Koalitionsbeschluss - Berliner Senatsverwaltungen sollen künftig zehn Prozent einsparen
Der Berliner Senat kämpft mit einem gewaltigen Haushaltsdefizit. Fast 560 Millionen Euro müssen in diesem Jahr eingespart werden. Doch die Lage könnte sich noch verschärfen. Auf einige Verwaltungen kommen wohl enorme Einsparungen zu.
Die Spitzen von CDU und SPD haben sich auf einen Zeitplan verständigt, wie das Berliner Haushaltsdefizit in Milliardenhöhe in den nächsten Jahren aufgelöst werden soll.
Ein wichtiger Schritt dabei: Alle Senatsverwaltungen sollen Vorschläge machen, wie in ihren jeweiligen Etats dauerhaft zehn Prozent gekürzt werden können. Das geht aus einem Beschlusspapier der Koalition hervor, das dem rbb vorliegt. Die neue Sparrunde zielt demnach auf die Jahre 2025 und folgende ab. Koalitionsintern wird davon ausgegangen, dass dann ein jährlicher Konsolidierungsbedarf von 2,5 Milliarden Euro besteht.
Am Wochenende hatte sich eine Spitzenrunde mit dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zunächst verständigt, wie das Haushaltsloch in diesem Jahr gestopft werden kann. Dazu müssen alle Senatsverwaltungen zwei Prozent aus ihren jeweiligen Etats herauskürzen. Zunächst hatte die "Berliner Morgenpost" [Bezahlinhalt] berichtet.
Sparvorgaben werden wohl nicht gleichmäßig verteilt
Diese Vorschläge für das Zehn-Prozent-Ziel sollen als Arbeitsgrundlage bis zum Treffen einer Spitzengruppe der Koalition am 17. Juli vorliegen. An dieser Runde nehmen neben Wegner auch Finanzsenator Stefan Evers (CDU), der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh und die beiden SPD-Landesvorsitzenden Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel teil. Zusätzlich wird eine sechsköpfige Arbeitsgruppe zum Haushalt eingesetzt, die regelmäßig zusammenkommt. Die endgültige Entscheidung soll in der Spitzenrunde mit dem Regierenden Bürgermeister Ende Oktober fallen.
Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass am Ende nicht jede Senatsverwaltung die gleiche Sparvorgabe bekommt. Stattdessen wird die Koalition nicht umhinkommen, politische Entscheidungen zu treffen. Wahrscheinlich ist, dass große Häuser wie die Verkehrs-, Bildungs- oder die Bauverwaltung auch prozentual mehr einsparen müssen als kleine wie etwa die Justizverwaltung. Auch die Bezirke mussten bislang keinen Sparbeitrag vergleichbar mit dem der Senatsverwaltungen leisten. Bleibt es bei dieser Linie, muss an anderer Stelle entsprechend stärker gestrichen werden.
Das hieße, dass die Senatsverwaltungen mehr als die bisher vorgegeben zwei Prozent einsparen müssten. Diese Sparauflage für 2024 hätten alle Verwaltungen erfüllt, teilte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner dem rbb mit. Die Listen mit den konkreten Sparplänen sollen zeitnah ans Parlament weitergeleitet werden.
Kommt das 29-Euro-Ticket auf den Prüfstand?
Angesicht der Größe des Haushaltslochs werden auch Wahlversprechen, kostenintensive Vorhaben und Zusagen auf den Prüfstand kommen. Dazu zählt das 29-Euro-Ticket, das zum 1. Juli eingeführt wird. Fraglich ist zudem, ob die angekündigte Angleichung der Beamtenbesoldung an das Bundesniveau vor dem Hintergrund der dramatischen Haushaltslage vertretbar ist.
Sorgen bereitet den Koalitionspolitikern, dass sich die ohnehin schon angespannte Kassenlage noch einmal verschärfen könnte. In den nächsten Wochen werden aktuelle Zensus-Zahlen erwartet. Sollte die Bevölkerungszählung dazu führen, dass die Einwohnerzahl Berlins nach unten korrigiert werden muss, wirkt sich das unmittelbar auf die Verteilung der Umsatzsteuer aus. Der Senat müsste dann auch für dieses Jahr noch einmal den Rotstift zücken.
"Keine Senatsverwaltung kann jetzt Pause machen"
Zuletzt hatte Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) noch argumentiert, sie könne wegen der Fülle ihrer gesetzlich vorgegebenen Ausgaben nicht mehr als 1,5 Prozent einsparen. Insgesamt müssen im laufenden Jahr Kürzungen in Höhe von 557 Millionen Euro realisiert werden.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) etwa hatte angekündigt, unter anderem die Beschaffung von Fahrzeugen für Polizei und Feuerwehr zu verschieben und beim Sportstättensanierungsprogramm zu sparen. SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe will neben anderen Projekten den Opferentschädigungsfonds einkürzen.
Mit Blick auf 2025 betonte Stettner: "Keine Senatsverwaltung kann jetzt Pause machen." Vereinbart sei, dass alle Häuser "potentielle Leistungsveränderungen und Effizienzgewinne identifizieren und auch fachlich priorisieren". Zum weiteren Zeitplan sagt Stettner, "im Sommer" solle inhaltlich über die notwendigen Umbauten im Haushalt diskutiert werden, damit im Herbst die Entscheidungen in Senat und Parlament umgesetzt werden können.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.06.2024, 9:30 Uhr