Stromversorgung -
Unterirdische Erdkabel sollen beim Ausbau der Stromnetze in Brandenburg künftig keinen Vorrang mehr bekommen. Das teilte das brandenburgische Wirtschaftsministerium am Montag mit. "Neben den hohen Kosten für die Erdverkabelung, welche die Endkunden über die Netzentgelte tragen müssen, bedeutet der höhere technische Aufwand einer Erdverkabelung auch einen höheren zeitlichen Aufwand für den notwendigen Netzausbau", begründete das Ministerium in Potsdam auf Anfrage mit. Auch die vermutete höhere Akzeptanz für Erdverkabelung im Vergleich zu Freileitungen habe sich nicht gezeigt, die Konflikte hätten sich lediglich verlagert. "Brandenburg ist für die Abschaffung des Erdkabelvorrangs", so das Ministerium. Dies könnte noch 2024 umgesetzt werden.
Mehrere Bundesländer befürworten Freileitungen
Fast alle Bundesländer sind von den Ausbauplänen direkt betroffen. Neben Brandenburg sind auch Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt oder Rheinland-Pfalz dafür, den Erdkabelvorrang aufzugeben. Freileitungen seien schneller und günstiger zu errichten, betonen sie. Andere Bundesländer wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen sind dagegen, von Erdkabeln auf Freileitungen umzuschwenken. Sie begründen dies mit der Akzeptanz in der Bevölkerung.
Die frühere Große Koalition aus Union und SPD hatte 2015 für große Stromautobahnen den Vorrang der Erdverkabelung eingeführt, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Netzausbau zu erhöhen. Hintergrund waren Sorgen vor "Monstertrassen".
Die Stromautobahnen sollen vor allem Windstrom aus dem Norden in den Süden transportieren. Ein erheblicher Anteil davon sollen Erdkabel sein - die aber sind wesentlich teurer als Freileitungen. Die unterirdischen Leitungen führen aber zu milliardenschweren Zusatzkosten für Verbraucher und Unternehmen. In den vergangenen Wochen mehrten sich die Stimmen, wieder auf oberirdische Hochspannungsleitungen zu setzen.
16,5 Millarden Euro Einsparpotenzial
Die Bundesnetzagentur schätzt das gesamte Investitionsvolumen für den Ausbau der Übertragungsnetze ab jetzt bis 2045 auf rund 320 Milliarden Euro - einschließlich der Wind-auf-See-Anbindungen, der sogenannten Offshore-Projekte. Würde auf Erdkabel verzichtet, schätzt die Behörde das Einsparpotenzial für Projekte an Land auf 16,5 Milliarden Euro.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht den Kostenaspekt, ist aber dennoch dagegen, die Regelungen zu ändern. "Wollte man auf Freileitungen umswitchen, ginge das allenfalls, wenn die Länder schnell und in großer Gemeinsamkeit inklusive Bayern die Bundesregierung auffordern, das zu tun. Und alle müssten dann geschlossen in den Regionen dafür werben. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich", sagte Habeck im März in einem Interview der "Zeit". Durch lange Debatten darüber werde es noch mal teurer. "Wir haben den Netzausbau jetzt so beschleunigt, weitere Verzögerungen wären schädlich."
Sendung: rbb24 Abendschau, 03.06.2024, 19:30 Uhr