Bis zu eine Milliarde Euro - Gutachten hält Notlagen-Kredite wegen Flüchtlings-Kosten für machbar

Di 04.03.25 | 20:31 Uhr
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Symbolbild: Flüchtlingsunterkunft am ehemaligen Flughafen in Berlin Tegel am 15.11.2024. (Quelle: imago/MaurizioxGambarini )
Bild: imago/MaurizioxGambarini

Der Senat muss sparen - doch nun könnte die Berliner Regierung wieder Kredite von bis zu einer Milliarde Euro aufnehmen. Allerdings sollen diese stark zweckgebunden werden, so ein vertrauliches Gutachten, das dem rbb vorliegt.

Das Abgeordnetenhaus kann trotz Schuldenbremse neue Kredite zur Finanzierung von Flüchtlingskosten aufnehmen. Zu diesem Schluss kommt ein vertrauliches Gutachten, das dem rbb vorliegt. Das Gutachten war von der Finanzverwaltung in Auftrag gegeben worden und wurde ans Parlament übermittelt. Voraussetzung sei die Erklärung einer außergewöhnlichen Notsituation durch das Parlament. Aus Parlamentskreisen hieß es, dass es um Kredite von bis zu einer Milliarde Euro gehen könnte.

Ausgaben des Berliner Senats an Zweck gekoppelt

Allerdings erteilen die zuständigen Juristen dem Senat und der schwarz-roten Koalition keinen Freifahrtschein. Sie empfehlen, die Begründung der Notlage an den Ukraine-Krieg zu koppeln. Außerdem müsse der Gesetzgeber sehr detailliert darlegen, welche Ausgabe für welchen Zweck unumgänglich sei und nur über zusätzliche Kredite finanziert werden könne.

Keine Zweifel haben die Gutachter, dass der russische Krieg gegen die Ukraine "mit Blick auf die dadurch ausgelösten Fluchtbewegungen eine außergewöhnliche Notsituation im Land Berlin" darstelle und damit als Begründung taugt. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der russische Überfall schon drei Jahre zurückliege.

Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen kosten Berlin Milliarden Euro

Die Unterbringung und Versorgung verursache immer noch außergewöhnlich hohe Kosten, so die Auffassung der Juristen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht, dass bei mehrjährigen Krisen auch in späteren Jahren eine Notlage erklärt werden könne.

Je nach Berechnungsmethode würden zwischen 1,35 und 1,56 Milliarden Euro im Jahr 2025 für Unterbringung und Versorgung aller Flüchtlinge anfallen, heißt es in dem Gutachten unter Verweis auf Zahlen des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten. Allerdings weisen die Gutachter auch darauf hin, dass der Bund große Teile der Kosten für Unterbringung und Versorgung ukrainischer Flüchtlinge übernehme. Dieser Anteil müsste demnach abgezogen werden.

Empfohlen wird daher, die Kosten für Geflüchtete aus der Ukraine und für Menschen aus anderen Ländern separat aufzuschlüsseln und nach Jahren zu unterteilen. Offen bleibt im Gutachten jedoch, in welcher Höhe Notlagenkredite erforderlich sein könnten.

Zentral für Notlagen-Kredite sei zudem, dass sie im jeweiligen Jahr kassenwirksam werden, schreiben die Anwälte. Damit würden die jüngsten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt. Sie sollen verhindern, dass Kredite quasi auf Vorrat aufgenommen werden, ohne dass schon genau feststeht, wofür genau sie verwendet werden sollen.

Das Gutachten zeigt dem Berliner Senat und der schwarz-roten Koalition einen Weg auf, wie die Notlagenerklärung mutmaßlich umgesetzt werden kann. Der Hauptausschuss wird am Mittwoch sowohl das Gutachten als auch eine Stellungnahme des Landesrechnungshofes beraten. Im Parlament können die Regierungsfraktionen CDU und SPD mit prinzipieller Unterstützung der oppositionellen Grünen und Linken rechnen. Einzig die AfD ist gegen die Aufnahme neuer Kredite.

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4 Kommentare

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  1. 4.
    Antwort auf [fischersfritz] vom 05.03.2025 um 08:52

    Die Ursache für dieses Chaos war Merkel und danach die Ampelpolitik bis heute. Berlin geht es da nicht anders wie viele andere Städte und Gemeinden. Da müssen NGOs nicht bei Geldkürzung demonstrieren wenn man die Gelder streicht. Das alles hat Folgen die vorhersehbar waren. Unsere Steuergelder werden dafür zweckentfremdet und wir werden weiter verschuldet

  2. 3.
    Antwort auf [Lisa] vom 05.03.2025 um 08:01

    Würden Sie diese betriebs- oder volkswirtschaftliche Rechnung auch bei Hochwasserkatastrophen anbringen, dass bevor Rettungsboote hinausfahren, erst einmal Kosten und Nutzen abzuwägen wären, erst einmal die Finanzquellen dafür ausfindig zu machen seien?

    Eine Hilfe als menschliches Gebot geschieht mehr oder minder ad hoc, so wie es auch umgekehrt war und ist. Im Übrigen gehen andere Länder, was die Aufnahme von Flüchtenden angeht, mutiger voran. Nur Diejenigen, die nicht mehr wissen, wie sie ihre sechs- und achtspurigen Straßen sanieren sollen, die für vier oder fünf Stunden am Tag wirklich voll sind, die knausern.

  3. 2.

    Ok, das ist natürlich wieder Wasser auf die Mühlen der AfD, so wird das dann wenigstens etwas mit dem Sieg bei den nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus. Aber dann bitte nicht überrascht sein und spontan gegen Rechts demonstrieren.

  4. 1.

    Haha, ja, lasst uns auch noch das letzte Tafel Silber verschleudern bis wir wirklich gar kein Geld mehr haben.
    Unfassbar, sowas ist nur in Deutschland möglich.