Rechtsextremismus-Vorwürfe - Lehrerinnen an Schule in Spremberg werden diskriminiert und beleidigt
An der Berufsorientierenden Oberschule Spremberg wird eine Lehrerin von einem Schüler körperlich attackiert. Schulamt und Bildungsministerium werden informiert, der Schüler erhält einige Tage Schulverbot. Jetzt erheben Zeugen weitere Vorwürfe. Von Jo Goll
Eingeworfene Scheiben, eine in Brand gesteckte Tür, beengte Platzverhältnisse, Lehrermangel – Probleme gibt es an der Berufsorientierenden Oberschule Spremberg (BOS) zur Genüge.
Dazu gehört auch der Angriff auf eine Lehrerin am 21. Februar. Ein Siebtklässler weigert sich, am Nachmittag dieses Tages eine Klassenarbeit nachzuschreiben. Als er den Klassenraum verlassen will, stellt seine Lehrerin sich ihm in den Weg. Der Schüler schubst sie mit großer Kraft.
Die Lehrerin meldet den Vorfall im Direktorium. Als sie danach in den Klassenraum zurückkehrt, erhält sie erneut mit beiden Händen und hoher "Krafteinwirkung auf die Brust" einen Schlag auf die Brust. Sie fährt nach Hause, ihr Mann bringt sie in die Klinik in Spremberg: Mehrere Prellungen, Blutergüsse werden festgestellt. Die "Lausitzer Rundschau" [€] hatte zunächst über den Fall berichtet.
Schläge und rassistische Beleidigungen
Offenbar wurde die Lehrerin nicht nur geschlagen, sondern auch diskriminierend beleidigt: Mit den Worten "russische Scheiße" sie sie während des körperlichen Angriffs beleidigt worden. So beschreibt es die Lehrkraft, die bald an die Schule zurückkehren wird, in ihrem Bericht an das Cottbusser Schulamt.
BOS-Schulleiter Roland Wolter bestätigt die körperliche Attacke auf die Lehrerin und sorgt dafür, dass der Schüler für einige Tage des Unterrichts verwiesen wird. Doch den Vorwurf der diskriminierenden Beleidigung weist Roland Wolter zurück: "Die anderen Schüler haben herabwürdigende Sätze, die sich auf die Herkunft beziehen, nicht gehört", erklärt der Schulleiter der "Lausitzer Rundschau". War die Attacke nur ein unerfreulicher Einzelfall?
rbb24 Recherche hat mit Menschen gesprochen, die das "Innenleben" der Schule kennen. Sie erheben schwerwiegende Vorwürfe: An der Schule soll es weitere diskriminierende Beleidigungen gegeben haben, auch Hakenkreuz-Schmierereien und Hitler-Grüße.
Wer redet, will anonym bleiben
Ein Telefonat mit einem Elternteil. Die Stimme nervös, aufgebracht. Das Kind, erfahren wir, besucht die BOS in Spremberg. "Die Situation an der BOS ist seit Jahren so. Es gibt rassistische Beleidigungen, Pöbeleien, selbst Lehrerinnen werden als 'polnische Schlampen' beschimpft. Ohne dass etwas passiert." Und der Rektor, erfahren wir, soll "gebetsmühlenartig" immer wieder sagen, dass es keine Gewalt, keinen Rassismus, keine Diskriminierung an der Schule gebe. Eltern und Schüler haben Angst, wir sollen jeden Hinweis auf die Identität unserer Gesprächspartner unterlassen.
Es gibt weitere Vorwürfe – auch aus dem Lehrkörper der Schule: So soll ein Lehrer immer wieder mit rassistischen Äußerungen auffallen. "Der Kollege bezeichnet Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund als Kanaken", heißt es. Auch im Kollegium sei das bekannt, aber keiner unternimmt etwas dagegen.
In eine Toilettentür wurde "A..H" und "KZ" geritzt, ein Aufkleber mit "Deutsches Reichsgebiet" und Hakenkreuz-Ritzereien wurden in der Vergangenheit entdeckt. Darüber hinaus sei ein Schüler einen Vormittag lang mit einer schwarz-weiß-roten Armbinde durch die Schule gegangen: "Das Signal war eindeutig", wird uns erzählt. "Die Farben des Deutschen Reiches sind in der rechtsextremen Szene auch in Spremberg beliebt." Zuletzt wurde eine Gruppe von mehreren Schülern beobachtet, die eine Lehrerin provoziert haben soll, die auf Hitler-Grüße reagiert und die Schüler damit konfrontiert habe. Die Reaktion der Schüler: "Dann heben sie auf Kommando alle den rechten Arm und sagen zu der Lehrerin: Schauen Sie mal, da oben fliegen Vögel."

Verhältnisse wie in Burg
Niemand will seinen Namen nennen, die Angst vor den mutmaßlich rechtsextremen Schülern ist groß. Die Geschichten rund um die BOS erinnern an die Vorgänge vor zwei Jahren im nur knapp 50 Kilometer entfernten Burg. Dort hatten an der Oberschule mehrere rechtsgerichtete Schüler über Monate Mitschüler bedroht und eingeschüchtert. Dazu gab es im gesamten Schulgebäude immer wieder Hakenkreuz-Schmierereien, Hitler-Grüße im Klassenzimmer, Mobbing gegen die wenigen Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund. Der Fall wurde nach einem Brandbrief von zwei Lehrern öffentlich und sorgte bundesweit für Schlagzeilen.
Bündnis fordert verantwortungsvolles Handeln der Schulleitung
Inzwischen hat sich das Bündnis "Schule für mehr Demokratie" der Vorgänge an der BOS angenommen. In einem Brief an das Schulamt Cottbus und mehrere Medien, unter anderem den rbb, fordert das Bündnis vom Schulleiter ein "kollegiales und verantwortungsvolles Handeln" für alle Lehrkräfte, Schüler und Eltern der Schule. Zudem brauche es jetzt ein "klares Bekenntnis zu den alltäglichen, rassistischen Vorfällen und daraus resultierenden Handlungserfordernissen", heißt es in dem Schreiben weiter. Das Team vom Bündnis "Schule für Demokratie" kündigt an, dass man an dem Fall BOS dranbleibe und auf Veränderungen setze, die wirksam seien und eine demokratische Haltung zeigten.
Schulleiter Roland Wolter lässt die Fragen von rbb24 Recherche unbeantwortet. Das Bildungsministerium in Potsdam teilt dem rbb mit, dass man die rassistischen Beleidigungen gegen die verletzte Lehrerin nicht bestätigen könne. Konkrete Äußerungen des Schülers wie "Russische Scheiße" seien nicht bekannt. In den Schuljahren 23/24 und 24/25 seien dem Ministerium von der BOS jeweils zwei Vorfälle gemeldet worden. Dabei handele es sich um Fälle von Gewaltandrohung, Körperverletzung und fremdenfeindlichen Äußerungen.
Nach der Erstveröffentlichung dieses Textes teilte das Bildungsministerium noch mit, dass dort keine Vorfälle mit rassistischem, diskriminierendem oder rechtsextremistischem Hintergrund bekannt seien. In Bezug auf den Lehrer, der Schüler mit Migrationshintergrund als "Kanaken" bezeichnet haben soll, heißt es: "Die Aussage kann so nicht bestätigt werden."
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.03.2025, 19:00 Uhr