Neuer NOFV-Geschäftsführer Till Dahlitz - "Bei dem ein oder anderen stoßen wir auf Granit"
Till Dahlitz ist seit April Geschäftsführer des Nordostdeutschen Fußballverbandes und das im Alter von 24 Jahren. Ein Gespräch über innovative Vermarktung, das Zugpferd Regionalliga und die Reform einer ungerechten Aufstiegsregelung.
rbb|24: Herr Dahlitz, Sie spielen in der Berliner Kreisliga C beim SFC Stern 1900 in der dritten Mannschaft. Lassen sich die Spiele mit Ihrem Job als Geschäftsführer des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) noch vereinen oder müssen Sie jetzt kürzertreten?
Till Dahlitz: Es war schon immer so, dass die Priorität klar auf dem Job lag, das weiß die Mannschaft, das weiß der Trainer und demzufolge, wenn ich terminlich gebunden bin, kann ich der Mannschaft leider nicht helfen. Aber wenn es die Zeit zulässt, dann bin ich nach wie vor gerne dabei – auch wenn es nur die unterste Liga ist.
Seit einem Monat sind Sie nun Geschäftsführer des NOFV und das mit 24 Jahren, einem Alter, in dem andere noch studieren oder auf Reisen gehen. Was hat Sie bewogen, den Weg des Funktionärs zu gehen?
Ich habe beim Berliner Fußball-Verband als Staffelleiter angefangen, danach bin ich als Mini-Jobber zum NOFV gekommen und habe da die Chance erhalten, Nachfolger des ehrenamtlichen Spielleiters der Regionalliga, Wilfried Riemer, zu werden. Letztlich macht mir die Arbeit hinter den Kulissen sehr viel Spaß und mit den Kontakten und den Leuten an meiner Seite ist es umso einfacher. Kurz gesagt: Die Nähe und die Liebe zum Fußball und die Begeisterung für die Organisation des Spielbetriebs haben mich bewogen, diesen Weg zu gehen.
Sie wollen frischen Wind in den NOFV bringen. War der Verband in der Vergangenheit zu behäbig? Fehlte der Wille zur Innovation?
Nein, wir haben ständig versucht, neue Projekte anzuschieben. Ich möchte in meiner jetzigen Amtszeit auch nicht alles auf Links drehen. Es war und ist nicht alles schlecht, aber mit einem sehr viel jüngeren Geschäftsführer an der hauptamtlichen Spitze des Verbandes ist es dann auch eine Chance, sich allgemein in der Öffentlichkeit ein Stück weit anders und innovativer darzustellen, vielleicht auch transparenter zu arbeiten und mehr in die Kommunikation zu gehen, und die ein oder andere Sache anzugehen, gegenüber der man sich bis jetzt verschlossen hat.
Was meinen Sie da konkret?
Grundsätzlich enger mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten. Wir haben zwar das Zugpferd Regionalliga Nordost, aber wenn man sich unsere Frauen-Regionalliga ansieht, dann ist das eine Liga, die Potenzial hat, die auch eine gewisse Reichweite erzielen kann. Also geht es darum: Was gibt es für Möglichkeiten, um den Vereinen in der Öffentlichkeitsarbeit und in finanzieller Hinsicht zu unterstützen, vielleicht auch durch innovative Partnerschaften.
Über Ihr wichtigstes Zugpferd, die Regionalliga Nordost, sagten Sie zuletzt in der "Lausitzer Rundschau" [Bezahlinhalt], dass sie die stärkste der fünf Regionalligen ist. Woran machen Sie das fest?
Vor allem an den vielen Traditionsvereinen, schon allein durch deren Vergangenheit in der DDR-Oberliga ist das eine sehr attraktive Liga. Wir haben mit Ostsport.TV zusätzlich einen starken Partner an unserer Seite, mit dem wir zum Teil hohe Reichweiten generieren und die Liga dadurch auch besser an die mediale Öffentlichkeit bringen. In der Liga steckt einfach eine gewisse Power, sowohl bei den Vereinen, die größtenteils mit sehr professionellen Strukturen arbeiten, als auch bei den Zuschauerzahlen. Zudem streben viele Klubs den Aufstieg in die dritte Liga an.
Es gibt aber auch kritische Stimmen, die sagen, es gäbe dort eine Art Zweiklassengesellschaft: Profiteams aus Cottbus und Chemnitz spielen gegen Amateurteams aus Lichtenberg und Halberstadt. Was entgegnen Sie denen?
In der Vergangenheit gab es etliche Beispiele, die gezeigt haben, dass es nicht so ist. Ein gewisses Leistungsgefälle ist aber mit Sicherheit da, und das liegt vor allem am Unterschied zwischen Vollprofis und semiprofessionellem Arbeiten, einhergehend mit der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Vereine. Letztlich habe ich große Hochachtung vor den Vereinen, die vermeintlich eher der zweiten Klasse der Regionalliga Nordost zuzuordnen sind, die aber auch mit dem Anspruch in die Liga gekommen sind, um dort professioneller zu arbeiten. Vereine wie Lichtenberg 47 haben gezeigt, dass man mit Kontinuität und einer soliden wirtschaftlichen Arbeit die Liga halten kann.
Ein Weg, den schwächeren Klubs zu helfen, könnte sein, die Liga besser zu vermarkten. Der TV-Rechteinhaber Ostsport.TV will aber nicht mehr Fernsehgeld ausschütten. Woher sollen die zusätzlichen Erlöse kommen?
Es gibt durchaus weitere Partnerschaften, die man anstreben kann bei der Vermarktung einer Liga. Wir sind da auch im Austausch mit Funktionären aus anderen Regionalligen. Da kann man vieles lernen. Wir sehen gerade in der dritten Liga, die sich in den letzten Jahren weiter professionalisiert hat, wo es weitere Möglichkeiten gibt. Das fängt bei der Namensgebung der Liga an und hört bei Spieltagsaktionen oder Ball-Partnerschaften auf.
Die Aufstiegsregelung in die dritte Liga ist Ihre größte Baustelle. Ihr Präsident Herrmann Winkler hatte gefordert, alle Regionalliga-Meister sollten künftig direkt aufsteigen - ohne Relegation. Im Zentrum der Reformpläne steht eine Aufstockung der dritten Liga von 20 auf 22 Klubs zur Saison 2024/25. Ist das nach wie vor das präferierte Modell des NOFV?
Grundsätzlich geht es uns bei der Aufstiegsregelung um Gerechtigkeit und um Gleichberechtigung aller Regionalligen. Das Modell mit 22 Vereinen in der dritten Liga bei fünf Absteigern verfolgen wir weiter, denn es ist das Modell, für das sich der Verband und seine Vereine mehrheitlich ausgesprochen haben. Es ist die zentrale Lösung, die wir den Funktionären auch weiterhin anbieten werden.
Ihr Präsident sagte außerdem, bis zum 31. Mai wolle man sich Zeit geben, für den Antrag einer Aufstockung der dritten Liga Mehrheiten zu sammeln. Ein Monat bleibt noch Zeit. Wie sehen die Mehrheitsverhältnisse gerade aus?
Wir sind weiterhin in guten und vertrauensvollen Gesprächen, sowohl mit Vereinen als auch mit anderen Regionalliga-Trägern, dem Deutschen Fußball-Bund und der dritten Liga. Ich hatte auch zuletzt gesagt, es macht nur Sinn, einen Antrag zu stellen [auf einem außerordentlichen DFB-Bundestag; Anm. der Red.], wenn ich weiß, dass ich die Mehrheiten habe. Und aktuell sieht es so aus, dass wir mit dem Modell bei dem ein oder anderen auf Granit stoßen. Wir hoffen, dass wir das in künftigen Gesprächen ein Stück weit auflockern können und dort Regelungen finden, die zu mehr Gerechtigkeit führen. Ich möchte da jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, aber wir stellen fest, dass wir bei vielen Verantwortlichen noch Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Ist das Ende der aus Ihrer Sicht unfairen Aufstiegsregel das größte Ziel Ihrer noch jungen Amtszeit?
Es ist ein Baustein, der Priorität hat. Ganz klar. Wenn wir uns die sportlichen Ergebnisse der Nordost-Vereine aus den oberen Ligen anschauen, dann müssen wir feststellen, dass wir dort unterrepräsentiert sind und dass sich das noch verstärken könnte aufgrund der Aufstiegsregelung und des Zwischenschritts der Relegation. Es ist ein langfristiges Projekt, für das in den letzten Jahren bereits viele Gespräche geführt wurden. Aber klar, wir haben uns das Ziel gesetzt hier als Verband Bewegung reinzubringen. Und das werden wir auch tun.
Herr Dahlitz, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Fabian Friedmann für den rbbSport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 03.05.2023, 13:15 Uhr