Naturschutz vs. Gewinne aus Erneuerbaren - Stadtverordnete wollen Solarpark im Wald bei Hohensaaten verhindern
Kritiker wollen bereits seit Langem einen Solarpark auf einer ehemaligen Armee-Fläche verhindern. Nun schließen sich auch viele Stadtverordnete mit einem Antrag an. Es geht um den Konflikt zwischen Naturschutz und Einnahmen aus Erneuerbarer Energie.
Die Pläne für den Bau eines umstrittenen Solarparks in Hohensaaten (Märkisch-Oderland) stehen auf der Kippe. Einige Stadtverordneten wollen das Projekt jetzt komplett stoppen. Ein entsprechender Antrag wurde bereits bei der Stadtverwaltung Bad Freienwalde eingereicht.
Parteien-Bündnis gegen Solarpark
Im Mittelpunkt steht der mittlerweile zwei Jahre andauernde Streit um ein Waldgebiet. Der Großinvestor Jürgen Lindhorst aus Niedersachen plant, dort eine 250 Hektar große Photovoltaikanlage bauen zu lassen. Außerdem sollte ein Gewerbegebiet entstehen. Doch der Protest von Anwohnern und Naturschützern wurde schnell laut.
Dem schließen sich nun Stadtverordnete mit ihrem Antrag an. Einer von ihnen ist Danny Lenz. Zusammen mit seiner vierköpfigen Fraktion aus mehrerer Parteien und Wählergruppen hat er Mitte Januar das Papier vorgelegt, welches die Planungen für den Park im Wald verhindern soll. "Wir haben eine anderen Entwicklungsvorstellung für die Stadt und da passt es einfach nicht, Wald für eine Photovoltaikanlage abzuroden", sagt Lenz.
Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig, heißt es in dem Antrag, denn erst im Dezember habe Umweltminister Axel Vogel (Grüne) im Landtag wiederholt, dass aus forstrechtlicher Sicht bei der Planung des Vorhabens zu berücksichtigen sei, dass eine Umwandlung von Wald für die Errichtung von Photovoltaikanlagen grundsätzlich ausgeschlossen sei. Auch die Stellungnahme des Landesamtes für Umwelt bestätigt, dass dem Vorhaben mehrere Paragraphen des Bundesnaturschutzgesetz entgegenstünden.
Deshalb heißt es in dem Antrag der Stadtverordneten weiter: "Das B-Plan-Verfahren fortzuführen hieße, eine Planung in mehrere Verbotslagen hinein und wäre sowohl für die Stadt als auch für den Antragsteller mit einem weiteren hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden."
Die Meinung der Stadtverordneten hat sich geändert
Im Dezember 2021 entschieden sich die Stadtverordneten von Bad Freienwalde noch mit großer Mehrheit für die Aufstellung eines Bebauungsplans für den "Energie- und Gewerbepark Hohensaaten". Eine Entscheidung zu Gunsten des Projektes sei damit allerdings noch nicht gefallen, so der Vorsitzende der SVV Jörg Grundmann (Linke). Vielmehr sollten damit lediglich die Machbarkeit und Chancen geprüft werden. Für das Projekt sprachen vor allem Einnahmen durch Gewerbesteuer und den erzeugten Strom im Wert von bis zu 500.000 Euro jährlich.
Doch auch der Protest wurde schnell laut. Auf mehreren Bürgerversammlungen wurde teils lautstark diskutiert. Im Raum stand die Verkleinerung der Solaranlage und Windräder. Auch mussten im Rahmen des Bebauungsplans alle Träger öffentlicher Belange Ihre Einschätzung abgeben.
Antragssteller Danny Lenz kommt nach der Sichtung jetzt zu dem Schluss: "Wir sind die ganzen Unterlagen intensiv durchgegangen und das Resultat kann dann eigentlich nur sein, diesen Beschluss aufzuheben". Auch wenn der Stadt ohne Solarpark und Gewerbegebiet hohe Einnahmen verloren gehen, fühle er sich für die nachfolgenden Generationen verantwortlich. "Es geht um eine 370 Hektar große Waldfläche. Dadurch würden sich Lebensbedingungen für die Menschen vor Ort verändern, das regionale Klima und ganze Ökosysteme würden darunter leiden. Das kann man nicht mit Geld aufwiegen", so Lenz.
Ein Artenschutzfachbeitrag lieferte letzte Überzeugungsarbeit
Der Wert des Waldes ist umstritten. Für Investor Jürgen Lindhorst ist das Gelände nur ein künstlich angelegter Fichtenwald, der im Zweiten Weltkriege zur Sprengstoffherstellung und zu NVA-Zeiten als Tanklager genutzt wurde. Außerdem ist ein Teil des Waldes bereits versiegelt. Denn auf dem Gelände gibt es Bahntrassen, ungesicherte Bunkeranlagen und Schächte. Um Gefahren für Spaziergänger zu vermeiden, ist der Wald seit Jahrzehnten umzäunt.
Doch genau darin liegt der große Wert, heißt es von Naturschützern. Da der Wald jahrelang von der Außenwelt abgeschirmt blieb, hätte sich die Natur dort ungestört entwickeln können. Ein Artenschutzfachbeitrag vom vergangenen Juli zeigt, dass in dem Wald 60 Brutvogelarten leben, von denen rund die Hälfte einen besonderen Schutz- und Gefährdungsstatus haben. Außerdem konnten 14 Fledermausarten verzeichnet werden von denen einige als stark gefährdet gelten.
Dieses einzigartige Habitat soll erhalten bleiben, meint auch die mit sechs Stimmen größte Fraktion aus "Wählervereinigung 2019", der FDP und den "Inselgemeinden". Die Fraktion möchte geschlossen für den Stopp des Solarparks abstimmen. Fraktionsvorsitzender Detlef Malchow (Wählervereinigung 2019) meint, dass sich gezeigt habe, dass gerade die Konversionsfläche mit den Bunkern das ideale Biotop für Fledermäuse sind. "Also warum sollten wir das alles durch Photovoltaik gefährden?", fragt Malchow.
Auch die vier Stimmen starke Linken-Fraktion und die dreiköpfige Fraktion der CDU möchte sich gegen den Solarpark und das Gewerbegebiet aussprechen. Paul-Eric Lipinski von der CDU glaubt nicht, dass die Vorteile einer Photovoltaikanlage überwiegen. Zwar werde Strom umweltfreundlich produziert und es würde zusätzliche Gewerbeeinnahmen geben -dies stünde jedoch den Folgen massiver Waldrodung gegenüber. "Wir machen den Vorschlag, erst bereits versiegelte und bebaute Flächen, wie Sporthallen, das Rathaus und so weiter, zu nutzen, bevor man an Waldflächen geht", so Lipinski.
Abstimmung über die Zukunft des Solarparks im März
Zum Vorteil kommt den Stadtverordneten auch, dass die Regionale Oderland-Spree den Wald bei Hohensaaten im "Teilregionalplan Erneuerbare Energien" in der vergangenen Woche nicht zum Vorranggebiet für die Windenergie ausgewiesen hat. Sonst hätte der Investor bei Ablehnung des Solarparks auch ohne Erlaubnis der Stadt Windräder in den Wald bauen können.
Die Stadtverordneten sollen nun am 14. März über den Aufhebungsantrag abstimmen. Sollte es zu einer Aufhebung des Bauplanverfahrens kommen, soll Lindhorst vorgeschlagen werden, das Gelände an das Land Brandenburg zu verkaufen. Der Wald könnte dann zukünftig in ein Wildnisgebiet umgewandelt werden. Das sei aber eine Verhandlungssache zwischen dem Investor und dem Land, meint Detlef Malchow. Lindhorst sei zwar über den Aufhebungsantrag informiert worden. Ob er das Gelände wirklich verkaufen möchte, dazu wollte sich sein Pressesprecher noch nicht äußern.
Sendung: Antenne Brandenburg, 06.02.2024, 14:10 Uhr