"Reporter ohne Grenzen" - Fast 90 Angriffe auf Journalisten im vergangenen Jahr - die meisten in Berlin

Di 08.04.25 | 06:07 Uhr
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Ausrüstung eines Kamerateams liegt nach einem Übergriff zwischen Alexanderplatz und Hackescher Markt auf dem Boden. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Audio: Radioeins | 08.04.2025 | Michael Mellinger | Bild: dpa/Christoph Soeder

Immer wieder werden Reporter angefeindet und angegriffen. Viele Menschen würden Medienschaffende als Feinde betrachten, heißt es von "Reporter ohne Grenzen". Um deren Arbeit zu schützen, stellt die Organisation Forderungen an die Politik.

Die Zahl der Übergriffe auf Medienschaffende und Medienhäuser hat sich in Deutschland im vergangenen Jahr gegenüber 2023 verdoppelt. Die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" hat bundesweit 89 Attacken dokumentiert, ein Jahr zuvor waren es noch 41 Angriffe.

Gewalt gegenüber Journalistinnen und Journalisten sei vor allem im Brennpunkt Berlin ein Thema, wo sich 49 der bundesweit dokumentierten Fälle ereigneten, hieß es. Die meisten Übergriffe seien am Rande von Nahost-Demonstrationen in der Hauptstadt gezählt worden. 29 dieser Attacken richteten sich gegen zwei Reporter, die immer wieder angegriffen worden seien.

Im Rest Deutschlands gerieten Medienschaffende weiterhin zumeist bei der Berichterstattung von rechtsextremen und verschwörungstheoretischen Versammlungen in Gefahr. Dort seien für das vergangene Jahr 21 Übergriffe gezählt worden, teilte "Reporter ohne Grenzen" mit. Die Organisation geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

Wachsende Pressefeindlichkeit - schrumpfende Medienvielfalt

Generell erlebten Reporterinnen und Reporter im Kontakt mit der Bevölkerung eine wachsende Pressefeindlichkeit, hieß es. Aber auch innerhalb der Redaktionen habe es 2024 Konflikte gegeben: Vor allem nach dem 7. Oktober 2023, dem Tag des terroristischen Anschlags der Hamas auf Israel, sei der Organisation immer wieder von einem "stark verengten Meinungskorridor" bei der Arbeit zu Israel und Palästina berichtet worden. Unter anderem Auslandskorrespondenten schilderten aus den Redaktionen äußerst langwierige Kontroll- und Aushandlungsprozesse zu Begriffen, mit denen die israelische Kriegsführung kritisiert werde.

Grundsätzlich halte sich die Medienvielfalt in Deutschland weiterhin auf einem international hohen Niveau, doch wirtschaftlicher Druck gefährde sie zunehmend. Während öffentlich-rechtliche und private Sender weiterhin ein großes Angebot hätten, nehme die Zahl unabhängiger Lokalzeitungen ab. Seit 1992 sei der Anteil der Landkreise, in denen es nur noch eine Lokalzeitung gebe, von 33,5 auf 46,75 Prozent gestiegen, hieß es. "Reporter ohne Grenzen" fordert deshalb die steuerliche Anerkennung von gemeinnützigem Journalismus.

Plädoyer für Quellenschutz und Zugang zu Informationen

Auch Quellenschutz und Schutz vor Überwachung gehören zum Forderungskatalog. Vorhaben wie die IP-Vorratsdatenspeicherung, die Ausweitung von Staatstrojanern, der Einsatz biometrischer Identifikationsverfahren und Datenbanken oder das Brechen von Verschlüsselung gefährden die vertrauliche Kommunikation zwischen Medienschaffenden und ihren Quellen.

Die Journalistenorganisation wendet sich zudem gegen einen Vorstoß der Union in den Koalitionsverhandlungen, das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in seiner bisherigen Form abzuschaffen. Die Onlineplattform "Frag den Staat" [fragdenstaat.de] hatte die entsprechende Passage im internen Verhandlungspapier der zuständigen Arbeitsgruppe öffentlich gemacht. Die journalistischen Möglichkeiten der Informationsgewinnung und Recherche dürften nicht beschnitten werden, hieß es von "Reporter ohne Grenzen". Das IFG regelt den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen bei Bundesbehörden.

Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht Deutschland auf Platz 10 von 180 Staaten. Diese wird am 3. Mai neu veröffentlicht.

Sendung: Radioeins, 08.04.2025, 6:30 Uhr

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104 Kommentare

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  1. 104.

    Verblüffend, was man alles in einen Beitrag hineininterpretieren kann. Es hatte mich lediglich interessiert, bei welchen Informationskanälen sich Heiko, der die Medien für unglaubwürdig und andere Foristen für propagandahörig hält, bedient, um sich entsprechend zu äußern.
    "Es gab mal Zeiten da dachte man die Erde wäre eine Scheibe." -----> Heute fühlen sich manche Zeitgenossen in einer Blase wohl.

  2. 103.

    Eine Meinung kann nur subjektiv sein.
    Menschen wie Sie denken das sie die absolute Wahrheit kennen und haben keine Zweifel.
    Ich informiere mich nicht einseitig und glaube auch nicht alles. Ihnen könnte es auch helfen.
    Es gab mal Zeiten da dachte man die Erde wäre eine Scheibe.
    Man kann sich informieren, man muss auch hinterfragen?

  3. 102.

    Die Anweisung zur Suche hat der/die Betroffene ja bereits erhalten. Warum er/sie sich dort nicht informieren will und stattdessen in simpel gestrickte Beleidigungen abrutscht, erschließt sich mir nicht. Dort kann er/sie sich auch die bevorzugte Quelle aussuchen. Wer weiß, wo sich solche Leute sonst informieren.

  4. 101.

    Offensichtlich wurden Sie selbst getroffen, so sehr, wie Sie sich erregen. Und egal, welchen Namen Sie verwenden, Ihre unangehehm überhebliche Art ist unverkennbar. Was ignoriert werden könnte, wenn nicht stets populistische Faktenverdrehung beigefügt wäre. So müssen Sie halt auch die für Sie unangenehme Aufklärung ertragen. Sie hetzen nur.

  5. 97.

    Es gibt keine unabhängigen Medien. Spätestens wann es um die Finanzierung geht, ist es damit vorbei. Das gilt übrigens auch für zwangsfinanzierte Anstalten, die nicht auf den Verkauf ihrer Produkte angewiesen sind.

  6. 96.

    Heiko informiert sich bei X, TikTok und Telegram, dort sind diese Narrative unterwegs. Dann gibts noch die ,,Höcke-Uni“.

  7. 95.

    Trag doch mal was Sinnvolles zur Sache bei. Schaffste das?

  8. 94.

    Also wollen Sie sich mit ihrer Unfähigkeit brüsten? Ob das so geschickt ist? Aber spielen Sie ruhig weiter den Dummen.

  9. 93.

    "Es gibt keine unabhängigen Medien und freie Presse schon mal gar nicht. etc...." ------> Alle Medien sind also abhängig, tendenziös, unfrei und betreiben Propaganda. OK, dann würde mich doch mal interessieren, wie und wo sich Heiko seine -natürlich objektive- Meinung bildet? Durch Hörensagen?

  10. 91.

    Ich nehme zur Kenntnis, dass hier Hinweise ignoriert werden.

    "Zufällige Interviews ARD ZDF" kann auch von totalen Laien im Internet gesucht werden. Als Upgrade gibt es sogar auf Youtube Ton dazu. Warum also tun sich einige hier so schwer? Stört denn die Wahrheit so sehr, dass man auf stur stellt? Das hilft doch nicht und hinterlässt einen hilflosen Eindruck.

  11. 89.

    Viel Text und im Grunde nur haltlose Behauptungen. Mit dem Beigeschmack, dass Sie wohl offenbar nicht umfassend informiert sind.

  12. 88.

    Falsch! Sie haben keine Ahnung: die Journalisten, um die es geht, haben Journalismus studiert, aber in Ihrer russischen Blase, ignoriert man das.

  13. 87.

    Es gibt keine unabhängigen Medien und freie Presse schon mal gar nicht.
    Die Journalisten sind im allgemeinen abhängig von denen die sie bezahlen.
    Es reicht aus sich zu informieren woher die Gelder kommen.
    Zu den Reportern ohne Grenzen reicht ein Blick in Wikipedia.
    An Patrick Baab kann man erkennen wieviel Unabhängigkeit wert ist. Wenn Sie das nicht erkennen war Propaganda erfolgreich.
    Vergleicht man den Umgang hier mit Nawalny, Assange und den Journalisten in Gaza muss man sich nicht wundern.
    Angreifbar machen sich Journalisten da diese sich zu oft mit einer Sache gemein machen.

  14. 86.

    Jeder, der ein Handy hat und etwas aufnimmt, nennt sich heute „Journalist“ - einen Kodex gibt es nicht mehr, es wird an Tat- und Ereignisorten und in Privatsphären gnadenlos herumgetrampelt, das Recht aufs eigene Bild kann man nur noch hinterher einklagen. Die Zahl autokratischer Regierungen wird auch immer größer. Angesichts solchen Verhaltens wundert man sich doch nicht wirklich über Übergriffe?