Beschluss in der Koalitionsrunde - Unter den Linden soll autofrei werden
Jetzt ist es beschlossene Sache: Unter den Linden soll nach dem Willen von Rot-Rot-Grün ab 2019 weitgehend autofrei sein. Verkehrssenator Geisel sagte zur Begründung, der Besucherstrom auf dem Boulevard werde sich verdoppeln, wenn das Schloss erst einmal eröffnet sei.
Geht es nach SPD, Linken und Grünen, fahren auf dem Berliner Boulevard Unter den Linden ab 2019 keine normalen Autos mehr. Zwischen Brandenburger Tor und dem neuen Humboldtforum sollen dann nur noch Fußgänger, Radfahrer und Busse, Taxen und diplomatischer Verkehr unterwegs sein. Darauf haben sich die drei Parteien am Samstag in den Koalitionsverhandlungen in Berlin geeinigt.
Sobald das Stadtschloss fertig sei, werde sich der Besucherstrom Unter den Linden auf drei Millionen im Jahr verdoppeln, sagte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Samstag. Die vielen Reisebusse müssten irgendwo untergebracht werden. Allein aus Platzgründen müsse der Verkehr dann anders geführt werden. SPD, Linke und Grüne erwarten einen "deutlichen Attraktivitätsgewinn" in der Mitte der Stadt.
Baustelle bremste Autofahrer eh schon aus
Bevor die berühmte Straße für U-Bahn-Bauarbeiten aufgerissen wurde, seien Unter den Linden täglich 30.000 Autos unterwegs gewesen, sagte Geisel. Seit Beginn der Bauarbeiten seien es nur noch 8.000. Von der Umgestaltung seien also weniger Autofahrer betroffen, als man annehmen könne. Sie sollen künftig südlich und nördlich des Boulevards geführt werden. Dafür müssten einige Einbahnstraßen geschaffen werden. An der Friedrichstraße, die Unter den Linden quert, soll die autofreie Zone unterbrochen werden.
Der Straßenraum könne ab 2018 neu gestaltet werden, weil an der neuen U-Bahn dann nur noch unterirdisch gebaut werde, sagte Geisel. Einen Großteil der Kosten für die Umgestaltung müssten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) als Verursacher der großen Baustelle tragen. Die Verkehrsführung auf beiden Seiten des Boulevards muss neu gedacht werden - unter anderem könnte es eng werden für die Straßenbahn, die bislang zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz über die Leipziger Straße geführt werden soll.
Mehr Straßenbäume, mehr Grünflächen
"Berlin wird grüner", kündigte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek am Samstag an. Nicht nur in Hinsicht Verkehr: Neben tausenden neuen Straßenbäumen sollen auch Flächen für neue Parks und andere Grünverbindungen gekauft werden. Obwohl dringend Platz für Schulen, Kitas und Wohnungen gebraucht wird, sollen die 73.600 Berliner Kleingärten erhalten bleiben - wenn auch nicht immer dort, wo sie jetzt sind. An den Plänen für ein Flussbad zwischen Spree-Insel und Bodemuseum hält Rot-Rot-Grün fest - auch wenn das wegen Problemen mit der Wasserqualität Zukunftsmusik sein dürfte.
Mehr Wohnfläche will die angehende Koalition hingegen durch den Ausbau von Dachgeschossen gewinnen. Außerdem soll ein Hochhaus-Plan entwickelt werden. Wo neue Wohngebiete geplant werden, ist noch umstritten. In jedem Fall soll sich im Gebiet zwischen Bahnhof Zoo und Ernst-Reuter-Platz etwas tun. Auch über die historische Mitte der Stadt soll weiter debattiert werden.
SPD, Linke und Grüne einigten sich, das ehemalige Flughafengebäude in Tempelhof für Kultur- und Kreativszene zu sanieren. Mit dem Bund wollen sie über einen Wiederaufbau der Schinkelschen Bauakademie sprechen. Den Alexanderplatz will die angehende Koalition deutlich umgestalten und freundlicher machen. Eine Vorentscheidung über die Versetzung des Neptunbrunnens ans Humboldtforum gab es allerdings noch nicht. Hier sei man nicht unter Zeitdruck, betonte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD).
Mehr Radwege, mehr Straßenbahnen
Bereits am Freitag wurde bekannt, dass Rot-Rot-Grün die Berliner Verkehrspolitik deutlich verändern will: Am Freitag kündigte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek an, eine rot-rot-grüne Koalition werde alle Forderungen des Fahrrad-Volksentscheids übernehmen. Dazu gehören Radwege an allen Hauptstraßen, mehr Fahrradstraßen und entschärfte Kreuzungen.
Weiter wurde beschlossen, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auszubauen. Straßenbahnlinien sollen ausgebaut und auch in den Westen der Stadt geführt werden. Zudem werden die Taktzeiten verdichtet. Auf lange Sicht soll auch eine neue Tarifstruktur erarbeitet werden.
Neue Parkzonen sollen allerdings zunächst erst einmal geprüft werden. Hier hatte es den Vorschlag gegeben, innerhalb des S-Bahn-Rings alle Plätze kostenpflichtig zu machen.
SPD, Linke und Grüne verhandeln in Berlin über die Bildung der bundesweit ersten rot-rot-grünen Landesregierung unter SPD-Führung. Bis Mitte November soll der Vertrag stehen, dann stimmen die Parteien darüber ab.