Arbeitskräftemangel bei der BVG - 1.500 Euro Prämie für einen guten Personaltipp

Do 25.05.23 | 06:21 Uhr | Von Thorsten Gabriel
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Jenny Zeller (Quelle: BVG/Oliver Lang)
Audio: rbb24 Inforadio | 25.05.2023 | Thorsten Gabriel | Bild: BVG/Oliver Lang

Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen in den nächsten Jahren 10.000 Leute neu einstellen. Um sich im harten Konkurrenzkampf um Arbeitskräfte zu behaupten, greift die neue BVG-Personalvorständin Jenny Zeller auch zu ungewöhnlichen Mitteln. Von Thorsten Gabriel

Was bei Zeitschriftenabos und Fitnessstudios funktioniert, hilft den Berliner Verkehrsbetrieben bei der Personalrekrutierung: Mit einem Prämienprogramm motiviert die BVG ihre rund 16.000 Beschäftigten, Freunde oder Bekannte als neue Arbeitskräfte anzuwerben. "Wenn die uns empfehlen an Freunde, Bekannte, Dritte, dann ist uns das etwas wert", formuliert es BVG-Personalvorständin Jenny Zeller, die selbst erst seit Jahresbeginn an Bord ist.

Führt eine Empfehlung tatsächlich zu einer Neueinstellung, bekommt der oder die BVG-Mitarbeiterin für ihren Tipp 1.500 Euro als Dankeschön. Das Empfehlungsprogramm gibt es bei den Verkehrsbetrieben zwar schon länger, aber Zeller schraubte die Prämie rauf und weitete das Programm auf sämtliche Jobs bei den Verkehrsbetrieben aus – mit Erfolg: Kamen früher allenfalls mal um die zehn Empfehlungen pro Monat aus der Belegschaft sind es nun bis zu 150 monatlich.

Mit Spitzen-Einkommen kann die BVG nicht punkten

Es ist nur eine Stellschraube unter vielen, an denen die Verkehrsbetriebe derzeit drehen, um sich auf dem leergefegten Arbeitsmarkt zu behaupten. Allein in diesem Jahr sucht die BVG 2.300 neue Leute, davon 1.000 Fahrerinnen und Fahrer. "Wir müssen uns als Arbeitgeberin auf dem Arbeitsmarkt bewerben", sagt Zeller und weiß: Als öffentliches Unternehmen kann die BVG nicht mit Top-Einkommen locken, wie es großen Tech-Firmen oder manchen Startups möglich ist. Deshalb will sie mit Schnelligkeit und guten Arbeitsbedingungen punkten.

Dazu gehört auch, dass Arbeitskräfte, die man ins Unternehmen holen möchte, künftig schneller ihren Arbeitsvertrag erhalten – damit sie es sich nicht noch anders überlegen. "Mit der Einstellungszusage bekomme ich jetzt auch meinen Arbeitsvertrag und muss nicht mehrere Wochen darauf warten", so die Personalvorständin. Was selbstverständlich klingt, ist in öffentlichen Betrieben nicht die Regel. Denn vor jeder Neueinstellung müssen Gremien wie der Personalrat, die Frauenvertretung oder die Schwerbehindertenvertretung am Prozess beteiligt werden. Die BVG aber verschickt Arbeitsverträge künftig noch vor der Gremienbeteiligung – "unter Vorbehalt". Zeller versichert, dieses Vorgehen sei mit dem Personalrat und den anderen Organen so abgestimmt, die fühlten sich dadurch nicht zurückgesetzt.

"Schnelle Eingreiftruppe" wirbt um Personal, wo andere dicht machen

Fragt man bei Lothar Stephan, dem Vorsitzenden des BVG-Gesamtpersonalrats nach, hört man dort Zustimmung. Zwar habe der Personalrat die Gewerkschaft Verdi gebeten, dieses Vorgehen rechtlich zu prüfen – ein Ergebnis steht noch aus –, "wenn es dort aber keine Einwände gibt, halten wir das für den richtigen Weg, um schnell Arbeitskräfte zu gewinnen", so Stephan gegenüber rbb|24. Wie Zeller wünscht auch er sich vor allem, dass unternehmensinterne Prozesse zügiger vonstattengehen, um schneller neue Leute einzustellen.

Jenny Zeller zeigt sich derweil ein bisschen stolz auf eine "schnelle Eingreiftruppe" innerhalb der BVG, wie sie sie nennt: ein kleines Team, das immer dann aktiv wird, wenn irgendwo bekannt wird, dass Unternehmen in anderen Branchen Filialen in Berlin schließen und Personal abbauen. "Dann ist dieses Team ganz schnell am Start, sucht Kontakte in die betroffene Firma und dann stellen wir uns mit dem Bus vor die Zentrale oder den Standort des Unternehmens und werben, direkt zu uns zu kommen."

Seit Dezember 40 Prozent mehr Bewerbungen

Bislang seien all diese Maßnahmen – zusätzlich zu einer Werbeplakatkampagne – sehr erfolgreich, bilanziert die Personalvorständin vorläufig. Seit Beginn der Werbekampagne im Dezember habe es 40 Prozent mehr Bewerbungseingänge gegeben. In den ersten vier Monaten dieses Jahres habe die BVG knapp 50 Prozent mehr neue Leute eingestellt als im Vorjahreszeitraum: 560 Neuzugänge waren es von Januar bis April 2023.

Entscheidend aber dürfte nicht nur sein, neues Personal zu gewinnen, sondern die Menschen auch im Unternehmen zu halten. Zwar scheiden auch bei der BVG viele Beschäftigte altersbedingt aus, aber auch sonst wechseln gerade Jüngere schneller den Job, wenn ihnen etwas nicht passt. Deshalb werde man in der nächsten Tarifrunde mit den Gewerkschaften auch über Arbeitsbedingungen reden. Für die derzeit vieldiskutierte Vier-Tage-Woche zeigt Zeller dabei durchaus Sympathien, sagt aber auch: "Die reine Vier-Tage-Woche für Schichtarbeitende halte ich für relativ schwierig." Dass das Modell im Unternehmen in Zukunft ausprobiert wird, will sie allerdings für keinen Bereich ausschließen.

Sendung: rbb 24 Inforadio, 25.05.2023, 7:40 Uhr

Beitrag von Thorsten Gabriel

38 Kommentare

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  1. 38.

    Wenn ich an den Feiertagen frei nehmen möchte muss ich keine Urlaubstage nehmen.

  2. 37.

    Vor paar Jahren ging der Qualifikationstest noch über zwei ganze Tage .
    Danach dachte man sich, ob die BVG wirklich eine U-Bahrer zum Ausbilden suchten oder eher eine Astronauten haha....

  3. 36.

    Laut der BVG-Jobanzeige benötigt man als U-Bahnfahrer keinen Kraftfahrzeug-Führerschein.

  4. 35.

    Frage, muß man als U Bahnfahrer einen Führerschein haben?

  5. 34.

    Der Verfasser arbeitet seit guten 30 Jahren als BVG-Busfahrer. Die Arbeit ist durch den alptraumhaften Verkehr, unzureichende Pausenzeiten, unrealistische Zeitvorgaben, die unglaubliche Zunahme von Fahrgästen und mangelhaftes Angebot von Omnibussen (Fehlende Doppeldecker) immer unattraktiver geworden. Ich rate von dieser Berufswahl ab.

  6. 33.

    Danke und für Sie ein schönes Pfingstwochenende.....ich werde an Sie denken wenn ich meinen Job mache:-)

  7. 32.

    ich entschuldige mich das ich das Fragezeichen am Ende zweier Fragen vergessen habe. Das Problem sind wir selbst. Was ist von Nöten, was brauche ich wirklich?? Wenn also die Taktfrequenz erhöht würde könnte man Personal anderweitig einsetzen.

  8. 31.

    Für die Generation der Babyboomer ist der heutige Arbeitsmarkt eine Verhöhnung! 1996 hätte ich gerne bei der BVG angefangen im Bereich Straßenbahn. Aber nichts, keine Jobs, außer Gleisbauer. Jetzt 4 Jahre vor der Rente wird auf einmal gesucht. Schade, denn als ehmaliger Berufssoldat war ich Schichtarbeit und Zuverlässigkeit gewöhnt. Bei allen wirtschaftlichen Aspekten sollte man auch bei Arbeitskräften langfristiger Denken, was man Ende der 90ziger nicht geschafft hat!

  9. 28.

    Frage muss unbedingt alle 15 Minuten/ Takt Frequenz eine S- Bahn Fahren .wie viele Linien in der Selben Richtung benötige ich.

  10. 27.

    Auch 2007 brauchte man kein ingenieur zu sein, um als Busfahrer anzufangen , völliger Blödsinn.

  11. 26.

    Auch wenn überall Fachkräfte gesucht werden - die Unternehmen suchen sich diese schon noch selbst aus. Verfalle bitte Keiner in den Glauben - ich hab den Job - so blöd ich auch bin. Ditte wird nüscht...

  12. 25.

    Einige hier scheinen zu vergessen was das eigentliche Tagesgeschäft der BVG ist.....die sichere Beförderung der Fahrgäste von A nach B.
    Nach fast vierzig Jahren bei der BVG kann ich von mir behaupten das ich mein Handwerk verstehe.
    Ich bin es gewohnt die Feiertage und die Wochenenden im Betrieb zu verbringen. Da ich einen Alt- Vertrag habe kann ich mich über mein Gehalt nicht beklagen freue mich aber trotzdem wenn nach Tarifverhandlungen etwas mehr rausspringt.
    Jedoch sollte die BVG anfangen ihre eingestaubten Dienst und Schichtpläne zu überarbeiten und für junge Leute attraktiver zu gestalten.
    Dazu kommt natürlich auch eine attraktive Bezahlung, die so im Moment für die geleistete Arbeit nicht stimmt. Aufstiegs und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es bei der BVG zu genüge. Man muss nur wollen.

  13. 24.

    Das größte Problem bei der BVG ist der Tarifvertrag Nahverkehr Berlin. Echt ein Witz. Auch zahlt die BVG keine Fachkräftezulage bei Mangelberufen wie es im TVÖD VKA schon seit 2011 möglich ist, nur diese lächerliche Mitarbeiter werben Mitarbeiter Prämie.

  14. 23.

    Geld ist nicht alles, sie sollten lieber wohnungen anbieten. Ich arbeite bei der bvg und habe keine Wohnung, deshalb ziehe ich nach Bayern ziehen, so kann man keine Leute halten oder bekommen.

  15. 22.

    Meinen Kindheitstraum, Straßenbahnfahrer, konnte ich leider nicht realisieren. Trams waren eine Zeitlang nicht "en vogue". Und ich inzwischen zu alt. Trotzdem wäre es schön, wenn dieses Verkehrsmittel erhalten bleibt.

    Übrigens, "Vorständin" geht garnicht. Vorstand ist ein Gremium. Sonst bestehe ich auf "Vorständer".

  16. 21.

    Soll die BVG mal anständigen Lohn zahlen dann finden sie auch Mitarbeiter. Da wird nur immer gejammert aber zahlen wollen sie auch nicht. So wird das nichts. Problem ist, dass Deutschland dazu einlädt nicht arbeiten zu gehen. Dann kann man mit so niedrigen Löhnen auch kein Personal finden.

  17. 20.

    Das Problem wie viel Verkehr/ Linien( Bus, Bahn; Flüge) benötigen wir und schon benötige ich weit weniger Personal.???

  18. 19.

    Genau, Stichwort wäre auch Bestandskollegen zu halten...
    Es gibt teilweise so eingefahrene Strukturen, die untragbar sind...
    "Vorgesetzte" die erfunden werden von übergeordneten Vorgesetzten...
    Teilweise Äußerungen die jegliche Humankompetenzen vermissen lassen und unterirdisch sind...

    Wenn man dazu noch nicht zu allem ja und Amen sagt, wird der persönliche Werdegang behindert und sabotiert...

    Man sollte anfangen den internen "Sumpf" trocken zu legen, denn sonst rennen Bestandskollegen mit Perspektivplänen und Rückgrat zeitnah davon und neueingestellte Kollegen mit vergleichbarem Persönlichkeitsprofil auch direkt wieder....

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