AfD ohne Vorsitzende in Kreistagen - Ausgegrenzte Wahlsieger
Bei den Kommunalwahlen erhielt die AfD in Brandenburg die meisten Stimmen. Dass ein Kreistag von ihr geführt wird, wurde jedoch verhindert. Steht die Brandmauer gegen Rechtsaußen also stabil? Von Oliver Noffke
Keine Durchbrüche, nirgends. Die AfD hält in keinem Brandenburger Kreistag und in keiner der vier Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte den Vorsitz. Obwohl die Partei bei den Kommunalwahlen im Juni mit Abstand die größte Zustimmung erhielt, konnte sie für keinen ihrer Kommunalvertreter die notwendige Mehrheit organisieren.
Die Rechtspopulisten waren Anfang Juni in 16 der 18 brandenburgischen Kommunen stärkste Kraft geworden. Da sie allerdings keine absoluten Mehrheiten erhielt, war sie auf Stimmen von anderen Parteien, Wahllisten oder Parteilosen angewiesen, um das eigene Personal in führenden Positionen zu platzieren. Diese Unterstützung blieb aus.
CDU, SPD und FDP
Spätestens 30 Tage nach ihrer Wahl muss in Brandenburg eine Kommunalvertretung zusammentreten und ihre Vorsitzenden und Stellvertretenden wählen. So schreibt es die Brandenburgische Kommunalverfassung vor [bravors.brandenburg.de]. Am Dienstag lief diese Frist für die neuen Kreistage und vier großen Stadtverordnetenversammlungen (SVV) ab. Nun steht fest, dass die AfD nirgends den Vorsitz anvertraut bekommt. In einer Handvoll Kreise konnte sie lediglich Stellvertreter durchsetzen.
Die meisten Kommunalvertretungen auf Kreisebene werden in Brandenburg künftig von der CDU angeführt. Sie stellt in elf Kreistagen sowie in den SVV von Brandenburg an der Havel, Cottbus und Frankfurt/Oder die Vorsitzenden. Die SPD konnte in zwei Landkreisen und in der Landeshauptstadt Potsdam Kandidat:innen in führender Position platzieren. In Spree-Neiße hält die FDP den Kreistagsvorsitz.
Politik, die an dieser Stelle keine Rolle spielt
Stehen in den Landkreisen also stabile Brandmauern gegen Rechtsaußen? Markus Klein, Geschäftsführer beim Beratungsinstitut Demos in Potsdam, ist da skeptisch. "Kommunalpolitik funktioniert anders als Landes- oder Bundespolitik", sagt er auf Anfrage von rbb|24. "Natürlich ist es wichtig, dass vor Ort klargestellt wird, wofür die Parteien stehen. Aber wenn es darum geht, einen Radweg zu bescheiden, spielt das nicht so die große Rolle."
Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen sind keine Parlamente, ihre Mitglieder verabschieden keine Gesetze. Kommunalvertretungen sind vielmehr Teil der Verwaltung. Sie sind verantwortlich dafür, dass Gesetze und Vorschriften von EU-, Bund oder Land korrekt vor Ort umgesetzt werden. Sie entscheiden über die Budgets für Kitas, Krankenhäuser, Müllentsorger oder was Falschparken kosten soll.
Parteiprogramme stünden auf der kommunalen Ebene traditionell weniger im Vordergrund, so Klein. Die AfD habe nicht gezeigt, dass sie bei fokussiert mitziehen wolle, sagt er. "Die nutzen kommunalpolitische Bühnen, um Landes- und Bundesthemen zu platzieren, die an diesen Stellen keine Rolle spielen. Die führen Scheindebatten." So ein Verhalten sei allerdings "destruktiv", sagt er.
Im Gegensatz zu einfachen Kreistagsmitgliedern oder Stadtverordneten üben die Vorsitzenden deutlich mehr Einfluss auf die Arbeit ihrer jeweiligen Vertretungen aus. Sie können Themen setzen oder die Reihenfolge auf der Tagesordnung bestimmen. Wie gut, reibungslos oder konfrontativ sie mit anderen Amtsträger:innen in Stadt oder Landkreis zusammenarbeiten, kann erheblichen Einfluss auf das Funktionieren der lokalen Verwaltung haben.
Wenig überraschendes Opfer-Narrativ
In Erwartung dieser machtlosen Situation für die eigene Partei setzte der AfD-Landesverband bereits am Montag eine Pressemitteilung ab. "Die Altparteien delegitimieren die Demokratie", wurde darin behauptet. Der Fraktionschef im Landtag, Hans-Christoph Berndt, sprach gegenüber Antenne Brandenburg sogar von einem "Bündnis der Wahlverlierer".
Allerdings existiert in Brandenburg kein Gesetz, dass nach einer Kommunalwahl der stärksten Kraft den Erstzugriff oder das Vorschlagsrecht für die Kreistagsvorsitzenden zusichert. Das ist auch der AfD bewusst. "Das ist ein Bruch bis dato anerkannter ungeschriebener Gesetze der repräsentativen Demokratie." Es überrasche ihn nicht, dass die AfD direkt versuche, ein solches "Opfer-Narrativ" zu etablieren, sagt Klein.
"Wir haben schon erlebt bei diesen Kommunalwahlen, dass die politischen Ränder gestärkt wurden." Das mache die Arbeit in den Kommunen unter Umständen schwieriger, sagt der CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann gegenüber rbb24 Brandenburg aktuell. "Wichtig ist aber, dass sich die Leute auf der kommunalen Ebene darauf verständigen, dass sie weiterhin eine Politik mit Anstand machen wollen. Und dafür gibt es immer noch ausreichend große Mehrheiten." Mehrheiten also, jenseits der AfD.
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