Königspark - Königs Wusterhausener sollen zwischen Wohnviertel und Gewerbegebiet entscheiden
In Königs Wusterhausen könnte direkt an der Autobahn ein neues Stadtviertel entstehen. Kritiker der Wohnbaupläne fürchten, dass die Infrastruktur nicht ausreicht und bevorzugen die Pläne für ein Gewerbegebiet aus dem Jahr 1992. Von Alexander Goligowski und Michaela Grimm
Projektentwicklerin Petra Müller hat schon alles animiert: Ein komplett neuer Stadtteil könnte im Norden von Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) im Königspark auf 56 Hektar entstehen. Mit nachhaltig gebauten Gebäuden für 2.500 Wohnungen, großer Parkanlage, Kitas, Einkaufsläden, Arztpraxen, einer Schule und Gewerbeeinheiten.
Das derzeit brache, wild bewachsene Areal liegt direkt an der A10, einen Katzensprung entfernt von Wildaus großem A10-Shopping-Center, der BER ist nah und die Innenstadt von Königs Wusterhausen. Doch Anwohner sind gegen das Projekt. Sie wollen lieber ein reines Gewerbegebiet entstehen sehen.
Eigentümer DLE: Schon vier Millionen Euro in Planung investiert
Seit knapp drei Jahren befindet sich der Königspark im Besitz der DLE Land Development GmbH, kurz DLE. Die DLE ist eine Immobilieninvestmentgesellschaft mit Sitzen in Berlin, Warschau und der Schweiz. Sie entwickelt mehr als 40 ähnlich große Flächen in ganz Deutschland und hat nach eigenen Angaben schon vier Millionen Euro in die Planung des Königsparks investiert.
"Wenn das scheitern sollte, dann gibt es den Bebauungsplan von 1992", sagt Chefplanerin Petra Müller dem rbb. Dieser sehe für das Gesamtgelände ein Gewerbegebiet vor. "Dann würden wir das realisieren. Das heißt 98 Prozent Versiegelung, große Hallen, vierzehn Meter hoch, sechzehn Meter lang, viel Lkw-Verkehr", sagt Petra Müller zu dem möglichen Szenario.
Als Drohung will sie das nicht verstanden wissen. Eher als Chance für die Stadt, ein modernes Viertel mit kurzen Wegen und einem dezentralen Regenwassermanagement nachhaltig zu gestalten. "Es wäre für die gesamte Region ein zukunftweisendes Projekt und vielleicht auch mal eine Antwort darauf: Wie sollen wir in Zukunft leben?", sagt Müller.
So zumindest nicht, sind sich Michael Gleißner aus dem benachbarten Ortsteil Diepensee und sein Mitstreiter Bernd Niederdrenk einig. Sie versuchen mit Flyern gegen das neue Wohnviertel mobil zu machen. Ihre Angst: dass das starke Wachstum Königs Wusterhausen mit seinen derzeit knapp 40.000 Einwohnern überlastet. "Drei Kitas da raufzumalen, das macht ein Architekt in fünf Minuten. Aber drei Kitas brauchen Personal und Träger, das kostet alles Geld", sagt Michael Gleißner, der die Stadt damit schon jetzt für überfordert hält.
Die Männer befürworten lieber einen reinen Gewerbepark, auch wenn dieser in direkter Nachbarschaft zu ihrer Ortschaft liegen würde, die im Zuge des BER-Baus im Jahr 2004 umgesiedelt worden ist. Ihr Dorf zog damals im Alter von 656 Jahren um, inklusive Friedhof. Es entstanden neue Häuschen mitten auf dem Acker, eingerahmt von Bäumen und Feldern. Uralte Diepenseer Steine wurden aufgehoben und mitgenommen, eine neue Mauer und das Dorfgemeinschaftshaus daraus neu aufgebaut. Das damalige Versprechen an die Dorfbewohner lautete, dass Diepensee seinen dörflichen Charakter behalten würde. Den sehen Michael Gleißner und Bernd Niederdrenk durch die Pläne für den Königspark bedroht.
Bürgerbefragung zum Bauvorhaben gestartet
Obwohl damals wie heute neue Wohnhäuser sozusagen auf der grünen Wiese wachsen sollen, sind die Dimensionen und Voraussetzungen natürlich völlig andere. Das heutige, 20 Jahre junge Diepensee zählt 360 Einwohner. Um Lärm oder Verkehr aus einem nahen Gewerbepark sind Gleißner und Niederdrenk nicht besorgt. "Wenn ich heute neue Gewerbegebiete mache, unterliegen die einer ganz anderen Baurechtsbarkeit als vor 20 Jahren", sagt der sachkundige Einwohner Bernd Niederdrenk. "So einfach mal was lautes, stinkend Qualmiges da hinzubauen, gelingt heute sowieso nicht mehr", ist Niederdrenk überzeugt.
Rathaus und Stadtverordnete haben einer Erstplanung zum neuen Stadtteil bereits zugestimmt. Anfang Juli fand eine Bürgerveranstaltung zur weiteren Entwicklung des Königsparks statt. Das Projekt wurde vorgestellt, mehr als 100 Menschen waren dabei. Und haben bereits Vorschläge und Wünsche eingebracht: nach bezahlbarem Seniorenwohnen, einer benötigten Spielstätte für das Volleyball-Bundesligateam und Angeboten für Kinder und Jugendliche beispielsweise.
Trotzdem hat das Rathaus kürzlich noch eine Bürgerbefragung zum Bauvorhaben gestartet. Gewerbepark oder Stadtviertel? Was soll am Rande Königs Wusterhausens entstehen? Tausende Antworten sind seit vergangenem Sonntag bereits eingegangen.
Bürgermeisterin sieht mehr Möglichkeiten der Mitbestimmung bei Wohnviertel
Bürgermeisterin Michaela Wiezorek (parteilos) sieht in dem Projekt die einmalige Chance für die Stadt, durch einen neuen Bebauungsplan bei der Gestaltung des Königsparks mitzubestimmen. "Die Planungshoheit liegt jetzt mehr bei uns als wenn das ein Gewerbegebiet bleibt und darum kämpfe ich und dafür werbe ich", sagt Wiezorek dem rbb.
Bei Investorenberatungen zum Gewerbegebiet, so Wiezorek, gehe es immer nur darum, ob ausreichend Wohnungen und Kitaplätze vorhanden sind. "Ansonsten lohnt sich die Investition nicht, wenn die Mitarbeiter nicht mitziehen können", sagt die Bürgermeisterin. Zudem könne in den städtebaulichen Verträgen festgehalten werden, dass die Kitas in Etappen so gebaut werden, dass der Zuzug die vorhandene Infrastruktur nicht weiter belasten würde.
Rechtlich bindend ist das Ergebnis der Bürgerbefragung zum Königspark nicht. Geht sie aber pro Wohnungsbau aus, wird es wahrscheinlicher, dass dort in den kommenden Jahren der Grundstein für ein neues Viertel von Königs Wusterhausen gelegt wird.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.08.2024, 19:30 Uhr