Ex-Hertha-Trainer Jürgen Röber im Interview - "Deisler war der beste Fußballer, den ich je hatte"

Do 26.12.24 | 09:23 Uhr
  6
Ex-Hertha-Trainer Jürgen Röber im Jahr 2001 (imago images)
Bild: imago images

Als Jürgen Röber Anfang 1996 zu Hertha BSC kam, war der Klub ein Zweitligist. Drei Jahre später spielte er Champions League. Warum Röber sein eigentliches Ziel schon früher erreicht hatte und welches Problem die Taxifahrer mit ihm hatten.

rbb|24: Herr Röber, …

Jürgen Röber: Geht’s um die Zeit bei Hertha? Was soll ich Ihnen dazu noch sagen? Ich weiß noch, dass ich damals zu meinem Co-Trainer gesagt habe: Wenn wir die Hütte mal voll haben, dann haben wir es geschafft.

Im Januar 1996 wurden Sie Trainer des damaligen Zweitligisten Hertha BSC. Im letzten Heimspiel der Saison gegen Fortuna Köln verirrten sich 4.444 Zuschauer ins Olympiastadion. Zehn Monate später, gegen den 1. FC Kaiserslautern, waren es 75.000 — ausverkauft.

Richtig, gegen Otto (Rehhagel, Trainer der Lauterer; Anm. d. Red.) war das damals.

Es war das Duell Erster gegen Zweiter, am Ende stiegen beide auf. Zwei Jahre später führten Sie die Hertha in die Champions League. Unlängst wurden Sie dafür vom Verein geehrt, 25 Jahre danach. Und dann standen Sie da vor der Ostkurve und waren sichtbar gerührt.

Mir sind die Tränen gekommen. Weil damals viele gesagt hatten: Ach, da kommt wieder einer, der will die nach oben bringen, das schaffen die sowieso nie. Und dann haben wir es eben doch geschafft.

Glücklich, das Sie das noch einmal nachempfinden konnten?

Ja, logisch. Ich bin sowieso relativ emotional. Unabhängig davon: Ich liebe halt Berlin und all die wunderbaren Menschen, die ich da kennengelernt habe.

Dabei hatte man Sie im April 1998 eigentlich schon so gut wie entlassen. Zumindest hatte der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Robert Schwan das in einem Halbzeit-Interview in laufende Fernseh-Kameras gesprochen.

Ach, das gehörte einfach dazu, das musste ich akzeptieren. Robert war auch so ein emotionaler Mensch, der sich zigmal entschuldigt hat danach.

Sie blieben und entwickelten die Mannschaft in Zusammenarbeit mit Manager Dieter Hoeneß immer weiter. Es kamen großartige Fußballer wie Marcelinho, Alex Alves oder Dariusz Wosz. Sie aber sagten einmal: Der größte für mich war Sebastian Deisler.

Der hatte alles. Schnelligkeit, Sprungkraft und eine Schlagtechnik mit seinem rechten Fuß — unfassbar. Das war der beste Fußballer, den ich je hatte. Das Einzige, was er nicht hatte: Der ist mit dem Druck nicht klargekommen. Das war einfach schade.

Auch Pal Dardai haben Sie geholt, 1997. Er ist immer noch da. Hätten Sie gedacht, dass er so lange beim Verein bleibt, sogar Trainer wird?

Man weiß vorher nie, wie es sich genau entwickelt. Aber er war immer fleißig, hatte eine gute Einstellung und alles, um sich weiterzuentwickeln. Und darum ist es mir immer gegangen. Ich habe immer versucht, Leute zu verbessern. Ich meine, Michael Preetz hat hier zu Beginn das leere Tor nicht getroffen. Sie lachen. Aber ist doch wahr.

1997: Hertha-Trainer Jürgen Röber im Olympiastadion (Quelle: imago images/Camera 4
imago images/Camera 4

Hertha-Erfolgstrainer - Jürgen Röber

Jürgen Röber, geboren 1953 Im Kreis Quedlinburg und aufgewachsen in NRW, ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler und -trainer. Röber bestritt als Mittelfeldspieler 303 Erst- und 104 Zweitligaspiele. Er trainierte Hertha BSC von 1996 bis 2002 und führte den Verein 1997/98 in die Bundesliga sowie 1998/99 mit dem dritten Tabellenplatz in die Champions League. Er gilt als einer der erfolgreichsten Trainer in der Geschichte von Hertha BSC. 2011 beendete er seine Trainerkarriere. Zuletzt war er bis 2020 Sportdirektor beim belgischen Klub Royal Excel Mouscron.

Schon als Spieler galten Sie als akribischer Arbeiter, ganz besonders im Training.

Ich habe immer gesagt: Warum muss ein Golf- oder Tennisspieler immer dasselbe machen aber ein Fußballer nicht? Ich habe immer Techniktraining gemacht. Als Spieler und als Trainer. Immer wieder. Die einfachsten Dinge. Ich habe die Spieler manchmal ans Kopfballpendel geschickt und dann gedacht: Oh Gott, oh Gott, was ist denn da los? Die sind hochgesprungen, da war der Ball schon weg. Aber irgendwann kommt das Timing. Und am Ende wurde Michael Preetz, der hier anfangs rumgestolpert war, auch deshalb Torschützenkönig in der Bundesliga und Nationalspieler. Er ist das beste Beispiel. Man muss den Hut ziehen vor dem Langen (der Spitzname von Michael Preetz, Anm. d. Red.).

Auch auf Fitness haben Sie großen Wert gelegt.

Meine Spieler haben mich dafür gehasst. Wenn ich dienstags gesagt habe: Ach, heute gehen wir mal wieder ein bisschen in den Wald; dann haben die alle schon die Augen verdreht.

Sie selbst sollen auch privat gern gelaufen sein, um den ganzen Stress abzubauen. Gern auch mal nachts. Wo in Berlin läuft es sich denn am besten?

Ich bin so gut wie nie durch die Stadt, manchmal im Wald und unglaublich viel im Tiergarten gejoggt. Aber da kannst Du nachts nicht laufen.

Sie lachen.

Ich bin schon ein bisschen bekloppt, aber nachts durch den Tiergarten — das ginge dann doch zu weit.

Heute spielt Hertha wieder in der zweiten Liga, so wie damals, als sie kamen. Immerhin ist das Stadion heute oft voll, der Verein wirkt geschlossen. Glauben Sie, dass der viel zitierte Berliner Weg zurück in die Bundesliga führt?

Ich hoffe es. Aber es gehört so vieles dazu. Die finanziellen Mittel, ein glückliches Händchen. Ich kann nur die Daumen drücken. Es wäre schön für die Hauptstadt.

Zur Ihrer Zeit bei der Hertha wurden Sie mal zum hübschesten Fußball-Trainer der Bundesliga gewählt. Es heißt, Taxifahrer hätten Sie früher häufiger mal gefragt, ob Sie eigentlich Schauspieler seien, wegen Ihrer markanten Gesichtszüge. Sie hätten dann gern geantwortet: "Ich habe gerade Drehpause". Womit verbringen Sie Ihre Zeit heute am liebsten?

Ich mache nach wie vor immer noch fast jeden Tag Sport. Auch weil ich so gern esse. Und ich schaue Fußball, alles was kommt. Wäre ja schlecht, wenn ich das nicht mache.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.

Sendung: rbb24, 26.12.2024, 22 Uhr

Kommentar

Bitte füllen Sie die Felder aus, um einen Kommentar zu verfassen.

Kommentar verfassen
*Pflichtfelder

Aus datenschutzrechtlichen Gründen werden Kommentare, bei denen die E-Mail-Adresse in den Feldern Name, Wohnort oder Text geschrieben wurde, nicht freigegeben. Mit Nutzung der Kommentarfunktion stimmen Sie unserer Netiquette sowie unserer Datenschutzerklärung (Link am Ende der Seite) zu. Wir behalten uns vor, Kommentare, die nicht zu einer konstruktiven Diskussion beitragen, nicht freizugeben oder zu löschen. Wir geben keine Auskunft über gelöschte oder nicht freigegebene Kommentare. Mit der Abgabe eines Kommentars erklären Sie sich mit diesen Regeln und den Kommentarrichtlinien des rbb einverstanden.

6 Kommentare

  1. 6.

    Sehr schönes Interview und es freut mich zu lesen, dass es ihm gut geht.
    Vielleicht ist die Zeit zwischen den Feiertagen ja auch mal eine Chance, 'insich' zu gehen und Fußball einfach mal die 'schönste Nebensache der Welt' sein zu lassen.
    Ich wünsche allen Hertha-Fans eine erholsame Zeit.

  2. 5.

    Da zeigt sich das Leistungsprinzip bei Hertha BSC, der, den Verein in die Mittelmäßigkeit der 1.Liga führte und letztlich den dauerhaften Abstieg in die 2.Liga zu verantworten hat, wird als "Hertha-Legende" gefeiert.
    Wieweit auch der Fragenstellende in der blau-weißen Traumwelt und weitab von der Realität ist, zeigt die Aussage, dass sich "der Verein wirkt geschlossen" versteift.
    Ja, darum wird Platz 12 überwintert und von Aufstieg weit entfernt.
    Wahrscheinlich gehört der Fragende zu dieser glaskugelbefragenden Expertentruppe, die immer ein 3:1 Herthasieg erhoffen und die darauf folgende Klatsche Schönreden.

  3. 4.

    Als alter Unioner mit etwas blau weiß im Blut sage ich, ja Deisler war der Beste, vor allem aber war Jürgen Röber der beste Trainer, den Hertha hatte. Der hat die Spieler richtig heran genommen, ohne sich unbeliebt zu machen. Ich möchte allen Herthanern und Unionern ein erfolgreiches neues
    Jahr für unsere Vereine wünschen und natürlich wieder Derbys in der neuen Saison in der 1. BL.

  4. 3.

    Das Interview mit Schwan habe ich immer noch genau vor Augen und im Ohr. Ich dachte nur: "Was hat der denn genommen?" Hertha stand doch ganz gut da. Die Zeit mit Röber war ohnehin die Beste für Hertha. Danach wurde es nie wieder so. Was da alles für Trainer verschlissen wurden.

  5. 2.

    Ein herrliches Gespräch! Alles Gute für Jürgen Röber! und ich denke er hat Recht: die 1.Liga wartet auf die Hertha, aber diese Denkpause war offenbar nötig und jetzt leben wir von der Hoffnung.

  6. 1.

    Ach herrlich, was für eine Zeit. Die CL Spiele. Lange her. Noch länger das UEFA Duell mit Roter Stern in den 70er.
    Wer weiß was kommt.
    Neugierig bleiben, Hoffen und Daumen drücken. Schönen zweiten WFTag

Nächster Artikel