Neues Leben für Schloss Sigrön - Per Kleinanzeige zum Schloss
Das Schloss Sigrön in der Prignitz blickt auf eine bewegte Geschichte zurück und war die letzten Jahre ungenutzt. Jetzt bauen zwei Quereinsteiger das Schloss zum Hotel mit Campingplatz um. Zu der Immobilie kamen sie auf ungewöhnliche Weise. Von Björn Haase-Wendt
Der Bagger gräbt sich durch die Erde vor der Schlosstreppe in Sigrön, einem kleinen Dorf nordöstlich von Bad Wilsnack (Prignitz). Im Haus geben sich die Handwerker die Klinke in die Hand. An allen Ecken und Enden wird im Haus gebaut: Stuck erneuert, Türen und Böden saniert, Zimmer ausgebaut und neugestaltet. Künftig sollen sich hier Urlauber und Restaurantgäste wohlfühlen. "Das Haupthaus hat ungefähr 1.400 Quadratmeter und das werden wir vollständig zum Restaurant mit Hotel ausbauen", sagt Wolfgang Schwarte, der neue Schlossherr.
Außerdem soll es noch einen Wellnessbereich im Keller mit Saunen und Anwendungsbereich geben und einen gehobenen Campingplatz mit 80 weitläufigen Stellflächen – unter dem Motto "Luxus Natur". "Das ist ein bisschen ein Widerspruch, aber wir wollen den Natururlaub erlebbar machen. Man kann morgens aus dem Campingmobil steigen und im 4-Sterne-Hotel frühstücken oder zum Wellness gehen", sagt der 47-Jährige. Geplant sind außerdem Ferienwohnungen in den Nebenhäusern und Tiny-Häuser in Form von historischen Zirkuswagen. Wer hier künftig nächtigt, ist also klar: nicht das Party- Campingvolk, sondern Ruhe suchende Großstädter oder Fahrrad- und Naturtouristen.
Viel positives Feedback im Ort
Zum Schloss Sigrön kamen Wolfgang und Svenja Schwarte, die aus Niedersachsen kommen und als Betriebswirte tätig waren, nicht ganz gewöhnlich. In der Corona-Zeit kam der Wunsch auf, sich beruflich umzuorientieren. Die Idee: selbst einen Campingplatz betreiben.
Die Familie machte sich in Kleinanzeigen-Portalen auf die Suche nach geeigneten Grundstücken und wurde fündig mit dem Schloss Sigrön. "Wir hatten vorher keinen Bezug zur Prignitz, das war wirklich Zufall. Wir hatten die erste Besichtigung hier und das hat alles gepasst, wir fühlten uns sofort wohl", sagt Svenja Schwarte. Die Menschen im Ort beschreiben sie als offen und zugewandt, es gibt viel positives Feedback, dass sich im Schloss wieder etwas tut.
Auch Trauungen im Schloss geplant
Einer von ihnen ist Bad Wilsnacks Bürgermeister Hans-Dieter Spielmann. Er ist regelmäßig im Schloss zu Besuch und schaut sich den Baufortschritt an: "Ich begeistert, weil das Gebäude damit gerettet wurde durch ein junges engagiertes Ehepaar". Und die Gemeinde schmiedet schon Pläne für das Schloss. Ihr Ziel: künftig sollen dort auch Trauungen möglich sein. Die Stadtverordneten hätten dafür schon grünes Licht gegeben, so Spielmann. Jetzt fehlt noch die Genehmigung des zuständigen Amtsausschusses.
Die neue Schlossfamilie will aber auch von sich aus Hochzeitsgäste ansprechen. In der ersten Etage des Schlosses entstehen die Suiten – die größte davon wird zur Hochzeitssuite mit großem Bett und einer freistehenden Badewanne mitten im Zimmer. Außerdem ergänze das Hotel und der Campingplatz auch das bisherige Angebot in Bad Wilsnack mit der Therme und den Kureinrichtungen.
Schloss mit Geschichte
Nicht verloren gehen soll aber die Geschichte des Schlosses. Um 1910 wurde das Haus mit dem dreigeschossigen Turm als Jagdsitz für die Adelsfamilie von Bredow gebaut, später gehörte es dem Generaldirektor der Preußischen Elektrizitätswerke, Robert Frank. Damit begann auch die dunkle Zeit des Schlosses.
Albert Speer, Hitlers späterer Architekt, führte hier seinen ersten Privatauftrag durch und nahm Umbauarbeiten am Schloss vor. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zog es Speer noch einmal nach Sigrön, als er für kurze Zeit Raubkunst im Schloss unterbrachte, wie der Perleberger Regionalhistoriker Torsten Foelsch berichtet. In der DDR wurde das Haus dann unter anderem als Heim für schwer erziehbare Jungen genutzt, in dem auch Bad Wilsnacks heutiger Bürgermeister Hans-Dieter Spielmann ab 1983 gearbeitet hat.
"Es gibt nicht nur die schlechten Erfahrungen, die hier gemacht wurden"
Die neuen Schlossbesitzer wollen die Geschichte nicht unter den Tisch kehren, auch wenn sie mit ihrem Projekt jetzt ein neues Kapitel für das Haus und Grundstück aufschlagen. So kommt die Geschichte in Führungen über die Baustelle immer wieder zur Sprache, berichtet Svenja Schwarte: "Wir haben viele Besucher tatsächlich aus der Kinderheimzeit. Wir nehmen uns die Zeit, machen Führungen durch das Gebäude und da gibt es jede Sichtweise, die man sich vorstellen kann. Es gibt nicht nur die lauten, schlechten Erfahrungen, die hier gemacht wurden."
Gemeinsam mit dem Denkmalschutz will die neue Schlossfamilie eine kleine Historie erstellen und aushängen. "Weil die alten Mauern haben viel gesehen in den letzten 100 Jahren", ergänzt Wolfgang Schwarte. Viel Zeit zum Durchatmen bleibt der Familie nicht, schon zu Ostern soll der Hotel- und Restaurantbetrieb starten, ab Mai dann der Campingplatz. Mit ihrem Projekt schaffen sie im Ort auch bis zu zehn neue Arbeitsplätze, für die noch Mitarbeitende gesucht werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.02.2024, 11:13 Uhr