Kommunalwahlen 2024 - Wo die größte Fraktion im Kreistag keine Politik gestalten kann
Die sogennante Brandmauer hält in Oder-Spree: Zwar ist die AfD dort stärkste Kraft im Kreistag, doch der SPD-Landrat und die anderen Fraktionen machen Kreispolitik an ihr vorbei. Die AfD hofft auf mehr Mitgestaltung nach der Wahl. Von Michael Lietz
Bei den Kommunalwahlen in Brandenburg werden Tausende zum größten Teil ehrenamtliche politische Posten verteilt. Doch wie funktioniert Kommunalpolitik überhaupt, was wird hier entschieden und welche Probleme gibt es? rbb|24 schaut sich in den Landkreisen und kreisfreien Städten um, welche Themen dort relevant sind.
Niemand hat mehr Abgeordnete als sie, doch keiner will mit ihr zusammenarbeiten: Im Landkreis Oder-Spree stellt die AfD die größte Kreistagsfraktion, seitdem Ende 2023 zwei zuvor fraktionslose Abgeordnete beitraten. Die übrigen Parteien halten aber an der sogenannten Brandmauer fest, wie mehrere politische Verantwortlich dem rbb sagten.
Bei der Kommunalwahl am 9. Juni könnte die AfD laut Umfragen zulegen und mehr Gemeindevertreter, Stadtverordnete oder Kreistagsabgeordnete gewinnen. In Oder-Spree hat die Partei nun elf Sitze im Kreistag und damit einen mehr als die SPD von Landrat Frank Steffen. CDU und Linke haben jeweils neun Sitze.
"Inhaltlich haben sie nicht überzeugt"
"Durch die AfD ist der Landkreis sehr laut geworden", sagte Günther Luhn, CDU-Fraktionschef, dem rbb. "Ich kann solche Äußerungen und Schreiereien nicht ab. Das hat etwas mit Respekt voreinander zu tun." Eine Zusammenarbeit mit der AfD verbiete sich.
Matthias Papendieck, Fraktionschef der SPD, bezeichnet die Arbeit der AfD-Fraktion als laut und inhaltsleer. "Sie haben nicht einen Antrag durchbekommen. Inhaltlich haben sie nicht überzeugt. Sie versuchen hier Bundes- oder Landesthemen zu bespielen. Wir machen Kommunalpolitik", sagte der SPD-Politiker.
AfD: "Wir wollen alle das Beste für den Landkreis"
Die AfD weist die Vorwürfe zurück. Laut zu werden gehöre zur Debatte dazu, sagte AfD-Fraktionschef Lars Aulich. Er erwarte, dass sowohl die im Parlament vertretenen Parteien als auch der Landrat selbst auf die stärkste Fraktion zugehen und mit ihr zusammenarbeiten. "Außerhalb der Sitzungen reden viele mit uns, ganz normal", sagte Aulich. "Unter dem Strich wollen wir alle das Beste für den Landkreis. Das geht nur gemeinsam."
Die Brandmauer gegen die AfD stehe, versichern CDU und SPD in Oder-Spree und sind sich dabei mit den Linken im Prinzip einig. Für deren Fraktions-Vorsitzenden Artur Pech wird der Begriff allerdings zu inflationär benutzt: "Die Brandmauer-Debatte dient dazu, dass alle Beteiligten ihre alte Politik weitermachen können", sagte Pech. "Man versucht, sich hinter der Brandmauer zu verstecken und spitzt die Probleme, die hervorgerufen wurden, nur zu."
AfD verlor Landratswahl nur knapp
Im vergangenen Dezember traten die fraktionslose Kreistagsabgeordnete Hildegard-Vera Kaethner und Felix Mühlberg der AfD-Fraktion bei. Sie begründeten ihren Eintritt unter anderem damit, dass abweichenden Meinungen kaum mehr Raum gegeben würde. Kaethner war bereits früher Mitglied der AfD-Fraktion. Mühlberg war einst Mitglied der Linksfraktion. Neben Oder-Spree stellt die AfdD auch im Landkreis Spre-Neiße die größte Fraktion
Bei der Landratswahl im Mai 2023 setzte sich der SPD-Politiker Steffen nur knapp gegen den AfD-Kandidaten durch. Dieser bekam 47,6 Prozent der Stimmen. Ob die AfD nun als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgeht, ist aber längst noch nicht ausgemacht. Selbst der AfD-Fraktionschef in Oder-Spree fürchtet, dass der verkorkste Europawahlkampf um Spitzenkandidat Maximilian Krah und seine Verbindungen nach Russland und China auf die Kommunalwahl durchschlagen könnte.
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.05.2024, 14:20 Uhr