#Wiegehtesuns? | Illegale Untermieterin - "Der Vermieter soll nicht erfahren, dass ich da wohne"

Lisa* ist schon unzählige Male in Berlin umgezogen. Oft hat sie inoffiziell in WGs gelebt, manchmal war sie Untermieterin. Jetzt zieht sie zu ihrem Freund. Wieder illegal. Sonst ist das Paar die Wohnung vermutlich los. Ein Gesprächsprotokoll.
In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Leben gerade aussieht - persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Lisa* lebt seit 2015 in Berlin. Sie ist 40 Jahre alt, arbeitet Vollzeit im Öffentlichen Dienst und zieht gerade mit ihrem Freund zusammen.
Als ich vor zehn Jahren mit meinem Ex-Freund meine erste Wohnung in Berlin bezog, war ich da ganz normal angemeldet. In der Zeit danach war das nicht mehr möglich. Nachdem wir uns getrennt hatten, bin ich sehr häufig in Berlin umgezogen und habe dabei in verschiedenen WGs gewohnt. Manchmal war ich dort als Untermieterin mit angemeldet, manchmal war ich auch gar nicht im Mietvertrag. Allein in den letzten drei Jahren bin ich drei Mal umgezogen.
Jetzt ziehe ich gerade zu meinem Freund in dessen Wohnung. Dort werde ich leider wieder nicht als Untermieterin gemeldet sein. Das Ganze gestaltet sich diesmal besonders anstrengend. Denn wir haben beschlossen, den Umzug über einen Zeitraum von einem Monat zu strecken, damit wir nicht mit einem großen Umzugsunternehmen oder einem Transporter vorfahren müssen. Wir machen das also mit kleineren Taschen. Aber das ist im Endeffekt viel aufwändiger, als wir vorher gedacht haben. Ich gehe im Prinzip täglich nach der Arbeit in die alte Wohnung und hole Sachen. Und doppelt Miete zahle ich auch. Aber natürlich freue ich mich trotzdem, jetzt mit meinem Freund zusammenzuwohnen.
Wir möchten den Umzug nicht mit Umzugswagen oder großen Kartons machen, damit die Leute im Haus nicht mitbekommen, dass ich einziehe. Denn wir wollen nicht, dass der Vermieter erfährt, dass ich da wohne. Das alles machen wir natürlich nicht, weil es uns so viel Spaß machen würde. Im Gegenteil, ich hätte sehr gerne eine Meldeadresse, unter der ich auch wohne und wo alles ganz legal läuft. Doch in der Wohnung meines Freundes gibt es zwei Hauptmieter, die dort nicht mehr wohnen. Mein Freund selbst ist dort auch nur als Untermieter gemeldet.
Da die Wohnung drei Zimmer hat, kann ich nicht als weitere Untermieterin in den Mietvertrag, da die Wohnung sonst überbelegt wäre. Es würde auch nicht helfen, wenn einer oder beide Hauptmieter aus dem Mietvertrag gingen. Dann könnte das Mietverhältnis ganz aufgelöst werden. Dann hätten wir – bzw. mein Freund – keinen Anspruch auf die Wohnung mehr. Trotzdem wollen wir gern zusammen in genau dieser Wohnung leben. Die Miete ist aber sowieso so hoch, dass mein Freund sich die Wohnung allein dauerhaft nicht leisten kann. Er müsste ausziehen, wenn ich nicht einziehen würde. Dann hätten wir beide keine Wohnung mehr und müssten eine ganz neue finden. Zudem wissen wir ja nicht, wie teuer die Wohnung würde, wenn wir sie mit einem neuen Vertrag bekämen. Wahrscheinlich könnten wir sie uns gar nicht mehr leisten. Wir könnten uns nämlich auch vorstellen, dass der Vermieter sie nochmal saniert – dann würde der Mietpreis schnell unser Budget sprengen.
Wir haben natürlich überlegt, uns eine ganz neue Wohnung zu suchen. Aber bevor ich in meine jetzt gekündigte Wohnung gezogen bin, habe ich monatelang gesucht und wurde nicht mal zu Besichtigungsterminen eingeladen. Das mag daran liegen, dass ich zwar schon jahrelang beim Öffentlichen Dienst beschäftigt bin, ich aber projektgebunden angestellt bin - das heißt befristet. Die meisten Vermieter:innen suchen aber jemanden, der einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat. Obwohl das den Arbeits- und Lebensumständen in vielen Fällen heutzutage ja gar nicht mehr entspricht. Mein Partner hingegen arbeitet freiberuflich und sein Gehalt kann sich von Monat zu Monat ändern. Mit diesen Bedingungen haben wir auf dem Mietmarkt eigentlich kaum eine Chance, eine Wohnung zu bekommen, obwohl wir beide ganz ok verdienen.
Das Ganze klingt vielleicht ganz unterhaltsam, aber es macht was mit mir. Wohnen ist ja ohnehin ein Dauerthema. Egal, auf welcher Party man ist – irgendwann kommt man immer auf das Thema.
In der aktuellen Situation mache ich mit einem etwas unguten Gefühl die Tür auf, wenn es klingelt, weil ich nicht weiß, wer mich dann sieht. So versuche ich auch, das Treppenhaus möglichst nicht zu betreten, wenn jemand anderes darin ist. Den Müll bringe auch nicht gerne runter, weil gerade das ja ein sehr offensichtliches Zeichen dafür ist, dass ich da wohne.
Für uns wäre es toll, wenn sich die Mietsituation den Lebensverhältnissen der Menschen wieder annähern würde. Ungünstig ist auch, dass sobald sich etwas ändert im Leben der Mieter, leicht der ganze Mietvertrag aufgelöst werden kann. Aber Menschen trennen sich nun mal. Und wenn beide im Mietvertrag stehen und nur einer auszieht, hat man oft keine Möglichkeit, dort wohnen zu bleiben. Wir freuen uns trotzdem, dass wir einen Weg gefunden haben, gemeinsam in der Wohnung meines Freundes zu leben. Sie gefällt uns, liegt gut und wir können sie uns leisten. Mit der Zeit gewöhnt man sich sicherlich daran und in die nicht legale Mietsituation wird mehr Selbstverständlichkeit einziehen.
Gesprächsprotokoll: Sabine Priess
*Name geändert. Der richtige Name der Protagonistin ist der Redaktion rbb|24 bekannt.