Belästigungsvorwürfe gegen Gelbhaar - Pankower Grüne sollen neu über Direktkandidaten entscheiden

Sa 21.12.24 | 12:34 Uhr | Von Ute Schuhmacher
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Archivbild: Stefan Gelbhaar im Bundestag. (Quelle: imago-images/dts)
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Audio: rbb 88.8 | 20.12.2024 | Ute Schuhmacher | Bild: imago-images/dts

Der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar hat seine Kandidatur für die Landesliste der Berliner Grünen zurückgezogen. Grund sind Belästigungsvorwürfe, die zunächst parteiintern geklärt werden sollen. Nun geht es um seine Direktkandidatur.

Nachdem der grüne Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar seine Bewerbung für die Bundestagsliste zurückgezogen hatte, könnte er jetzt auch seine Direktkandidatur verlieren. Hintergrund sind Belästigungsvorwürfe. Der Grüne Kreisverband Berlin-Pankow lädt zu einer weiteren Wahlversammlung ein, bei der erneut ein Direktkandidat aufgestellt werden soll. Das teilte der Kreisverband seinen Mitgliedern in einer Mail am Freitag mit, die dem rbb vorliegt.

Nach langen Beratungen habe man sich entschlossen, eine erneute Wahlversammlung für den Januar einzuberufen. Den Mitgliedern soll die Möglichkeit gegeben werden, auf Basis der aktuellen Ereignisse zu entscheiden. Nach rbb-Informationen will Stefan Gelbhaar bis zu der Neuwahl Direktkandidat bleiben.

Mehrere Meldungen bei Ombudsstelle

Ausgangspunkt für den Rückzug Gelbhaars war offenbar eine Schaltkonferenz des linken Berliner Parteiflügels. Der fand fünf Tage vor dem Parteitag am 14. Dezember statt. Dort hatte nach rbb-Informationen ein Parteimitglied den Vorwurf erhoben, Gelbhaar habe Frauen belästigt.

Gelbhaar hatte die Anschuldigungen zurückgewiesen. Seine Kandidatur für die Berliner Landesliste zur Bundestagswahl 2025 hatte er jedoch zurückgezogen. In einem kurzen Schreiben begründete er den Rückzug damit, die Vorwürfe parteiintern klären zu wollen. Näher ging Gelbhaar selbst auf die Vorfälle nicht ein.

Wie der rbb erfuhr, hat sich bislang eine Personenzahl im unteren zweistelligen Bereich mit Belästigungsvorwürfen gegen Gelbhaar bei der Ombudsstelle der grünen Bundespartei gemeldet und über sexuelle Belästigungen durch Stefan Gelbhaar berichtet.

Nicht die ersten Vorwürfe gegen Gelbhaar

Über die konkreten Vorwürfe ist bislang nichts öffentlich bekannt. Eine Sprecherin der grünen Bundespartei bestätigte auf rbb-Anfrage lediglich den Eingang von Beschwerden. Stefan Gelbhaar habe sich zu einem geordneten Ombudsverfahren bereiterklärt. Das werde so schnell wie möglich, aber mit Sorgfalt bearbeitet. Das Ombudsverfahren setze Vertraulichkeit voraus, weshalb sich die Partei zu weiteren Einzelheiten nicht äußere.

Wie der rbb erfuhr, ist das allerdings für Stefan Gelbhaar nicht das erste Ombudsverfahren. Bereits vor gut einem Jahr waren ihm schon einmal Belästigungen vorgeworfen worden. Gelbhaar hatte sich nach rbb-Informationen damals auch dem Ombudsverfahren unterzogen. Er selbst wollte sich auf rbb-Anfrage nicht zu dem früheren Ombudsverfahren äußern und verweist an die Ombudsstelle der Grünen Bundespartei.

Der 48 Jahre alte Gelbhaar ist Jurist und seit sieben Jahren Bundestagsabgeordneter für die Grünen. Bei der letzten Bundestagswahl gewann er seinen Wahlkreis in Pankow direkt. Vor seiner Zeit im Bundestag saß er für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus und war von 2008 bis 2011 Landesparteivorsitzender seiner Partei.

Sendung: rbb 88.8, 20.12.2024, 21:30 Uhr

Beitrag von Ute Schuhmacher

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15 Kommentare

  1. 15.

    Ombudsverfahren sind gut, um nicht strafrechtlich relevante Situationen zu klären. Aber es ist auch extrem schwer sich vor Falschbehauptungen zu schützen, weswegen Vertraulichkeit ein zentraler Grundsatz ist. In diesem Fall tröpfeln aber immer wieder einseitig Informationen zum Ombudsverfahren heraus. Das ist ungewöhnlich.

    Für alle, die sich nicht so gut mit der Aufstellung von Bundestagslisten auskennen: Hätte Steffan Gelbhaar Listenplatz 2 in Berlin gewonnen, hätte Andreas Audretsch kaum eine Chance gehabt. Und der Zeitpunkt der Vorwürfe hat ein Geschmäckle.

  2. 14.

    Das Rechtssystem würde sicher ermitteln, wenn der Vorwurf dafür ausreichen würde. Tut er aber offensichtlich nicht, es reicht nur dazu kurz vor der Wahl einen Berufspolitiker in Misskredit zu bringen.
    Und der Fall von Braunschweig (Josephine R.) zeigt, dass nicht jeder Vorwurf wahr ist.

  3. 12.

    Ekelhaft von einem Mitglied einer Partei, die sich als moralische Instanz aufführt.

  4. 11.

    Lesen Sie die Kommentare hier und Sie haben Ihre Antwort. Stichwort Vorverurteilung durch Öffentlichkeit. Und zum zweiten Teil, offenkundig liegen keine Strafanzeigen vor. Somit kein begründeter Anfangsverdacht für Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehörden.

  5. 10.

    Er hat die Anschuldigungen zurück gewiesen. Aber warum dann als eine Art Schuldeingeständnis auch den Listenplatz abgegen? Entweder stimmen die Vorwürfe oder sie stimmen nicht (und bis zum Beweis stimmen die wegen der Unschuldsvermietung erstmal nicht). Und eine mögliche Straftat klärt man nicht "parteiintern", sondern durch die, die dafür beim Staat und Land angestellt sind.

  6. 9.

    Wenn er belästigt hat, dann muss er weg.
    Bis dahin leben wir Gott sei Dank in einem Rechtsstaat, bei dem Vorverurteilungen aufgrund von "Meldungen" nicht zählen.

    Es hat schon ein Geschmäckle, wenn so etwas just vor der Wahl hoch kommt.

    Schauen wir uns doch mal den Umgang der Grünen mit unseren Rechtssystem an und beziehen es in unsere Wahlentscheidungen ein.

    Gott sei Dank stützt sich unser Rechtsstaat nicht auf das RBB-Kommentar-Tribunal.

  7. 8.

    Im Beitrag steht wörtlich: „ Der Grüne Kreisverband Berlin-Pankow lädt zu einer weiteren Wahlversammlung ein, bei der erneut ein Direktkandidat aufgestellt werden soll.“
    Dieser Einladung muss denknotwendig eine entsprechende Entscheidung des Kreisverband vorausgegangen sein, einfachste Logik.

  8. 7.

    Wer hier Polizei fordert:
    Es liegt an den Beschwerderführerinnen dies zu veranlassen. Oder auch nicht. Zumal es für uns Außenstehende überhaupt nicht klar ist, ob es überhaupt um potenziell strafbares Verhalten geht. (Wohl eher nicht?)

    Entsprechendes gilt für jedwede weitere Konsequenz.

    Solange nicht nur offen ist, ob sich Vorwürfe bestätigen, sondern nicht einmal Umfang/Ausmaß der Vorwürfe bekannt ist, ist bereits eine Neuwahl eine schwierige Entscheidung. Aber richtig.

    Alles andere sollte zu gegebener Zeit entschieden werden.

  9. 6.

    Stefan Gelbhaar sollte aus der Partei ausgeschlossen werden und sämtliche Bezüge verlieren. Personen im unteren zweistelligen Bereich haben sich gemeldet.....Eine Schande wie die Partei darauf reagiert.

  10. 5.

    Wie immer in solchen Momenten steht Aussage gegen Aussage. Daher sollte man tunlichst jede Vorverurteilung unterlassen. Zumal es hier um den Wahlkampf geht. Was wirklich passiert ist, wird sich herausstellen. G. Ist Jurist und erfahrener Politiker, er weiß wie problematisch jeder Vorwurf ist.

  11. 4.

    Hast du den Beitrag gelesen oder nur geliked? Da steht nämlich nichts von einer Entscheidung des Kreisverbandes…?!

  12. 3.

    Herr Gelbhaar sollte die Vorwürfe gegen ihn nicht „parteiintern“ klären, sondern von Ermittlern der Polizei. Oder gibt es eine Ermittlungsbehörde bei den Grünen, die der Staatsanwaltschaft beim Vorwurf der Belästigungen zur Seite steht ? Das klingt irgendwie absurd, was der Herr Gelbhaar vorhat.

  13. 2.

    Naja, wie auch immer dort getan , erfindet es offensichtlich total normal.
    Aber vielleicht kann man in doch noch dazu bringen, gewisse Grenzen zu respektieren

  14. 1.

    Eine weise Entscheidung des Pankower Kreisverbands der Grünen.