Urteil des Bundesgerichtshofs - Mieter bekommen mehr Zeit zur Überprüfung des Mietpreises
Wer in einem per Mietpreisbremse geschützten Gebiet wohnt, hat künftig mehr Zeit, sich vom Vermieter den Mietpreis erklären zu lassen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil festgelegt. Endlos dafür Zeit haben Mieter allerdings nicht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Mietern mit einem Grundsatzurteil den Rücken gestärkt: Betroffene, die in Gebieten mit der sogenannten Mietpreisbremse leben und möglicherweise zuviel für ihre Wohnung bezahlen, haben künftig mehr Zeit, wichtige Informationen zur Zulässigkeit der Miete zusammenzutragen.
Bisher begann die dreijährige Frist mit Abschluss des Mietvertrages. Danach konnten Mieter vom Vermieter keine Angaben mehr etwa zum Baujahr des Hauses oder genaue Nachweise einst durchgeführter Sanierungen verlangen. Künftig läuft die Frist erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Mieter die Auskunft erstmals vom Vermieter verlangt, entschied der zuständige 8. Senat am Mittwoch in Karlsruhe. Er setzte damit eine Zwischenlösung mit mehr Spielraum um, die er schon bei der Verhandlung Ende Mai angedeutet hatte.
Auskünfte zur Wohnung sind für den Mieter wichtig, um einzuschätzen, ob die entrichtete Miete tatsächlich zu hoch ist - und ob sich eine Klage lohnt.
Auskunftspflicht gilt nicht unbegrenzt
Gleichzeitig stellte das Gericht damit aber auch klar, dass der Anspruch auf Auskunft nicht unverjährbar ist. Er kann sehr wohl unabhängig davon verjähren, ob Ansprüche auf Rückzahlung schon geltend gemacht wurden oder nicht. Vermieter sind somit nicht in alle Ewigkeit dazu verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. Das hatten die Vorinstanzen in den vier verhandelten Fällen von Berliner Mietern zum Teil anders gesehen.
Die Klagen, die stellvertretend der Rechtsdienstleister Conny eingereicht hatte, hatten insofern nicht in jedem Fall uneingeschränkten Erfolg. In den vorliegenden Fällen hatten sich die Vermieter geweigert, die aus Sicht der Kläger zu viel entrichtete Miete zurückzuzahlen. Gleichzeitig lehnten sie es wegen Verjährung ab, bestimmte Angaben zu den Wohnungen zu machen.
Die Landesregierungen können seit Juni 2015 "Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten" ausweisen. Auch die Berliner Wohnungen in den vier BGH-Verfahren liegen in solch besonders begehrten Vierteln. Dort gilt dann etwa, dass Vermieter beim Einzug neuer Mieter höchstens zehn Prozent auf die örtliche Vergleichsmiete draufschlagen dürfen. Es gibt aber Ausnahmen, zum Beispiel für neue oder modernisierte Wohnungen oder wenn schon der bisherige Mieter mehr gezahlt hat. Die Mietpreisbremse gibt es bundesweit in zahlreichen Städten und Gemeinden.
Rechtsdienstleister geht von Tausenden Betroffenen aus
Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte das Urteil und nannte es eine gute Entscheidung. Es bedeute eine Hürde weniger für Mieterinnen und Mieter, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Gleichzeitig appellierte er an den Gesetzgeber, immer noch bestehenden Ausnahmen für die Mietpreisbremse abzuschaffen. Verstöße müssten geahndet werden.
Wieviele Mieter von der BGH-Entscheidung profitieren könnten, ist nach Angaben des Eigentümerverbandes Haus und Grund unklar, auch der DMB hat dazu keine Zahlen. Der Rechtsdienstleister Conny hingegen geht nach früheren Angaben von bundesweit Tausenden betroffenen Mietern aus, die nun Informationen zu mutmaßlich überhöhter Miete einfordern und dann versuchen könnten, Ansprüche geltend zu machen.
Eine Sprecherin des DMB hatte schon im Vorfeld die Bedeutung der Auskunftsansprüche betont. Er diene nicht nur dazu, vom Vermieter geltend gemachte Ausnahmen von der Mietpreisbremse zu prüfen, sondern auch dazu herauszufinden, ob die verlangte Miete überhaupt im ortsüblichen Vergleich der Wohngebiete mit aufgeheiztem Wohnungsmarkt zulässig ist.
Sendung: rbb24 Abendschau, 12.07.2023, 19:30 Uhr