Kommunalwahlen 2024 - Viele Kandidaten für Wahl hauptamtlicher Bürgermeister sind parteilos

Do 06.06.24 | 10:05 Uhr
  11
Symbolbild: Der Marktplatz mit dem Rathaus der uckermärkischen Stadt Angermünde. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.06.2024 | Wolfgang Krakow | Bild: dpa/Patrick Pleul

Im Rahmen der Kommunalwahlen werden am Sonntag auch mehrere hauptamtliche Bürgermeister in Brandenburg gewählt. Auch dabei zeigt sich: Immer mehr Kandidatinnen und Kandidaten ohne Parteibuch lassen sich zur Wahl aufstellen.

Beim Auftakt ins Super-Wahljahr in Brandenburg werden am Sonntag, 9. Juni nicht nur die Stimmen für ein neues Europaparlament abgegeben, sondern auch zahlreiche Entscheidungen für die Brandenburger Kommunalpolitik gefällt.

Neben 271 ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern werden auch sechs hauptamtliche gewählt, zudem gibt es in Premnitz (Havelland) eine Stichwahl.

Vier parteilose Kandidaten in Angermünde

Während es in Groß Pankow (Prignitz) lediglich einen Kandidaten für das Bürgermeisteramt gibt, buhlen in Angermünde (Uckermark) sogar fünf Kandidierende um den Posten. Neben dem amtierenden parteilosen Bürgermeister Frederik Bewer stellen sich gleich drei weitere Personen ohne Parteizugehörigkeit zur Wahl: die Betriebswirtin Ute Ehrhardt, der Selbstständige Steffen Lenz und der Polizeivollzugsbeamte Marc Retzlaff. Als fünfter Bewerber geht der selbstständige Industrieschweißer Enno Bank für die AfD als einziger Parteivertreter ins Rennen. Die anderen etablierten Parteien stellen keine Kandidaten für den Bürgermeisterposten im Rathaus.

Parteilose Kandidaten kommen gut an

Der Jugendbeirat der Stadt hatte am vorigen Freitag zum "Kandidaten-Grillen" eingeladen. Diskutiert wurde, welche Pläne der künftige Bürgermeister für die junge Generation hat. Die Location, das Jugendkulturzentrum "Alte Brauerei" in Angermünde, hatte Partybänke und Strandliegestühle aufgestellt. Am Holzkohlegrill kamen die Bürgermeisterkandidaten beim Bratwurstgrillen mit den Menschen ins Gespräch.

Es kamen etwas mehr als 100 Gäste, viele junge Menschen, aber nur wenige Jugendliche. Dass sich auch dort von CDU, SPD oder Linke kein Vertreter blicken ließ, können einige nicht verstehen. Viele begrüßen es, dass in Angermünde dafür vier parteilose Kandidaten zur Bürgermeisterwahl antreten und dass es so vielfältige Kandidaten gebe.

Etablierte Parteien haben Nachwuchsprobleme

Dabei hatten sich CDU, SPD und Linke durchaus um Kandidaten bemüht - aber niemanden gefunden. Der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Wolfgang Krakow (SPD), hat dafür eine Erklärung. Er war selbst einmal Bürgermeister von Angermünde. "Als ich 2000 antrat, war es notwendig, wir hatten auch die Mehrheiten. Da gab es noch nicht so viele Wählergruppen. Das hat sich entwickelt, ist bunter geworden." Auch die aktuelle Bundespolitik sei ein Grund, so Krakow. "Was dort beschlossen wird, schlägt sich durch bis zu uns in die Städte und Dörfer - und nicht zur Zufriedenheit aller Menschen".

Entwicklung in Angermünde ist keine Ausnahme

Volkhard Maaß, CDU-Fraktionsvorsitzender der Stadtverordnetenversammlung bestätigt Nachwuchsprobleme und bedauert, niemanden ins Rennen zu schicken. "Wir hatten zusammen mit SPD und Linken zwei Kandidaten, leider ist daraus nichts geworden."

Beim Blick auf die Kandidaten der anderen hauptamtlichen Bürgermeisterwahlen am Sonntag zeigt sich, dass die Entwicklung in Angermünde keine Ausnahme ist. Von den insgesamt 20 Kandidierenden sind nur drei Mitglieder der früheren Volksparteien SPD und CDU, zudem sind zwei Kandidaten bei der AfD und einer für die BVB/Freie Wähler aufgestellt.

Gleich elf sind dagegen parteilos.

Kandidaten der hauptamtlichen Bürgermeisterwahlen

Angermünde (Uckermark)
Enno Bank (AfD), 1964, selbstständiger Industrieschweißer
Steffen Lenz (parteilos), 1977, selbstständig
Frederik Bewer (parteilos), 1975, Rechtsanwalt/Bürgermeister
Ute Ehrhardt (parteilos), 1968, Betriebs- u. Verwaltungsfachwirtin
Marc Retzlaff (parteilos), 1987, Polizeivollzugsbeamter

Mittenwalde (Dahme-Spreewald)
Maja Buße (CDU), 1971, Bürgermeisterin
Dirk Knuth (BfB/BVB/Freie Wähler), 1975, Feuerwehrbeamter
Martina Milhan (Gemeinsame Werte Schaffen), 1970, Teamleitung Pädiatrie
Daniel Müller (parteilos), 1974, Student/selbstständig

Groß Pankow (Prignitz)
Marco Radloff (parteilos), 1974, Hauptverwaltungsbeamter/Bürgermeister

Gumtow (Prignitz)
Oliver Nitschke (parteilos), 1985, Verwaltungsfachwirt
Mario Ungewiß (parteilos), 1970, Radio- und Fernsehtechniker

Bürgermeister Stefan Freimark (SPD) tritt nach 24 Jahren im Amt nicht mehr an.

Lychen (Uckermark)
Jan Genschow (Lychen tut gut), 1977, selbstständig
Juliane Primus (Wir für Lychen), 1988, Unternehmerin
Karola Gundlach (parteilos), 1960, Verwaltungsfachwirtin/Bürgermeisterin

Uckerland (Uckermark)
Matthias Schilling (SPD), 1965, Verleger/Bürgermeister
Marcel Scheiwe (AfD), 1979, Bauunternehmer
Marleen Glasow (parteilos), 1978, Verwaltungsfachwirtin

Premnitz (Havelland) (Stichwahl)
Ralf Tebling (SPD), 1962, Verwaltungsfachwirt/Bürgermeister
Thomas Rosenberg (parteilos), 1981, Beauftragter für Digitalisierung

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.06.2024, 14:10 Uhr

Mit Material von Riccardo Wittig

11 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 11.

    Bei uns in Angermünde gibts so einen, wie er Ihnen vorschwebt. Ist keiner Partei zugehörig und setzt sich seit vielen Jahren, bürgernah, wies so schön heißt, wirklich für die verschiedenen Leute ein. Das nächste wird ein großes Ärztehaus sein! Der Mann ist Bürgermeister hier und würde Ihnen gefallen (seine Arbeit).

  2. 10.

    Ich finde die alte Lösung mit der sogenannten "Doppelspitze" immer noch gut. Da gab es neben dem Bürgermeister als repräsentativem Oberhaupt der Gemeinde und Ratsvorsitzendem noch einen Gemeind-/Stadtdirektor , der die eigentliche Arbeit verantwortete und in der Regel gut qualifiziert war. Gewählt wurden beide vom Stadtrat.
    So war zumindest sichergestellt, daß die Wähler nicht irgendwelchen Fliegenfängern auf den Leim gehen.

  3. 9.

    Natürlich sind das alles Menschen in Not...
    Zum Thema, am Ende kein Wunder weil es tatsächlich keine Partei mehr gibt die man überhaupt noch wählen kann, schon gar nicht einer der Altparteien wie SPD Grüne und CDU.
    Ich möchte hier kein Kalifat und tägliche Bedrohungen, lieber ein vernünftiges Gesundheitssystem und so weiter.

  4. 8.

    :) Ich bin leider voll ausgelastet.
    Aber mal sehen, Vielleicht ab der Rente.

  5. 7.

    Habe oft erlebt, dass kommunale Bürgermeister keine Parteisoldaten sind. Die Zuweisung von Menschen in Not erfolgt durch den Landkreis und nicht durch Entscheidung des Bürgermeisters.

  6. 6.

    OPR: Warum stellen Sie sich dann nicht selbst zur Wahl? Gute Bezahlung und Pensionsansprüche, zusätzlich zur kleinen Rente.

  7. 5.

    Die Bürger wollen keine Parteisoldaten die Befehlsempfänger von oben sind und weisungsgebunden Dinge umsetzen die dann Bürger vor Ort nicht wollen. Man denke an Zuweisung von Migranten in Zahlen die dann den Ort 1:1 treffen

  8. 4.

    Polizisten bekommen keine Rente , sondern als Beamte eine Pension. Beamte stehen in der Regel in einem lebenlangen Dienstverhältnis. Rentner sind dagegen "frei" in ihrer Lebensplanung und Gestaltung. Genauere Informationen wie steuerliche, rechtliche und andere Aspekte finden sie im Beamtenrecht, dem GG und den Landesverfassungen.

  9. 3.

    Ja, vielen Einwänden gebe ich recht von ihnen.
    Ja, es stimmt auch, dass viele Stellen ehrenamtlich sind, auch hier im Dorf.

    Aber ich finde den Fokus zu Lokal von der meisten Amtsträgern/innen.
    Ich glaube, dass viele Probleme besser in der Gemeinschaft und in einem grösseren Kontext lösbar sind.

    Aber vielleicht liege ich ja auch falsch :)

  10. 2.

    Es könnte aber auch daran liegen, dass die parlamentarische Demokratie bis in die kleinste Einheit, die kommunale Ebene, einfach der falsche Ansatz ist. Während auf bundes- und länderebene der Parlamentarismus seine Tiefpasswirkung weitestgehend sinnstiftend entfalten kann, sollte in einer Kommune nicht mehr am Bürger vorbeiregiert werden. Deswegen sind hier Elemente der direkten Demokratie dem Parlamentarismus weit überlegen, da es hier auf Durchlässigkeit und persönliche Anteilnahme ankommt.
    Dieses Konstrukt rächt sich nun infolge der sich immer weiter zuspitzenden Krisen inform von totaler Fragmentierung auf kommunaler Ebene.

    PS. Viele Ämter sind ehrenamtlich. Auch viele Bürgermeisterstellen.

  11. 1.

    Dieser immer weitere Zergliederung der Parteienlandschaft oder eben auch die ganzen parteilosen Kandidaten/innen sind für mich ein Phänomen der aktuellen Zeit, wo jeder in seiner Blase lebt.
    Sicherlich gibt's auch geeignete Kandidaten/innen, aber im grossen und ganzen halte ich den Trend für fragwürdig, weil jeder nur noch vor seinem Haus rumwurschtelt und nicht mehr die Probleme als ganzes wahrnimmt.

    Hier in meinem Wahlkreis gibt es für jedes Problem eine Partei, aber ich nehme den Kandidaten/innen nicht ab, dass sie sich wirklich für die Menschen interessieren.
    Ich glaube die meisten interessiert einfach die lukrative Bezahlung. Als Angestellter verdiene ich recht gut, aber meine Rente wird minimal sein. Da kriegt jeder Polizist eine höhere Rente.
    Ich warte auf eine Partei, die endlich dieses Problem angeht, dass der Unterschied zwischen Beamten und nicht Beamten abgeschafft wird in Deutschland.