autoverkehrs infragegestellt. Kritiker verweisen etwa auf den Effekt des "indizierten Verkehrs" - dass also durch neue Straßen das Verkehrsaufkommen eher steigen als sinken würde.

Anfang Mai gründeten mehrere Initiativen das Bündnis "Schiene vor TVO". Dazu gehören etwa der BUND Berlin, die Bürgerinitiative Wuhlheide oder der Fahrgastverband Pro Bahn. Sie alle wollen die aktuell geplante Variante der Tangentialen Ostverbindung verhindern, weil diese vor allem den Autoverkehr fokussiert. Die jetzige Planung gehe auf Kosten der ebenfalls geplanten parallelen S-Bahn-Strecke. Käme die TVO wie jetzt geplant, müsste dafür etwa ein Teilstück der bereits vorhandenen Bahntrasse verschoben werden.

Ein weiteres Argument liegt im Schutz der Wuhlheide. Die aktuelle Planung zur TVO hatte die Streckenführung zwar angepasst, trotzdem sei ein Eingriff in die Wuhlheide "nicht vollständig vermeidbar". In der vergangenen Woche hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick die zügige Unterschutzstellung der Wuhlheide beschlossen. Damit wird dem Bezirksamt empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, ein Unterschutzstellungsverfahren für die Wuhlheide einzuleiten.

In der Begründung wird auf die ökologische Bedeutung der Wuhlheide, insbesondere auf den für Berlin einzigartigen Fingerkraut-Eichenwald verwiesen, der Lebensraum für viele Arten biete. Fraglich ist, inwieweit dieser Schritt Einfluss auf den weiteren Planungsprozess der TVO haben wird. Letztlich entscheidet über die Unterschutzstellung die Senatsumweltverwaltung. Die machte bereits deutlich, dass ein entsprechendes Verfahren mehrere Jahre in Anspruch nehmen könnte.

Sendung: 31.05.2024, 16:20

110 Kommentare

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  1. 110.

    Zwischen gesellschaftlichen Grundbedürfnissen und persönlicher Bequemlichkeit ist schon noch ein klitzekleiner Unterschied.

  2. 109.

    Übrigens, fast 1/4 des Bundeshaushalts wird für Soziales ausgegeben, von Autofahrern mitfinanziert.
    Die Politik rechnet mit diesen hoheh Einnahmen, sie ist darauf gerade zu angewiesen, und neuerdings wird dieser Umstand von missgünstigen Zeitgenossen als "Autolobby" bezeichnet.

  3. 108.

    Mehrwertsteuer von jährlich 100 Milliarden + ca 10 Milliarden KfZ Steuer sind fast 1/4 des jährlichen Bundeshaushalts, das ist ein Fakt und keine Milchmädchenrechnung.
    Ohne diese Einnahmen wäre der Bundeshaushalt arm dran. das ist wissenschaftlich erwiesen, da keine komplizierte Rechenaufgabe.

  4. 107.

    Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 351 Millionen Euro. Kostenträger ist das Land Berlin. Steht auf S. 181 des Erläuterungsberichts. (Ordner U01)
    Habe das rausgesucht wegen der Fragen und Diskussionen hier in den Kommentaren.
    Link zum Ordner oben im Artikel-Text.

  5. 106.

    Ich, meine Nachbarn, meine Kinder, die Feuerwehr, die Polizei, der Lieferverkehr, die Öffis - das sind WIR - verstanden?

  6. 105.

    Hallo RBB es geht hier um den "Weiterbau der TVO" am mittleren Teilstück und nicht um den Bau der TVO. Als TVO gilt die gesamte Strecke von Berliner Ring im Norden zu Berliner Ring im Süden. Dadurch entsteht eine große Abkürzung, die die Umfahrung auf dem Ring für viele Fahrten unattraktiv macht und daher Fahrten auf der TVO "induziert". Zeigen Sie doch bitte mal das ganze Bild.

  7. 104.

    Zwischen gesellschaftlichen Grundbedürfnissen und persönlicher Bequemlichkeit ist schon noch ein klitzekleiner Unterschied.

  8. 103.

    Wenn die TVO genauso schnell gebaut wird, wie sie geplant wird? Dann mach ich mir keine Sorgen. Und nächstes Jahr werde ich mir das Chaos zur Eröffnung am BAB Ende in Treptow anschauen. Und dann setze ich mich aufs Rad und fahre wie immer staufrei nach Hause.

  9. 102.

    Ich stelle mir vor, dass täglich tausende Radfahrer, die man in der Planung ja erwartet, würden den ursprünglich als Wanderweg konzipierten und gebauten Wuhletalweg nutzen. Es stimmt, es gibt langsame ÖPNV-Verbindungen zum Bahnhof Köpenick. Versuchen Sie aber bitte einmal von Biesdorf, Kaulsdorf, Hellersdorf oder Mahlsdorf nach Adlershof oder zum BER mit dem ÖPNV (und wenn möglich noch schnell)zu kommen.
    Zu einer modernen Stadt, was Berlin werden will, gehören auch schnelle und moderne Verkehrsverbindungen in den Stadtrandbereichen. Es betrifft immerhin ein Gebiet mit ca. 300.000 Einwohnern im Einzugsbereich, die bei Bedarf auch jetzt schon die nicht geeigneten Straßenverbindungen nutzen.

  10. 101.

    „Autofahrer sollten endlich die Kosten tragen die sie durch ihr Verhalten verursachen!“
    Gilt das nur für Autofahrer ?
    Oder wollen sie das gerechterweise auf alles anwenden ?
    Schluss mit Zuschuss für ÖPNV ? Krankenversicherung ? Pflege (je nach Höhe was er eingezahlt hat) ? Usw usw

  11. 100.

    Ja. Ihre Kleinkinderlogik. "Wer mir mein Schippchen wegnimmt..."

    Welche Kosten?

  12. 99.

    "Übrigens, mit ca. 110 Milliarden Euro jährlich an Steuern und Abgaben sind die Autofahrer gut dabei, unseren Sozialstaat mitzufinanzieren, und das ist gut so."

    Es stehen dem aber weitaus höhere Kosten entgegen, die Autofahrer verursachen.

  13. 98.

    Gern übernehme ich Ihre Logik: "Klimaschützer sollten endlich die Kosten tragen die sie durch ihr Verhalten verursachen!"

  14. 97.

    Die TVO wird kommen, da können dich die Gegner noch so dolle im Internet daran abarbeiten.

  15. 96.

    Es ist und bleibt eine Milchmädchenrechnung, da jeder Autofahrer mit ca. 5.000 € jährlich bezuschusst wird. Von Steuergeldern, die alle erwirtschaften, auch Radfahrer.

    Unter dem Strich verursacht jeder Autofahrer mehr Kosten als durch ihre aufgezählten Einnahmen erwirtschaftet werden.

    Das ist schon mehrmals wissenschaftlich erwiesen worden.

  16. 95.

    In meiner Antwort auf den Beitrag #33 ging es um die Einnahmen im Bundeshaushalt, und um sonst gar nichts.

    Übrigens, mit ca. 110 Milliarden Euro jährlich an Steuern und Abgaben sind die Autofahrer gut dabei, unseren Sozialstaat mitzufinanzieren, und das ist gut so.

  17. 94.

    "Wo ist Ihr Problem wir brauchen endlich die Schnellstraße."

    Wer ist denn "wir"? Autofahrer sollten endlich die Kosten tragen die sie durch ihr Verhalten verursachen!

  18. 93.

    Ich dachte, so wie auf dem Bild soll der Marzahner Knoten auch mal aussehen. Vielleicht hbe ich die Bauprojekte einfach nur verwechselt.

  19. 92.

    Wenn Sie sich einen Pkw kaufen, müssen Sie eben dafür Mehrwertsteuer zahlen, genauso wie für ein Fahrrad. Das Fahrzeug ist nach Übereignung dann ihr Eigentum. Daraus lässt sich aber kein Recht ableiten, mit diesem
    Eigentum Straßen zu benutzen und die Umwelt über das zur Herstellung des Fahrzeugs an sich hinausgehende Maß zu belasten.

  20. 91.

    Steffen, was reden Sie da? Ich wohne da, sehe aber keine großflächigen Abholzungen?

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