Stromversorgung - Brandenburg will den Erdkabel-Vorrang beim Netzausbau abschaffen

Mo 03.06.24 | 08:35 Uhr
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Glasfaserkabel werden am 17.08.2021 in Brandenburg in die Erde verlegt. (Quelle: Picture Alliance/Andreas Franke)
Bild: Picture Alliance/Andreas Franke

Unterirdische Erdkabel sollen beim Ausbau der Stromnetze in Brandenburg künftig keinen Vorrang mehr bekommen. Das teilte das brandenburgische Wirtschaftsministerium am Montag mit. "Neben den hohen Kosten für die Erdverkabelung, welche die Endkunden über die Netzentgelte tragen müssen, bedeutet der höhere technische Aufwand einer Erdverkabelung auch einen höheren zeitlichen Aufwand für den notwendigen Netzausbau", begründete das Ministerium in Potsdam auf Anfrage mit. Auch die vermutete höhere Akzeptanz für Erdverkabelung im Vergleich zu Freileitungen habe sich nicht gezeigt, die Konflikte hätten sich lediglich verlagert. "Brandenburg ist für die Abschaffung des Erdkabelvorrangs", so das Ministerium. Dies könnte noch 2024 umgesetzt werden.

Mehrere Bundesländer befürworten Freileitungen

Fast alle Bundesländer sind von den Ausbauplänen direkt betroffen. Neben Brandenburg sind auch Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt oder Rheinland-Pfalz dafür, den Erdkabelvorrang aufzugeben. Freileitungen seien schneller und günstiger zu errichten, betonen sie. Andere Bundesländer wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen sind dagegen, von Erdkabeln auf Freileitungen umzuschwenken. Sie begründen dies mit der Akzeptanz in der Bevölkerung.

Die frühere Große Koalition aus Union und SPD hatte 2015 für große Stromautobahnen den Vorrang der Erdverkabelung eingeführt, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Netzausbau zu erhöhen. Hintergrund waren Sorgen vor "Monstertrassen".

Die Stromautobahnen sollen vor allem Windstrom aus dem Norden in den Süden transportieren. Ein erheblicher Anteil davon sollen Erdkabel sein - die aber sind wesentlich teurer als Freileitungen. Die unterirdischen Leitungen führen aber zu milliardenschweren Zusatzkosten für Verbraucher und Unternehmen. In den vergangenen Wochen mehrten sich die Stimmen, wieder auf oberirdische Hochspannungsleitungen zu setzen.

16,5 Millarden Euro Einsparpotenzial

Die Bundesnetzagentur schätzt das gesamte Investitionsvolumen für den Ausbau der Übertragungsnetze ab jetzt bis 2045 auf rund 320 Milliarden Euro - einschließlich der Wind-auf-See-Anbindungen, der sogenannten Offshore-Projekte. Würde auf Erdkabel verzichtet, schätzt die Behörde das Einsparpotenzial für Projekte an Land auf 16,5 Milliarden Euro.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht den Kostenaspekt, ist aber dennoch dagegen, die Regelungen zu ändern. "Wollte man auf Freileitungen umswitchen, ginge das allenfalls, wenn die Länder schnell und in großer Gemeinsamkeit inklusive Bayern die Bundesregierung auffordern, das zu tun. Und alle müssten dann geschlossen in den Regionen dafür werben. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich", sagte Habeck im März in einem Interview der "Zeit". Durch lange Debatten darüber werde es noch mal teurer. "Wir haben den Netzausbau jetzt so beschleunigt, weitere Verzögerungen wären schädlich."

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.06.2024, 19:30 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Nee, will Mensch nicht. Aber auch da keine Sorge, die dran verdienen, wohnen woanders.

  2. 23.

    Na toll, hat man bald amerikanische Verhältnisse.
    Stromleitungen danieder wenn Unwetter kommen. Will man so auch wohnen wenn eine Leitung über einen geht?
    Ich ahne schlimmes.

  3. 22.

    Vielen Dank für die Info. Mir ging es eigentlich um Folgekosten. Die durch Schnee- und Eislast und Sturm verbogenen Strommasten vor einigen Jahren (ich glaube in Hessen) blieben mir in Erinnerung. Gestern gab es eine Berechnung om Fernsehen, die zu dem Ergebnis kam, dass Freileitungen etwa 13% billiger sind als Erdkabel. Das finde ich nicht so dramatisch. Den Bauablauf von Erdkabeltrassen habe ich noch nicht gesehen, aber Gaspipelines wie z.B. OPAL oder EUGAL (Nordstream1 +2) werden nicht aufgeständert, sondern die Rohre werden vor Ort mittels Rohrbiegemaschine gebogen, also dem Gelände angepasst und exakt 1 m unter der Erdoberfläche verlegt, verschweißt und vergraben.

  4. 21.

    Haben Sie mal gesehen, wie man Hoch- bzw. Höchstspannungskabel unter die Erde bringt?
    Da ist nix mit Minibagger und Trommelwagen.
    Das ist praktische eine Kabelbrücke in der Erde. km lange Rohre 3 Stück für jedes System teilweise auf Einzelfundamenten aller 1-2 m aufgeständert. Dazu Leerrohr für LWL. Aller Tausend Meter aufwändige und teure Muffen. Dazu Überwachungsstationen etc. Querungen von Gewässern, Straßen etc. nochmal aufwändiger.
    Meist auch längere Wege weil Hindernisse umfahren und nicht "übersprungen" werden können.
    Das Kabel selbst deutlich aufwändigerer Aufbau. Nochmal tonnenweise Kunststoff der in der Erde vergraben wird.
    Vom Tiefbau her alles so aufwändig wie eine Ferngas Hochdruckleitung.
    Im Ortsnetz also MS und NS im besiedelten Raum gehört der Strom möglichst in die Erde aber nicht bei Hoch- und Höchstspannung und eigentlich auch nicht bei HGÜ.
    Verzinkte Masten benötigen keine Lackierung.

  5. 20.

    Das ist keine gute Idee, wenn man davon ausgeht, daß es öfter schwere Gewitter geben wird.

  6. 19.

    Haltet die Archäologie raus … Angeblich stocken und kosten diese Bauarbeiten mehr, wenn bei den Ausgrabungen zufällig irgendwelche Skelette oder Mauerreste gefunden werden, die dann immer(zeit-)aufwendig untersucht werden … Wir haben (jetzt) weder Zeit noch Geld dafür, denke ich.

  7. 18.

    Wissen sie überhaupt was uns Entsorgung und Lagerung von Atommüll kostet.
    Sie scheinen mit dem Internet umgehen zu können, versuchen sie mal die Kosten der Lagerung dieses Mülls zu Googeln.
    Also Hamsterräder zur Stromerzeugung dürften billiger sein. Und das bei den Massen der knuddeligen Laufradtreter.

  8. 17.

    Hätte man auf die Abschaltung der Kernkraftwerke verzichtet, stünden wir gar nicht erst vor dem Problem des teuren Netzausbaus und der Strom wäre deutlich sauberer als er heute ist.

  9. 16.

    Ich wusste es nicht. Das vom Schreibtisch aus festgelegt werden kann: Erdkabel oder Freileitungs...VORRANG. Hängt das nicht von den Vor-Ort-Gegebenheiten ab? Lässt man diese außer Acht wird es teuer. So oder so.

  10. 14.

    Mehr Masten in die Prärie... Sturm und Schnee bringt auch so manchen Mast in die Knie... Ohne Atomstrom angeblich Blackout Gefahr, aber so eine Stromautobahn wird kein Risiko eines Blackouts oder Stromausfalls ganzer Regionen darstellen. Schon klar. Und das für 5% Ersparnis an Netzentgelten beim Verbraucher, ob das nicht langfristig wieder zu kurz gedacht ist (aber es stehen Wahlen vor der Tür)

  11. 13.

    Dann schlage ich doch gleich noch seitlich von den Masten eine Traverse vor, an der Gondeln hängen, der Bus kommt ja eh nicht.

  12. 12.

    Ja ... und zwischen Windrädern, Strommasten und den letzten Bäumen verschwand die Sonne, sich in Solarfeldern spiegelnd, langsam am Horizont. Ob so irgendwann Heimatromane enden?

  13. 11.

    Bei den 8 bis 10 fahcen Errichtungskosten ist diese Entscheidung mehr als vernünftig.
    Jeder würde private Investitionen auch so treffen.

  14. 10.

    Die Kosten für Erdkabel betragen je nach Untergrund 4,2-11,2 Mio €/km, Freileitung jedoch 1,4 Mio €/km. Die Erdkabelverlegung war ein Geschenk der Bayrischen Landesregierung an ihre Wähler, das wir alle zu bezahlen haben und was auch den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv verzögert hat.
    Bei diesen Differenzen überzeugt das Erdkabel hinsichtlich Wartung und Reparatur nicht.

  15. 8.

    Na dann haben es die Aktivisten ja bald noch leichter, siehe Tesla Stromausfall. Aber ich verstehe gar nicht warum ein Erdkabel teurer ist als diese Komplexen Masten und das Einhängen der Kabel an den Masten. Ich hätte das eher anders rum vermutet auch wegen Blitzschutz und was nicht alles. Aber gut, wieder was dazugelernt.

  16. 7.

    Ne , soll er doch einfach schreiben der Herr Minister , Brandenburg hat kein Geld mehr.
    Nicht immer wie die Katze im den heißen Brei laufen.
    Wie in Brandenburg können uns Erdkabel nicht mehr leisten , also neben immer mehr Windparks , immer mehr Strom Masten .
    Aber wo ist denn das Steuergeld geblieben.
    Niemand wird dazu etwas sagen , vielleicht wenn die Wahlen vorbei sind.

  17. 6.

    Gute Entscheidung, Freileitungen den Vorrang zu geben. Diese Erdverkabelung ist wahnsinnig teuer. Außerdem finde ich Freileitungen optisch nicht störend.

  18. 5.

    Glauben Sie? Es müssen tragfähige Fundamente für die Masten errichtet werden. Die Masten sind aus Stahl und Stahl ist nicht billig. Stahl rostet, deshalb sind mindestens 3 Anstriche nötig, nämlich Rostschutz, Voranstrich, Lackierung. Wer macht das? Industriekletterer (!) und die arbeiten nicht für Mindestlohn. An den Traversen müssen Isolatoren angebracht werden, also nächste Runde Industriekletterer und dann bedenke man, dass die Masten so etwa alle 8 - 10 Jahre neue Farbe brauchen, die alte Farbe kommt runter, also Sandstrahlen und 3 neue Anstriche, wieder Fachkräfteeinsatz. Was soll da wesentlich schneller gehen und vor allem billiger? Wie teuer sind die Farben?Orkan, Eisregen - das alles juckt das Erdkabel nicht. Die Folgekosten überirdischer Leitungen werden meiner Meinung nicht dazu beitragen, dass es für Verbraucher preislich Änderungen nach unten geben wird. Angesichts der Sturmereignisse, die durch Klimawandel prophezeit werden, sollte genau überlegt werden.

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