Die skurrilsten Sätze aus dem Koalitionsvertrag - "Der Einstieg beim Bus soll ... an allen Türen erlaubt werden"
6 Wochen Verhandlungen für 250 Seiten Koalitionsvertrag. Doch was steht eigentlich drin in dem Werk von SPD, Linken und Grünen? Allerhand! Aber auch viele Sachen, die man zweimal lesen oder über die man sofort lachen muss. Oder auch gar nicht versteht.
Der Koalitionsvertrag von Rot-Schwarz aus dem Jahr 2011: 103 Seiten.
Der Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün 2016: 2016: 251 Seiten (vorläufig).
Fast 150 Seiten Differenz. Woran liegt das?
Nun, die Meinungen gehen da auseinander. Die zukünftigen Koalitionäre sagen: "Wir wollten weg von Texten, die nur Überschriften verkünden. Wir wollten Texte mit Inhalten. Da ist aber nicht nur Lyrik drin." (Klaus Lederer).
Es könnte aber auch an einer, sagen wir, kleinen Regulierungswut liegen. Oder an den Besonderheiten Berlins. Das zeigt sich dann an Sätzen wie diesem:
"Der Einstieg beim Bus soll in der Hauptverkehrszeit grundsätzlich an allen Türen erlaubt werden." (Seite 56)
BVG-Busfahrer und Fahrgäste wird es sicherlich freuen, wenn sich 50 auf den M29 wartende Menschen nicht mehr vorne durch eine kleine Tür zwängen müssen.
Noch weitreichender wäre allerdings die Entscheidung gewesen, wenn man mit dem Fahrrad zukünftig doch in den ersten U-Bahn-Wagen darf.
Beim nächsten Satz klemmen wir uns sämtliche Häme und hoffen auf das Beste (Ende 2017 soll es angeblich so weit sein. Es gibt also noch ausreichend Puffer. Der Vertrag gilt bis 2021.)
"Die Koalition will den Flughafen BER schnellstmöglich fertig stellen und in Betrieb nehmen." (Seite 62)
Ein kleines Faible für Holz ist im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag durchaus erkennbar (auch Schulen sollen so gebaut werden). Wir fragen uns: Wird Brandenburg jetzt abgeholzt?
"Die Verwendung von Holz als Baustoff wird durch ein Innovationsprogramm gefördert." (Seite 32)
Wenn Sie diesen folgenden Satz beim ersten Lesen verstehen und korrekt wiedergeben können, dann laden wir Sie in die Masurenallee zu einem Kaffee ein.
"Die Koalition wird die Berliner Bauordnung novellieren mit dem Ziel, eine stärkere Begrünung von Grundstücken und Gebäuden, mehr recyclingfähige Baustoffe, eine Vereinfachung der Genehmigung von Holzbauten, mehr Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden und im Wohnungsbau, eine Genehmigungspflicht von Abrissen, eine Abstandsfläche von 0,5 mal Gebäudehöhe ein schärferes Verunstaltungsverbot und eine kürzere Geltungsdauer von Baugenehmigungen zu erreichen." (Seite 24)
Komisch, dass man das so aufschreiben muss, aber: Taxis mit Berliner Kennzeichen dürfen immer noch nicht leer nach Schönefeld fahren, um dort Gäste aufzunehmen. Nur die mit mit dem Kennzeichen LDS. Falls Sie also mal einen freundlichen Taxi-Fahrer haben - der kommt nicht aus B.
"Berliner Taxis müssen am BER Fahrgäste laden können." (Seite 58)
Nicht mal mit Google konnten wir auf die Schnelle klären, was alles unter "muskelbetriebenem Wassersport" zu verstehen ist.
"Die weitere Nutzung des Müggelsees für den muskelbetriebenen Wassersport wird gesichert." (Seite 243)
"Herr Lederer, wir gehen jetzt essen."
"Der Regierende Bürgermeister und die Bürgermeister*innen informieren sich frühzeitig und umfassend über grundsätzliche politische Entscheidungen und Entwicklungen sowie wesentliche Termine." (Seite 249)
Heißt das, dass es auf dem Alexanderplatz jetzt kein Weihnachtsmarkt mehr stattfinden darf? Oder das Oktoberfest? Oder der Ostermarkt?
"Der Platz ist von übermäßiger kommerzieller Nutzung zu entlasten." (Seite 42)
Nach dem fünften Lesen haben wir eine ungefähre Ahnung, worum es gehen könnte.
"Die Koalition unterstützt die Erweiterung bestehender Welterbe-Ensembles, deren Arrondierung sowie die Sondierung von Möglichkeiten internationaler serieller Nominierungen." (Seite 46)
Wir haben 3x durchgezählt: Es wird 360x mit einem * gegendert. Das gab es früher unter Rot-Rot noch nicht - und wurde offensichtlich von den Grünen eingebracht. Auch eine neue Kultur.
"Es werden fußgänger*innenfreundliche Ampelschaltungen eingerichtet und fehlende Fußgänger*innenfurten an Lichtsignalanlagen nachgerüstet." (Seite 51)
Wir übersetzen das mal: Die Koalition hofft, dass Polizisten in einem Einsatz miteinander reden können. Funktioniert in Berlin leider nicht immer.
"Der Digitalfunk muss in der ganzen Stadt flächendeckend einsatzbereit sein." (Seite 196)